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Laila Hadas Nachtrausch

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16.06.2002
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Laila Hadas Nachtrausch

Laila Hadads Nachtrausch

In tiefem Rot zog Laila ihre Lippen nach. Hinter starker Schminke lag nun ihr Gesicht verborgen. Ihre schwarzen Locken schüttelte sie nochmals kräftig durch. Sie war nun bereit für ein Abenteuer. Ein letzter, prüfender Blick in den Spiegel an der Innentür des Schlafzimmerkastens, ein wohlwollendes Nicken zu sich selbst. Wie angegossen saß das dunkelrote Kleid mit dem tiefen Ausschnitt. Laila war mit sich zufrieden.

Voller Erwartung begab sie sich in den Guantanamo-Klub, einer Art Tanzlokal, welches, in düsterem Licht gehalten, des Nachts seltsame Stadtbewohner beherbergte. Einige kamen elegant verkleidet, andere in schäbiger Aufmachung. Gekünstelt schien das Leben im Klub, ein Schattenspiel unter schummrigen Lichtern. Zwischen verschnörkelten Plastiksäulen und verstaubten Kunstblumen huschten sie umher, tanzten, warfen sich zweideutige Blicke zu. In Begleitung kam niemand in den Guantanamo-Klub.

Laila nahm an der Theke Platz. Sie schlug die Beine übereinander, schob das Kleid ein wenig hinauf, sodass man ihr Knie sehen konnte. Ihren Fuß ließ sie ein wenig aus dem hochhackigen Schuh aus schwarzem Samtleder schlüpfen. Der Schuh fiel zu Boden. Fluchend bückte sich Laila, zog ihn sich wieder an. Ihre Handtasche hatte sie auf dem Haken an der Unterseite der Theke hängen. Die Kellnerin meinte, sie solle besser darauf Acht geben, denn es würde so viel gestohlen in letzter Zeit. Laila bestellte Wermuth.

Hinter Laila war schon seit einiger Zeit ein Mann von großer Statur gestanden. Er hatte sie beobachtet, lachte, als sie ihren Schuh verloren hatte. In einem Zug trank er den Rest seines Schnapses und gesellte sich zu ihr. Laila lächelte ihn an. Seine tiefe Stimme, der Spitzbart, seine anmutig gewachsene Gestalt, der dunkle Lockenkopf. Sie hatte sofort an ihm Gefallen gefunden. Anfängliches Geplänkel und Wermuth lockerte Lailas Zunge. Er scherzte mit ihr, mit der Kellnerin. Keck zupfte Laila an seinem Bart.
„Au", schrie er auf, „lass doch meinen Bart!"
„Ich wusste nicht, dass er echt ist, entschuldige!" Laila zauberte das verführerischste Lächeln, zu dem sie im Stande war.
„Wieso sollte er nicht echt sein?"
„Manche kleben sich den Bart auf, bevor sie herkommen."
„Ich nicht!" Der Klang seiner Stimme nahm Laila zusehends in Bann.
„Gibt es einen Namen zu den grünen Augen?" Sein Lächeln formte kleine Grübchen neben den Mundwinkeln.
„Laila"
„Laila und...?"
„Laila Hadad!"
Er umfasste ihren Handknöchel.
„Holger!", brummte er.
„Und?" Laila blickte ihn keck von der Seite an und lächelte.
„Unwichtig!"
Achselzuckend meinte Laila, dass sie noch nie den Nachnamen Unwichtig gehört habe und beließ es dabei. Sie hatte keine Lust, weiter nachzubohren.
Holger zog Laila zu sich, fuhr durch ihre schwarzen Locken. Der erste Kuss schmeckte nach Bier, Rauch und Schnaps. Laila störte es nicht.
„Noch einen Wunsch? Ich muss jetzt nämlich aufs Klo." Die feiste Kellnerin unterbrach jäh die zarte Spielerei.
Laila verneinte, war es doch schon das vierte Glas Wermuth. Holger bezahlte. Er hatte sie eingeladen.

Heftig zog er Laila vom Barhocker zu sich, umarmte sie, drückte sie fest an sich.
„Wir fahren zu mir!", flüsterte er ihr ins Ohr.
Laila zögerte, „ich weiß nicht so recht..."
„Du pennst bei mir!", seine Stimme war plötzlich noch tiefer, der Ton bestimmt.
Wehren konnte sich Laila nicht mehr. Zu stark war der Bann seiner Stimme, seiner Locken, seines Geruches, seiner Umarmung.

Im Taxi fuhr er mit der Hand schamlos Lailas Bein entlang. Brüsk stieß sie ihn weg. Sie möge derlei nicht in der Öffentlichkeit, feixte sie. Holger lachte. Kopfschüttlend bog der Taxifahrer in eine Seitengasse ein.

Weiß gekalkt war der Gang von Holgers Wohnhaus. Stuckatur prangte auf den Wänden, an der Decke. Polierte Messingleuchten strahlten in angenehm gelblichem Licht. Jahrhundertwende in voller Pracht. Im Fahrstuhl drückte er Laila gegen die Holzvertäfelung, fuhr ihr durch das Haar. Laila wehrte ab, meinte sie möge es nicht, wenn man sie so fest am Haar anfasse. Der Fahrstuhl hielt. Holger nahm ihre Hand, führte sie zur Türe am Ende des Korridors. Sein Schlüssel knackte im Schloss. Geräumig war die Wohnstatt, mit hohen Wänden. Die Möbel waren von erlesenem Geschmack, teils antik, teils modern.

Er bot ihr ein Getränk an. Laila lehnte ab.
„Ich bin schon ganz schwindelig vom Wermuth vorhin."
Im Spiegel des Vorzimmers betrachtete sie ihr Gesicht. Der Lippenstift war verschmiert, zerronnen. Aus der Handtasche kramte sie unter dem geblumten Leinenkleid, das sie zu Hause schnell zusammenknüllt und hineingestopft hatte, ein Taschentuch hervor. Hastig wischte sie die Schminke von ihrem Mund.
„Kommst du jetzt?", rief er ihr aus dem Wohnzimmer zu. Leise Musik ertönte.
«Rad des Glückes. Immer drehst du dich. Wird dein Pfeil mich treffen?... Oh Rad des Glückes, solltest du jemals mir deine Gunst erweisen, bitte tu es jetzt...»
Laila hörte das Lied zum ersten Mal. Warm wurde ihr ums Herz. Süßem Honig gleich, glitt das Lied in ihr Ohr, in ihr Herz. Sie folgte seiner Stimme. Holger nahm ihre Hand. Sanft fuhr sie mit den Fingern über die breite, fleischige Fläche. Seine Zungenspitze lag auf der Oberlippe. Sachte zog er sie in das Schlafzimmer. Über die Stehlampe hatte er seinen Bademantel geworfen. Dämmrig bläuliches Licht schimmerte auf das Bett. Laila setzte sich auf die Bettkante, entkleidete sich. Bewundernd blickte sie zu ihm auf, als er vor ihr stand. Unbekleidet wirkte seine Gestalt auf Laila noch anziehender.

Der Akt war von nicht großer Dauer. Laila hatte ihm etwas vorgespielt. Der Wermuth hatte sie bleiern werden lassen. Leise, dumpfe Schmerzen hatten sich ihres Kopfes bemächtigt. Holger konnte sich ergötzen. Seinen Arm um Lailas Oberkörper geschlungen, schlief er ein. Laila presste sich fest an ihn. Sie konnte nicht einschlafen. Behutsam drehte sie sich um, damit sie sein Gesicht, seinen Oberkörper sehen konnte. Friedlich lag er da. Tröpfchen von Geifer rannen still aus seinem Mund, benetzten den Polsterbezug. Zärtlich strich sie ihm durchs Haar, ganz sanft, sodass sie ihn nicht weckte. Die Grübchen in seinem Gesicht hatten sich im Schlaf ein wenig vertieft. Laila versuchte ihrem Schlaf nachzugeben, doch konnte sie nicht davon ablassen, ihn zu betrachten.

«Oh Rad des Glückes», hallte es wieder und wieder in ihrem Kopf. «Oh Rad des Glückes». „Wie ich dich lieben könnte, Holger Unbekannt", flüsterte sie ihm ins Ohr. Laila fiel in seichten, unruhigen Schlaf. Sie erwachte, als die ersten Strahlen der Morgensonne durch den Spalt zwischen den Vorhängen durch drangen. Die Dumpfen Kopfschmerzen waren nicht zur Gänze vergangen. Laila beobachtete weiterhin den Schlafenden. «Oh Rad des Glückes» klang es in ihrem Kopf. Seine Arme suchten sie im Schlaf, griffen nach ihr, umschlangen sie schließlich.

Mit wachsender Zuneigung betrachtete sie den sprießenden Morgenbart an den Wangen, den mit Geifertröpfchen benetzten Spitzbart, die Achselhaare, die Brust. Für ein paar wenige Stunden gelang es auch ihr zu schlafen. Holger erwachte gegen Mittag. Laila war schon zuvor erwacht, wartete auf ihn. Als er sich im Erwachen ächzend im Bett wälzte, setzte sich Laila auf. Sie umhüllte sich mit der Bettdecke, sah sich nach dem Badezimmer um. Ohne anzuklopfen betrat Holger nach einiger Zeit das Bad und legte ihr ein frisch gewaschenes Handtuch auf das Waschbecken. Mit heftigen Bewegungen wusch sich Laila die Schminke vom Gesicht. Wohlig warm rann das heiße Wasser aus dem Brausekopf über ihren Körper. Lange rieb sie die frisch duftende Seife an ihrer Haut. «Oh Rad des Glückes» Der Tag konnte die liebliche Melodie der Nacht nicht verscheuchen. Laila trocknete sich mit heftig reibenden Bewegungen ab. Aus der Handtasche im Vorzimmer nahm sie das geblumte Leinenkleid heraus und zog es sich rasch über. Müde und zerknittert hing es an ihr. Sorgfältig legte sie das Abendkleid zusammen und gab es anschließend in die Tasche. Holger stand erstaunt vor ihr.
„Ach, ich kann doch nicht so...", sagte sie entschuldigend
„Ja, ja", brummte er.
„Ich werf dich jetzt raus. Ich bekomme später Besuch."
Laila wollte ihn umarmen, doch er flüchtete sich zu dem großen Spiegel und begutachtete sein Gesicht.
Sie ging zum Spiegel, stellte sich hinter ihn. Holger wandte sich ihr zu.
„Ich muß dich jetzt..."
Sanft blickte Laila in seine verschwollenen Morgenaugen. Im nur schlampig umgehängten blauen Bademantel stand er vor ihr.
„Die Tür ist dort", krächzte er und hüstelte.
Laila riss sich die schwarz gelockte Perücke vom Kopf. Blondes, mit Haarspangen fest am Kopf befestigtes, kurzes Haar kam zum Vorschein.
„Eigentlich heiß ich Monika Bauer", stotterte sie erwartungsvoll.
„Schön", brummte er.
„Sei nicht böse, aber ich muss noch aufräumen."
„Schon gut", flüsterte Monika und ging durch die Tür.
Dumpfer Schmerz traf ihr Herz, als sie die Türe einschnappen hörte. Im Stiegenhaus nahm sie die Spangen aus dem Haar. Sie blickte zu ihren schwarzen Schuhen hinab. «Oh Rad des Glückes», bitter klang es nun.

Brennend heiß war die Straße durch die Mittagssonne. Monika verspürte Hunger. Ungeduldig hastete sie über den Gehsteig zu einer Hauptstraße. In einer kleinen Konditorei fragte sie nach Frühstück.
„Gibt’s noch Gnädige Frau. Bis halb eins...", keuchte die Kellnerin, die gerade dabei war, mit einem nassen Tuch über die Tische zu wischen.
„Ja, eins mit Briochekipferl und Melange."
„Gerne, kommt sofort."
Monika nahm am Tisch beim Fenster Platz. Ihre Handtasche war nicht zur Gänze verschlossen, ein paar Haare der Perücke schielten heraus. Das Frühstück wurde gebracht. Knusprig frisch war das Gebäck. Der Zuckerstreuer war verklebt. Monika wollte nicht um einen anderen bitten. Sie nahm einen Schluck Kaffee, um den Bissen Gebäck aufzuweichen. „Ein Frühstück hätte er mir wenigstens anbieten können...", dachte sie.
«Oh Rad des Glücks», immer leiser wurde die Melodie in ihrem Kopf.
Nochmals nippte sie an der Tasse. Der Kaffee schmeckte bitter.

 

Hallo Echnaton,

eigentlich ist diese Geschichte weder romatisch noch erotisch, sondern lediglich auf der Suche nach beidem.
Sie lässt einen frustriet und bitter zurück.
Wahrscheinlich ist sie genauso bittere Realität für Menschen die auf irgendein Glück hoffen.
Das könnte nun so klingen, als hätte mir deine Geschichte nicht gefallen, sie hat mir aber gerade deswegen ausgezeichnet gefallen.

Lieben Gruß, sim

 

Servus Sim,

danke fürs Lesen. Freut mich, daß es Dir gefallen hat. Ich hab's halt in Romantik/Erotik gestellt, weil ich nicht genau wußte, wohin sie passen würde. Erotik ist drinnen, also dachte, hier sei sie richtig platziert.

liebe Grüße

Echna

 

Hi Echnaton!

Es ist auf jeden Fall eine Geschichte, mit der sich viele identifizieren können: Diejenigen, die selbst etwas entsprechendes erlebt haben, und jene, die es sich vorstellen können.

Was davon auf Dich zutrifft ist unwichtig, denn es ist Dir gelungen, all die Gefühle darzustellen, die der Frau durch den Kopf gehen, ohne sie episch ausbreiten zu müssen.

Hat mir gefallen!

Aragorn

 

Servus Aragorn,

Danke fürs Lesen. Freut mich, daß es auch Dir gefallen hat. Die Handlung ist frei erfunden. Aber beobachtet man wachen Auges die "neue Zeit", kommen einem allerhand Gedanken, die man umsetzen kann.

danke nochmals

liebe Grüße Echna

 

Hallo Echnaton,

ich finde sie in dieser Rubrik auch gut aufgehoben.
Es geht ja um die Suche nach beidem in deiner Geschichte, auch wenn die Suche vergeblich ist.

Lieben Gruß, sim

 

Servus Carlotta,

danke auch Dir fürs Lesen. Ja es ist diese Art von moderner Einsamkeit. Wenn Dich die geschichte, wie Du schreibst, berührt hat, freut mich das besonders. Das wollt ich, will ich eigentlich, erzielen, daß der Leser gewisse emotionale Regungnen beim Lesen verspürt und deshalb die Geschichte fertig liest. Selbst wenn in meinen Geschichten nie viel passiert....

danke für Deine Kritik

Echna

 

Lieber Echnaton!

Wieder eine gelungene Geschichte in Deiner unverkennbaren Handschrift - Deinem persönlichen Stil, Deiner Gabe für Namensgebung, und einem menschlichen "Phänomen" der Zeit - hier die vergebliche Suche nach Liebe -, das niemals fehlt. Alltägliche Geschichen mit Echnaton gewürzt. :D

Laila, die sich Liebe erhofft, aber den Fehler begeht, daß sie maskiert danach sucht...
Und Holger, der mir weniger zu suchen scheint, als vielmehr die Suche mancher Frauen für seine Befriedigung ausnützt, aber mehr gar nicht will. Nicht einmal seinen Namen will er nennen. So ein richtiges Arschloch halt... ;)
Naja, wäre ohnehin ein Fehlgriff gewesen, für Laila. :D

Aber jetzt gleich zu meinen großteils stilistischen, aber auch ganz anderen Anmerkungen...:

"ein wohl wollendes Nicken"
- wohlwollendes (zusammen)

"Zwischen verschnörkelten Plastiksäulen und verstaubten Kunstblumen, huschten sie ..."
- Beistrich zwischen Kunstblumen und huschten gehört da nicht hin

"Hinter Laila war schon seit einiger Zeit ein Mann großer Statur gestanden."
- würde "von großer Statur" schreiben

"Manche hier kleben sich den Bart auf, bevor sie herkommen."
- würde das "hier" weglassen, daß sie von denen im Klub spricht, geht ja aus dem zweiten Teil des Satzes hervor

"Du pennst bei mir!"
- ein bisserl mehr schleimen hätte er schon können... ;)

"Laila zögerte, "ich weiß nicht so recht....""
- da hast Du vier Punkte. Schäm Dich. :lol:

"Brüsk stieß sie ihn in weg."
- die Wahl zwischen "ihn" und "in" ging wohl unentschieden aus...? :naughty:

"Wird dein Pfeil mich treffen?...Oh Rad des Glückes"
- Leertaste vor und nach den Punkten

"durch den Spalt zwischen den Vorhängen durchdrangen"
- durch drangen (auseinander)

"Lang rieb sie die frisch duftende Seife an ihre Haut."
- an ihrer Haut


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Servus Häferl,

danke fürs Lesen und den Kommentar. Die Fehler hab ich jetzt ausgebessert. Schleimen tut der Holger nicht, der geht zur Sache, ein ganzer Kerl der Neuen Zeit.

danke nochmals und liebe Grüße

Echna

 

Hallo Echnaton,

mir gefällt deine Darstellung der Brüchigkeit der Beziehung dieser beiden Protagonisten sehr gut und umgesetzt hast du deine Geschichte, man muß schon sagen, wie immer, einwandfrei.
Ich fühlte mich in dem Bann der Geschichte, wollte unbedingt, happyendsüchtig, wie ich nun mal bin, weiterlesen und hoffen, dass es dieser Laila gelingt an den sog. Richtigen zu geraten. Man könnte auch sagen, du hast einen guten Spannungsbogen geführt.

Laila bleibt auf der Strecke und das ganz gewiß nicht, weil sie sich maskiert hat, sondern weil sie von vorneherein an dem falschen Platz den Falschen gesucht hat.

Mir gefällt die Vielschichtigkeit deiner Charaktere. Lailas Suche nach einem beständigen Partner, einem, der länger mit ihr zusammen bleiben mag, der sie liebt und den sie lieben kann, wobei sie und das gefällt mir auch ungemein gut, ihre Ansprüche an das Objekt ihrer Liebe sehr niedrig hält.
Sie hat sich auf die Körperlichkeit verlegt und verwechselt gutes Aussehen und Begierde des Mannes mit Zuneigung. Sie ist geradezu auf einem immer tragisch endenden Weg, das wird in deiner Geschichte deutlich und kommt bei mir als eine eher zeitlose Tragik an.

Zwei Menschen begegnen sich auf unterschiedlichen Ebenen ihrer Wünsche, verbringen ein wenig ihrer Zeit gemeinsam, bis die jeweilige Wunscherfüllung sich partout nicht mehr mit der des anderen zu decken vermag, sich geradezu ausschließt.
Holger, der eine Bindung für eine Nacht suchte und fand, der, und das fand ich besonders faszinierend, im Schlaf die Bindung sucht, Laila an sich zieht, fast wie ein kleiner Bub, der seinen Teddy mit ins Bett nimmt. Am Morgen ist er wieder Herr der Lage, nicht gewillt auch nur einen winzigen Hoffnungsschimmer an weiterer Intimität aufkommen zu lassen.

Ich würde daher nichts darüber schildern, dass er erstaunt ist, als er Laila in einem anderen Kleid erblickt. Aus meiner Sicht ist das "Thema" für ihn abgeschlossen und wie sie jetzt aussieht, ist ihm sehr egal.
Für mich ist das Ganze keineswegs ein modernes Thema, nein es ist ein altes, ein uraltes Thema von unterschiedlichem Begehren und Wünschen und Sehnen und Hoffen. Es ist allerdings ganz gewiß in die jetzige Zeit transponiert und von daher eine moderne Geschichte über die Einsamkeit.

 

Servus Lakita,

danke fürs Lesen, ich freu mich immer so über Reaktionen. Freut mich auch, daß sie Dir gefallen hat. Ich weiß schon, daß derlei immer schon ein Thema war (im Alten Rom, wo ja Heirat erzwungen wurde als Absicherung der Sippe, etc. und Liebe eher als Fluch denn als Segen galt und man halt die Sklaven, Dirnen, Lustknaben usw. als Lust- manchmal auch Liebesobjekte hatte) So gesehen spannt sich der Bogen zu unserer Neuen Zeit, die aber im Gegensatz zu den vorhergehenden Epochen an Oberflächlichkeit und Kälte nicht zu übertreffen ist. Weiß auch nicht, vermutlich das melancholische Naturell eines Urwieners, der wie sich's gehört eher der (entfernteren) Vergangenheit nachtrauert. So auf Körper war man aber nie, nur heute. Ich glaub, das kann man durchaus behaupten.

Das Begeheren, Wünschen, Hoffen ist seit Urzeiten gleich, da geb ich Dir natürlich recht. Aber heutzutage schriebt keiner mehr elends lange lyrische Anhimmlungen, heute schreibt man SMS. Das sagt doch alles, oder?

Nochmals herzlichsten Dank für Dein Kommentar.

liebe Grüße aus dem mediterran-heißen Wien (derzeit 34°, bin ganz erschlagen)

Echna

 

Hallo Echnaton,

ich weiß nicht woher ich den anderen Blickwinkel habe, aber ich hatte anfangs das Gefühl, daß Laila/Monika eh nur Sex will - sie präsentiert sich jedenfalls entsprechend und kippt sich, kaum im Aufreißlokal angekommen, erst mal einen Schnaps hinunter. Drei Schnäpse weiter ist sie zu schwach um "nein" zu sagen, scheint aber von Herrn Spitzbart nicht zu sehr begeistert zu sein. Weder im Taxi noch im Lift hat sie Lust auf ein Vorspiel; erst wollte sie ja gar nicht mitgehen. Die sexuelle Lust geht schließlich ganz flöten, da der Macker nur mal schnell abspritzen will.

Lediglich die Musik verzaubert Laila. Sie scheint ja nicht die höchste Meinung von sich selbst zu haben, sonst bräuchte sie sich nicht dermaßen zu maskieren. Aber daß sie sich nach dermaßen miserablem Sex, dem nicht einmal ein interessantes Gespräch vorangegangen war, in den großen, friedlich schlafenden Muskeltypen verliebt, von dem gleich dreimal geschrieben steht, wie im der Geifer rausläuft, läßt sie in einem ganz schön schwachen Licht dastehen.

Ich kann freilich beide verstehen...
Eni

 

Hallo Eni,

danke fürs Lesen und Deinen Kommentar, bei dem ich wirklich schmunzeln mußte. Möglicherweise hab ich den Geifer etwas zu oft strapaziert, aber ich laß es mal so stehen.

Sind halt beide kaputte Neuzeittypen.

danke nochmals fürs Lesen und den humorvoll-kritischen Kommentar

Echna

 

Hallo Echnaton,

wieder einmal stehe ich etwas hin- und hergerissen am ende einer geschichte von dir. Auf der einen Seite gelingt es dir in deinem ganz besonderen stil, Schattenseiten des lebens unbarmherzig zu erleuchten - und immer steckt ein funken einer figur auch in einem selbst..das finde ich stark..

auf der anderen seite interpretiere ich immer irgendwie in deine geschichten hinein, die heutige zeit sei böse - während früher alles viel besser war.. gerade diese einstellung ist aber mMn eine besondere krankheit unserer zeit.. diese intention gefällt mir nun überhaupt nicht.. ich halte sie für einen viel gepflegten irrtum .. interpretiere ich diesen zweiten ansatz richtig?..

unverwechselbar, wie schön du bereits mit deinen namen das bild der protagonisten zeichnest.. traurig und leer hast du sie alle gemacht.. das ist immer wieder eine starke leistung..

viele grüße, streicher

 

Servus Streicher,

danke auch Dir fürs Lesen. Freut mich, daß Dich die Geschichte angesprochen hat.

Es stimmt, Du hast recht. Ich kann dieser "Neuen Zeit" wirklich nicht viel abgewinnen. Vor zwanzig, dreißig Jahren war es in der Tat besser, so ist es nun einmal. Ich beziehe mich nicht (sic) auf die Zeiten davor. In den Siebzigern gab es in Österreich (auch in Deutschland) Vollbeschäftigung, ein ausbalanciertes System zwischen Wirtschaft und Staat, Absicherung und schließlich Rechte für Arbeitnehmer. Der Mensch war endlich als solcher und in allen Einkommensschichten respektiert. Man tat alles, um allen die gleichen Möglichkeiten zu bieten (Gesundheitswesen für alle, Ausbildung für alle, günstige Wohnungen etc.) Was ist daraus geworden? Kaputt gemacht wird es, zack, bumm!

Ich brauch darüber nicht weiter zu reden, denk ich. Aufgrund der vollkommenen Unterordnung des Menschen unter die Wirtschaft (der Konzerne, der globalen Amerikanisierung) werden die Menschen nun mal oberflächlich, selbstbezogen, raffgierig, und bekämpfen sich in der Arbeitswelt aus Überlebensangst. Die Oberfläche, das Äußerliche ist nun mal dominierend in unserer Welt. Ich kann leider nicht anders, als diese Zeit nicht zu mögen, tut mir leid.

liebe Grüße

Echna

 

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