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Lagebericht

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07.01.2004
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Lagebericht

Ich stehe am Fenster des Bades. Die Kronen der Bäume schlagen im Wind hin und her.
Regen plätschert gegen die Scheibe.
Gestern sagte ein alter Mann im Bus: „Jetzt kommt der Herbst mit Gewalt.“
Im Haus stinkt es nach Suff und abgestandenen Zigarettenqualm. Im Wohnzimmer liegt ein großer Koffer geöffnet auf dem Tisch. Auf dem Teppich eine Landkarte, halb bedeckt mit Geldscheinen.
In der Glasvitrine mit allerlei Gläsern erkenne ich mein Gesicht. Meine Haare hängen strähnig an mir herab.
Ich sehe müde aus.
Ich bin müde.
Meine Augen sind klein und blutunterlaufen, fast ein Wunder das ich mit ihnen noch sehen kann. Auf der Couch liegt mein bester Freund. Er schläft tief und fest. Eine Wolldecke ist über seinen ganzen Körper gezogen. Ich erkenne ihn einzig und allein an seinen Fußsohlen, eingebrannte Initialen T.H..
Im Flur schläft an die Wand gelehnt ein anderer guter Freund. Aus all seinen Taschen am Körper quellen Geldscheine hervor. In der linken Hand hält er ein halbvolles Bier.
Er blutet aus der Nase. Seine Zunge hängt aus dem Mund.
Ich mache mir Sorgen.
Versuche seinen Puls am Hals zu fühlen. Mir stockt der Atem. Mir ist schlecht. Ich bin Millionär. Draußen stürmt es. Meine Eltern sind im Urlaub.
Ich hab ihn, poch, poch. Der Puls.
Ich muss schlucken, meine Hände voll kaltem Schweiß und Blut.
Ich gehe die Treppe hinauf. Linke Tür wohnt mein Bruder. Das Fenster ist offen. Kalter Wind fegt durchs Haus. Mein Bruder liegt im Bett. Verknotet liegt die Decke über ihm.
Kippenstummel liegen im Zimmer herum. Im Aschenbecher, ein brauner Euroschein.
Ich gehe in das gegenüberliegende Zimmer. Im Zimmer steht ein Bett, ein Tisch- auf ihm ein Computer.
Dem Fenster ist die Scheibe eingeschlagen, sternförmig klafft ein Loch.
Die Kronen der Bäume wüten. Blätter wirbeln durch die Luft, gelb, rot, braun.
Regen peitscht ins Zimmer herein. Ich öffne das Fenster, unten auf der dreckig nassen Erde liegt eine Flasche Gin.
Ich höre es poltern. Fluchend rennt ein Freund aus dem Zimmer. Er hat wohl in der Ecke auf dem Fußboden gelegen. Ich folge ihm die Treppe hinunter, gehe vor die Tür ins Freie.
Ein Lagerfeuer kämpfte sich von der Nacht in den Tag.
Halbverbrannte Geldscheine liegen am Rande des Feuers. Ich setzte mich auf die Bank. Meine Sachen werden nass. Die Tür zum Haus geht auf.
Drei gute Freunde kommen heraus. Verabschieden sich. Ein Schlüssel fällt ins Schloss.
Türen knallen. Ein tiefes Grollen verflüchtigt sich vom Hof.
Ich bin müde. Im Schlafzimmer steht ein leeres großes Bett.

 

hallo blossinarr,

ein millionär? eine geldpartie? gute freunde? in dieser geschichte wird nur angedeutet. die fantasie des lesers wird sehr auf die probe gestellt. auch ist die handlung sehr dürftig und trägt die einstufung "geschichte" schon fast zu unrecht. es ist eher eine situationsbeschreibung, die auf gerade vergangenes deutet - eben so, wie die überschrift es ja umschreibt.
aber erzählt, so wie ich es von einer geschichte es erwarte, hast du so gut wie nichts. vielmehr bleibt dem leser überlassen, sich selbst eine geschichte auszudenken. so ist mir das leider viel zu wenig.
desweiteren sind mir da zu viele gute freunde. gibt den jungs doch mal ein paar namen. der lagebericht - also die situationsbeschreibung ist auch sehr dürftig - zu wenig, um eine geschlossenes bild von der umgebung zu bekommen. da dürfen noch mehr bierdosen liegen. der fernseher kann in einer schnapslache stehen. eine unterhose, keine ahnung, wem die gehört, hängt am lampenschirm. brandflecke im teppich. Kondom baumelt am fenster
die erzählweise ist angemessen (kurz und trocken). und der schreibstil durchaus sauber. eine stelle, die ich direkt anmerken möchte, ist:

Kippenstummel liegen im Zimmer herum. Im Aschenbecher, ein brauner Euroschein.
Ich gehe in das gegenüberliegende Zimmer. Im Zimmer steht ein Bett, ein Tisch- auf ihm ein Computer.

Zu viele "Zimmer". Das erste "Zimmer" könnte man mit "Raum" ersetzen. Das dritte "Zimmer" könnte man mit "dort" ersetzen.

der bindestrich hinter "Tisch" ist falsch hier!

fazit: solides erzähltalent, wobei die geschichte selbst inhaltlich zu schwach ist (meiner meinung nach)!

bis dann

barde

 

Hey Barde,

danke für deine Kritik. Du hast völlig recht, wenn du sagst die Story sei dir zu wenig ausbebaut oder nur schmal vorhanden. Der Text sollte eigentlich auch nur ein Gefühl transportieren, vielleicht als großes Standbild. Vielleicht ist es mir auch nicht gelungen, dies im Text klarzumachen.
Trotzdem sprichst du auch auf ein generelles Problem meiner Schreiberei an, Geschichten entwickeln und sie sinnig aufzubauen. Eine Sache an der ich arbeiten muss.

Bis bald

 

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