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Lächelsaft
„Einmal Lächelsaft“, schnarrte die drahtige Frau im weißen Kittel und ich bekam einen roten Kopf. In einer Apotheke, in der sich neben zwei kleinen Kindern auch vier Erwachsene befanden, die zwar nicht meinen Namen, wohl aber mein Gesicht von irgendwo her kannten, in einer Apotheke sollten die Angestellten diskreter mit den Bestellungen der Kunden umgehen. Ich war froh, mein Viagra per Post bestellt zu haben, wobei ich nach Erhalt des Paketes nicht sicher war, ob die Post es wirklich zur Überprüfung des Inhaltes oder aus Neugier geöffnet hatte. Jedenfalls tuscheln die Nachbarinnen neuerdings, wenn ich das Haus verlasse.
„Lächelsaft ist aus!“, tönte eine piepsige Stimme aus dem hinteren Teil der Apotheke. Großartig, dachte ich, vielleicht schalten sie jetzt noch eine Sirene ein, damit es jeder weiß. Nein, die Sirene blieb aus, dafür schallte aber der Nachsatz der Piepsenden durch den verwinkelten Verkaufsraum: „Wir müssen unbedingt noch mehr Antidepressiva ins Angebot aufnehmen.“ Gut, sollte bislang irgendeiner der Anwesenden nicht gewusst haben, was Lächelsaft ist, so sollte nun klar sein, dass ich nicht für meine Katze einkaufen ging. „Es ist für meinen Großvater“, erklärte ich der Frau, die neben mir stand und mich mitleidig ansah, aber sie verzog keine Miene.
„Wir haben keinen Lächelsaft mehr“, schnarrte die Frau hinter dem Tresen, „vielleicht haben sie es gehört. Kann ich Ihnen etwas anderes empfehlen?“ Diese Lautstärke. Vermutlich machen alle Apothekerinnen einen Grundkurs Artikulation auf dem Kasernenhof. Ich war nicht beim Heer, aber ich hatte einen Sportlehrer, der lange genug gedient hatte, um während des Unterrichts mit Schlüsseln zu werfen oder ein zackiges „Jawoll“ von den Schülern einzufordern. Also antwortete ich der Frau mit fester Stimme: „Jawoll, ich hätte gern die große Kiste Viagra, einen Eimer Schwangerschaftstests, vier Familienpackungen Kondome, die HIV-Informationsbroschüre, ein Mittel gegen Fußpilz und etwas gegen meine lästigen Blähungen.“ Ich untermalte meinen Auftrag mit einigen Geräuschen, hatte kurz darauf meine Ruhe und werde nun in der Apotheke freundlich, aber mit Gummihandschuhen begrüßt.