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Kurier
“Wohin?”
“Gradeaus.”
Ein paar Minuten fuhren wir wortlos durch die Nacht.
An der ersten roten Ampel sagte ich: “Endlich hat's aufgehört zu regnen.”
“An der nächsten Ampel rechts”, sagte er.
Einen weiteren Konversationsversuch startete ich nicht, folgte seinen Fahrtrichtungsansagen. “Da vorne beim Döner Laden kannst' anhalten.”
Als wir standen fragte er: “Was kriegst du?”. Ich zeigte wortlos auf das Taxameter. 17.50 stand da. Er kramte einen Fünfziger aus der Hosentasche und fragte: “Bock auf einen kleinen Extra-Auftrag?”, und wedelte mit dem Fünfziger.
Kurierfahrt. Ein Paket sollte ich abholen aus Vlagtfedde, knapp 20 km hinter der holländischen Grenze. “50 jetzt und den hier, wenn du das Paket hier ablieferst”, sagte er und kramte einen 500'ter vor.
Ich überlegte kurz und antwortete: “500 jetzt, 500 bei Ablieferung.”
“Wenn du nicht in zwei Stunden mit dem Paket hier auftaucht's, finde ich dich”, sagte er und drückte mir die 500 in die Hand.
Der erste Auftrag wurde zu einem hübschen Nebenerwerb. Zwei-, dreimal im Monat fuhr ich diese Tour. Einmal hielt mich der Zoll an. “Woher kommen sie?”
“Hab' einen Fahrgast nach Groningen gebracht.”
“Wie lange musst du noch fahren?”
“Sieben, acht Uhr, schätze ich.”
“Lange Nacht.”
“Tschüss auch.”
Nette Jungs.
Dann nach fast zwei Jahren kam der große Auftrag. Als ich wie üblich mein Paket ablieferte, hieß es, komm doch mal zum Chef. Ich sah ihn zum ersten mal in diesem Hinterzimmer des Döner Imbisses. Eine wunderbare Rolex trug er und einen schimmernden Seidenanzug. “Du bist ein zuverlässiger Kurier”, sagte er, “zuverlässig, guter Mann.”
In Amsterdam wurde mein Auto vollgeladen. Ca. 30 Kilo. Nach Bremen sollte ich. Bin dann aber abgebogen Richtung Südfrankreich. Da habe ich das Zeug zu Geld gemacht und mir ein kleines Haus gekauft.
Die finden mich nicht, glaube ich, hoffe ich.