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Kurier

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16.09.2018
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Kurier

“Wohin?”
“Gradeaus.”
Ein paar Minuten fuhren wir wortlos durch die Nacht.
An der ersten roten Ampel sagte ich: “Endlich hat's aufgehört zu regnen.”
“An der nächsten Ampel rechts”, sagte er.
Einen weiteren Konversationsversuch startete ich nicht, folgte seinen Fahrtrichtungsansagen. “Da vorne beim Döner Laden kannst' anhalten.”
Als wir standen fragte er: “Was kriegst du?”. Ich zeigte wortlos auf das Taxameter. 17.50 stand da. Er kramte einen Fünfziger aus der Hosentasche und fragte: “Bock auf einen kleinen Extra-Auftrag?”, und wedelte mit dem Fünfziger.
Kurierfahrt. Ein Paket sollte ich abholen aus Vlagtfedde, knapp 20 km hinter der holländischen Grenze. “50 jetzt und den hier, wenn du das Paket hier ablieferst”, sagte er und kramte einen 500'ter vor.
Ich überlegte kurz und antwortete: “500 jetzt, 500 bei Ablieferung.”
“Wenn du nicht in zwei Stunden mit dem Paket hier auftaucht's, finde ich dich”, sagte er und drückte mir die 500 in die Hand.

Der erste Auftrag wurde zu einem hübschen Nebenerwerb. Zwei-, dreimal im Monat fuhr ich diese Tour. Einmal hielt mich der Zoll an. “Woher kommen sie?”
“Hab' einen Fahrgast nach Groningen gebracht.”
“Wie lange musst du noch fahren?”
“Sieben, acht Uhr, schätze ich.”
“Lange Nacht.”
“Tschüss auch.”
Nette Jungs.

Dann nach fast zwei Jahren kam der große Auftrag. Als ich wie üblich mein Paket ablieferte, hieß es, komm doch mal zum Chef. Ich sah ihn zum ersten mal in diesem Hinterzimmer des Döner Imbisses. Eine wunderbare Rolex trug er und einen schimmernden Seidenanzug. “Du bist ein zuverlässiger Kurier”, sagte er, “zuverlässig, guter Mann.”

In Amsterdam wurde mein Auto vollgeladen. Ca. 30 Kilo. Nach Bremen sollte ich. Bin dann aber abgebogen Richtung Südfrankreich. Da habe ich das Zeug zu Geld gemacht und mir ein kleines Haus gekauft.

Die finden mich nicht, glaube ich, hoffe ich.

 

Hallo @Oskar Herbst!

Tut mir Leid, aber für mich ist das keine Geschichte, ich kann mich meinem Vorredner da nicht anschließen. Hier fehlen entscheidende Merkmale. Es gibt keine komplexen Charaktere, keine Tiefe, keine richtige Handlung, nichts, was die Geschichte in meinem Kopf verankern kann. Den uralten Spruch "Show, don't tell" solltest du bei zukünftigen Arbeiten beherzigen und vielleicht möchtest du dir beim nächsten Mal auch die Frage stellen, ob deine Geschichte in irgend einer Form nicht auch einen Sinn in sich tragen soll. Diese hier hat nichts davon. Keinen Sinn, keine Poesie, keine Lehre, keine Emotion. Sie ist einfach nichtssagend.

An die sprachlichen Dinge meine Vorredners möchte ich noch zwei Ding anknüpfen:

“Wie lange musst du noch fahren?”
“Sieben, acht Uhr, schätze ich.”

Du meintest wahrscheinlich Stunden statt "Uhr"?

Ca. 30 Kilo

Bitte schreibe circa aus. Das ist eine Geschichte, kein Laborprotokoll.

Liebe Grüße,
Alveus

 

Hallo @Oskar Herbst,

zunächst einmal Herzlich Willkommen bei den Wortkriegern.

Kurierfahrt. Ein Paket sollte ich abholen aus Vlagtfedde, knapp 20 km hinter der holländischen Grenze. “50 jetzt und den hier, wenn du das Paket hier ablieferst”, sagte er und kramte einen 500'ter vor.
Ich überlegte kurz und antwortete: “500 jetzt, 500 bei Ablieferung.”
“Wenn du nicht in zwei Stunden mit dem Paket hier auftaucht's, finde ich dich”, sagte er und drückte mir die 500 in die Hand.
auftauchst.
Grundsätzlich würde ich dir empfehlen, Zahlen auszuschreiben, es liest sich dann weniger wie ein Kassenbon und mehr wie ein literarischer Text.

Einmal hielt mich der Zoll an. “Woher kommen sie?” “Hab' einen Fahrgast nach Groningen gebracht.” “Wie lange musst du noch fahren?”
Erst Siezen, dann Duzen? Warum?

“Du bist ein zuverlässiger Kurier”, sagte er, “zuverlässig, guter Mann.”
Würde ich so schreiben: “Du bist ein zuverlässiger Kurier”, sagte er. “Zuverlässig, guter Mann.”

In Amsterdam wurde mein Auto vollgeladen.
Würde beladen schreiben, da mit dreißg Kilos das Auto nicht vollgeladen ist.

Zum Inhalt: Es ist für mich nichts wirklich falsch an deiner Geschichte, allerdings hat sie mehr szenischen Charakter, sie ist simpel und kurz. Die Idee ist nicht neu, die Auflösung nicht sonderlich originell, da ist nichts, was mich vom Hocker haut. Um sich in meinem Kopf zu verankern und zum Nachdenken/ Mitfühlen anzuregen, fehlen wesentliche Merkmale. Wenn du Bock hast, schau mal hier rein:
https://www.wortkrieger.de/index.php?threads/tipps-für-schreibanfänger-und-fortgeschrittene.29289/

Peace, linktofink

 

Hallo lieber Oskar Herbst
Müde vom Tag war ich und auf der Suche nach einer wirklich kurzen Geschichte. "Kurier" war sehr unterhaltsam und packte mich bis zum Schluss.
Im Erzählton liegt Leichtigkeit und Coolness.
Die Geschichte ist direkte-Rede-lastig und kommt fast ohne Beschreibungen und Szenenbilder aus. Der Kontext erschliesst sich aus der direkten Rede. Weil ich schon viele Gangsterfilme gesehen habe, aktivieren die Zeilen sogleich die genretypische Erwartungshaltung und das im Text Weggelassene zeichnet sich gewissermassen von selbst. Auch wenn der Text wie eine gedankliche Skizze daherkommt, hatte ich Freude daran. Meine Lust an dem Text liesse sich noch steigern, wenn du mit der Auflösung nicht so schnell ins Haus fallen und Dir etwas mehr Zeit lassen würdest, die Personen und die Stimmungen zu zeichnen. In deinen kurzen, trockenen Sätzen versteht sich ;)
Ich stelle mir Deine Geschichte als Intro eines Gangster-Filmes vor. Und eigentlich geht diese Geschichte jetzt erst richtig los. Denn wer sich mit dem Kartell anlegt...
Guter Gruss
bluesafran

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo @Oskar Herbst,

ich möchte dir auch den link von linktofink empfehlen. Ich habe den Text dort auch durchgearbeitet und finde ihn sehr hilfreich.
Was du schreibst, würde ich mehr als eine Idee für eine Geschichte ansehen. Es fehlen in ihr alle Elemente, die eine Geschichte lesenswert machen. Eine Atmosphäre, in die der Leser eintauchen kann, Charaktere, in die er sich einfühlen kann, Spannung, eine interessante Entwicklung, innere und äußere Konflikte ...

Aber so sind die ersten Gehversuche in der Literatur. Ich wunder mich heute noch, wie viel Wissen ich aufsaugen muss, um eine gute Geschichte zu schreiben.

Inhaltlich finde ich den Text oberflächlich, als wenn ich einem Fünfjährigen sage, hol mir mal die Tüte da drüben und du bekommst ein Bonbon und er sagt: ich will zwei. Bei dem Kid geht das wahrscheinlich durch, aber einfach mal ein Paket aus Holland abholen, da sollte man wissen, dass bei einem Erwischtwerden anständige Strafen ausstehen. Eine Haft- oder Bewährungsstrafe, man ist also vorbestraft, was die Jobsuche für den Rest des Lebens! nicht unbedingt erleichtert. Als Taxifahrer braucht man ein polizeiliches Führungszeugnis, der Job hat sich dann für immer erledigt. Anwalts- und Verfahrenskosten, die lassen sich mit ein paar Hundertern nicht aufwiegen. Das sollte den Taxifahrer zumindest zum Grübeln bringen. Schon deshalb ist deine Geschichte unglaubwürdig.

Und weiß er denn, was in den Paketen ist? Bei 30 kg Hasch wäre der Straßenverkaufswert, ich kenne keine aktuellen Zahlen, etwa 300.000, da hat er aber eine Menge zu tun und könnte erneut straffällig werden. Großhandelswert wäre vielleicht 60.000, davon setzt man sich nicht zur Ruhe und kauft kein Haus. Bei 30 kg Kokain werden die kaum irgendeinen Taxifahrer nehmen, das sind keine Kinderbanden. Für mich stimmt deine Story nicht und ist auch keine richtige Geschichte. Was dich nicht betrüben muss, wir haben alle mit solchen Geschichten angefangen und uns weiter vorwärts gearbeitet.

Ich wünsche weiterhin viel Spaß am Schreiben

Rainer Hohn

 

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