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Serie Kulturelle Differenzen (2) – Kurt ist verliebt

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24.06.2015
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Kulturelle Differenzen (2) – Kurt ist verliebt

Kurt hatte Grit bei der Arbeit kennengelernt. Sie war Kundin in dem Blumengeschäft, in dem Kurt arbeitete. Grit liebte Blumen und Kurt liebte Grit.
Er hatte sich sofort in Grit verliebt: In ihr Lächeln, ihren Duft, der ihn an einen Strauß aus Rosen, Freesien und Euphorbien erinnerte. Kurt hatte sich schon in andere Frauen verliebt, aber noch nie hatte er so viel für eine Frau empfunden wie für Grit und noch nie in diesem Universum.
Grit hieß eigentlich Brigitte, aber sie wollte nun einmal, dass man sie Grit nannte. Kurt selbst, hieß eigentlich ganz anders. Wer also war Kurt, dass er diesen Wunsch nicht respektiert hätte.
Kurt hatte Grit Blumen geschenkt, er hatte sie in ein Café eingeladen und ins Kino. Kurt hatte für Grit gekocht. Sie hatten sich nächtelang unterhalten, vor allem über Blumen. Kurt hatte Grit geküsst. Schließlich hatte Kurt Grit sogar seinen Garten gezeigt.

Kurt war sich sicher: Heute Abend würde er sie endgültig für sich gewinnen. Heute würde es geschehen. Nun saßen sie auf seinem Sofa, vor dem Fernseher. Auf Geo lief „Geheimnisse im Garten“. Es war der perfekte Moment. „Grit“, begann Kurt, „ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange. Aber, du weißt: Ich liebe di…“ Grit legt ihm einen Finger auf den Mund. „Pst! Sag nichts! Ich will es doch auch“, hauchte sie und begann sich auszuziehen.
Das irritierte Kurt etwas, weil er nicht recht wusste, wozu das dienen sollte. Wahrscheinlich war sie nervös. Die Leute taten alle möglichen merkwürdigen Dinge, wenn sie nervös waren. Auch Kurt war nervös, längst waren alle Kissen auf dem Sofa der Größe nach geordnet.
Grit zog sich eben aus, wenn sie nervös war. Wieso auch nicht? Warm genug war es ja. Dennoch fragte er vorsichtshalber noch einmal nach: „Bist du sicher Grit, dass du soweit bist?“ – „Ich bin ganz sicher“, lachte sie ihm entgegen.
„Na dann“, dachte Kurt. Er schaute Grit tief in die Augen und öffnete seine Seele und seinen Geist: Er verband sich telepathisch mit ihr, wurde eins mit ihr. Er zeigte ihr alles: Seine verborgensten Gedanken, seine tiefsten Gefühle. Gut, er zeigte ihr nicht alles – seinen Probleme mit den „Naturgesetzen“ verschwieg er. Er hatte so ein Gefühl, dass es dafür vielleicht noch zu früh war. Außerdem war er immer der Meinung gewesen …
Grit schrie auf, schnappte ihre Sachen und lief hysterisch kreischend und weinend aus dem Haus.

Kurt blieb verwirrt zurück. Was hatte er falsch gemacht? Lag es daran, dass er aus einem anderen Universum kam? Die Menschen reisten nicht gerne. Nach allem, was er wusste, hatte sich noch nie ein Mensch weiter von seinem Heimatplaneten entfernt als bis zu dessen Satelliten, dem Mond.
Das hatte wieder etwas mit diesen „Naturgesetzen“ zu tun. Mit der Anziehungskraft, der Gravitation: Kleinere Körper durften sich nicht ohne triftigen Grund von einem größeren entfernen. Der Erden war natürlich viel größer als ein Mensch – andersrum wäre es einfach unpraktisch gewesen.
Ein triftiger Grund, sich von der Erde zu entfernen, war zum Beispiel das „Naturgesetz“, dass man sich nicht durch Festkörper hindurch bewegen dürfe. Deshalb konnte man sich zum Beispiel in einem Wolkenkratzer viele Meter von der Erdoberfläche entfernen.
Bewegte man sich jedoch aus Versehen über den Rand des Daches eines solchen Wolkenkratzers hinaus in die Luft, entfiel dieser Grund und man musste schnellstens zum Erdboden zurückkehren. Das war Kurt zum Glück nur einmal passiert.
Wieso man sich in Flugzeugen oder Hubschraubern von der Erdoberfläche entfernen durfte, hatte Kurt noch nicht verstanden. Vermutlich gab es da irgendein juristisches Schlupfloch – das gab es doch eigentlich immer.
Gravitation, Anziehungskraft – vielleicht war das der Grund für Grits unerklärliche Flucht. Sie war kleiner und zarter als er. Dennoch hatte er sich eindeutig zu ihr hingezogen gefühlt. Und das hatte er ihr nun offenbart. War das falsch gewesen?

Eines hatte er heute jedenfalls gelernt: In diesem Universum war alles* kompliziert – *sogar die Liebe.
Das Einzige, das in diesem Universum nicht kompliziert war, waren Blumen … und Insekten: Bienen und Hummeln, die er so gern dabei beobachtete, wie sie von Blüte zu Blüte flogen, ohne danach zu fragen, ob ihre Flügel überhaupt groß genug wären, sie zu tragen.
Blumen und Bienen, das war einfach, das verstand er. Immerhin! Deswegen war er hier! Aber wenn er ehrlich war – inzwischen auch wegen Grit.

Ach! Das würde sich schon wieder einrenken. Er musste ihr nur alles erklären … und sich entschuldigen. Jetzt musste er nur noch herausfinden, wofür. Und das würde er.
Gleich morgen früh würde er losgehen und sich Bücher kaufen – über Beziehungen und über Gravitation. Und gleich heute Abend würde er endlich den Reiseführer lesen, den er sich gleich bei seiner Ankunft hier gekauft hatte. Er war nie dazu gekommen ihn zu lesen, weil es in der Buchhandlung, wo er ihn gekauft hatte, gleich im nächsten Regal etwa 100 Bücher über Blumen und Gärten gegeben hatte.
Wo war dieser Reiseführer nur? „Hanau Offizieller Stadtführer“, nein, das war es nicht, woran er gedacht hatte! Ach, ja, hier: „Stephen Hawking. Eine kurze Geschichte der Zeit“, das war es! „Warum ist das Universum so, wie es ist?“, las er zufrieden im Klappentext. Hier würde er einige Antworten finden.
Und dann würde er Grit einen Brief schreiben und ihr alles erklären – oder vielleicht lieber ganz altmodisch und romantisch: eine WhatsApp. Ja, alles würde sich aufklären! Und dann …

 

So, wo ich schon mal dabei bin, habe ich auch deinen zweiten Teil gelesen.

Hier ist es ähnlich wie beim Ersten. Zum Beispiel würde mich interessieren, wie Kurt und Grit sich kennen lernen. Nicht, dass sie sich kennen lernen, sondern wirklich wie. Verstehst du was ich meine?

Kurt kommt von einem anderen Universum, ich würde gerne mehr darüber lesen, wie er sich bewegt, sich verhält und wie er mit den Situationen umgeht - wie du das bei der Sexszene auch schon gemacht hast.

 

Ich verstehe das schon, aber für mich würde etwas Wichtiges verloren gehen, wenn ich dass alles ausführen würde:

1) Es wäre keine Kurzgeschichte mehr, sondern eine Erzählung. In Kurzgeschichten wird man eben in eine Situation hineingeworfen, oder dass viel erklärt wird.

2) Für mich entsteht die Spannung in der Geschichte dadurch, dass die ganze Beziehungsgeschichte zwischen Kurt und Grit bis zu dem erzählten Moment völlig trivial ist. Da gibt es eben nicht viel zu erzählen.

3) Der Reiz besteht für mich auch darin, dass ganz viele Fragen entstehen – eben diese Gefühl, da möchte ich mehr wissen, die eben nicht beantwortet werden, sondern die ich der Fantasie des Leser überlasse.

Jetzt muss ich es nur noch schaffen, die Geschichten so zu formulieren, dass sich Leser und ~innen darauf einlassen. Und da habe ich mir wohl eine ziemlich schwierige Aufgabe gestellt :-(

 

Hallo Sebastean,

kann sein, dass ich da zu sehr auf Langtexte fokussiert bin. :D
Deswegen hoffen ich, dass du noch mehr Rückmeldung bekommst, von Leuten, die sich besser mit Kurzgeschichten auskennen als ich.

Ich habe auch nichts gegen offene Fragen, und die Fantasie des Lesers ist auch wichtig. Aber, zu viele offenen Fragen können auch frustrieren.

 
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Hallo, sebasTEAan deine Geschichte ist wunderschön. Und dein Schreibstil gefällt mir auch.
Offene Fragen gehören zu einer Kurzgeschichte. Ein direkter Einstieg und los geht es.
Das Problem, von dem der Leser hier erfährt, ist wirklich originell, ich musste lachen und finde diese Idee einfach witzig.


Was mir aufgefallen ist:

"Und wer war Kurt – der ja schließlich auch nicht Kurt hieß – dass er diesen Wunsch nicht respektiert hätte."

dass Kurt nicht Kurt hieß weiß der Leser nicht. Du führst deinen Prot. mit diesem Namen ein. Vielleicht kannst du am Anfang seinen richtigen Namen nennen und später erzählen, dass er sich jetzt Kurt nennt.

"Sie hatten sich Nächte lang unterhalten – vor allem über Blumen."

ein Bindestrich gehört hier nicht hin, ein Komma wäre richtig.

"Kurt war sich sicher: Heute Abend würde sie rumkriegen."

.... würde er sie rumkriegen. Jedoch, was versteht Kurt unter rumkriegen. Ist es sein Wunsch, ihr seine Seele zu öffnen. "Rumkriegen" ist negativ besetzt. Auf Anhieb habe ich keinen Vorschlag, doch du verstehst sicher was ich meine.


„Grit“, begann Kurt, „ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange. Aber, du weißt: Ich liebe di…“

Einen Satz sollte man niemals mit "Aber" beginnen. Einfach streichen, dann passt es.


"Auch Kurt war nervös – längst waren alle Kissen auf dem Sofa der Größe nach geordnet."

Bindestrich gegen Komma austauschen


"Er schaute Grit tief in die Augen und öffnete seine … Seele und seinen Geist:"

was haben die Pünktchen für eine Bedeutung? Keine, wie mir scheint.


"Gut, er zeigte ihr nicht alles – seinen Probleme mit den „Naturgesetzen“ verschwieg er."

Bindestrich weg und ....... seine Probleme mit ....


"War das flasch gewesen?"

falsch


Lieber sebasTEAan, ich habe deine Geschichte gerne gelesen. Fantasievoll, witzig und schön formuliert.
Da freue ich mich doch schon auf die nächste aus deiner Feder!

Amelie

 

Gelegentlich meinte ich nun, den Schatten Loriots zu spüren, als die Nudelgeschichte mit vertauschten Rollen aufschien

„Grit“, begann Kurt, „ich weiß, wir kennen uns noch nicht lange. Aber, du weißt: Ich liebe di…“ Grit legt ihm einen Finger auf den Mund. „Pst! Sag nichts!
Aber selbst Loriot war auch nicht von Anfang an der Maßstab deutschen Humors, aber zum ersten Mal spür ich so was wie Humor und Witz bei Dir – selbst wenn er mit der Holzhammermethode wie hier im absurden Vergleich
Die Erden war natürlich viel größer als ein Mensch – andersrum wäre es einfach unpraktisch gewesen.
daherkommt.

Und das ist gut so!

Ich hab schon im ersten Teil auf die Inflation des „sein“ hingewiesen, wobei die Galerie der Hilfsverben hier ums „haben“ bereichert wird

Sie hatten sich Nächte lang unterhalten – …
Immer „nächtelang“, anders mit Attributen wie z. B. zwei/mehrere/… Nächte lang …

Lieber sebasTEAan,

und wer ist schon das, was sein Name behauptet (keine Bange, der Name Friedel bedeutete anderes, als der Friedrichard vorgaukelt) und Kurt, die Kurzform des Konrad, bedeutet ahd. kuoni „kühn“ und „rat“ Hilfe – und wem sollte Kurt die kühne Hilfe sein, wenn er sich selbst kaum zu helfen weiß? Auf jeden Fall hat mir diese missglückende Romanze besser gefallen als die Einleitung …

Der folgende Satz zeigt die wesentlichen grammatischen Knackpunkte auf, die Vorherrschaft der Hilfsverben und Rechtschreibfehler und Zeichenstzung, die am Anfang in Ordnung ist, am Ende aber entbehrlich erscheint

Nach allem, was er wusste, war noch nie ein Mensch weiter von seinem Heimatplaneten entfernt […(…)] als bis zu dessen Satel[l]iten, dem Mond.
Der Kommafehler führt uns wie an anderer Stelle schon zum Konjunktiv
Ein triftiger Grund[,] sich von der Erde zu entfernen, war zum Beispiel das „Naturgesetz“, dass man sich nicht durch Festkörper hindurch bewegen [dürfe/könne]
Jetzt musste er nur noch herausfinden[,] wofür.

Ein Dreher
War das [falsch] gewesen?
und ein fehlendes Wort – ich tipp da mal auf ein männl. Personalpronomen
Heute Abend würde sie rumkriegen
sind die einzigen reinen Flüchtigkeitsfehler.

Und warum immer wieder „würde“-Konstruktionen, würde doch deren Umgehung die Last der Hilfsverben reduzieren, ja selbst das Futur hülfe die Last der „würde“ zu mindern, oder hätte er Zweifel, dass es heute Abend und morgens nicht losginge?

Und das würde er. Gleich morgen früh [wird] er losgehen und sich Bücher kaufen – über Beziehungen und über Gravitation. Und gleich heute Abend [wird] er endlich den Reiseführer lesen, den er sich gleich bei seiner Ankunft hier gekauft hatte.

Letztlich frage ich mich, ob
WhatsUp
irrtümlich, als joke und Wortspiel (mit WhatsApp oder ernstlich (dann aber korrekt „what’s up“) gemeint sei. Die Denksportaufgabe reicht bis ans Ende, wenn es heißt
Bienen und Hummeln, die er so gern dabei beobachtete, wie sie von Blüte zu Blüte flogen, ohne danach zu fragen, ob ihre Flügel überhaupt groß genug w[ä]ren, sie zu tragen
Denn, spinnen wir den Gedanken weiter, was passierte, wenn Flugzeuge wüssten, dass sie gar nicht fliegen könnten …

Gruß

Friedel

 

AmelieS, Friedrichard,

vielen Dank für Eure ausführliche Kritik. Ich hoffen ihr verzeiht mir meine späte Reaktion. In letzter Zeit was einfach viel zu tun. Ich habe einiges von Euren Anmerkungen aufgenommen. Lediglich der Wechsel von der Umschreibung des Futur in der Vergangenheit über das Hilfsverb "würde" auf ein echtes Futur leuchtet mir nicht ein, da das Geschehen sich zwar aus Sicht Kurts in der Vergangenheit, aus Sicht des Lesers jedoch in der Vergangenheit befindet.

Ach ja, das "Aber" am Satzanfang -- das sollte man nicht schreiben, gesprochen wird aber so, weshalb es mir in der direkten Reden angemessen scheint.

Liebe Grüße

Sebastian

 

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