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Johnny

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26.08.2002
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Anmerkungen zum Text

Nach den ersten beiden Kommentaren einige Änderungen 19.2.23
Weitere Änderungen am 23.2.23
Und 6.8.24

Johnny

Unsere Lage ist aussichtslos und wir dürfen nicht weg. Die lassen uns nicht.
Weil die Straße wichtig ist, sagt Bojko.
Ist ein paar Minuten her, da sah es noch besser aus. Unsere Stellung war so gut wie unbesiegbar, uneinnehmbar, an der konnten die Schweine sich die Zähne ausbeißen. Seit der Hippie bei uns war. Johnny.
Kam nach dem Angriff vor drei Tagen.

Bevor sie kamen, hatte uns das Schweinepack richtig zugebrettert, scheiß Splittergranaten, und am Ende wurde es knapp.
Es sah nicht so aus, als hätten wir gewonnen. Überall lagen unsere Toten verstreut herum – also eigentlich nicht sie, sondern jeder von ihnen lag verstreut herum.
Kovalenko neben mir lebte noch, obwohl ihm so einiges fehlte. Er schaute mich an, als ob ich ihm sagen sollte, wohin seine Beine verschwunden sind. Auch ein Arm war weg, mitsamt Schulter. Das ist wahrscheinlich das, was ein Journalist einen verlorenen Kampf nennt – selbst wenn man so aussieht wie Kovalenko, als hätte der einen Boxkampf nur knapp nach Punkten verloren; und für die, die zu Hause sind, stimmt das, vermute ich, die sehen das so. Kovalenko fing an – nein, nicht zu schreien – er schluchzte und das war übel. Er schluchzte und blutete, bis er hinüber war.




Danach, in all dem Rauch und dem Geschrei, keine paar Minuten nach der ganzen Knallerei, tauchte Johnny auf, aus dem Nichts, keine Ahnung woher. In so etwas wie Bettlaken gewickelt, Bart und lange Haare, kommt er auf mich zu; ich war zu überrascht, um ihn abzuschießen; er bleibt stehen, hebt die Hand zum Gruß und sagt: „So. Hier bin ich.“
Ich sage: „Was?“
Er: „Hier bin ich.“ Und dann: „Du hast um Hilfe gebeten.“
„Was habe ich?“, frage ich.
Von der Seite haben ihn zwei im Visier, ich gebe ein Zeichen, sie sollen warten, kann keiner von den Schweinen sein, sieht ja ganz anders aus, keine Uniform, kein Helm, nichts.
„Du“, sagt er. „Du hast gebetet, und jetzt bin ich hier. – Vorhin. Hast es mehrmals gesagt: Gott steh’ uns bei, oh mein Gott steh’ uns bei. Stimmt?“

„Ja“, sage ich. „Schon. Und?“
„Mein Vater schickt mich. Ich bin die Hilfe.“
„Und was?“, sage ich. „Mit was bist du die Hilfe?“
„Ich kann schießen“, sagt er. Weil ich nicht gleich antworte, verdreht er die Augen. „Bring mich zum Kommandanten“, sagt er. „Brauch eins von euren Outfits, schau mich an, alles retro. Und einen Helm wie ihr und was, womit ich schießen kann; bei uns über'm Kamin hängt noch ein Wurfspieß.“




Der Chef betrachtet ihn eine Minute lang.
„Ich weiß nicht, ehrlich“, sagt er.
„Immer dieses Gezweifel. Was soll ich machen?“, sagt Johnny. „Einen Toten wieder aufstehen lassen?“
„Ja, das ist es“, sagt Bojko und lacht.
Ich hab’ keinen Schimmer, was in ihm vorgeht, falls es in ihm noch einen Ort gibt, an dem was vorgehen kann.
„Keine gute Idee“, sagt Johnny. „Ohne dass man die vorher flickt, hätten die wenig Spaß damit.“ Er zwinkert.



Hört sich vermutlich so an, als hätte mir jemand den Schädel aufgesägt, mein Hirn rausgenommen und gegen gekochten Blumenkohl ausgetauscht. Aber so war es. Dann folgte ein höllisches Wunder. Die Schweine ließen ja nicht lang auf sich warten. Sie wussten, dass nicht viele von uns übrig waren. Doch Johnny, der hatte die Wahrheit gesagt – er konnte schießen, und wie! Er traf ohne zu zielen, er traf sogar ohne hinzuschauen, er ballerte einfach herum und traf; er sprang aus dem Graben, rückte vor und war unverwundbar, wirklich, mitten im Feuer, die Geschosse trafen ihn, alles egal, er stolzierte weiter wie ein verdammter Hahn auf dem Hühnerhof und machte sie platt wo auch immer sie waren.
Nach jedem Gemetzel ließ Bojko die Arme, Beine, Köpfe und Innereien einsammeln und erwartete von uns, das zu sortieren. Die Idee, alles zusammenzunähen und wieder lebendig zu machen, die hatte sich in ihm festgesetzt wie ein Bandwurm im Darmtrakt. Da müssen die Sachen vollständig beieinander sein, wie bei einem Scheiß-Puzzle.
Jeder, der mal dabei war, der weiß, dass zusätzlicher Irrsinn nicht ins Gewicht fällt; es geht drum, so zu tun, als ob alles in bester Ordnung wäre, und wenn da was winzig klein Irres dazu kommt, dann ist das, als würde einer in den Ozean eine Träne tropfen lassen oder einfach reinrotzen, jedenfalls was in der Art, dass es nichts ändert.



Jetzt sind wir erledigt. Stellt euch das vor, was normalerweise aus einem Kuhhintern tröpfelt: Genau so ist die Situation. Verflucht, da kommt er zu uns, blutbespritzt, und sagt: „Vergebt mir, meine Brüder, doch ich muss euch verlassen.“
„Was? Warum?“, rufen wir. „Es läuft doch!“
„Gewiss“, sagt er. „Aber ihr seid nicht die Einzigen, wisst ihr, und vorhin, da haben die anderen gebetet. Um Beistand. Wurde erhört, hab’s eben erfahren. Heißt, bin jetzt erst mal im anderen Team.“ Er lacht. „Aber dauert ne Weile, ich muss mich erst umziehen. Nix überstürzen. Da könnt ihr noch über alles nachdenken. Die Wahl habt ihr.“
Es ist sein Ernst. Später gibt er seine Sachen ab. Zieht seine alten Fetzen an und verschwunden ist er.



„Wir müssen jetzt weg“, habe ich Bojko gesagt.
„Na sicher“, hat er geantwortet. „Gute Idee. Gar kein Problem. Ich ruf’ am besten gleich beim Oberkommando an und sag’ denen, wir müssen die Stellung räumen, weil uns demnächst der Sohn Gottes angreifen und über den Haufen schießen wird. Vielleicht schaffen wir's noch zum Abendessen nach Hause.“

Katharina kommt mir in den Sinn und dass sie vielleicht genau jetzt ihre Paprikakartoffeln macht.
Irgendwo habe ich mal gehört, dass man immer die Wahl hat.
Und dass es am Ende darauf ankommt, was wir getan haben werden. Und zwar jeder von uns. Da könnte schon was dran sein, denke ich, überprüfe noch einmal das Magazin der Knarre und warte ab, was jetzt geschieht.

+bgu

 

@Habentus Nur kurz, weil du das warst, der das gesagt hatte. Hab meinen Text selbst noch mal gelesen und ...

Das Ende find ich passend zum Text. Aber ich würde tatsächlich den letzten Satz streichen. Denn ich finde, den braucht es nicht. Ich finde sogar, dass er den Text abschwächt.
... hab das nun selbst sehr deutlich gespürt (damals nicht). Der Satz ist nun weg ;)

 

Hi @FlicFlac
Erstmal muss ich sagen: Ich steh drauf. Allein das Bild "Jesus mit AK" ist schon zum Schreien komisch (mögen andere hier nicht so sehen, ist aber meine Meinung, deal with it).
Das ganze könnte für mich allerdings noch ein bisschen mehr militärischen Fachjargon vertragen, es sei denn natürlich dass Worte wie "Chef" absichtlich so gewählt sind, um sich nicht auf eine Seite gewisser *hust hust* aktueller Konflikte *hust hust* festzulegen. Aber selbst dann kann man sie durch etwas mehr militärisch klingende Begriffe wie "Leutnant" etc. ersetzen. Würde meiner Meinung nach durchaus die Atmosphäre verbessern.

 

Ich habe keine Ahnung, wie viel Zeit mir bleibt.
Unsere Lage ist aussichtslos und weg können wir nicht. Die lassen uns nicht. Die Straße ist wichtig, sagt Bojko. Vorhin noch, ist ein paar Minuten her, sah das anders aus. Unsere Stellung war so gut wie unbesiegbar, uneinnehmbar, daran konnten die Schweine sich die Zähne ausbeißen. Seit der Hippie zu uns kam. Johnny.
Hallo,

um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht, was ich zu diesem Text sagen soll. Ist das irgendwie absurd gemeint, oder komisch? Ich lese das jedenfalls nicht so. Ich lese da etwas respektloses heraus; junge Menschen lassen in Schlachten ihr Leben, oft meist sinnlos, aber ich befürchte, von diesem wahrhaftigen, endlosen, direkten Grauen wird hier nie gesprochen. Und am Ende wird alles über ein Gebet aufgelöst, obwohl man weiß, dass das nichts nützt, dass das nur eine Illusion ist und immer sein wird. Kein Glauben wird den Tod abwenden. Ich frage mich auch immer, warum jemand einen Text schreibt? Warum hast du diesen Text geschrieben? Ich habe auch schon Texte über den Krieg geschrieben, dann wieder verworfen oder so deformiert, dass sie offensichtlich nicht realistisch gelesen werden können. Dass es so etwas geben kann, wie hier in dem Text, dieser die Seiten wechselnde Heilige, der schießen kann wie Djano, das ist so unwahrscheinlich; ist es das? Geht es darum? Ich lese diese Absurdität nicht aus der Anlage heraus. Man müsste das alles so realistisch schreiben, dass die Absurdität wirklich als das heraustritt, was sie ist. Im Krieg passieren seltsame Dinge, ganz bestimmt, mein Großvater hat mir von einer Situation erzählt, als sie von den Amerikaner großflächig bombardiert wurden und in einen Straßengraben gesprungen sind, da waren aber schon Amis, die selber vom eigenen Angriff überrascht wurden; die haben dann mit Handzeichen vereinbart, dass sie nicht aufeinander schießen, danach Zigaretten ausgetauscht und sind jeweils in die andere Himmelsrichtung gegangen. Das finde ich zum Beispiel absurd. Aber so ist Krieg. Hier, in deinem Text, wirkt das alles wie eine Versuchsanordnung, und auf jeden Fall noch was mit Innereien und so, wie bei Private Ryan und circa jedem anderen Kriegsfilm und jedem Text über Krieg, den ich kenne. Warum? Was bringt das der Story? Was ist der Grund dafür, dass dieser Überläufer wie Jesus aussehen muss, oder wie wir uns den Jesus als Figur vorstellen? Was ist da der Sinn? Dass der Glaube auf jeder Seite kämpft, im wahrsten Sinne des Wortes? Was wäre das für eine Aussage auch? Ich bin mir also im Ganzen unschlüssig, wie ich diesen Text lesen soll. Auch die Sprache: rumballern etc. Denkst du, jemand redet so? Ich meine, tatsächlich im Krieg? Also, als was soll ich diesen Text begreifen? Als eine Art Parodie? Kann man Krieg parodieren? Sollte man das tun? Das sind so die Fragen, die mich umtreiben.

Gruss, Jimmy

 
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@Tiranu_qas @jimmysalaryman

Zu Anfang danke für eure Mühe, den Text zu kommentieren!

Allein das Bild "Jesus mit AK" ist schon zum Schreien komisch

Okay, nun da würde ich nicht das Wort komisch verwenden, außer es ist die Art Humor, wo das Lachen irgendwo stecken bleibt (und zu einem Gedanken führt); denn mit dieser Absurdität versuche ich mich der absurden Tatsache anzunähern, dass führende Vertreter christlicher Kirchen den Waffeneinsatz im Ukraine-Konflikt befürworten, ja verlangen. Falls sie glauben sollten, dass der Jesus des Neuen Testaments das gleichfalls tun würde, dann ist es die Konsequenz, dass er (im Falle seines Eingreifens) das auch mit AK tun darf und könnte.

Wer das befremdlich findet, was sagt der zu unseren christlichen Führern?

Aber selbst dann kann man sie durch etwas mehr militärisch klingende Begriffe wie "Leutnant" etc. ersetzen. Würde meiner Meinung nach durchaus die Atmosphäre verbessern.
Nun, mich stört in den meisten Kriegsberichterstattungen erheblich der legere Ton, den hab ich überspitzt.


Was ist der Grund dafür, dass dieser Überläufer wie Jesus aussehen muss, oder wie wir uns den Jesus als Figur vorstellen? Was ist da der Sinn?
Ich hab mich gewundert darüber dass ähnliche Einwände wie von dir (nicht alle) erst jetzt kommen, weil ich sie schon oft erfahren habe, auch grad bei Satire.
Es sind da einige Missverständnisse, deine Anmerkungen und Fragen sind gut, denn damit kann ich auf den ganzen Themenkomplex eingehen (wie gesagt, bis zu deiner Kritik gab es keinen Grund). Oben findet sich das erste Missverständnis.

Das ist in der Geschichte kein Überläufer, der wie Jesus aussieht, das ist Jesus, der Sohn Gottes. Natürlich nicht der aus dem Neuen Testament, sondern der, wie man ihn sich vorstellen darf (wie er erlaubt ist), wenn man sich anschaut, wie sich Kirchenvertreter verhalten, indem sie militärische Mittel, Waffenlieferungen und Krieg befürworten (siehe dazu meine Antwort an Tiranu weiter oben) und immer befürwortet haben und andere Dinge, denn es darf ja auch einen Jesus geben, der angebliche Hexen eigenhändig anzündet, wenn das christlich okay ist - nur ist das schon lange her und man hätt gehofft, dass sich was änderte seit damals.

um ehrlich zu sein, weiß ich nicht so recht, was ich zu diesem Text sagen soll. Ist das irgendwie absurd gemeint, oder komisch? Ich lese das jedenfalls nicht so. Ich lese da etwas respektloses heraus; junge Menschen lassen in Schlachten ihr Leben, oft meist sinnlos, aber ich befürchte, von diesem wahrhaftigen, endlosen, direkten Grauen wird hier nie gesprochen.
Der Text ist eine Satire; dass Jesus Menschen tötet, ist grotesk und absurd, aber innerhalb eines bestimmten Blickwinkels logisch. Der Humor im Text hat ebenfalls eine Funktion; dazu zitiere ich mich selbst weiter unten, da hatte ich schon was drüber geschrieben.

Wo lassen sich denn Respektlosigkeiten in der Realität finden, so mein Text schon respektlos ist? Darüber so zu schreiben, zu schreiben wie ich es tue, wie sie ihr Leben in Schlachten lassen, ist meine Respektlosigkeit? doch zumindest würde ich nicht so respektlos sein, sie in die Schlacht zu schicken. Im Grunde ist das zynisch.


Als eine Art Parodie? Kann man Krieg parodieren? Sollte man das tun? Das sind so die Fragen, die mich umtreiben.
Nein, es ist keine Parodie, sondern eine Satire. Und wie Tucholsky sagte, darf Satire alles - im Unterschied zu seriöser Berichterstattung oder poltischen Entscheidern, die nicht alles dürfen.
Denn sie ist fokussiert auf bestimmte Angriffsziele, mit teils brachialen Mitteln - um etwas zu zeigen - ich nenne sie noch. Vielleicht ist es manchmal schwer, die zu erkennen. Früher hatte man mir zu verstehen gegeben, ich solle im Text nicht immer so viele Hinweise auf die richtige Interpretation geben, weil die Leute lieber selber denken würden, doch dann passiert gelegentlich Ähnliches:

Bei einer Lesung hatte ich mal einen Text, der anprangerte, wie Privatversehen die Intimsphären von Menschen ignoriert, indem es ein TV-Format da gab, wo (am Ende) Menchen vor laufender Kamera live informiert wurden, dass sie tödlich krank seien und bald sterben müssten - mit Musik, Verwandten dabei usw. als Sensationsshow.
Danach kam einer aus dem Publikum und beklagte, ich hätte mich über Todkranke lustig gemacht. Dabei habe ich Leute angegriffen, die sich über Todkranke lustig machen. Ich habe nur das Mittel der Übertreibung benutzt, um klarzumachen, wie die letzte Konsequenz aussehen würde dessen, was schon Realität ist.

Swift schrieb eine Satire, die anprangerte, dass (ich glaube) die Regierung nichts gegen Kinderarmut täte, indem er als Lösung vorschlug die Kinder einzusammeln und zu Nahrung zu verarbeiten. Das ist böse, aber hat er damit was gegen die Kinder geschrieben oder gegen die Regierung? er hat aber ein Ziel: aufrütteln.

Monty Pythons "Leben des Brian" wurde auch missverstanden. Es ging keineswegs um Sich-lustig-machen über Jesus. Das versuchten sie klarzumachen, indem sie Brian und Jesus in der gleichen Szene zeigten - nützte nix, es gab weltweite Protest wegen Verunglimpfung.
Dabei haben sie einfach nur sehr treffende Analysen psychologischer, soziologischer und poltischer Mechaniken in Humor verpackt und präsentiert.


Ich frage mich auch immer, warum jemand einen Text schreibt? Warum hast du diesen Text geschrieben?
Danke für die Frage!

1. Wie oben schon angedeutet, weil mich Nichintegrität stört. Siehe oben. Wenn Kirchenvertreter für Waffenlieferungen plädieren und erklären, wie das im Einklang mit christlichen Grundsätzen ist, will ich zeigen, welche Konsequenz das bedeutet: Einen Jesus, der Leute erschießt.

2. Mich stört außerdem wie leger und distanziert über Krieg oft berichtet wird; wenn es sich anhört wie die Reportage eines Sportberichts (daher die Boxer-Szene), wenn über Panzer, fahrende Waffen erzählt wird als ob es Sportwägen wären in einem Kinderquartett (der fährt jetzt soundsoviel km/h und hat die Reichweite xy) - die Frau Bärbock über die lustigen Tiernamen (Leopard, Gepard) schwadroniert, eine Grüne strahlend in einer Talkshow mitteilt (mit Jubel im Blick) "dass es heute für sie etwas zu feiern gibt" (mit Schampus?), weil die Ukraine gerade eine Schlacht gewonnen habe. Ehrlich? Feiern? Als ob Bayern München die Champios League gewonnen hätte?
Kommt ihr vielleicht die Idee, dass es für so einige Mütter und Väter und Gattinnen der getöteten Soldaten grad wenig Grund gibt, Schampus zu trinken? So ist es, wenn man auch emotional weit weg ist, aber noch dazu glaubeich , dass diese Art der Berichterstattung, die verharmlosende Darstellung, als ob es um eine Partie Age of Empires ginge, wo man nach Punkten gewinnen kann und Tote nur "Verluste in Zahlen" sind - dass dies auch dazu dient, den Leuten einzubläuen, dass alles in Ordnung ist, dass es normal ist.


Dass der Glaube auf jeder Seite kämpft, im wahrsten Sinne des Wortes? Was wäre das für eine Aussage auch? Ich bin mir also im Ganzen unschlüssig, wie ich diesen Text lesen soll.
Schön dass du das ansprichst, denn das ist Punkt drei.

3. Es wird ja stets gesagt und von allen Seiten behauptet, dass "Gott auf unserer Seite ist"; manchmal von Ländern mit dem gleichen Gott, die gegeneinander Krieg führen. Abgesehen davon, dass zumindest der Gott des NT so nur schwerlich vorzustellen ist (siehe 1) - was soll er jetzt machen? Schizophren werden? Eins der Länder verstoßen und den anderen zum Sieg verhelfen? Meiner wechselt eben gelegentlich die Seiten, damit's wenigstens gerecht zugeht.
Es ist die Zuspitzung der irrsinnigen Ansicht, Gott könnte helfen beim Krieg führen.
Dann schickt er seinen Sohn mal zu den einen, mal zu den anderen.

Kuck dir die übelste Story in diesem verlogenen Genre vor: JeanD'Arc, die von Gott auserwählt und beauftragt wurde, die Engländer zu bekriegen (die übrigens an den gleichen Gott glaubten).

Ich versuche ad absurdum zu führen, was in Realtiät schon absurd ist, was aber offensichtlich nur wenigen auffällt.

Daher der Hammer, die Provokation.

Ich mache mich nicht lustig über den Ernst des Kriegs, sondern berschwere mich gerade über seine Verharmlosung. Der Erzähler in der Geschichte benutzt die verharmlosende Sprache, um Distanz zum Grauen zu bekommen, zB "ballern" statt "schießen" als ob's ein Spiel wäre. Was ihm nicht ganz gelingt, denn auch in seiner Wahrnehmung und in seine Gedanken dringt das Grauen -- zB in der Sterbeszene des Kovalenko.
Und letztlich ja, weil du gefragt hast: auch die Situation auf dem Schlachtfeld in echt ist absurd, wenn Menschen, die sich vorher nie gesehen haben - gegenseitig zu töten haben.
(Tolstoi hat da eine starke Szene in 'Krieg und Frieden', da steht während des Gemetzels einer auf und schreit:"Was tun wir da?")
Du hast das mit deiner Geschichte dargestellt, wo sich die Soldaten einigen, nicht aufeinander zu schießen; solche Szenen gibt es aus allen Kriegen.
Auch Remarque hat solche beschrieben.

Dabei wäre die nächste Frage, wer eigentlich davon profitiert, was die Grundsätze des Geschehens sind (nicht die verlogenen, vorgegebenen - sondern die hintergründlichen realen) - aber das wär dann off topic eine politische Diskussion.

Hier noch zur Frage zum Humor in der Darstellung des Protagonisten. Das Schreckliche darin ist die Distanz und Verleugnung. Ich hoffte gerade, dass dies auch mit den harten Details, den abgerissenen Gliedmaßen (die werden ja nicht verschwiegen) - kollidiert.

.. genau darum geht es. Die meisten Menschen, die permanent solcher Situation ausgesetzt sind, werden damit nicht mehr fertig, ohne ihre Gefühle und Ängste von sich abzutrennen.
Was nicht bedeutet, diese wären weg, sie werden nur in einem Verlies weggesperrt, abgespalten, der Zugang wird versperrt, damit man dem Grauen nicht mehr ausgesetzt ist.
Das sieht dann nach 'Abhärtung' oder 'Verrohung' aus, ist aber eine psychische Überlebensstratgie, die allerdings gleichzeitig einen hohen Preis hat: Traumata und den Verlust menschlichen Mitgefühls. Letzteres ist nicht mehr drin, weil es komplett überfordert. Und deshalb ist agiert das "Bewusstsein des Protagonisten" so. Denn, ein zwei der Mittel hierzu sind: Verharmlosung, Verleugnung und, vor allem, Distanzierung. Wie erreicht man größtmögliche Distanz? Durch derben Humor, gleichgültige Formulierungen, Rationalisierungen (nur nur kognitive, keine emotionalen Reaktionen mehr). So soll der Protagonist sein, indem er das Massaker wie das Abschlachten von Hühnern auf dem Hühnerhof besschreibt und nur den sachlichen Vorgang dokumentiert, jedoch nicht seine Gefühle dabei (weil er sie nicht mehr fühlen kann), nicht inhaltlich, nicht in den Formulierungen: so gut wie gar nicht.

Ich stimme dir völlig zu, was deine Aussagen zur Schrecklichkeit des Kriegs angeht. Hab "Im Westen nichts Neues" mit Grauen gelesen. Und sehe auch jetzt Parallelen, wie drüber meist geschrieben wird.
Allerdings dachte ich, meine Schilderungen seien schrecklich genug.
Die abgerissenen Gliedmaßen zum Beispiel. Und jetzt kommt's:
Die Distanz, die Emotionslosigkeit, mit der der Erzähler hier beschreibt, soll Teil des Schreckens sein. Er weiß zwar noch, wie grausig und irre das alles ist, doch es schon ein Stück weit 'in Ordnung' und damit meine ich akzeptiert.

aber ich befürchte, von diesem wahrhaftigen, endlosen, direkten Grauen wird hier nie gesprochen.
Hm, das ist ein Einwand; allerdings dachte ich, ich hätte das gemacht in der Sterbeszene Kovalenkos, die ohne humoristische Distanz beschrieben ist und so auch in einem 'ernsten' Text stehen könnte.


Mein Fokus lag allerdings nicht auf den Schrecken des Kriegs, sondern (siehe meine drei Punkte) auf der Art und Weise der öffentlichen Besprechung des Kriegs. Ich würde es aber nicht einen humoristischen Text nennen, das kann er schon deshalb nicht sein, weil Humor nicht um etwas gehen kann, was aktuell belastend und bedrohlich ist.


danke

 

Mein Fokus lag allerdings nicht auf den Schrecken des Kriegs, sondern (siehe meine drei Punkte) auf der Art und Weise der öffentlichen Besprechung des Kriegs.

Um noch mal einzuhaken: Ich lese den Text nicht als Satire. Satire ist doch etwas Zugespitztes, Beißendes, mit Widerhaken. Vielleicht kann das Ganze als Groteske durchgehen. Aber mal der Reihe nach. Über die öffentliche Besprechung des Krieges soll es hier gehen, aber dafür fehlt mir vollkommen der Rahmen: wo wird klar, dass es um eben diese öffentliche Besprechung geht? Da müsstest du einen Erzählrahmen schaffen, um deine Position zu rechtfertigen. Es müsste so etwas wie ein Live-Bericht oder ein Interview sein. Was mich, nebenbei gesagt, auch stört, ist dein name-dropping. Tolstoi, Remarque und und und ... mich dünkt es immer, wenn Autoren direkt mit Zitaten anderer Autoren antworten, dass die sich ersten selber nicht so ganz sicher sind, was sie sagen wollen und sollen, und zweitens dasss sie sich absichern wollen mit diesen gut und groß klingenden Namen. Ich sage natürlich selbst auch, ich probiere das mal aus, weil ich das in einem Werkstattbericht von Gordon Lish gelesen habe, aber da geht es ums Handwerk, und nicht ums Thematische. Das nur so am Rande.

Es ist sie Zuspitzung der irrsinnigen Meinung, Gott könnte helfen beim Krieg führen.
Wer hat heutzutage diese Meinung? Jemand, der absolut keinen Plan von Geopolitik oder Ressourcenverteilung hat, der glaubt so etwas vielleicht noch. Natürlich kann man sagen, ein paar verschrobene Spinner im Bible Belt machen sich mit ihren automatischen Waffen bereit, oder ein paar Islamisten, aber davon ist doch hier nicht die Rede. Gott oder Glauben sind doch heute keine realistischen Begrifflichkeiten mehr; selbst Putin, der sich da einen zurecht faselt von wegen orthodoxem Glaube und Panrussland etc, da ist doch jedem klar, der ist ein Iljin-Fanboy und schwadroniert irgendwelche offensichtlich historischen Ansichten, um einen Krieg zu rechtfertigen, in dem es um Wahrheit um nackte Fakten geht, Geopolitik und Einflussbereiche und Macht. Will sagen: dieser ganze Punkt mit Gott als wirkmächtigem Faktor spielt doch heute überhaupt keine Rolle mehr, das wirkt einfach abstrus und unausgegoren auf mich.
Bei einer Lesung hatte ich mal einen Text, der anprangerte, wie Privatversehen die Intimsphären von Menschen ignoriert, indem es ein TV-Format da gab, wo (am Ende) Menchen vor laufender Kamera live informiert wurden, dass sie tödlich krank seien und bald sterben müssten - mit Musik, Verwandten dabei usw. als Sensationsshow.
Weit entfernt sind wir davon nicht: siehe Jerry Springer oder diese ganzen Rehab-Shows. Man kann das machen, es ist nur die Frage, wie weit man gehen will, was man mit der eigenen Ethik macht. Ich bin kein Moralist, aber ich finde, es gibt Grenzen, die ich nicht überschreiten will. Ich muss nicht im Elend anderer Leute suhlen, und auch nicht in der kalten Ausbeuterei der anderen, um etwas aufzuzeigen. Du machst dich vielleicht nicht direkt über Todkranke lustig, aber du benutzt sie, um deinen Punkt aufzuzeigen. Das kann man mindestens moralisch fragwürdig finden. Ich habe mal bei amnesty international mitgemacht, und da fragten die Leute immer, ja, ich spende, aber ich möchte gerne Beweise haben, dass X oder Y da die Leute foltern. Es gab dann mal einen Kinospot wo ai diese Szenen gezeigt hat, Fotos von Opfern etc, das wollten die Leute sehen; ich fand und finde so etwas pervers. Wenn ich weiß, das gefoltert wird, brauche ich dafür keine Beweise, ich muss nicht meine Neugierde so billig befriedigen. Man kann zum Beispiel hingehen und einen Dialog schreiben, wo zwei TV-Executives über genau diese Show als Idee reden, wo sie dann den Death-Reveal machen und das auch als wirklich ernsthafte Idee betrachten; aber dann aus Gründen. Weil der Sender kurz davor ist, pleite zu machen oder sonst was. Drastik bedarf immer einer gewissen Notwendigkeit. Mir fehlt immer etwas die Grau-Zone bei solchen Sachen.
Mich stört außerdem wie leger und distanziert über Krieg oft berichtet wird; wenn es sich anhört wie die Reportage eines Sportberichts (daher die Boxer-Szene), wenn über Panzer, fahrende Waffen erzählt wird als ob es Sportwägen wären in einem Kinderquartett (der fährt jetzt soundsoviel km/h und hat die Reichweite xy) - die Frau Bärbock über die lustigen Tiernamen (Leopard, Gepard) schwadroniert, eine Grüne strahlend in einer Talkshow mitteilt (mit Jubel im Blick) "dass es heute für sie etwas zu feiern gibt" (mit Schampus?), weil die Ukraine gerade eine Schlacht gewonnen habe. Ehrlich? Feiern? Als ob Bayern München die Champios League gewonnen hätte?
Das ist ein Punkt. Krieg wurde aber im Grunde schon immer für die Bevölkerung inszeniert. Das ist auch ein nicht unwesentlicher Teil dessen, weil Krieg eben auch Geld kostet. Eastwood hat da einen sehr guten Film drüber gemacht: Flag of our fathers, wo es um Kriegsanleihen geht und die Mittel, wie dafür geworben wird.

Ich glaube, das ist ein heißes Eisen. Und mit diesem ballernden Jesus gelingt dir meiner Meinung nach auch keine Provokation, weil für wen spielt Jesus diesbezüglich eine wirkliche Rolle? Mal ganz im Ernst. Im Kern verstehe ich, was du tun willst, aber ich finde das Format irgendwie nicht passend. Wenn du da jetzt hingehst und vielleicht so etwas wie den Eurovisionsongcontest Edition: Krieg schreibst, wo die anderen Länder sich gegenseitig Punkte geben und das die wenigsten hat, wird invasiert, und das Ganze dann so als Show inszeniert, das wäre für mich etwas anderes, weil es eben diesen Show und Verharmlosunscharakter offenbart. Aber hier passen für mich diese Erzählschablonen nicht ineinander, Jesus, Krieg, ich kriege das nicht zusammen. Nur um den Punkt zu machen, dass man mit Gott keine Kriege gewinnen kann, und warum dann Jesus? Als Gottes Sohn? Also, nichts für ungut, aber auch mich wirkt das irgendwie ziemlich unausgegoren, oder ich sehe auch einfach den Punkt nicht. Auf mich wirkt auch die Sprache nicht wie intendiert irgendwie so konstruiert, dass sie etwas offenlegt, sondern eher so, als ob sie das Sujet nicht ganz ernst nimmt, und dadurch die gesamte Anlage ins Lächerliche zieht. Ich bin aber auch der Meinung, dass man zwar vieles darf, aber vielleicht nicht immer alles machen sollte.

Eins noch, es gibt einen Film von einem anderen Regisseur, den viele für reaktionär halten, Mel Gibson, da geht es um Desmond Doss, einen Gläubigen der einer von nur Dreien war, der den Dienst an der Waffe verweigert hat aus religiösen Gründen und trotzdem den höchsten militärischen Orden erhalten hat; er hat über 150 seiner verletzten Kameraden gerettet vom Schlachtfeld und wurde selbst mehrfach verwundet. Er hat zu Gott gebetet: Lass mich noch einen weiteren Mann retten. Das mal als Gegenthese. Mit Glauben gewinnt man sicher keine Kriege, aber man kann durch seinen Glauben Menschenleben retten, auch wenn ich selber gar kein Gläubiger bin, muss ich das anerkennen, Menschen wie Doss sind der Beweis.

Gruss, Jimmy

 

@jimmysalaryman

Um noch mal einzuhaken: Ich lese den Text nicht als Satire. Satire ist doch etwas Zugespitztes, Beißendes, mit Widerhaken. Vielleicht kann das Ganze als Groteske durchgehen. Aber mal der Reihe nach. Über die öffentliche Besprechung des Krieges soll es hier gehen, aber dafür fehlt mir vollkommen der Rahmen: wo wird klar, dass es um eben diese öffentliche Besprechung geht? Da müsstest du einen Erzählrahmen schaffen, um deine Position zu rechtfertigen.
Ja, es ist eine Groteske mit Stilmitteln, die auch in Satiren Verwendung finden.
Deine Idee ist gut -- nur war die Idee, das was den Funken gibt, etwas zu erzählen, eine andere. Der Plot in wenigen Sätzen: Gott wird um Hilffe gebeten in einer Schlacht - er kommt und bietet sie Hilfe an - man erwartet, dass die Hilfe christlich aussieht - sie besteht darin, dass Jesus mitkämpft und mit seiner Supermacht unbesiegbar ist - leider wechselt er ab und zu die Seite.

Was ich damit zeigen wollte ist die Absurdität die in den Rechtfertigungen - nun, vielleicht nicht nur von Religionsvertretern, sondern allgemein von Ethikern und Moralisten - enthalten ist.
Die öffentliche Besprechung ist da ein Teil, war nicht im Fokus, nimmt daher nicht viel Raum ein. Wenn sie das wäre, müsste man das anders machen, da stimme ich dir natürlich zu.

Was mich, nebenbei gesagt, auch stört, ist dein name-dropping. Tolstoi, Remarque und und und ... mich dünkt es immer, wenn Autoren direkt mit Zitaten anderer Autoren antworten, dass die sich ersten selber nicht so ganz sicher sind, was sie sagen wollen und sollen, und zweitens dasss sie sich absichern wollen mit diesen gut und groß klingenden Namen
Teils, die Tolstoi- und Python- Sache waren wichtig für die Veranschaulichung.
Den Remarque erwähnte ich tatsächlich. nur um zu zeigen, ich habe mich mit dem Thema intensiv auseinander gesetzt, das trug inhaltllich nix bei, stimmt.

Es ist die Zuspitzung der irrsinnigen Meinung, Gott könnte helfen beim Krieg führen.
Wer hat heutzutage diese Meinung? Jemand, der absolut keinen Plan von Geopolitik oder Ressourcenverteilung hat, der glaubt so etwas vielleicht noch. Natürlich kann man sagen, ein paar verschrobene Spinner im Bible Belt machen sich mit ihren automatischen Waffen bereit, oder ein paar Islamisten, aber davon ist doch hier nicht die Rede.
Ja stimmt -- da habe ich mich sehr unglücklich ausgedrückt. Ich meine es anders - es geht um morallische Rechtfertigungen, unter anderem dass Gott mit dem was ich tue einverstanden ist (darin die Unterstützung) - obwohl es null zu den ethischen/religiösen Inhalten des eigenen Glaubens/der eigenen Überzeugungen passt. Janusköpfigkeit gibt es durchgängig wenn Werte etc. vorgeschoben werden. Das ist tatsächlich irre. Verschleierung, Lüge, Inkongruenz -

Will sagen: dieser ganze Punkt mit Gott als wirkmächtigem Faktor spielt doch heute überhaupt keine Rolle mehr, das wirkt einfach abstrus und unausgegoren auf mich.
Das stimmt, aber großen Teilen der Bevölkerung ist es dennoch wichtig, dass das was sie glauben im einklang steht mit dem was gemacht wird und was sie zulassen oder unterstützen (sollen), wiewohl es offensichtlich nur geht, wenn man damit einverstanden ist, an Haaren herbeigezogenen Unsinn zu glauben.

Ich muss nicht im Elend anderer Leute suhlen, und auch nicht in der kalten Ausbeuterei der anderen, um etwas aufzuzeigen. Du machst dich vielleicht nicht direkt über Todkranke lustig, aber du benutzt sie, um deinen Punkt aufzuzeigen.
Ich suhle mich im elend anderer Leute? Ich mache mich überhaupt nicht über Todkranke lustig. Nicht im Geringsten. Man muss allerdings schon vorsichtig sein und klar darin, was attackiert ist. Sonderbar, immer wieder zu sehen, wie die kritisierende Satire als übel bezeichnet wird, das wirkliche durch die Satire kritisierte Übel aber nicht. Oft erlebt, auch bei anderen.

Das ist ein Punkt. Krieg wurde aber im Grunde schon immer für die Bevölkerung inszeniert. Das ist auch ein nicht unwesentlicher Teil dessen, weil Krieg eben auch Geld kostet. Eastwood hat da einen sehr guten Film drüber gemacht: Flag of our fathers, wo es um Kriegsanleihen geht und die Mittel, wie dafür geworben wird.
Eastwood :)

Stimme zu, die Inszenierung. Nun, die geht einher mit grobem Belügen der Leute. Kennst ja wahrscheinlich den Spruch "Im Krieg ist das erste Opfer die Wahrheit." vom alten Aischylos (Name dropping? oder inhaltlicher Mehrwert?)

Ich glaube, das ist ein heißes Eisen. Und mit diesem ballernden Jesus gelingt dir meiner Meinung nach auch keine Provokation, weil für wen spielt Jesus diesbezüglich eine wirkliche Rolle? Mal ganz im Ernst.
Das könntest du unterschätzen; bin mir nicht sicher; leider war diese Sache die Idee. Kam nachdem ich einen Kirchenfritzen tönen hörte, warum nicht Friedensverhandlungen richtig seien als Christ sondern Waffenlieferungen und militärische Unterstützung und warum das auch Jesus so sehen würde. bei so einem hanebüchenen Quark platzte mir eben der Kragen und die Storyidee - quasi als Überspitzung - ploppte auf.
Denn irgendwie müssten die Leute doch schreien vor Schmerz, wenn sie sich das anhören müssen, selbst Nichtchristen. Aber offensichtlich sehen das die meisten nicht?

Danke für deine Mühe!

Flac

 
Zuletzt bearbeitet:

denn mit dieser Absurdität versuche ich mich der absurden Tatsache anzunähern, dass führende Vertreter christlicher Kirchen den Waffeneinsatz im Ukraine-Konflikt befürworten, ja verlangen. Falls sie glauben sollten, dass der Jesus des Neuen Testaments das gleichfalls tun würde
Hallo @FlicFlac ,

warum absurd? Die Vertreter dieser Kirchen haben offensichtlich nur ihre Bibel gelesen. Da zitiere ich mal flott O-Ton Jesus: "Nolite arbitrari quia pacem venerim mittere in terram: non veni pacem mittere, sed gladium." / "Glaubet nicht, dass ich gekommen bin, Frieden auf die Erde zu bringen; ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert."
Biblia Sacra NT, Vulgatæ Editionis nach Augustin Arndt. Sanctum Jesu Christi Evangelium secundum Mattæum 10:34.

Ganz wesentlich absurder als Widerstand gegen den Angriffskrieg und die Invasion eines de facto faschistischen Diktators (der danach das Baltikum und ehemalige Tsarenreich-Gebiete im Blick hat - also damit auch Finnland, dem konkret bereits letztes Jahr mit einem Angriff gedroht wurde) finde ich ja die Rat Lines der katholischen Kirche.

nur ist das schon lange her und man hätt gehofft, dass sich was änderte seit damals.
Ich stimme zu: hätt ist das richtige Wort.
Das könntest du unterschätzen; bin mir nicht sicher; leider war diese Sache die Idee. Kam nachdem ich einen Kirchenfritzen tönen hörte, warum nicht Friedensverhandlungen richtig seien als Christ sondern Waffenlieferungen und militärische Unterstützung und warum das auch Jesus so sehen würde. bei so einem hanebüchenen Quark platzte mir eben der Kragen und die Storyidee - quasi als Überspitzung - ploppte auf.
Denn irgendwie müssten die Leute doch schreien vor Schmerz, wenn sie sich das anhören müssen, selbst Nichtchristen. Aber offensichtlich sehen das die meisten nicht?
Nichtchristen kriegen vor allem Schreikrämpfe, wenn sie sich a) die ganze garantiert nicht jugendfreie Gewalt in der Bibel ansehen (das, was dort als "Moral" gegaslighted wird) und b) wenn sie sich die Weltgeschichte im Hinblick auf Verbreitung der Frohen Botschaft anschauen ... also, unter welchen Umständen das geschah und was mit den Leuten, die da nicht so arg Lust drauf hatten.
Der Gott der Bibel ist zudem ein Massenmörder. Bissl lustig - so aus nichtchristlicher Sicht -, dass diese Religion irgendwie als Vorbild zu guten Taten herhalten soll. (Der Teufel hat nur sowas wie 10 Leute auf dem Gewissen, Gott hochgerechnet mehrere Millionen: Einzeltaten wie auch Genozid an seiner eigenen Schöpfung - also immer langsam mit den jungen Pferden!). Mag ein Grund sein, warum nicht alle die Absurdität hier bei den selben Punkten sehen wie du, sondern wo du einen blinden Fleck haben magst - dann kann der Text nicht bei allen aufgehen.

:sealed: Bin schon weg - Frauen sollten in der öffentlichen Versammlung ja eh die Fresse halten. :lol:
Sonnige Grüße,
Katla

 

@Katla

Der Gott der Bibel ist zudem ein Massenmörder. Bissl lustig - so aus nichtchristlicher Sicht -, dass diese Religion irgendwie als Vorbild zu guten Taten herhalten soll. (Der Teufel hat nur sowas wie 10 Leute auf dem Gewissen, Gott hochgerechnet mehrere Millionen: Einzeltaten wie auch Genozid an seiner eigenen Schöpfung - also immer langsam mit den jungen Pferden!).
Oh nein, da stimme ich dir ja vollkommen zu und gehe sogar mit mehr Beschreibung darüber hinaus. Das Gottesbild zeigt einen rach- und eifersüchtigen, gewalttätigen, frauen-und fremdenfeindlichen und narzisstisch gestörten Charakter (und wir können nur alle sehr hoffen, dass es nicht mal zu 5% stimmt, falls es Gott geben sollte); nur sprechen wir da vom Alten Testament, das vom neuen abgelöst werden sollte (wieso denk ich das als Ungläubiger?) - frappierend wie viele Christen sich immer noch an dem alten orientieren; die Sprache des Jesus in dem Text ist allerdings weiter, sie ist symbolhaft.

Und da gibt es natürlich schon das Ideal des weisen, ruhigen, vernünftigen und gewaltfreien 'Philosophen' -- dass er mit er mit einem Gewehr bedenkenlos und sinnlos Leute abknallt ist meines Wissens in dem idealen Bild nicht enthalten; noch mal: ist aber die logische Konsequenz wenn man sich den Quark anhört, den evangelische und katholische Führer von sich geben.

 

Und da gibt es natürlich schon das Ideal des weisen, ruhigen, vernünftigen und gewaltfreien 'Philosophen' -- dass er mit er mit einem Gewehr bedenkenlos und sinnlos Leute abknallt ist meines Wissens in dem idealen Bild nicht enthalten; noch mal: ist aber die logische Konsequenz wenn man sich den Quark anhört, den evangelische und katholische Führer von sich geben.
Hallo @FlicFlac ,

oh, Moment: no cherry picking please, Jesus sieht das nämlich anders als du:
"nolite putare quoniam veni solvere legem aut prophetas non veni solvere sed adimplere"
Biblia Sacra NT, Vulgata. Sanctum Jesu Christi Evangelium secundum Mattæum 5:17.
"Glaubet nicht, dass ich gekommen sei [wäre], das Gesetz oder die Propheten aufzuheben. Ich bin nicht gekommen, sie aufzuheben, sondern zu erfüllen."
In der Bibel gibt es ständig Anweisungen, wen man töten soll: Zauberer, Ehebrecher usw. Und die Figur Jesus erwähnt doch auch ständig Erzähltes aus dem AT und gibt deutlich zum Ausdruck, dass er das alles für Fakten nimmt, bestätigt die Regeln und Geschichten dutzendfach.

Bei deiner Definition von 'vernünftig' scheiden sich also bereits unsere Ansichten.

Nix für ungut, aber ich hab oft den Eindruck, Gläubige haben keinen guten Durchblick über das, was in ihren Schriften steht (daher die Vulgata, weil die noch ausgehend von den ersten Stories am wenigsten Stille Post spielt - nix davon ist ja tatsächlich 'Zeugenaussage').

Dir eine schöne Woche und noch viel Spaß beim Schreiben,
Katla

 

Ich suhle mich im elend anderer Leute? Ich mache mich überhaupt nicht über Todkranke lustig.
Das habe ich nicht gesagt. Gesagt habe ich, dass du sie benutzt, um einen Punkt zu machen. Das ist ein Effekt, den man oft in der Literatur beobachten kann, und von dem sich niemand, der schreibt, gänzlich freimachen kann, außer er schreibt strikt biographisch, und auch das würde einen Zwiespalt bedeuten, weil man nie genau weiß, was die andere Person, die eventuell involviert ist, wirklich denkt, bzw gedacht hat.

Ich habe mal ein Hörspiel für einen ÖRR geschrieben, wo es um die Arbeiterklasse ging. Die Redakteurin schrieb zurück, dass sie das nicht annehmen könne, da wir ich mir bewußt werden solle, dass ich nicht Geschichten über die Arbeiterklasse aus einer privilegierten Sicht schreibe könnte. Was sie verpasst hat, ist, dass ich selbst aus einer Arbeiterklassenfamilie stamme; es ist also nicht ganz unwichtig, wer betroffen ist und über was er dann schreibt. Ihr hat nur nicht gefallen, wie realistisch, rassistisch und hart das Ganze war. Das war eben nicht politisch korrekt genug, weil sie lieber die glänzenden Seelen und Sozialkitsch gesucht hat. Haltung ist das Wort, was ich suche. Man kann über alles schreiben, aber man braucht eine Haltung dafür.

Oft erlebt, auch bei anderen.
Mit solchen Urteilen wäre ich also vorsichtig. Ich habe nicht über den Bestand deines Textes geurteilt, weil ich den eben aus genannten Gründen nicht erfassen konnte.

Gruss, Jimmy

 
Zuletzt bearbeitet:

@Katla

In der Bibel gibt es ständig Anweisungen, wen man töten soll: Zauberer, Ehebrecher usw. Und die Figur Jesus erwähnt doch auch ständig Erzähltes aus dem AT und gibt deutlich zum Ausdruck, dass er das alles für Fakten nimmt, bestätigt die Regeln und Geschichten dutzendfach.
Das NT hat allerdings schon n andren 'Geist' -- ich könnt jetzt auch mit einem Dutzend Textstellen argumentieren bzw. die von dir genannten anders interpretieren als du -- nur wären wir dann in einer Diskussion über Religion, Glaube, Gesellschaft.

Ich vermute, es gibt nur wenige Menschen, die, wenn sie an die Figur 'Jesus Christus' denken, dabei das Bild eines Mannes aufrufen, der einen Stahlhelm auf dem Kopf trägt und gegnerische Soldaten niederschießt.

also, unter welchen Umständen das geschah und was mit den Leuten, die da nicht so arg Lust drauf hatten.
Auch dem stimme ich zu -- und auch da wär das Mittel meiner Wahl, den Widerspruch zwischen 'Geist des Originatexts' und Verhalten in Wort und Tat der hochheiligen, Gott auf Erden vertretenden Kirche deutlichst zu machen. Allerdings muss ich einräumen, dass auch der Originaltext gewisse bedenkliche Stellen und Logiklücken aufweist. (Warum sollte Gott sich ein Volk auswählen? Warum schickt er seinen Sohn nicht auch den Chinesen, den Azteken und den nordafrikanischen Indianern, die er ja auch zumindest zugelasssen hat -- sondern überlässt die Überbringung der frühen Botschaft dann ungeeignetem Personal? Gibt's zum Beispiel darauf einen Antwortversuch?)

@jimmysalaryman

Das habe ich nicht gesagt. Gesagt habe ich, dass du sie benutzt, um einen Punkt zu machen.
Gut, akzeptiert -- in gewisser Weise habe ich das. Und auch kein Problem damit, solange jene nicht diffamiert werden, lächerlich gemacht oder Ziel der Attacke sind.
Sollte man darauf verzichten, wären Satiren kaum noch schreibbar, Übertreibungen und In-die-letzte-Konsequenz gehen tabu. Dann kannst du Satiren oder auch Kabarett vergessen.

Auch hier habe ich den Eindruck, wir gehen in eine allgemeine Diskussion, so in Richtung, was soll in Texten erlaubt sein, was nicht. Ich finde die gut, dafür wär aber doch ein allgemeines Forum geeigneter, ist es hier nicht schon off topic? Hier steht ja nicht der Text, über den wir reden. Ich hab den auch hier, fällt mir auf, von 2007. War mir gar nicht mehr sicher...

Gruß Flac

 

Der Hamsterhintern? - doch, das ist genau der Ton des Protagonisten, an vielen Stellen.
Da war ich auf dem Holzweg. Nach ein paar Monaten noch mal angeschaut, geändert und der Hamster ist jetzt weg.

Neufassung, auch bissl gekürzt.

 

Hey @FlicFlac,

ich mach jetzt mal etwas für mich relativ Ungewöhnliches - ich schreibe dir den ersten Teil des Kommentar, bevor ich ganz mit der Geschichte durch bin, einfach deshalb, weil ich Angst habe, dass ich sonst vergesse, was ich Anmerken wollte. Daher folgt der Gesamteindruck erst am Ende. Also ....

Kam nach dem Angriff vor drei Tagen. Das Schweinepack hatte richtig was rübergeworfen und am Ende wurde es knapp.
Hier fängt der Satz "Kam nach dem Angriff vor drei Tagen." merkwüridig an. Davor steht nur - allerdings in einer Zeile darüber, vor einem Zeilenumbruch "Johnny". Man kann sich als Leser denken, dass also gemeint ist "Johnny kam nach dem Angriff vor drei Tagen.", allerdings finde ich persönlich das nicht so schön, vielleiccht eher ein richtiger Sack.
Außerdem: "Das Schweinepack hat richtig was rübergeworfen" - du bist hier ja in der einfachen Vergangenheitsform und nicht in der Vorvergangenheit (hieß die so? Ach keinen Plan).

Überall lagen unsere Toten verstreut herum – also eigentlich nicht sie, sondern jeder von ihnen lag verstreut herum.
Kovalenko neben mir lebte noch, obwohl ihm so einiges fehlte. Er schaute mich an, als ob ich ihm sagen sollte, wohin seine Beine verschwunden sind.
Hier wollt ich zuerst meckern, aber mit den darauffolgenden Sätzen find ich es ganz gut. Es bringt mich kurz zum Denken (ja, ich hab den Satz dreimal gelesen, aber als ich ihn verstanden habe, gefiel er mir umso besser). Überhaupt gefällt mir die Art, wie du die - ich sag mal Kriegsopfer, weil ich ja noch nicht verstehe worum es eigentlich geht - beschreibst. Nicht (gott das wird sich unsympathisch anhören) "überdramatisiert", sondern unwirklich-grausig - ich kann mir denken, dass man das gar nicht so realisiert, der Schaden, den man davon trägt kommt ja meist erst später. Insofern finde ich die Art und WEise wie der Erzähler das beschreibt sehr gut.

Das ist wahrscheinlich das, was ein Journalist einfach einen verlorenen Kampf nennt
Hier würde ich das "einfach" streichen, mir persönlich sind "wahrscheinlich" und "einfach" zu viele Füllworte in so einem kurzen Satz - und wahrscheinlich sagt in diesem Satz mAn mehr aus.

Kovalenko fing an – nein, nicht zu schreien – er weinte; und das war übel; er weinte, bis er verblutet war.
"er weinte, bis er verblutete." - fände ich hier schöner, kürzer und härter.

In so etwas wie Bettlaken gewickelt, Bart und ziemlich langes Haar, kommt er auf mich zu; ich war zu überrascht, um ihn abzuschießen; er bleibt stehen, hebt die Hand zum Gruß und sagt: „So. Hier bin ich.“
Den Satz empfinde ich als etwas unrund. Der Anfang mit "in so etwas wie ein Bettlacken gewickelt" gefällt mir - dann wirkt das mit "Bart und ziemlich langes Haar" irgendwie eingefügt. Außerdem springst du hier (das ist jetzt der Grund, warum ich zu kommentieren beginne, bevor ich am Ende bin) in der Zeit herum. Am Anfang des Textes wird die Ankunft Johnny beschrieben als etwas, das schon eingetreten ist - Vergangenheitsform. Hier taucht er einerseits in der Gegenwart auf - man hat als Leser also das Gefühl als würde er gerade erst ankommen, weil "In so etwas wie Bettlacken gewickelt kommt (Präsens) er auf mich zu (...)" Gleichzeitig hat man aber die Vergangenheit "Ich war zu überrascht, um ihn abzuschießen" - das würde ich hier auf eine SChiene bringen. Wenn Johnny hier erst auftauchen soll, wäre der Anfang so zu überarbeiten, dass man von Johnny noch gar nichts weiß, aber ich denke das willst du nicht (zumal es ja das Feeling der Story ändern würde). Daher würd ich hier in der Vergangenheit bleiben: "In so etwas wie ein Bettlacken gewickelt (...) kam er auf mich zu (...)" Und dann:

Ich sage: „Was?“
Vor dieser Stelle hier, einen Satz einfügen, der halt zu deiner ERzählerstimme passt. "(...) da hob er die Hand und sagte: "Hier bin ich". Und seitdem steht er da, blickt auf mich hinunter und sagt: "Du hast gebetet und jetzt bin ich hier." - also sowas in die Richtung und dann hast du mAn einen schönen Übergang von der Vergangenheit in die Gegenwart.


So, jetzt bin ich fertig mit dem Lesen und die Idee gefällt mir gut, sehr gut - die Umsetzung noch besser. Ich denke ja öfter Mal - wenn es einen Gott gebe und er wolle jedem Beistehen, würde sich das dann nicht widersprechen; deine Geschichte ist die blutige Darstellung dieses Gedanken und man, ich mag es. :)

Ich komme zu den restlichen Anmerkungen:

„Du“, sagt er. „Du hast gebetet, und jetzt bin ich hier. – Vorhin. Hast es mehrmals gesagt: Gott steh’ uns bei, oh mein Gott steh’ uns bei. Stimmt?“
"Stimmt" geht wahrscheinlich auch - mir persönlich fehlt hier allerdings das "s".

Hört sich vermutlich so an, als hätte mir jemand den Schädel aufgesägt, mein Hirn rausgenommen und gegen gekochten Blumenkohl ausgetauscht. Aber so war es. Dann folgte ein höllisches Wunder.
Ja - da sind wir wieder in der Vergangenheit, jetzt verstehe ich auch warum. Insofern bist du nur zwischendurch, bei dem Auftauchen von Johnny auf ihrer Seite in die Gegenwart geswitcht. Aber ich denke, es stört wenig, weil du hier dafür recht flüssig in die Vergangenheit zurückschwangst und spätestens mit der Offenbarung, dass Johnny jetzt den anderen beistehen wird, versteht man auch, warum sie mit Johnnys Auftauchen am Arsch sind.

Nach jedem Gemetzel ließ Bojko die Arme, Beine, Köpfe und Innereien einsammeln und erwartete von uns, das zu sortieren.
"sie" würde hier denke ich besser passen.

Jeder, der mal dabei war, der weiß, dass zusätzlicher Irrsinn nicht ins Gewicht fällt; es geht drum, so zu tun, als ob alles in bester Ordnung wäre, und wenn da was winzig klein Irres dazu kommt, dann ist das, als würde einer in den Ozean eine Träne tropfen lassen oder einfach reinrotzen, jedenfalls was in der Art, dass es nichts ändert.
Die Stelle find ich sehr gut - auch das Bild dazu und die damit verbundene Erzählerstimme mit dem reinrotzen. Find ich gut gelungen.

„Gewiss“, sagt er. „Aber ihr seid nicht die Einzigen, wisst ihr, und vorhin, da haben die anderen gebetet. Um Beistand. Wurde erhört, hab’s eben erfahren. Heißt, bin jetzt erst mal im anderen Team.“ Er lacht.
Auch das eine sehr gute Stelle - die Unbeschwertheit von Johnny machts natürlich noch surrealer, gefällt mir.

„Na sicher“, hat er geantwortet. „Gute Idee. Gar kein Problem. Ich ruf’ am besten gleich beim Oberkommando an und sag’ denen, wir müssen die Stellung räumen, weil uns demnächst der Sohn Gottes angreifen und über den Haufen schießen wird. Vielleicht schaffen wir's noch zum Abendessen nach Hause.“
Find ich auch Top, die Stelle.

Also wie gesagt - gefällt mir gut.

LG Luzifermortus

 

Hello @Luzifermortus und danke für deinen Kommentar.

Ich gehe gern im Einzelnen darauf ein!


Kam nach dem Angriff vor drei Tagen. Das Schweinepack hatte richtig was rübergeworfen und am Ende wurde es knapp.
Hier fängt der Satz "Kam nach dem Angriff vor drei Tagen." merkwüridig an. Davor steht nur - allerdings in einer Zeile darüber, vor einem Zeilenumbruch "Johnny". Man kann sich als Leser denken, dass also gemeint ist "Johnny kam nach dem Angriff vor drei Tagen.", allerdings finde ich persönlich das nicht so schön, vielleiccht eher ein richtiger Sack.
Ändere ich. Das war so aus dem Duktus der Figur raus, geht aber auch anders. Danke für den Hinweis.

Außerdem: "Das Schweinepack hat richtig was rübergeworfen" - du bist hier ja in der einfachen Vergangenheitsform und nicht in der Vorvergangenheit (hieß die so? Ach keinen Plan).
Das war bevor Johnny auftauchte, deshalb 'hatte'.

Überall lagen unsere Toten verstreut herum – also eigentlich nicht sie, sondern jeder von ihnen lag verstreut herum.
Kovalenko neben mir lebte noch, obwohl ihm so einiges fehlte. Er schaute mich an, als ob ich ihm sagen sollte, wohin seine Beine verschwunden sind.
Hier wollt ich zuerst meckern, aber mit den darauffolgenden Sätzen find ich es ganz gut. Es bringt mich kurz zum Denken (ja, ich hab den Satz dreimal gelesen, aber als ich ihn verstanden habe, gefiel er mir umso besser). Überhaupt gefällt mir die Art, wie du die - ich sag mal Kriegsopfer, weil ich ja noch nicht verstehe worum es eigentlich geht - beschreibst. Nicht (gott das wird sich unsympathisch anhören) "überdramatisiert", sondern unwirklich-grausig - ich kann mir denken, dass man das gar nicht so realisiert, der Schaden, den man davon trägt kommt ja meist erst später. Insofern finde ich die Art und WEise wie der Erzähler das beschreibt sehr gut.
Ja, ich wollte zwar, dass er nichts auslässt, gleichzeitig jedoch distanziert ist (vielleicht: als ob er eine Filmszene beschriebe). Auch die derben, teils humoristischen Ausdrücke sind Teil seiner 'psycho-hygienischen' Distanzierung.

Das ist wahrscheinlich das, was ein Journalist einfach einen verlorenen Kampf nennt
Hier würde ich das "einfach" streichen, mir persönlich sind "wahrscheinlich" und "einfach" zu viele Füllworte in so einem kurzen Satz - und wahrscheinlich sagt in diesem Satz mAn mehr aus.
Ja, stimmt schon. Allerdings 'höre' ich den Mann so reden; ich habe solche Formulierungen oft gehört.

Mir ist bewusst, dass der Text nicht nur hier einiges an Füllwörtern hat; das ist aber so, weil der das erzählt, und so erzählen Menschen eben. Ich dachte erst, als ich deinen Vorschlag las: Klar, das 'einfach' kann weg. Wenn man es laut liest, klingt es allerdings wegen der Melodie wieder okay, so ähnlich habe ich das schon oft gehört.
Bin also noch unschlüssig.

Kovalenko fing an – nein, nicht zu schreien – er weinte; und das war übel; er weinte, bis er verblutet war.
"er weinte, bis er verblutete." - fände ich hier schöner, kürzer und härter.
Stimme dir zu, allerdings weint er, während er verblutet. Ist also nicht ganz das Gleiche ...

er.
In so etwas wie Bettlaken gewickelt, Bart und ziemlich langes Haar, kommt er auf mich zu; ich war zu überrascht, um ihn abzuschießen; er bleibt stehen, hebt die Hand zum Gruß und sagt: „So. Hier bin ich.“
Den Satz empfinde ich als etwas unrund. Der Anfang mit "in so etwas wie ein Bettlacken gewickelt" gefällt mir - dann wirkt das mit "Bart und ziemlich langes Haar" irgendwie eingefügt.
Danke für den Hinweis. Auch hier dachte ich, so machen das Leute, wenn sie jemand beschreiben: 2-3 besondere Details. Allerdings kann man das 'ziemlich' rausnehmen. Das stört im Satz, wie ich nun finde. Und dann baue ich um: langes Haar und Bart.


Außerdem springst du hier (das ist jetzt der Grund, warum ich zu kommentieren beginne, bevor ich am Ende bin) in der Zeit herum. Am Anfang des Textes wird die Ankunft Johnny beschrieben als etwas, das schon eingetreten ist - Vergangenheitsform. Hier taucht er einerseits in der Gegenwart auf - man hat als Leser also das Gefühl als würde er gerade erst ankommen, weil "In so etwas wie Bettlacken gewickelt kommt (Präsens) er auf mich zu (...)" Gleichzeitig hat man aber die Vergangenheit "Ich war zu überrascht, um ihn abzuschießen" - das würde ich hier auf eine SChiene bringen.
Ich habe das mehrfach laut gelesen, um zu sehen, ob das so passt. Natürlich stimmt das, was du sagst, grammatikalisch. Allerdings ist das wieder den Leuten auf den Mund geschaut. Die springen oft in die Gegenwart, wenn etwas, zB eine Szene präsenter wird, es zum Eigentlichen kommt. Ich nenne das 'zoomen', durch das plötzliche Präsens wird etwas herangezoomt.

"Neulich ging ich zum Bäcker, ich wollte Brötchen holen. Vor mir stand ne Schlange. Dreht sich der Typ vor mir um und sagt:"

Ich kann das alles durchgängig sowohl im Präsens als auch im Präteritum erzählen, dann ist dieser Effekt weg.


Ich sage: „Was?“
Vor dieser Stelle hier, einen Satz einfügen, der halt zu deiner ERzählerstimme passt. "(...) da hob er die Hand und sagte: "Hier bin ich".
Verstehe ich dich richtig, dass es dir um das Tempus geht?
Weil, ich habe ja diese Stelle drin, wo er sagt 'Hier bin ich'.
An der Stelle kommt der 'Zoom'.

„Du“, sagt er. „Du hast gebetet, und jetzt bin ich hier. – Vorhin. Hast es mehrmals gesagt: Gott steh’ uns bei, oh mein Gott steh’ uns bei. Stimmt?“
"Stimmt" geht wahrscheinlich auch - mir persönlich fehlt hier allerdings das "s".
Ja, das ist die 'moderne' Sprechweise, vor allem bei Jugendlichen, schnoddrig. Ich habe Johnny diesen Slang gegeben, der klingt insgesamt wie ein sehr junger Typ.
„Brauch eins von euren Outfits, schau mich an, alles retro ..."

Hört sich vermutlich so an, als hätte mir jemand den Schädel aufgesägt, mein Hirn rausgenommen und gegen gekochten Blumenkohl ausgetauscht. Aber so war es. Dann folgte ein höllisches Wunder.
Ja - da sind wir wieder in der Vergangenheit, jetzt verstehe ich auch warum. Insofern bist du nur zwischendurch, bei dem Auftauchen von Johnny auf ihrer Seite in die Gegenwart geswitcht. Aber ich denke, es stört wenig, weil du hier dafür recht flüssig in die Vergangenheit zurückschwangst und spätestens mit der Offenbarung, dass Johnny jetzt den anderen beistehen wird, versteht man auch, warum sie mit Johnnys Auftauchen am Arsch sind.
Genau so dachte ich mir das. Er springt da. Es ist mir wichtig, dass man aber die Reihenfolge der Ereignisse erkennt.

Nach jedem Gemetzel ließ Bojko die Arme, Beine, Köpfe und Innereien einsammeln und erwartete von uns, das zu sortieren.
"sie" würde hier denke ich besser passen.
Wieder antworte ich, dass du recht hast (sprachlich). Jenes 'das' ist jedoch Ausdruck seiner Distanz: 'das da'. Die Unschärfe ist gewollt. Erst zählt er die Körperteile auf, dann entfernt er sich und meint: Das da.


Gruß von Flac

 

Moin @FlicFlac ,

die hat was, diese Geschichte. Ich habe sie noch nicht in all ihren Facetten zuende interpretiert, aber ich fühle mich geradezu gefangen genommen, über den Inhalt nachzudenken. Und deswegen mag ich sie.
Aber ihr fehlt es teils an noch den gewissen Quäntchen Klarheit, weil ich z.B. den Anfang mindestens dreimal gelesen und zu verstehen versucht habe.
Ist aber vermutlich gar nicht so dramatisch, da mehr Durchblick reinzubringen. Hier also meine Vorschläge:

Unsere Lage ist aussichtslos und wir dürfen nicht weg. Die lassen uns nicht.
Erst wollte ich dir vorschlagen, dass alles umzustellen, also den sozusagen zweiten Absatz an den Anfang zu stellen und so weiter, aber ich glaube, es bringt schon etwas, wenn du statt "Die", einfach "Das Oberkommando" schreibst. Das sind ja die und schon hat man als Leser einen kleinen Anhaltspunkt.
Weil die Straße wichtig ist, sagt Bojko.
Hier ist mir nicht so klar, weshalb die Straße wichtig ist. Vielleicht einfach "strategisch" wichtig? Dann würde ich es dazu schreiben. Auch um der Klarheit wegen und damit man nicht so über den ersten Teil rätseln muss.
Das Schweinepack hatte richtig was rübergeworfen
Dieses "rübergeworfen" hat mich jedes Mal rausgehauen. Was meinst du damit? Bomben rübergeworfen? Also hier würde ich unbedingt deutlicher formulieren. Ich bin mir sicher, dass es der Verständlichkeit zugute kommt.
. Das ist wahrscheinlich das, was ein Journalist einen verlorenen Kampf nennt – selbst wenn man so aussieht wie Kovalenko, als hätte der einen Boxkampf nur knapp nach Punkten verloren; und für die, die zu Hause sind, stimmt das, vermute ich, die sehen das so.
Wozu muss das hier stehen? Inhaltlich ist es für mich eher unnötiges Beiwerk. Mein Vorschlag wäre, diesen Satz komplett rauszunehmen.
Er: „Hier bin ich.“ Und dann: „Du hast um Hilfe gebeten.“
Ich fänd es prägnanter, wenn du "Hier bin ich" weglässt, das weiß der Leser ja, dass er das ist, weil er es schon weiter oben gesagt hat. Einfach nur Er: "Du hast um Hilfe gebeten."
Gott steh’ uns bei. Stimmt?“
Auch hier fänd ich es prägnanter, wenn du "Stimmt's?" Ist kecker.
bei uns über'm Kamin hängt noch ein Wurfspieß.“
Anstelle von "noch" würde ich "nur" schreiben.
Sie wussten, dass nicht viele von uns übrig waren.
Ich ahne zwar, dass du begründen wirst, weshalb es so und nicht anders formuliert sein muss, aber ich versuche es trotzdem: "Sie wussten, dass wir nur noch wenige waren." fände ich geschmeidiger.
ein Bandwurm im Darmtrakt.
Gefällt mir nicht der Vergleich. Wie wäre es mit einem Blutegel am Bein? Oder Zecke an der Wade? Beides verbindet man irgendwie mit Blut und hier geht es ja um Blutvergießen.
Stellt euch das vor, was normalerweise aus einem Kuhhintern tröpfelt: Genau so ist die Situation.
Das würde ich streichen. Die Vorstellungskraft des Lesers, in welcher Situation sich die Leute befinden, bedarf nicht noch der Vorstellungshilfe.

P.S. Heute im DLF gehört: Vor 45 Jahren wurde der Film "Das Leben des Brian" uraufgeführt.

Lieben Gruß

lakita

 

Hallo @lakita und danke fürs Kommentieren.
Zwischendrin habe ich an der Sache vor allem den Schluss ganz geändert, den Johnny auch noch mal.

Einiges werde ich damit zu erklären versuchen, dass der Protagonist das schildert und noch mittendrin ist. Duktus ist seiner. Authentisch soll sein, dass der eben nicht viel drumherum erklärt. Der Fokus ist klar: das, was er noch sagen will.


Aber ihr fehlt es teils an noch den gewissen Quäntchen Klarheit, weil ich z.B. den Anfang mindestens dreimal gelesen und zu verstehen versucht habe.
Ist aber vermutlich gar nicht so dramatisch, da mehr Durchblick reinzubringen. Hier also meine Vorschläge:
Unsere Lage ist aussichtslos und wir dürfen nicht weg. Die lassen uns nicht.
Erst wollte ich dir vorschlagen, dass alles umzustellen, also den sozusagen zweiten Absatz an den Anfang zu stellen und so weiter, aber ich glaube, es bringt schon etwas, wenn du statt "Die", einfach "Das Oberkommando" schreibst.
Passt eben nicht zum Duktus, er schreibt keinen Bericht. Heißt, so höre ich ihn das sagen: Die lassen uns nicht. Und eben nicht: General Bruchhausen vom Oberkommando hat den Befehl ... keine Zeit dafür ... Klar, der setzt einiges voraus. Geht von sich aus.

punkt.
Weil die Straße wichtig ist, sagt Bojko.
Hier ist mir nicht so klar, weshalb die Straße wichtig ist. Vielleicht einfach "strategisch" wichtig? Dann würde ich es dazu schreiben
Siehe oben. Darum gehts auch nicht. Und es geht schnell. Dass alles etwas verwirrend und chaotisch ist, weil mittenrein in den Irrwitz, das kann schon bleiben. Das geht ihm ja nicht anders. Da ist keine Zeit für Analyse und Weitschweifigkeit.

muss.
Das Schweinepack hatte richtig was rübergeworfen
Dieses "rübergeworfen" hat mich jedes Mal rausgehauen. Was meinst du damit? Bomben rübergeworfen?
Ja, da werd ich noch mal rangehen, das könnt klarer sein, danke!

 

Hallo @FlicFlac!

Habe vorhin deine Geschichte gelesen und bin begeistert!
Konnte nicht widerstehen – musste das für mich neu runterschreiben.

Gruß,
Sammis

Jessy

Unsere Lage war aussichtslos und wir konnten nicht weg. Sie ließen uns nicht.
Die Stellung sei zu wichtig, sagte Bojko.

Noch vor Minuten sah es besser aus, waren wir unbesiegbar, bissen sich die Schweine an uns die Zähne aus! Seit der Hippie bei uns war. Jessy.

Er tauchte nach dem Angriff vor drei Tagen auf. Als das Schweinepack uns eingedeckt hatte. Scheiß Splittergranaten! Gegen Ende wurde es verdammt knapp!

Es sah ganz und gar nicht danach aus, als hätten wir gewonnen. Überall lagen Kameraden verstreut. Jeder einzelne von ihnen.

Kovalenko neben mir lebte noch, obwohl ihm manches fehlte. Er schaute mich an, als wollte er von mir hören, wohin seine Beine verschwunden waren. Auch ein Arm war weg, mitsamt der Schulter. Einen verlorenen Kampf würden Journalisten das wohl nennen.
Kovalenko bekommen die zu Hause natürlich nicht zu sehen. Er weinte: Nein, nicht. Das war übel! Kovalenko weinte, bis er verblutet war.







In Mitten dem Geschrei, dem Rauch und der ganzen Knallerei tauchte Jessy auf. Aus dem Nichts. In ein Bettlaken gewickelt, langer Bart und Haare, kam er auf mich zu.
Ich war zu überrascht, um abzudrücken. Er hob die Hand und sagte: „Hier bin ich.“

„Was?“, fragte ich.

„Hier bin ich“, wiederholte er, „Du hast um Hilfe gebeten.“

„Was hab ich?“

Weiter hinten hatten ihn zwei ins Visier genommen. Ich gab das Zeichen, dass sie abwarten sollten. Er sah ganz anders aus. Keine Uniform, kein Helm, keine Waffe.

„Du“, sagt er. „Du hast gebetet, und nun bin ich hier.

„Schon“, stammelte ich, „aber–“

„Vater schickt mich. Ich kann helfen.“

„Wobei? Womit?“

„Ich kann schießen.“
Und das konnte er.


Das hört sich jetzt vermutlich so an, als hätte mir jemand den Schädel aufgesägt, das Hirn rausgenommen und stattdessen gekochten Blumenkohl reingepackt. Aber so war es!
Die Schweine ließen nicht lang auf sich warten. Sie wussten, dass nicht mehr viele von uns übrig waren. Aber Jessy hatte die Wahrheit gesagt. Er traf ohne zu zielen, sah nicht einmal hin. Er sprang aus dem Graben, rückte vor, stand mitten im Feuer, und um ihn vielen sie um. Er wurde getroffen, unzählige Male, völlig egal! Unbeirrt marschierte er voran, machte alles platt!

Mitten in dem Gemetzel drehte sich Jessy dann um. Blutbespritzt stand er vor uns und meinte: „Vergebt mir, meine Brüder, nun aber muss ich gehen.“

„Was? Warum?“
„Ihr seid nicht die Einzigen. Eben habe ich erfahren, dass die andere Seite um Hilfe gebetet hat. Sie wurden erhört. Überdenkt euren nächsten Schritt. Ihr habt die Wahl.“




„Wir müssen sofort weg!“, schrie ich Bojko an.

„Sicher“, antwortete er, „überhaupt kein Problem! Ich funk nur eben kurz rüber, dass wir die Stellung räumen müssen, weil Gottes Sohn uns gleich den Arsch aufreißen wird!“

Katharina kam mir in den Sinn. Vielleicht machte sie genau jetzt ihre Paprikakartoffeln.
Irgendwer hat mal gesagt, dass man immer die Wahl hat. Dass es am Ende darauf ankommt, was wir getan haben werden. Jeder einzelne von uns.

Mit der flachen Hand schlage ich auf das Magazin und drücke die Knarre gegen meine Schulter.

 

Hallo @Sammis --

Erlebe das zum ersten Mal. Dass da jemand meine Story sozusagen 'covert'. Interessant. Du hast in deiner Version ein paar Sachen weggelassen, ich sage mal, manche von diesen sind auch bei mir Wackelkandidaten, Beiwerk, und ich könnte sie rausnehmen. Bei den Formulierungen, denke ich, ist vieles Geschmackssache. Du bist Purist. Ich höre da jemand sprechen -- und darum sind da auch ungewöhnlich viele 'Füller' drin.

Ich weiß aber nicht, was deine Intention ist. Ich nehme an, die Geschichte hat dir gefallen. Fungiert deine Version als 'Kommentar'? Sozusagen ein 'Ganzkörper-Kommentar'?
Denn des weiteren hast du dich zur Story nicht geäußert ...
Vielleicht hast du Lust, das zu beantworten ...

Konnte nicht widerstehen – musste das für mich neu runterschreiben.
Wie bist du da vorgegangen?
Ein paar Mal haben Leute meine Geschichen gelesen, also 'phonetisch' anders interpretiert, aber wiegesagt, 'umgeschrieben', das ist neu ...


Ich nehm mal zwei Stellen raus, zum Vergleich.

In Mitten dem Geschrei, dem Rauch und der ganzen Knallerei tauchte Jessy auf. Aus dem Nichts. In ein Bettlaken gewickelt, langer Bart und Haare, kam er auf mich zu.
Ich war zu überrascht, um abzudrücken. Er hob die Hand und sagte: „Hier bin ich.“

„Was?“, fragte ich.

„Hier bin ich“, wiederholte er, „Du hast um Hilfe gebeten.“

„Was hab ich?“

Weiter hinten hatten ihn zwei ins Visier genommen. Ich gab das Zeichen, dass sie abwarten sollten. Er sah ganz anders aus. Keine Uniform, kein Helm, keine Waffe.

„Du“, sagt er. „Du hast gebetet, und nun bin ich hier.

„Schon“, stammelte ich, „aber–“

„Vater schickt mich. Ich kann helfen.“

„Wobei? Womit?“

„Ich kann schießen.“
Und das konnte er.

Danach, in all dem Rauch und dem Geschrei, keine paar Minuten nach der ganzen Knallerei, tauchte Johnny auf, aus dem Nichts, keine Ahnung woher. In so etwas wie Bettlaken gewickelt, Bart und lange Haare, kommt er auf mich zu; ich war zu überrascht, um ihn abzuschießen; er bleibt stehen, hebt die Hand zum Gruß und sagt: „So. Hier bin ich.“
Ich sage: „Was?“
Er: „Hier bin ich.“ Und dann: „Du hast um Hilfe gebeten.“
„Was habe ich?“, frage ich.
Von der Seite haben ihn zwei im Visier, ich gebe ein Zeichen, sie sollen warten, kann keiner von den Schweinen sein, sieht ja ganz anders aus, keine Uniform, kein Helm, nichts.
„Du“, sagt er. „Du hast gebetet, und jetzt bin ich hier. – Vorhin. Hast es mehrmals gesagt: Gott steh’ uns bei, oh mein Gott steh’ uns bei. Stimmt?“

„Ja“, sage ich. „Schon. Und?“
„Mein Vater schickt mich. Ich bin die Hilfe.“
„Und was?“, sage ich. „Mit was bist du die Hilfe?“
„Ich kann schießen“, sagt er.
1. Ich zoome rein, daher das Präsens. Ich kenne das von Leuten, wenn sie erzählen. Das wird näher rangerückt. Im Deutschunterricht käme Rotstift :)
2. Same
etc... immer wieder mal
3. Jesus-Ich-bin-Aussage ... (der Weg, die Wahrheit, das Leben, die Hilfe)

Doch Johnny, der hatte die Wahrheit gesagt – er konnte schießen, und wie! Er traf ohne zu zielen,
Kommt erst später, dass der das wirklich kann :)


„Wir müssen sofort weg!“, schrie ich Bojko an.

„Sicher“, antwortete er, „überhaupt kein Problem! Ich funk nur eben kurz rüber, dass wir die Stellung räumen müssen, weil Gottes Sohn uns gleich den Arsch aufreißen wird!“

„Wir müssen jetzt weg“, habe ich Bojko gesagt.
„Na sicher“, hat er geantwortet. „Gute Idee. Gar kein Problem. Ich ruf’ am besten gleich beim Oberkommando an und sag’ denen, wir müssen die Stellung räumen, weil uns demnächst der Sohn Gottes angreifen und über den Haufen schießen wird. Vielleicht schaffen wir's noch zum Abendessen nach Hause.“
Nein, das ist keine Aufregung, keine Panik mehr, es ist ja klar, dass das nicht geht.

Jedenfalls, sehr interessant. Deine Story liest sich gut runter, es ist eben eine andere Interpretation. Und inspiriert mich, doch noch kürzen, was demnächst geschieht.

Gruß von Flac

 

Hallo @FlicFlac!

Ganzkörperkommentar – klasse!
Das trifft es gut. Einem Autor mit deiner Erfahrung muss ich nicht Zeile für Zeile aufzeigen, was ich mir bei meinen Abweichungen vom Original gedacht habe. Du liest das auch so heraus.
Ich mache das häufig. Spricht mich ein Text an, erzähle ich ihn auf meine Art nach. Eine gute Übung. Zumeist verbleibt das dann im Kämmerchen. Manchmal nicht.
Dabei reduziere ich die Gesichten zumeist auf ihren Unterhaltungswert. Mir geht es gerade darum. Ich möchte (auch bei meinen eigenen Texten), dass sie unterhaltsam und gut zu lesen sind. Mehr nicht. Das unterscheidet uns. Glaube ich. Oft soll was zwischen und hinter den Zeilen stehen, etwas transportiert oder ausgesagt werden. Gut und recht. Nur finde ich, dass darunter manch gute Story leidet.
Deine Idee, Jesus herabsteigen und Feinde aufmischen zu lassen, finde ich klasse! Dann schlägt er sich kurzerhand auf die andere Seite und die Kacke ist am Dampfen! Mega! Was braucht es mehr?

Bin jedenfalls froh, dass du locker damit umgehst! Ich sag’s mal so: Wer covert schon nen Scheißsong?

Gruß,
Sammis

 

Hallo @Sammis !

Antworte dir auch noch mal gern ...

Spricht mich ein Text an, erzähle ich ihn auf meine Art nach. Eine gute Übung.
Interessante Sache, habe ich noch nie gemacht, höchstens mal etwas, was ich von jemandem gehört hatte, verschriftlicht.

Das unterscheidet uns. Glaube ich. Oft soll was zwischen und hinter den Zeilen stehen, etwas transportiert oder ausgesagt werden. Gut und recht. Nur finde ich, dass darunter manch gute Story leidet.
Letztes will ich auch nicht, unterhaltend sollten auch meine Geschichten sein ... manchmal gelingts weniger, das kenne ich natürlich schon.

Bin jedenfalls froh, dass du locker damit umgehst! Ich sag’s mal so: Wer covert schon nen Scheißsong?
Klar und ... dank dir,

Gruß von Flac

 

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