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Krieg und Krieg

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17.05.2015
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Krieg und Krieg

Gott, als es mal wieder so richtig langweilig im Paradies ist, fragt Adam und Eva: „Spürt ihr ihn nicht, den Krieg?“
Eva schaut bräsig von ihrem Smartphone auf, Adam zieht sich die Kopfhörer von den Ohren und schaut müde zu Eva. Sie kaut weiter auf ihrem Kaugummi, er zuckt mit den Schultern. Sie blicken sich nur vorsichtshalber kurz um, bevor Eva wieder auf ihr Smartphone glotzt und Adam sich die Kopfhörer auf die Ohren pfropft.
„Oh, dass ihr Menschen immer einen brennenden Dornbusch braucht“, knurrt Gott, und mit einem Plop! verschwinden Smartphone und Kopfhörer.
„Und dass ihr allen Ernstes die Abwesenheit von Krieg für Frieden haltet!“, brummt er genervt.
„Hab ich mich bei euch Menschen wirklich so geirrt? Den falschen Lehm verwendet, als ich euch formte nach meinem Ebenbild? Ich brauch echt Urlaub! Mal sehen, wie es in den anderen Universen so läuft“, sagt Gott und verschwindet mit einem Plop! in ein Paralleluniversum.

Amadeus und Elfriede leben in einer Neubausiedlung. Ihr Haus, das exakt so aussieht wie die Nachbarhäuser, ist ganz mit weißen Möbeln eingerichtet. Im Vorgarten sprießen kugelförmig gestutzte Buchsbäume aus einem akkurat gemähten Rasen. Ein leises, fast schon überhebliches Lächeln steht beiden im Gesicht, wenn sie ihren Nachbarn verkünden: „Wir sind seit dreißig Jahren verheiratet und streiten uns nie!“ [Ach du Scheiße, sagt sich Gott, bloß weg! Plop!]

Adolf und Eva gehen gern in der Dresdner Innenstadt spazieren. Sie freuen sich, dass seit einiger Zeit immer mehr Menschen mit ihnen spazieren gehen, es sind schon mehrere Zehntausend. Sie singen, schwenken Fahnen und rufen wie blöde „wir sind das Volk“. Die Frauenkirche zittert dabei unmerklich. [Plop!]

Arthur und Edda haben sich beim Yoga kennengelernt und sind überzeugt von dem Gedanken, dass eifriges Meditieren und positives Denken den Weltfrieden herbeiführen werden. Eines Tages verkündet Arthur, dass er von nun an sexuell enthaltsam Leben möchte, um seine spirituellen Energien zu erweitern. Edda, die gerade den Sonnengruß macht, verliert das Gleichgewicht. [Plop!]

Axel und Elke steigen bei der U-Bahnstation Volkstheater aus. Sie wollen zu einem Amnesty-Treffen und unterhalten sich angeregt über einen Paragraphen der Menschenrechts-Charta. Als sie in den Fahrstuhl wollen, müssen sie erst über einen am Boden liegenden Obdachlosen hinweg. [Plop!]

Aaron und Emma ernähren sich vegan und reisen gern. Als sie in Ghana unterwegs sind, werden sie in einem Dorf von einer Familie zum Abendessen eingeladen, was sie gerne annehmen. Bei Tisch müssen sie jedoch feststellen, dass man die einzige Kuh des Dorfes geschlachtet hat. [Plop!]

Anton und Elke sind beide sehr für die Integration von Ausländern. Zu ihrer Putzhilfe aus Chile pflegen sie ein Verhältnis, das übers Geschäftliche hinausgeht, und auch mit dem Türken aus dem Lebensmittelladen um die Ecke führen sie gern mal ein Pläuschchen. Als ihnen auf einem Elternabend ihrer Kinder eröffnet wird, dass von nun an Türkisch Pflichtfach in der Schule sein wird, sind sie jedoch die ersten, die ihrem Protest Luft machen. [Plop!]

Alfred und Esther stehen Arm in Arm am Strand und schauen sich den Sonnenuntergang an. „Das ist der schönste Urlaub meines Lebens“, schnieft Esther und wischt sich eine Träne aus dem Auge, Alfred kramt verstohlen ein Flens hervor, und beide sind so geblendet, dass sie das gekenterte Flüchtlingsboot übersehen. [Plop!]

Andreas und Erna gehen mit einem guten Gefühl und vollen Tragetaschen aus einem Bio-Supermarkt. Erna greift sogleich in eine dieser Taschen, zieht einen Apfel heraus und gibt ihn Andreas. Der beißt, nachdem er das Fähnchen mit der Aufschrift „Bio-Qualität aus Argentinien“ abgepult hat, herzhaft hinein. [Plop!]

Agnes und Eberhardt gehen zur Ehe-Beratung. Der Therapeut bittet sie, sich gemeinsam auf ein Sofa zu setzten. Den größten Platz zwischen ihnen nimmt dabei der Graben unüberwindbarer Konflikte ein. [Plooo..Moment mal, denkt sich Gott, das könnte doch eigentlich spaßig werden!]
„Also, dann legen Sie mal los. Was ist ihr Problem?“, fragt der Therapeut und flätzt sich dabei gelangweilt in seinen Therapeutensessel.
„Ach, wenn es doch nur ein Problem wäre, Herr Leid, aber es sind ja leider tausende!“, jammert Agnes und rollt verzweifelt mit den Augen.
„ Es beginnt alleine schon damit, dass mein Mann mir nie zuhört...“ „Hä? Was? Aber ich…“ grunzt Eberhardt verdattert, „und dass er mich nie ausreden lässt!“ kreischt Agnes, die dabei puterrot anläuft, während sich Eberhard in seinem Hemdkragen verkriecht.
„Und das Schlimmste ist“, keucht Ages, die ihre Erregung mit Mühe niederkämpft, „dass Eberhardt immer so schweigsam ist! Nie sagt er mal was Nettes. Ich weiß gar nicht“ (und dabei fängt Ages an zu schluchzen) „ was ich ihm eigentlich bedeute!“.
„Soso“, murmelt Herr Leid, der Therapeut, der so tut, als würde er sich wichtige Notizen machen. Dann schiebt er Agnes einen Taschentuchspender zu, blickt zu Eberhardt hinüber, überschlägt seine Beine und sagt: „Eberhardt. Ich glaube, dies ist ein guter Moment, ihrer Frau zu sagen, was Sie eigentlich an ihr gern haben.“
Eberhardts Augen weiten sich, er bekommt einen Schweißausbruch, sieht hilfesuchend aus dem Fenster, dann zum Therapeuten und hebt, nach einem nervösen Gluckser, stotternd an: „Na-na-naja, also, ähm, i-i-ich finde, meine Frau, äh, also d-du, Agnes, ich finde, du siehst einfach t-toll aus!“ „Hmm!“, sagt Herr Leid, der begonnen hat, große und kleine Kreise in sein Notizheft zu malen. Agnes verschränkt die Arme und wendet sich pikiert von ihrem Mann ab.
„Hat Sie das überzeugt, Agnes?“, fragt Herr Leid, ohne den Blick von seinem Notizheft zu wenden. Agnes starrt an die Wand.
„Ich glaube, Eberhardt, Ihre Frau wünscht sich, dass Sie ihr etwas über ihre inneren Werte sagen, über ihren Charakter. Was ist denn, wenn ihre Frau einmal älter wird? Graue Haare und Falten bekommt? Orangenhaut?..“ Agnes wendet ihren Blick von der Wand ab und blickt jetzt entsetzt zu Herrn Leid, der unbeirrt fortfährt. „..Schlechte Zähne? Sauren Achselgeruch? Hängende Brü-“ „ALSO JETZT REICHT`S ABER!“ faucht Agnes mit Schaum vor dem Mund. „V-Verzeihung!“ sagt der Therapeut kleinlaut und wendet sich wieder seinen Kreisen zu.
„Ähm, also, ich finde, Agnes“, wispert Eberhardt und tippt dabei seiner Frau auf die Schulter, „ich finde, du kannst ganz wunderbar deine Meinung zum Ausdruck bringen!“ Eberhardts versöhnlich gemeintes Grinsen wirkt kläglich, Agnes schaut dampfend stur geradeaus und Herr Leid kritzelt leise vor sich hin. Das Ticken der Wanduhr pocht ohrenbetäubend in das peinliche Vakuum hinein.
Gott, der bisher nur zwischen den Zeilen versteckt das Geschehen betrachtet hat, nutzt den Augenblick, um in die Herzen von Agnes und Eberhardt zu sehen. Er muss feststellen, dass dort Chaos herrscht. Angst, Eifersucht und Hass buhlen dabei am lautesten um die Vorherrschaft. Gott seufzt. „Ok, alter Junge, aber nur noch ein allerletztes Mal“, sagt er sich, und mit einem Plop! verschwinden der Lärm und das Chaos und all die bösen Geister. Zurück bleibt nichts als lichte Stille.
Eberhardt und Agnes richten sich ruckartig auf, als wären sie von etwas gestochen worden. Langsam wenden sie sich einander zu. Ein kindliches Lächeln umspielt die Gesichter der beiden. Herr Leid sieht irritiert von seinem Notizheft auf. Stift und Kinnlade fallen ihm herunter, als er Agnes und Eberhardt wild umschlungen in einem einzigen heißen Kuss vereinigt sieht. [Plop!]

Gott, als er erfrischt von seiner Reise zurück ins Paradies kehrt, trifft die Ernüchterung wie ein Blitzschlag. Das Paradies liegt in Schutt und Asche. Verängstigte Tiere rennen panisch durch die Gegend, Bäume brennen, der Boden ist umgepflügt. Adam und Eva haben sich je hinter einem Fels verschanzt und bewerfen sich mit Obst, Steinen und unflätigen Kraftausdrücken.
„Du blöde [piep], du kannst mich mal am [piep] lecken, ich weiß genau, dass du mir meinen MP3-Player geklaut hast. Du kriegst so was von auf die [piep], wenn ich den finde!“brüllt Adam und wirft eine vergammelte Ananas zu Eva.
„Selber [piep]!“, brüllt Eva und schmeißt eine Tomate zurück, „nix hab ich! Du hast mir mein Smartphone geklaut, weil Du [piep] mal wieder deinen Kram verschlampt hast. Du warst schon immer scharf auf mein Handy, du ver- [piep] -ener- [piep] -matz!“
Gott seufzt. „Nein, diesmal nicht“, sagt er sich, „das müssen die schon selbst hinkriegen!“ Und einfach so …[Plop!] … ist er weg.

 

An deiner Stelle, Nikolaides, würde ich diesem Textziegel als allererstes eine ansprechendere Formatierung verpassen:

Gott, als es mal wieder so richtig langweilig im Paradies ist, fragt Adam und Eva: „Spürt ihr ihn nicht, den Krieg?“
Eva schaut bräsig von ihrem Smartphone auf, Adam zieht sich die Kopfhörer von den Ohren und schaut müde zu Eva. Sie kaut weiter auf ihrem Kaugummi, er zuckt mit den Schultern. Sie blicken sich nur vorsichtshalber kurz um, bevor Eva wieder auf ihr Smartphone glotzt und Adam sich die Kopfhörer auf die Ohren pfropft.
„Oh, dass ihr Menschen immer einen brennenden Dornbusch braucht“, knurrt Gott, und mit einem Plop! verschwinden Smartphone und Kopfhörer.
„Und dass ihr allen Ernstes die Abwesenheit von Krieg für Frieden haltet!“, brummt er genervt. „Hab ich mich bei euch Menschen wirklich so geirrt? Den falschen Lehm verwendet, als ich euch formte nach meinem Ebenbild? Ich brauch echt Urlaub! Mal sehen, wie es in den anderen Universen so läuft“, sagt Gott und verschwindet mit einem Plop! in ein Paralleluniversum.
Amadeus und Elfriede leben in einer Neubausiedlung.

usw.


Willkommen hier.

offshore

 

Lieber ernst offshore,

vielen Dank für deinen Hinweis und den Wllkommensgruß! Ich habe nun ersteinmal eine vorsichtige Sinneinheitliche Unterteilung vorgenommen. Meinst du, man könnte noch mehr aufsplitten? Gerade das untere Drittel ist sehr bombastisch..Ich bin mir nicht sicher, ob man nach jeder direkten Rede (+dixit) einen Absatz machen sollte, das könnte sich möglicherweise auch wieder kontraproduktiv auf die Leserlichkeit auswirken..oder?

Nikolaides

 

Hallo Nikolaides,

Zeilenwechsel und Absätze wirken sich keinesfalls negativ auf die Lesbarkeit aus, im Gegenteil. Sie gliedern und strukturieren den Text, bestimmen das Tempo und heben die Lesbarkeit enorm. Ein klotziger Block ist anstrengend zu lesen.

Bei der wörtlichen Rede halte ich es so:
Bei jedem Sprecherwechsel gibt es eine neue Zeile. Wenn der, der spricht hat, etwas tut, womit ich zum Beispiel zeige, wer spricht, ohne jedes Mal ...", sagte xyz. schreiben zu müssen, kommt das - vor oder nach der wörtlichen Rede - in dieselbe Zeile, ansonsten Zeilenwechsel.

Ich hoffe, das ist nachvollziehbar erklärt. Es hilft, sich Dialoge in verschiedenen Büchern durchzulesen und zu schauen, wie andere Autoren das machen.

Vor jedem Szenenwechsel solltest du einen Absatz machen, also eine Leerzeile einfügen. Ebenso bei Perspektivenwechsel, Rückblenden etc.

Ich habe einiges an Zeichensetzungsfehlern u. a. gefunden, wenn du möchtest, suche ich dir alles raus, was mir aufgefallen ist. Ich würde den Text vielleicht auch nochmal gezielt nach Füllwörtern und unnötigen Formulierungen durchgehen, da findet sich auch das eine oder andere.

Die Idee an sich finde ich witzig, die Geschichte ist temporeich geschrieben, einige gemeine kleine Seitenhiebe haben mich zum Schmunzeln gebracht. Wenn du die Fehler korrigierst und großzügig Absätze und Zeilenwechsel verteilst, ist das eine kleine, feine, lustige Geschichte, die einen durchaus zum Nachdenken anregen kann.

Liebe Grüße

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nikolaides,

auch von mir Herzlich Willkommen! Nachdem dir ernst offshore schon einen sehr guten Tipp gegeben hat, den man immer im Hinterkopf behalten sollte, wenn man längere Texte online postet - Absätze machen unheimlich viel aus für die Lesbarkeit - geb ich dir gleich noch einen zweiten. :).
Drei - inzwischen sogar schon vier - Texte an einem Tag zu posten ist nicht empfehlenswert. So schnell kommen wir einfach nicht hinterher mit dem Kommentieren, und wenn du tatsächlich das Glück haben solltest, dass jeder deiner Texte ausgiebig kritisiert wird, dann wirst du selbst wahrscheinlich nicht mehr hinterherkommen mit dem Beantworten der Kommentare und dem Überarbeiten. Geh es langsamer an - wenn ein Text für ein paar Wochen im Forum stand und du ein bisschen Feedback bekommen hast (und im Idealfall auch selbst welches gegeben hast bei anderen Texten), dann ist immer noch Zeit, um den nächsten zu posten.

Jetzt aber zu deiner Geschichte! Vom Ansatz her finde ich die gar nicht schlecht. Die vielen kurzen Einzelszenen durch die inhaltliche Klammer "Gott zappt sich durch Paralleluniversen" zusammenzuhalten, ist eine clevere Idee. Die Umsetzung gefällt mir aber noch nicht so richtig.

Zum einen liegt das an der Art des Humors, die sagt mir nicht so richtig zu. Um es mal sehr zugespitzt zu formulieren: Irgendwie scheint fast jede Pointe in dem Text darauf zu beruhen, dass der Erzähler mit dem Finger auf Menschen zeigt und "haha, guck mal die sind doof" sagt. "Haha, die Leute sind nur noch mit ihren Smartphones beschäftigt", und "Haha, das sind Heuchler" und so.
Und die Gags sind jetzt auch nicht gerade taufrisch. Insbesondere diese Szene, wo Gott ein wenig länger verweilt, mit der Paartherapie. Die Frau jammert, dass der Mann ihr nie etwas Nettes sagt, lässt ihn aber überhaupt nicht zu Wort kommen? Wow, den hab ich ja noch nie gehört. :p
Das mit dem Humor ist natürlich Geschmackssache. Der Text ist flott geschrieben und so, ich denke schon, dass der eine oder andere Leser sich da amüsieren kann.

Ich habe aber noch einen anderen Kritikpunkt. Du hast deinen Text unter anderem unter "Philosophisches" einsortiert. Und in so einem Fall frage ich mich besonders: Worauf möchte die Geschichte hinaus? Was möchte mir der Künstler damit sagen? :)

Gott kritisiert anfangs, dass die Abwesenheit von Krieg als Frieden angesehen wird. Und dann wird er Zeuge von vielen Szenen, in denen Menschen mehr oder weniger unschönes Verhalten an den Tag legen - allerdings zeigt keine der Szenen irgendetwas, was direkt mit Krieg zu tun hätte. Höchstens Konflikte oder persönliche Streitereien.
Ich habe aber das Gefühl, die Geschichte impliziert, das wäre im Grunde alles dasselbe wie Krieg - was Unfug ist. Die Sprache kennt aus gutem Grund unterschiedliche Worte dafür. Ein Ehestreit, ein fauler Kompromiss, oder ein Wegsehen im Angesicht von Elend und Ungerechtigkeit sind alles keine schönen Dinge, aus göttlicher Sicht vielleicht "Sünden". Aber sie sind doch alle meilenweit entfernt vom Töten, Verstümmeln und Zerstören, was der Krieg mit sich bringt, und das auf eine Stufe zu stellen, verharmlost Krieg.
Ich weiß, in der Bibel gibt es eine Stelle, wo Jesus sagt, wer auf einen anderen wütend ist, begeht im Grunde einen Mord, und wer lüsterne Gedanken über jemanden hat, mit dem er nicht verheiratet ist, begeht im Grunde Ehebruch. Aber mal ehrlich: Das ist doch keine vernünftige Grundlage, um menschliches Verhalten angemessen zu beurteilen. Nur weil etwas nicht supertoll ist, ist es noch lange nicht abgrundtief schlecht.

Erst am Schluss, als Gott ins Paradies zurückkehrt, merkt er, dass dort eine Art Krieg ausgebrochen ist - allerdings von ihm selbst verursacht. Und dann sagt er "diesmal mische ich mich nicht ein" und zieht sich zurück. Das impliziert wiederum, dass er in anderen Fällen sehr wohl eingegriffen hat - und das wirft eine dieser ganz alten Fragen auf - warum gibt es dann überhaupt je irgendwo Krieg, wenn Gott sich normalerweise der Sache annimmt?

Ich will damit jetzt nicht sagen: Die Geschichte vertritt einen anderen moralphilosophischen Standpunkt als ich, und deshalb ist sie schlecht. Sondern ich habe beim Lesen das Gefühl gehabt, die Geschichte weiß selber nicht, worauf sie hinauswill. Und das geht bei einem philosophischen Text eigentlich nicht.

Formal würde ich noch sagen, abgesehen von "inhaltlichen" Absätzen, die den Text strukturieren, macht es sich bei Dialogen immer gut, bei jedem Sprecherwechsel einen Absatz einzufügen. Dann kann man besser verfolgen, wer gerade spricht. Das würde ich insbesondere in der Paartherapieszene noch ändern ... und damit ist mir raven schon zuvorgekommen :).

Grüße von Perdita

 

Hallo raven,

vielen Dank für die vielen nützlichen Tips! Ich habe sie so gut es ging umgesetzt. Du hast recht, die Lesbarkeit hat sich sofort verbessert!

Die Arbeit, nach Fehlern zu suchen, möchte ich dir ungern aufbürden, aber danke für das Angebot :)

Dennoch würde mich dein Hinweis zu den Füllwörtern interessieren; wo hast du welche entdeckt? Ich glaubte eigentlich in diesem Text alles Überflüssige ausgelassen zu haben, eben um den Effekt des Tempos und gleichzeitig eines "trockenen Humors" zu erzielen.

Liebe Grüße
Nikolaides

 

Hey Nikolaides,

da du nach Füllwörtern gefragt hast, hier ein paar Beispiele.

Als sie in den Fahrstuhl wollen, müssen sie erst über einen am Boden liegenden Obdachlosen hinweg.
(erst)
Ihr Haus, das exakt so aussieht wie die Nachbarhäuser, ist ganz mit weißen Möbeln eingerichtet.
(ganz)
Sie freuen sich, dass seit einiger Zeit immer mehr Menschen mit ihnen spazieren gehen, es sind nun sogar schon mehrere Zehntausend.
(immer) (nun) (sogar) (schon)

Und hier habe ich noch einen Fehler entdeckt:

Bei Tisch müssen jedoch feststellen, dass man für sie die einzige Kuh des Dorfes geschlachtet hat.
Da muss ein "sie" zwischen "müssen" und "jedoch". Und dann kannst du das "für sie" streichen.

P. Ramone

 

Ui, Jimmy, Danke für den tollen Link!
Nikolaides
Die Geschichte hat durch die Absätze sehr gewonnen. Vielleicht finde ich später Zeit, dir die Kleinigkeiten herauszusuchen, die mir aufgefallen sind.

 

Liebe Perdita,

wahnsinn, was für ein Feedback! Vielen, vielen Dank! Also wenn jeden Tag solch ein Konvolut an Kommentaren unter meinen Texten zu finden ist, hast du vollkommen recht, dann sollte ich mit meinen Posts sparsamer umgehen. Hätte nicht gedacht, dass hier so rege Texte unter die Lupe genommen werden (und so ausführlich...).

Nun also zu deinen Anmerkungen: Am Humor kann ich zumindest bei diesem Text nicht mehr viel machen; das hieße den Text neu schreiben. Aber ich verstehe deine Kritik, dass die Gags nicht gerade "taufrisch" sind. Ich habe mit diesem Text das erste Mal einen humoristischen Versuch unternommen, ansonsten sind meine Kurzgeschichten, wenn überhaupt, eher ironisch. Ich habe hier das erste Mal erprobt, wie man einen Text witzig gestalten kann (was gar nicht so leicht ist), also Pointen explizit gemacht. Mit dem christlichen Gott als Hauptfigur habe ich dann auch absichtlich Situationen und Handlungen ausgesucht, die "moralisierenswert" sind, zumindest von seiner Perspektive aus. Außerdem ging es mir darum, ein gewisses Gutmenschentum zu entlarven. Also habe ich jeweils zwei Menschen genommen, Pendants zu Adam und Eva in Paralleluniversen, die sich zunächst als moralisch korrekte Individuen glauben, dann aber durch eine Situation (oder durch Gott) in ihrer Fehlbarkeit entlarvt werden. Gott, in seiner "Unfehlbarkeit", erträgt das allzu Menschliche nicht und flüchtet jedes Mal in eine andere Welt (was auch ihn auf eine gewisse Weise entlarvt).

Philosophisch ist der Text insofern, als dass er Fragen zur Ethik stellt, die in einem religiös-moralischen Kontext nicht beantwortet werden können (wie du ja selbst bemerkt hast). Es geht um das Moment der menschlichen Schwäche, die sich immer in dem Moment am stärksten offenbart, wenn der Mensch "perfekt" sein will. Gott als Maßstab, die moralische Instanz, betrachtet verschiedene Ausführungen seiner Schöpfung und muss jedes Mal enttäuscht werden. Er hat zwar die Macht, Dinge zu ändern, aber seine Sicht der Dinge ist eben nicht vom Menschen realisierbar, höchstens als Ideal denkbar. Deshalb entschließt er sich zum Schluss auch, als Agens aus der Welt zu entschwinden, um den Menschen das Ruder zu überlassen.

Du hast schon recht, dass "Krieg" und "Kinkerlitzchen des Alltags" ersteinmal sehr weit auseinander stehen und das es sogar gefährlich sein kann, das in einen Topf zu schmeißen. Aber gerade weil die Überschrift etwas verspricht, das so im Text nicht auftaucht, wollte ich mit den verschiedenen Anekdoten das evozieren, was dir mit der Bibelstelle eingefallen ist. In der Geschichte findet man nur private Konflikte, die ja doch darauf hindeuten, dass Krieg möglicherweise auf menschliche Schwächen zurückzuführen ist. Und das Krieg im privaten beginnt. Dies habe ich mit der umspannnenden Handlung andeuten wollen, wo Adam und Eva in einen kriegsähnlichen Zustand geraten, dadurch, dass ihnen Dinge genommen wurden. Gott, dass gebe ich zu, hat in diesem Fall etwas diabolisches an sich, weil er diesen Konflikt heraufbeschwört. Er tritt hier als der alttestamentarische "Prüfer" auf.
Ich stelle mit diesem Text die Frage, was Konflikte heraufbeschwört, die möglicherweise auch im großen, als Kriege, dieselbe Struktur in sich tragen.

Und überhaupt: Sollte ein philosophischer Text nicht besser Fragen aufwerfen, als welche zu beantworten? Ich persönlich finde es nicht schlimm, wenn etwas offen bleibt ;)

 

Hey Perry,

tausend Dank für deine Arbeit! Habe aber nicht alle Füllwörter gestrichen, weil einige Sätze ohne diese nicht funktionieren (behaupte ich jetzt mal). Z.B. der Satz "Ihr Haus ... ist ganz mit weißen Möbeln eingerichtet": dort hat das ganz eine verstärkende Wirkung, die deutlich macht, dass wirklich das ganze Haus vollständigmit weißen Möbeln eingerichtet ist, und nicht etwa nur das Wohnzimmer oder die Küche. Vielleicht sind nicht alle Füllwörter böse:hmm: ...könnte man zur Diskussion stellen:)

 

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