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Krieg im Supermarkt

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11.10.2003
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Krieg im Supermarkt

Krieg Im Supermarkt

Gestern bat mich meine Frau in den Supermarkt zu gehen und ein Pfund Brot sowie eine Tüte Milch zu holen.
Da der Supermarkt gleich um die Ecke liegt, erreichte ich ihn binnen kürzester Zeit. Es war fünf Uhr am späten Nachmittag, als ich den großen Laden betrat. Ich grüßte die Kassiererin mit einem freundlichen Kopfnicken und begab mich ohne Umschweife zu dem Brotregal. Ein junger Mann, den ich noch niemals vorher in unserem Supermarkt gesehen hatte, stand breitbeinig und scheinbar unschlüssig vor meinem Brotregal. Nicht, dass mich das weiter gestört hätte. Nein, nein, es war vielmehr die Art und Weise, in der er vor dem Regal stand. Seine Körperhaltung hatte etwas Gewalttätiges und Provozierendes an sich. Wie hypnotisiert stand er vor den Brottüten. Ab und zu streckte er seine rechte Hand aus, holte ein Brot aus dem Regal, nur um es gleich wieder zurückzulegen. Da ich von Natur aus ein geduldiger Mensch war, wartete ich höflich zehn Sekunden.
„Sie brauchen die Brotscheiben nicht zu zählen junger Mann, es genügt wenn sie das Gewicht, das auf der Tüte aufgedruckt ist, prüfen.“ Das saß. Er zuckte wie unter einem Peitschenhieb zusammen. Dann knurrte er irgend etwas, das sich wie „Scheren sie sich um ihre eigenen Sachen“ anhörte, und vertiefte sich erneut in die Brotlektüre. So war das also. Er suchte Streit.
Na, den sollte er haben. Das wäre ja noch schöner gewesen. Zuerst in mein Territorium eindringen und dann noch beleidigend werden ?
So etwas konnte und durfte ich in meinem Supermarkt nicht dulden. Endlich hatte er gefunden was er suchte. Er nahm die letzen dreißig Tüten Brot, sowie alle einhundert Brötchen und verfrachtete sie in seinen Einkaufswagen. Ungläubig starrte ich auf das jetzt leere Regalfach. Er hatte mir nicht einmal einen Brotkrümel übriggelassen.
Ich versuchte ruhig zu bleiben, aber ohne Erfolg. Panik erfaßte mich. Was, wenn er den gleichen hinterhältigen Trick mit der Milch versuchte? Ich drehte mich auf dem Absatz um und sprintete zum Kühlfach. Meine Befürchtung hatte sich bewahrheitet. Jetzt packte der Kerl die Milchtüten in seinen Einkaufswagen. Ich hätte mir in den Hintern beißen können vor Wut. Das war's, das schlug dem Faß den sooft zitierten Boden aus. Dieser miese Typ hatte mir den Krieg erklärt. Somit mußte er auch die Konsquenzen tragen. Ich rannte zum Eingang zurück und holte mir einen Einkaufswagen. Dann lief ich im Laufschritt zur Getränkeabteilung. Während der Feind noch immer mit den wehrlosen Milchprodukten beschäftigt war, leerte ich rasch das komplette Getränkeregal. Dann wandte ich mich der Schokolade und den Waffeln zu. Ich mußte schnell handeln, wenn ich den Kerl besiegen wollte. Ich nahm mir nicht die Mühe, die Produkte einzeln in den Wagen zu legen. Nein, ich benutzte eine eigens für diesen Notfall von mir erfundene Taktik. Ich stellte den Einkaufswagen direkt unter das betreffende Regal und schob die Ware mit ausgestrecktem Arm in den Wagen. Auf diese Art und Weise hinterließ ich nichts dem Feind. Apropos Feind. Ich schielte zu meinem Todfeind hinüber. Er hatte jetzt zwei volle Einkaufswagen neben sich stehen. Aha, er begann jetzt also schwere Geschütze aufzufahren. Was der kann, kann ich schon lange. Ich entriß einer älteren Dame ihren noch leeren Einkaufswagen. „Der Wagen ist konfisziert, holen sie sich einen anderen!“, schrie ich sie an. Ich sah, wie sie erschreckt zusammenzuckte.
Doch ich konnte keine Rücksicht auf sie nehmen. Hier ging es um mehr als nur um eine alte Dame. Hier ging es um den ganzen Supermarkt, ach was sage ich da, hier ging es um die ganze Nachbarschaft. Denn so wie ich diesen rücksichtslosen Kerl einschätzte, würde er nach der gewalttätigen Übernahme des Supermarktes nicht Halt machen, sondern versuchen sich an unserer Nachbarschaft zu vergreifen. Ich mußte ihm hier und heute die Grenzen aufzeigen. Die Zeit war knapp. Es war kurz vor Ladenschluß. Im Eiltempo und ohne anzuhalten, beförderte ich hunderte von Dosen, Päckchen, Rollen, Tüten, Würstchen, und was mir sonst noch alles in die Hände kam, in den beschlagnahmten Einkaufswagen. Plötzlich sah ich wie der Feind seine beiden Einkaufswagen seelenruhig in Richtung Kasse schob. Dieser plötzlichen Truppenbewegung mußte ich zuvorkommen. Ich hievte den letzten
50 Kg-Kartoffelsack in den Wagen und sprintete was das Zeug hielt mit meinen vier Einkaufswagen auf die Kasse zu. Geschafft. Ich war noch vor ihm an der Kasse. Das Blatt hatte sich verdientermaßen zu meinen Gunsten gewendet. Doch hoppla, was war das?
Mein militärisch geschulter Blick fiel auf die Waren neben dem Band. Mit einem überraschenden Angriff konnte ich noch fünfzig Videokasetten, einhundert Batterien, zwanzig Rasiermesser sowie zweihundert Zigarettenschachteln sicherstellen.
Ich hörte wie der Feind hinter mir resignierend die Luft durch die Nase einsog. Ich hatte gewonnen. Der Krieg war vorbei. Mit seinen zwei mickrigen Einkaufswagen hatte er gegen mich keine Chance gehabt. Überglücklich stellte ich einen Scheck über
5255 Euro und siebzig Cent aus. Der Schaden war verhältnißmäßig klein im Vergleich zu der Gefahr, die dem Supermarkt und der gesamten Nachbarschaft gedroht hatte. Ich fühlte mich als Held, als Retter. Mit stolzer Brust und schadenfreudigem Lächeln steckte ich das Scheckheft wieder ein, als sich die Kassiererin an mich wandte: „Herr Meyer, darf ich ihnen unseren neuen Mitarbeiter vorstellen. Das ist der Herr Schulze.“ Der Feind nickte mir ungeniert zu und streckte mir sogar unverfroren seine Hand entgegen. Seine Unverschämtheit kannte keine Grenzen. Er sprach mich sogar an:
„Wie sie sehen mußten wir leider die ganzen Teigwaren und Milchprodukte heute aussortieren, da das Gesundheitsamt .......“ Den Rest des Satzes hörte ich schon nicht mehr.

Ich wachte erst wieder im Krankenhaus auf. Meine Frau Erna saß besorgt neben meinem Bett.
Wie aus großer Entfernung hörte ich sie fragen: „Liebling, wo sind das Brot und die Milch?“

Goren Albahari

 

Hallo goren_alb!

Die Pointe passt. :D

Deine Geschichte ist unterhaltsam und witzig. Vor allem diese Stellen:

Da ich von Natur aus ein geduldiger Mensch war, wartete ich höflich zehn Sekunden
Doch so lange ... :)
und vertiefte sich erneut in die Brotlektüre
Brotlektüre ... schöner Ausdruck. :)

In der Mitte fand ich die Story etwas übertrieben angesichts der Massen, die dein Protagonist einkauft (aber sind Satiren nicht allgemein übertrieben?) – am Ende, mit dem ich in dieser Weise nicht gerechnet habe, wurde ich dann eines besseren belehrt.

Ein paar versehentliche Absätze sind im Text, wenn du die noch editieren könntest?

Insgesamt gefällt mir deine Kurzgeschichte gut.

Viele Grüße,

Michael :)

 

Hi goren_alb,
auch ich fand deine Geschichte lustig, habe einige Male gelacht. Sie war sehr leicht zu lesen, was ich gut finde. Besonders den letzten Abschnitt fand ich sehr gelungen. Ich hoffe nur, du hast die Geschichte nicht aus deinem Leben gegriffen.
Dein Geldbeutel wäre sicherlich ziemlich sauer auf dich ;-)

mach so weiter (mit dem Schreiben)
bye
Tachauch

 

Hi Goren.

Witzige Geschichte. ;oD
Und doch könntest du meiner Meinung nach mehr aus ihr herausholen. Den Mittelteil empfand ich persönlich als zu übertrieben. Vielleicht willst du das ja noch einmal bearbeiten?

Die Idee jedenfalls ist meiner Meinung nach eine Gelungene.

Liebe Grüße, die Oh

 

Hallo "dieOh" (reimt sich sogar).
Satire ist, wenn eine ganz normale und stinklangweilige
Erzaehlung ganz bewusst uebertrieben und zugespitzt
dargestellt wird, was ja hier eindeutig der Fall ist.

Trotzdem, vielen Dank fuer deine ehrliche Meinung.

MFG

Goren

 

Hallo goren_alb.

Erstens: wie kommst du auf den Namen?
Zweitens: Die Geschichte ist echt scharf. Ich halte mir noch immer den Bauch vor Lachen. Ich sollte aufhören es tut langsam weh.

Holariö

 

Eine solche Geschichte ist gut, wenn man vergisst, sich auf die Pointe zu freuen, ja wenn man vergisst, das es überhaupt noch eine Pointe geben wird... bei mir ist dir das eindeutig gelungen ;-)

 

Hi goren_alb,

Das hat mir sehr gut gefallen.

Eigentlich hat Jadzia Recht, solche Geschichte, die Alltagserlebnisse überspitzen, gibt es wie Sand am Meer, aber deine Sticht deutlich heraus.
Der Titel ist leider unglücklich gewählt, zumindest aus meiner Sicht, denn ich habe sie deshalb lange Zeit links liegen lassen, weil Aldigeschichten wirklich ziemlich ausgelutscht sind. Aber wie gesagt, deine hat mir gut gefallen. Du hast hier nämlich nicht einfach nur alten Klischees der langsamen Kassierer und unfreundlichen Verkäufer und Rentner bemüht, sondern ein wirklich spritzige Geschichte geschrieben.
Die Schilderung des Krieges mit der Steigerung ins Extreme erinnerte mich sehr an Kishon. Die Pointe sitzt wie angegossen und rundet das Ganze hervorragend ab.
Nur die Tatsache, daß dein Prot in Ohnmacht gefallen ist, fand ich nicht so toll (erinnert mit Verlaub ein wenig an die Dick und Doof Filme), aber das stört angesichts der ansonsten gelungenen Geschichte eigentlich überhaupt nicht.

 

Servus,

nochmals ich, der Echna. Diese Geschihte hat mir im Gegensatz zur jener, die ich vorher gelesen hatte ausgezeichnet gefallen. Hehe, der Krieg im Supermarkt, den der Protagonist selkbstverständlich als "sein Revier" betrachtet. Köstlich.

Stilistisch ist diese hier auch viel stimmiger als die Adriageschichte. Hier paßt alles so zusammen, gut dosiert, keine überstrapazierten Klischees, der alltägliche Kleinkrieg im Grätzel (wie iwr hier in Wien die Nachbarschaft nennen).

Ich hab stellenweise wirklich lachen müssen. Das Ende war meiner Meinung nach nicht zu übertrieben, denn nach so einer Rechnung...

Dies hier war's echt wert, gelesen zu werden.

liebe Grüße aus Wien

Echna


Deine Geschichten, vor allem diese hier, erinnern mich an Kishon, wirklich!

 

Hallo goren alb,

leider empfinde ich die Geschichte ganz anders, als meine Vorredner.
Eine Satire übertreibt- stimmt, doch um einen besonderen gesellschaftlichen Zustand oder Charakterzug durch Verzerrung bewußt zu machen, anzuklagen.
Der Prot. verteidigt `seinen´ Supermarkt. Ist das ein gesellschaftliches Problem, dass wir unseren Besitz verteidigen, oder zu besitzen glauben, was uns nicht gehört?
Die Steigerung des grotesken Verhaltens besteht auch nur darin, dass der Prot. seine Handlung wiederholt, ziemlich langweilig (die Szene mit der Oma ist eine kleine Abwechslung), außerdem könnte er ja noch ein Roggenbrot finden, wenn nur Weizen aussortiert wird.
Man ahnt schon, dass das Verhalten des Einkäufers nicht nur unsinnig an sich, sondern auch unnötig ist, hier gibt es auch keine Überraschung. Was will der Supermarktmitarbeiter eigendlich mit den Waren an der Kasse?
Deine Geschichte setzt sich schon von anderen Supermarktgeschichten ab, weil die Thematik anders ist. Aber die Freude darüber macht den Text für mich nicht interessanter.

Noch einige Änderungsvorschläge:

Bei „Supermarkt lag“ - liegt.
Nein, Nein- Nein, nein.
Die Sache mit dem Boden des Fasses klingt ziemlich überstrapaziert, vielleicht sollte dies so sein.

Tja, im Moment kann ich halt nur so kommentieren...

LG,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo Woltochinon,

zunächst einmal vielen Dank für deine ehrliche Meinung.
Es ist auch ganz normal, dass verschiedene Menschen
verschieden empfinden.

Ich wollte mit meiner Geschichte eigentlich gar keine gesellschaftlichen Zustände oder irgendwelche Charakterzüge anklagen. Ich wollte nur das Verhalten
eines bestimmten Supermarktbesuchers, in diesem Falle Herr Meyer's Verhalten,wenn auch etwas überspitzt, zu Papier bringen. Außerdem ist der Mensch -und zu dieser Sorte zählen auch Supermarktbesucher -ob man es wahrhaben will oder nicht, von Natur aus sehr besitzergreifend. Diese Tatsache jedoch stellt nur dann ein gesellschaftliches Problem dar, wenn sie sich auf die Gesellschaft schädlich oder sonst auf irgend eine Weise negativ auswirkt.....
Natürlich hätte er auch Roggenbrot kaufen können.
Aber er hätte auch genauso gut Knäckebrot, Pitas oder
was weiß ich auch kaufen können. Er hätte sogar zum Bäcker gehen können. Man darf in so einer Geschichte nicht nach der Logik suchen.
Was der Supermarktmitarbeiter mit den Waren an der Kasse will? Vielleicht befindet sich in diesem Supermarkt das Lager hinter der Kasse oder neben dem Eingang ? Wer weiß ?
Ich wollte mit dieser Geschichte die Leute nicht zum Nachdenken anregen, sondern zum Lachen bringen.
Bei dir ist mir das leider nicht gelungen.
Ich hoffe dieses Missgeschick mit einer meiner nächsten Geschichten wieder ausbügeln zu können.

Bis dahin,

LG

Goren

 

Hallo goren,

danke für Deine Rückmeldung. Dir ist kein "Mißgeschick" passiert, ich habe das Ganze wohl einfach nur ernster (in Richtung) Satire genommen. Immerhin hast Du einige Leser zum Lachen gebracht, habe nichts dagegen, das nächste Mal bei den Lachern dabei zu sein...

Alles Gute,

tschüß... Woltochinon

 

Hallo goren,

Die Pointe am Schluss saß wirklich. Nur am Anfang war ich nicht so begeistert. Die ersten Sätze wirkten auf mich sogar langweilig, weil nichts wirklich lustiges passierte. Spannend fand ich es ab dem Moment, wo er mit seinem Feind zu sprechen begann

Grüße
Bernhard

 

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