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Krankenhaus

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21.11.2019
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Anmerkungen zum Text

musikalische Inspiration: Suga (BTS) - Seesaw

Krankenhaus

Da war ein Haus in mir drin. Es versprach mir Heilung. Ich lebte darin. Es hatte nur ein paar Zimmer. Am Anfang ging ich in alle hinein, sah mir alles an, sah Staub Schicht um Schicht alles unter sich bedecken, sah den tropfenden Wasserhahn, sah den Schmutz im Wasser, die kaputten Schränke, das vermoderte Holz, doch kein Werkzeug. Ich sah die Federn in der Matratze und die löchrige Decke auf ihr.
Darauf zu liegen, konnte nicht bequem sein.
Darunter zu liegen, konnte nicht warm sein.
Doch das Haus versprach mir Heilung.
So schlimm konnte es nicht sein.
Schlimmer als das Nichts konnte nichts sein.
Also legte ich mich auf die Matratze, unter die Decke,
lag da tagein, tagaus, in den Tag hinein.
So unbequem war es gar nicht.
So kalt fühlte es sich nicht an.
Sonnenstrahlen drangen durch die kaputten Lamellen, waren die einzige Licht- und Wärmequelle. Das Licht versprach Trost, wollte mich rauslocken, doch waren es nicht leere Versprechungen? War es nicht die Welt da draußen gewesen, die mich hier hineingescheucht hatte? Manchmal drangen Geräusche durch eine zerbrochene Ecke der Fensterscheibe. Manchmal glaubte ich sie wiederzuerkennen, manchmal klangen sie völlig fremd. Irgendwann erkannte ich einen Rhythmus, irgendwann spürte ich ein Flattern in der Brust, irgendwann hörte ich die Melodie und dann die Worte, die sie sprach. Viele Stimmen hatten zu mir gesprochen, viele Male hörte ich auf sie und genauso oft hörten sie irgendwann auf zu reden, bis alle verstummten. Ich hatte ihnen vertraut, an sie geglaubt und auf sie gebaut, doch jedes Mal wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich fiel und als ich landete, stand ich vor diesem Krankenhaus, das Heilung versprach.
Doch diesmal war es anders. Diesmal redete die Stimme eine andere Sprache, diesmal lockte sie nicht, diesmal bewegte sie etwas in mir ohne zu versprechen, diesmal redete sie mit mir, statt zu mir, diesmal sagt sie: „Ich mache dasselbe durch wie du, trotzdem stehe ich hier. Du kriegst das auch hin. Trau dich.“
Irgendwann stand ich auf und ergriff die rostige Klinke, öffnete die Tür und ging hinaus. Noch bevor die Tür ins Schloss fallen konnte, hörte ich wie das morsche Holz leidvoll knarzte. Das Haus ächzte, das Geräusch schwill an, grölte und donnerte hinter mir wie eine Warnung nicht wiederzukehren. Es schepperte gewaltig, die Laute brausten auf, ließen den Boden erzittern und mich losrennen. Ich blickte über die Schulter und sah die Wände wie bei einem Kartenhaus zusammenbrechen.
Die Stimme trieb mich weg von dort, sang immer lauter und lauter, ließ mich rennen, immer weiter und weiter. Ich erkannte das Ziel nicht, wusste nicht wohin, ließ mich einfach nur leiten, bis ich mich irgendwann umdrehte und das kranke Haus nicht mehr sah. Stattdessen sah ich viele andere, die denselben Weg gingen, die laut sangen, in derselben Sprache und wusste, ich ging diesen Weg nie allein.

 

Hallo @LynnAi ,

und herzlich wiikommen bei den Wortkriegern.

Normalerweise mache ich einen großen Bogen um philosophische Texte. Aber da du auch "Gesellschaft" getagt hast und hier neu bist und sicher auf deinen ersten Kommentar wartest (und der Text relativ kurz ist :)... )

Da war ein Haus in mir drin. Es versprach mir Heilung.
Der Anfang ist gut, macht neugierig. Besser fände ich es aber, wenn der der Titel "Krankenhaus" nicht wäre, verrät dieser ja schon, was du mit der Umschreibung meinst. :shy:
Vielleicht wäre ein Titel wie "Das Haus in mir" passender?

das fehlende Werkzeug.
Auch nach mehrmaligem Lesen wusste ich nicht, was du damit meinst.

hier hinein gescheucht hatte
hineingescheucht

ein flattern
ein Flattern

und wusste, ich ging diesen Weg nie allein.
Mit "nie allein" verstehe ich, dass das Ich diese Erfahrung mehrmals gemacht hat. Ist das so gemeint?

Auf jeden Fall ein Text, der verschiedene Deutungen erlaubt.

Wünsche dir viel Spaß hier beim Lesen, Kommentieren und Posten.

Liebe Grüße, GoMusic

 

@LynnAi

Dein Text öffnet eine Metapher, die leider sehr verschwommen erscheint. Metaphorische Texte die viele Deutungen zulassen, sagen im Endeffekt nichts aus und stellen sich dadurch auch quer, wenn man sich analytisch damit befasst. Wie soll ich etwas kritisch betrachten, wenn ich nicht weiß, was es ist?
Eine mögliche Deutung: Grundsätzlich entsteht bei mir der Eindruck geschwurbelter Eso-Plattitüden. Da zieht sich jemand in sein Innerstes zurück, weil er von der Welt enttäuscht wurde, findet nach einer Zeit der Besinnung die Kraft und neuen Mut in die Welt zurückzukehren. Diese Kraft zieht er aus der Erkenntnis, dass es nicht alleine leidet. Aber wessen Stimmen vernimmt er denn n seinem Inneren?
Mir, dem Lesenden, gibt das leider gar nichts; weder neue Fragen noch Erkenntnisse.

Nichtsdestotrotz: Willkommen hier im Forum!

Schönen Gruß!
Kellerkind

 

Hallo @GoMusic,

vielen Dank für das erste Feedback.

Tatsächlich bin ich mir bei dem Titel sehr unsicher.
Ich wollte damit auf das Wortspiel "krankes Haus" deuten, um so den Realisierungsprozess des Ichs hervorzuheben. Aber danke für den Vorschlag :)

Mit dem "fehlenden Werkzeug" am Ende der Aufzählung aller kaputten, reperaturbedürftigen Sachen im Zimmer, ging ich davon aus, dass es sich von alleine ergibt.
Sollte ich das vielleicht doch betonen?

Mit "nie allein" war gemeint, dass das Ich realisiert, dass es diesen Weg nie allein ging, sich aber erst jetzt darüber bewusst wird. Das Gefühl alleine zu sein mit seinen Problemen ist ein typisches Symptom für Depression.

Ich muss mich noch zurecht finden auf dieser Plattform, aber das kommt bestimmt noch.

 

@Kellerkind

Danke für das Feedback, auch wenn es etwas hart rüberkommt.

Die Geschichte ist darauf ausgelegt, dass jeder Leser es für sich so deutet wie auch immer es ihm beliebt. Es soll zum Nachdenken und Interpretieren einladen.
Die Erkenntnis liegt darin, dass das lyrische Ich 1. das angebliche Krankenhaus als krankes Haus anerkennt und 2. realisiert, dass es in der Welt nicht nur verständnislose Menschen gibt - es schöpft Hoffnung durch die Musik, die zu ihm/ihr spricht.
Wenn du also lieber Geschichten liest, die eindeutig sind, ohne viel Interpretationsfreiheit,
dann konntest du leider nur enttäuscht werden.
Daher ergibt sich für mich daraus, dass es womöglich nur in der Kategorie "Sonstiges" besser aufgehoben ist.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo LynnAi,

ich habe beim Lesen etwas mehr Einsicht in die Lebensumstände der Protagonistin vermisst, weil die Geschichte etwas schemenhaft wirkt. Die Protagonistin zieht sich in sich selbst zurück, in ein abgewracktes Krankenhaus, und etwas in ihr (eine Stimme) verspricht ihr sie in diesem Haus zu heilen. Mit dem Haus sollen wohl die Selbstheilungskräfte personifiziert werden, die ohne Hilfe von außen allerdings unvollkommen sind.

Was mich ein bißchen stört, sind die kurzen Sätze am Anfang. Man könnte zwei Sätze zusammenfassen: Da war ein Haus in mir, das mir Heilung versprach. Es fasste nur ein paar Zimmer. Ich lebte darin.

Am Anfang ging ich in alle hinein, sah mir alles an, sah Staub Schicht um Schicht alles unter sich bedecken, sah den tropfenden Wasserhahn, sah den Schmutz im Wasser, die kaputten Schränke, das vermoderte Holz, das fehlende Werkzeug. Ich sah die Federn in der Matratze und die löchrige Decke auf ihr.
Sie sieht das fehlende Werkzeug. Das ist nicht möglich. Du könntest schreiben: Das Werkzeug fehlte im Haus. oder vergeblich suchte ich nach dem Werkzeug. Statt Ich sah ... wiederholend zu verwenden, würde ich beschreiben, was in dem Haus alles nicht funktioniert. Z.B. die Schranktüren fielen fast aus den Scharnieren so locker waren sie. und: In der Spüle stand noch schmutziges Geschirr unter Wasser.

Manchmal glaubte ich sie wiederzuerkennen, manchmal klangen sie völlig fremd. Irgendwann erkannte ich einen Rhythmus, irgendwann spürte ich ein Flattern in der Brust, irgendwann hörte ich die Melodie und dann die Worte, die sie sprach. Viele Stimmen hatten zu mir gesprochen, viele Male hörte ich auf sie und genauso oft hörten sie irgendwann auf zu reden, bis alle verstummten. Ich hatte ihnen vertraut, an sie geglaubt und auf sie gebaut, doch jedes Mal wurde mir der Boden unter den Füßen weggerissen. Ich fiel und als ich landete, stand ich vor diesem Krankenhaus, das Heilung versprach.
Doch diesmal war es anders. Diesmal redete die Stimme eine andere Sprache, diesmal lockte sie nicht, diesmal bewegte sie etwas in mir ohne zu versprechen, diesmal redete sie mit mir, statt zu mir, diesmal sagt sie: „Ich mache dasselbe durch wie du, trotzdem stehe ich hier. Du kriegst das auch hin. Trau dich.“

Ein bißchen kommt deine Geschichte schemenhaft daher. Es würde sich lohnen, z.B. den Dialog, den die Protagonistin hat, zu erweitern. Zu schreiben, was die Stimmen sagen oder singen, damit klar wird, was so verführerisch an ihnen ist. Die Stimmen, die du beschreibst, sind das nur Stimmen von innen, oder kommen die von außen, also aus der Lebenswelt der Protagonistin?

Stattdessen sah ich viele andere, die denselben Weg gingen, die laut sangen, in derselben Sprache und wusste, ich ging diesen Weg nie allein.

Viele gehen diesen Weg miteinander. Welchen Weg gehen sie miteinander? Es stimmt schon, in der Kürze liegt die Würze aber hier wäre es interessant, wenn du das Gleichnis durchbrichst und aus dem Leben der Protagonistin erzählst, um einen Gegensatz zu ihrem Innenleben zu schaffen. Z.B. die Geschichte in der Form eines Traums schreiben aus dem sie erwacht.

Viele Grüße,

Emina

 

@Emina

Vielen Dank für das Feedback.
Ich denke, ich verstehe jetzt, was von einer Kurzgeschichte erwartet wird.
Du hast da einige interessante Aspekte erwähnt, doch da ich viele davon gar nicht beabsichtigt habe miteinzubringen, scheint mein Text doch nicht so richtig in die Sparte "Kurzgeschichte" zu gehören, d. h. es sind doch mehr Elemente aus dem Überbegriff "Prosa" vorhanden.
Aber um genau solche Erkenntnisse ging es mir schließlich, als ich mich hier angemeldet habe, also danke dafür. :)
Ich denke, ich nehme die Geschichte nicht von der Plattform runter, es sei denn ich werde darum gebeten.

 

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