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Kraft durch Arbeit

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24.04.2003
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Kraft durch Arbeit

Wenn du mir ein ´sehr gut` nach Hause bringst, darfst du dir den Film mit deinem Bruder morgen ansehen.

Ich war acht Jahre alt, als mein Vater sein Motivationsprogramm bei mir startete.

Wenn du vor Mitternacht zurück bist, bekommst du von mir eine Konzertkarte geschenkt.

Ich war dreizehn Jahre alt, als die Sache zunehmends interessanter wurde.

Kümmere dich heute Nachmittag um die Hecke im Garten und erledige den Haushaltsputz, dann sind Mama und ich am Wochenende nicht da und bekommen nichts davon mit, wenn du vorhaben solltest, vielleicht ein paar Freunde zum Feiern hierher einzuladen.

Ich war siebzehn, als meine Selbständigkeit langsam aber sicher beunruhigende Formen annahm.

Ich habe deine Blicke gesehen. Mach die verdammte Abschlussprüfung und du kannst die neue Haushälterin durchvögeln, bis sie nicht mehr weiss, ob Warschau im Osten oder Westen liegt. No Limits auf ewig. Ich regel das für dich.

Ich war fünfundzwanzig, aufgewachsen in einem der wohlhabendsten Elternhäuser der Stadt und Paradebeispiel einer heuchlerischen Elite-Gesellschaft, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Welt in tiefe Finsternis zu stürzen; aber bitte mit Stil und geschütteltem Martini im Diamantglas.
Mein Schwanz war hart wie Blei und meine Noten zogen den Durchschnitt eines kompletten Semesters hoch auf Wolke sieben.

Überprüfe noch das Produktdesign und terminiere das endgültige Meeting auf Dienstag. Wir haben noch immer keine vorab Pläne aus der Konstruktion. Regel das mit Zürich und tritt denen in den Arsch, bis die Rosette den Goldzahn verschluckt. Ich will Ergebnisse. Wenn ich zurück aus London bin, bringe ich ordentlich was zum wegschnupfen mit, aber nur, wenn du jetzt endlich mal ein wenig Herzblut zeigst, mein Sohn.

Ich bin vierunddreißig Jahre alt und beobachte Nachts gebannt das Firmament. Welch eine Fehlbetitelung, der Ewigkeit den Namen von Korruption und Arroganz zu verleihen; respektive dieser urgewaltigen Schönheit ihre Macht zu rauben, in dem sich der Zusammenschluss machthungriger Sklaventreiber formschön ´Firma` nennt.
Der Konzern verlangt nach seinem Dschinn. Multi-Nationale Aktionäre reiben mit zittrigen Händen über die Wunderlampe einer dritten Welt und befördern Dämonen wie mich in ein fahles Rampenlicht.
Wir versprechen den Menschen einen Traum von Globalisierung und ertränken sie gleichzeitig im Blau eines Himmels, dem wir aus gezwungener Gesetzgebung heraus eine Gnadenfrist erteilen, bloß um ihn anschließend innerhalb ökologischer Rahmenbedingungen häppchenweise in die USA zu verkaufen.
Wenn jemals etwas göttliches in mir gewesen ist, dann haben es die Tabletten und das Koks neutralisiert. Ich bin kein böser Mensch; ich bin angepasst. Der größte Clou des Teufels und so weiter. Standard Reinigung des Gewissens mit Spenden, deren weiterer Weg nicht zu meinen Problemen zählt. Eine geschlossene Fabrik ist maximale Gewinnausschöpfung, die Entlassung von Mitarbeiten nur harmlose Geschäftsprozessoptimierung. Kern- und Hilfsprozess. Wörter; sich auflösende Aspirin-Tabletten in einem Glas Wasser. Benchmarking zur Verbesserung innerbetrieblicher Abläufe; das Erlangen eines Öko-Audits; bloß kalte Begriffe. Diese Denkweise macht es einem leichter, nicht durchzudrehen. Ich will gar nicht wissen, wieviele Menschen aufgrund meiner Entscheidungsgewalt schon verhungern mussten. Sie sind Statistik. Jede Sekunde verendet eine bestimmte Anzahl unglücklich situierter Individuen. Sie fallen vom Sekundenzeiger einer gnadenlos tickernden Uhr mit präziser Mechanik und landen auf dem Boden der unabänderbaren Tatsachen. Umfrage- und Normwerte. Es ist leichter zu ertragen, wenn man die einstürzenden Twin-Tower als tragisches Ereignis sieht. Der Einzug der wahren Realität diesseits der Grenzen von westlicher Sentimentalität.
In meiner Jugend sah ich pralle Brüste und runde Hüften. Gut riechendes Fleisch, übergossen von Tränen des Ekels. Weiss Gott, ich nahm sie mir, alle Frauen die um ihre Existenz fürchteten; mir ihre Dienste zukommen ließen, um ihren Eltern weiterhin gutes Vorbild zu sein, wo auch immer diese dahin vegetieren mochten.
Die Tentakel des Konzerns erwürgen den Globus. Raus ins All, zu den Sternen...zu den Sternen!

"Warte noch kurz, Vater!"
Da ist es, sein verschmitztes Lächeln.
"Ja?", raunt er.
"Ich habe ein paar Gäste eingeladen. Ein Bankett, ganz für dich allein sozusagen."
"Was soll der Scheiss? Hast du was eingeworfen? Du weisst, ich habe Verpflichtungen!"
Und wie du die hast, Scheisskerl!
Ich pfeife einen hellen Ton und sie kommen herein, die hungrigen Mäuler; Nutznießer unserer glorreichen Firmenphilosophie. Unter ihnen ist die schöne Tochter des Stammeshäuptlings.

"Wenn du jetzt sofort eine Überweisung in Höhe sämtlicher von dir getätigter Privatentnahmen in Richtung einer kleinen Stadt in Süd-Afrika veranlasst, kannst du sie bumsen. Ich sehe doch deine Blicke und ich weiss, wie verrückt du nach dunkelhäutigen Mösen bist."
"Bist du total durchgeknallt, du Arschloch? Was machen all die Nigger hier?"
"Tsts...aber Vater. Du weisst doch, Erfolg durch Motivation. Logge dich auf deinem Bankkonto ein."
Zu meinem Erstaunen bringe ich ihn schneller zur Vernunft, als angenommen.
Er hat Angst, ja, aber er sieht das Ganze auch als eine Art Prüfung. Ich habe seine Herausforderungen stets bestanden und er will dem nicht nachstehen.
Im Anschluss eines wirklich beachtlichen Geldtransfers, zieht er sich mit der leibhaftigen Wucht von einer Frau in sein Schlafgemach zurück.
Die restliche Sippschaft steht dumm im Raum herum und starrt mich an. Ich will ja ein guter Mensch sein; allein daher habe ich sie extra mit meiner Privatmaschine hierher einfliegen lassen. Sie wirken so unterentwickelt auf mich und plötzlich sehe ich in ihnen nicht mehr als Zahlen und Statistiken. Nutzlose Auswertungen. Ich werde wütend, greife nach dem besten und härtesten, was ich auf die Schnelle finden kann und buche sie ad absurdum.
Anschließend geselle ich mich zu meinem Vater und seinem Vergnügungsobjekt. Sie ist Soll, er ist Haben. Beide Bestandteil einer beachtlichen Schlussbilanz. Das schwarze Fleisch fließt als Mehrung auf mein Gewinn- und Verlustkonto, der alte Greiss kommt auf erledigte Verbindlichkeiten, schließlich genießt er sein Honorar bereits.
Nachdem wir fertig sind, reden wir kaum miteinander.

"Du hast die anderen nicht totgeschlagen, oder?"
"Keine Klagen, sie sind bloß ausgenockt."

Er überlegt kurz und schaut mich dann an.

"Das ist gut mein Sohn, das ist gut."

 

Schon wieder ein off-topic-Posting in dieser Rubrik...
Aber gut, wenn ich es schon mal gelesen habe, will ich meinen Senf dazugeben:
Der Text mit offenbar sozialkritischem Anspruch beschreibt ein Arschloch, das wohl von seinem Vater dazu erzogen wurde. Das ganze Szenario ist etwas skurril und entbehrt nicht einer unfreiwilligen Komik.

Sehr interessant fand ich allerdings vom Stilisischen her das Sinnieren des Prot. über den Sternenhimmel und die ganzen Vergleiche mit Dämonen und Wunderlampen.

r

 

Hi Schatzi, (du erinnerst dich?) :D

mit Offtopic meint Relysium wohl, daß dein Text nicht so recht in das Horror/Grusel Schema passt ... was auch stimmt. Nunja, man kann darüber streiten, was Horror ist und was nicht. Ich denke dabei an den neuesten KG-Band von King, in dem auch mindestens drei Storys ohne Monster, Übersinnliches oder Grusel enthalten waren.

Ich predige immer: zu Horror gehört Spannung, leider leider finde ich diese aber nicht in deinem neuen Text. Du hast dich m.M. nach schon wieder in zuviel "Geschwafel" verloren, philosophischer Weltschmerz verpackt in überladenen Sätzen. (Für mich) ein Rückschritt zu deiner letzten Voodoo-Geschichte.

Waren deine übrigen Storys meist zu abgedreht und schwer nachvollziehbar, so überraschst du diesmal den Leser in keinster Weise. Der Plot ist von Anfang an durchschaubar, keine Pointe, keine Entwicklung deines Prots. Ich rechnete eigentlich damit, daß er "aufwacht" und seinem Vater alles heimzahlt.

Ich wiederhole mich nur ungern, aber nochmal hab ich folgende Theorie: du hast kleine Ideen, vielleicht ein paar Charaktere im Kopf und machst daraus sofort eine Geschichte. Die Löcher in deinem Ideenfilter sind m.M. nach etwas zu groß, da flutscht zuviel durch, was besser noch ein wenig vor sich hin brüten sollte bzw. nie das Licht der Welt erblicken sollte.

Wenn ich persönlich zu jeder kleinen Idee eine Geschichte schreiben würde, müsste ich täglich 24 Stunden am Stück schreiben, um sie alle abzubauen. Deshalb sortiere ich aus: Ideen die wirklich nicht mehr sind, als kleine Anekdoten wandern in den geistigen Müll oder werden in einer anderen (längeren!) Story wiederverwertet.

Sorry, das ich (wiedermal) sagen muss, daß mir die Geschichte wenig gefallen hat. Es wirkt einfach wie ein unfertiges Fragment. Keine Spannung, kein Grusel, kein interessanter Plot. :-(

Ich hoffe, du willst jetzt nicht die Scheidung :D

Viele Grüße aus dem verschneiten Straubing

Mike

 

Aber wie Relysium bereits bemerkte, ist das Sinnieren des Prot wuchtvoll, geschliffen und literarisch.

DER Teil hat mich schwer beeindruckt, und einige Formulierungen sind nicht unfreiwillig, sonder tatsächlich, komisch...bzw von beissendem Sarkasmus.

Immer schön weiter, mein Guter.

 
Zuletzt bearbeitet:

Jo, aber schöne Formulierungen sollten auch in einer guten, spannenden Geschichte verpackt sein, sonst ist das Teil keine Geschichte ... sondern nur ein Wust aus teils netten Metaphern. So seh ich es zumindest, lasse mich aber gern eines Besseren belehren.

 

Holla Sombreros!

@relysium

Okay, schon irgendwie off-topic. Zuerst spielte ich mit dem Gedanken, unter Gesellschaft zu posten, was allerdings auch nicht so günstig gewesen wäre, da die Situation ja völlig überzeichnet und bizzar rüberkommt; sprich: in der Realität schwer vorstellbar ist. Welcher Top-Manager lässt schon die Bewohner irgendeines Dorfes in Süd-Afrika rüberfliegen, um seinem Vater eins auszuwischen? Obwohl...andererseits.
An Horror dachte ich insofern, als das der Prot. danach strebt ein besserer Mensch zu sein, es aber einfach nicht kann, weil er es nie gelernt hat und sich wieder in "Bestechung" flüchtet (Vater gibt die Überweisung auf) und dann schließlich am Ende in seiner Absicht völlig umkippt, die Leute niederschlägt, um sich dann ebenfalls im Schlafzimmer zu vergnügen. Ich wollte damit eine bedrückende Atmosphäre schaffen, die aber wohl scheinbar nicht rübergekommen ist.
Es freut mich aber, das du dich von meinen Geschichten mittlerweile nicht mehr abwendest; daher werde ich als nächstes wohl auch mal wieder was "richtiges", "klassisches" schreiben. Habe ich ohnehin Lust drauf.

@Mike

Irgendwie bin ich schon davon ausgegangen, das dir der kurze Text nicht gefällt, da ich deinen Geschmack ja recht gut kenne. Es ist allerdings nicht so, das ich wirklich JEDE Idee, die ich habe, auch niederschreibe. Ich stehe auf Stories, in denen kranke Menschen die Hauptrolle spielen, vor denen sich der Leser ekelt und versucht ist, sich in ihre Gedankenwelt hineinzuversetzen. Dabei steht die eigentlich Handlung oft im Hintergrund; das gebe ich zu. Schreiben ist bei mir stark stimmungsabhängig. Manchmal bemühe ich mich um einen "normalen" Stil, dann wieder um die etwas abgehobenere Sprache. Als nächstes folgt wieder eine Story, die auf dem Boden der Tatsachen bleibt, versprochen :D

...,bzw. nie das Licht der Welt erblicken sollte.

Wars denn wirklich so schlimm?

Ansonsten bin ich natürlich immer sehr für deine ausführlichen und ehrlichen Meinungen dankbar. Man merkt immer, wieviel Mühe du dir beim kommentieren gibst und das ist keine Selbstverständlichkeit.

P.S. Die Scheidungspapiere sind unterwegs :D

@Jack

Guten Tag!
Freut mich, wenn dich der Mittelteil beeindruckt hat. Lob von einem so talentierten und vorallem direkten Autor zu bekommen, tut immer gut :)

Euch allen nochmals Danke fürs Lesen und kommentieren!

Bis dahin

Beste Grüße

Cerberus

 

Hi Cerb,

aahh: jetzt hab ich es kapiert: einmal abgehoben, dann wieder normaler Stil. Dann les ich zukünftig nur noch jede zweite Story (also die normalen). ;-)

Nö, so schlimm war es nicht, aber ich weiß halt, daß du es besser kannst, deswegen bin ich ein klein wenig frustriert. Macht auf mich immer den Eindruck, als würdest du permanent mit gezogener Handbremse fahren. Ich hoffe immer auf einen Augenblick, in dem du die Kontrollampe der Bremse im Display siehst und dann voll durchstartest. Deshalb hat dein Fahrlehrer Mike auch immer so viel zu meckern.

Die Scheidungspapiere sind unterwegs

Gut das wir einen Ehevertrag haben :D

Gruß
Mike

 

Hallo cerberus!

Du wirst furchtbar lachen, mir hat die Story gefallen! (ich hab mir auch mächtig Mühe gegeben:D )

Ich habe versucht, alles zu kapieren (und dazu 'ne Menge Sätze zweimal gelesen), ich habe versucht zu verstehen, was du sagen willst (ich denke, ansatzweise ist mir das gelungen), und ich habe versucht nicht allzu enttäuscht zu sein, wenn die Geschichte hinter den Formulierungen eine ziemlich dünne ist.

Mir hat das Bild gut gefallen, das mit den Ureinwohnern in der Luxussuite und das Quasiopfer, das sie darbringen. Und dann die Umkehrung, das Gemetzel.

OK, kann nicht sagen, ganz nach meinem Geschmack, aber auf gutem Weg dahin.

Auf zum nächsten!

Viele Grüße von hier!

 

Hallo nochmal!

@Mike

Das liegt daran, das ich dummerweise immer noch keinen Führerschein habe (die liebe Faulheit) und es einfach nicht besser weiss :)

@Hanniball

Ehrlich gesagt musste ich tatsächlich grinsen, da ich von dir tatsächlich einen Verriss erwartet hatte.
Umso mehr freut es mich natürlich, das dir die Story wider erwarten gefallen hat.

Viele Grüße

Cerberus

 

Ich find's gar nicht Off-Topic. Manch einer meint ja das sein Ding GENAU soundso auszusehen hat. Sicherlich ist die geschichte nicht so richig gruselig. Allerdings finde ich sie recht makaber, was eigentlich nur hier richtig aufgehoben sein sollte. Die Geschichte würde anderswo noch viel deplazierter wirken glaube ich.

naja, ich find die Geschichte unkonventionell gut.

greetz Jay

 

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