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Kookaburra, oder der lachende Hans
Kookaburra, oder der lachende Hans.
Heiß brannte die Sonne auf seinen sehnigen Körper herab.
Dicke Schweißtropfen perlten von seiner Stirne, verfingen sich an seinen Augenbrauen, rannen an seiner Nase entlang, um mit einem fast schon eleganten, unhörbaren „ plopp“ den Absprung auf die ausgetrocknete, rote Erde zu wagen.
Helmut stützte sich mit einem Seufzer auf den Stil der Spitzhacke und wischte sich mit einer fahrigen Bewegung den Schweiß von der Stirne. Wochenlang schon kämpfte er mit der Maccia, den tief verflochtenen Wurzeln und den Steinen, die immer dort zu liegen schienen, wo er sie am wenigsten brauchen konnte.
„Ach ja“ seufzte er aus tiefstem Inneren, bückte sich nach der im Schatten eines großen Steines stehenden Wasserflasche und nahm drei tiefe, durstige Züge.
Als er sie in den Schatten des großen Steines zurückstellte, bemerkte er aus dem Augenwinkel rechts neben sich eine winzige Bewegung.
Er war nicht alleine. Den ganzen Morgen schon hatte er das Gefühl gehabt, dass er beobachtet wurde. Er schaute in das sattgrün belaubte Dickicht, welches er sich zu roden vorgenommen hatte.
Da sah er ihn sitzen.
Die neugierigen, aufmerksamen Äuglein blitzten ihm spöttisch entgegen.
Er betrachtete den kleinen Kerl näher, immer bemüht, ihn nicht zu erschrecken, jetzt, wo sich eine Blickverbindung zwischen ihnen aufgebaut hatte.
Sein Köpfchen war kräftig, ohne jedoch plump zu wirken. Er hatte auf der Stirne eine schöne Zeichnung verschiedenster Brauntöne, die sich in Federrichtung in seinen Nacken zog. Sein ebenfalls kräftiger Schnabel war an der Oberseite von einem fast metallisch blauschwarz schimmernden Farbton, der durch die Blendendweiße Schnabelunterseite noch hervorgehoben wurde. Die Brustfedern waren hingegen von einer feinen grauen Maserung gezeichnet, welche ihn entfernt an das Fell einer Hauskatze erinnerte. Die Flügel boten ein abwechslungsreiches Farbspiel verschiedenster Blautöne, die ins türkisfarbene variierten. Der Schwanz hingegen hatte kräftig leuchtende Brauntöne, die sich mit satt schillerndem Schwarz abwechselten. Ein an sich nicht weiter auffälliges Kerlchen, aber bei näherer Betrachtung... fast so, als habe ihm der kleine Kerl seine Einwilligung gegeben, spannte Helmut seine Muskeln an, streckte sich langsam und begann bedächtig erneut Wurzelgeflecht und Steine aus dem Hang herauszuhacken.
Es war Abend geworden.
Helmut saß auf der Terrasse, ein kühles Millers in der Hand und besah sich sein Tagewerk, welches sich teilweise durch den warmen Schein der Petroleumlampe erhellt, in der Tiefe der australischen Nacht verlor.
Plötzlich lachte es dort im Dunklen.
Wieder wurde ihm bewusst, dass er dieses Lachen schon öfter gehört hatte.
Es klang ein wenig spöttisch, so, als wollte der, welcher da lachte, seine mühevolle Arbeit kommentieren.
Helmut starrte aufmerksam ins Dunkel der Nacht.
Dann auf einmal flatterte der kleine Kerl vom Nachmittag in den Lichtkreis der Lampe und blieb etwa drei Armlängen von ihm entfernt auf einer großen Wurzel sitzen. Er wippte anmutig mit den Schwanzfedern, ruckte kurz mit dem Hals und... lachte.
Helmut begann zu grinsen.
Das also war der Lohn seines Tagewerks.
Er hatte Steine umgebettet, die hier schon wer weiß wie lange genau so gelegen hatten, hatte versucht, dem Land, welches zwar für eine kurze Lebensspanne sein eigen zu sein schien, aber letztlich doch nur sich selbst gehörte ein neues Angesicht zu geben, und alles was sein Lohn dafür zu sein schien, war ein Lachen am Ende des Tages.
Helmut begann ebenfalls zu lachen.
Denn auch an diesem Abend würde seine Arbeit genau ein Lachen wert sein.
Die Augen des kleinen Kerls blitzen ihm ironisch entgegen.
So saßen sie dort und lachten.
„ Hätte man morgens gelacht, man hätte sich einiges an Mühsal sparen können“ dachte er und prostete dem kleinen Kerl zu.
Dieser nickte noch einmal zum Abschied, und flog davon.
Am nächsten Morgen saß der kleine Kerl wieder in seiner Nähe.
Helmut lächelte froh zu ihm hinüber und bedankte sich innerlich für diese Lektion.
Denn auch an diesem Abend würde sein Tagewerk genau ein Lachen wert sein.