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- 05.06.2008
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Konsequenzen
Hallo. Mein Name ist Sigmund Sack.
Sie werden jetzt bestimmt lachen, kichern oder zumindest schmunzeln. Aber stellen Sie sich mal meine Kindheit vor. Nein, die war nicht witzig. Das... das wir sie wirklich nicht. Stellen SIe sich einen kleinen Jungen in der Grundschule vor, okay? Mit diesem absurden Vornamen und dem mehr als zweideutigen Nachnamen. Haben Sie auch nur die geringste Vorstellung wie man sich da fühlt? Ich denke nicht. Wissen Sie, in den ersten Wochen, als ich eingeschult wurde, da konnte ich noch drüber lachen. Aber nach einem Monat hasst man die Schule immer mehr. Und... und nach zwei Monaten... da wird jeder Tag zur Hölle. Man frisst die Wut, die Verachtung, den Hass immer weiter in sich hinein. Ich hörte Stimmen im Schlaf, die mich auslachten. Wachte schweißgebadet auf.
Eines Mittwochs in der Schule, während Kunst. Wir sollten einfach irgendwas malen - solche Aufgaben bekommt man in der 1. Klasse ja noch. Und... ich malte ganz viele Kreise bzw. Löcher. Sie sollten das tiefe Loch meines Lebens darstellen. Ziemlich tiefgründig für einen sechsjährigen, nicht wahr? Nun, in jedem Fall ging unsere Lehrerin durch die Klasse und begutachtete alle Bilder. Bei mir blieb sie stehen, sah sich die Kreise an und meinte:
"Na Sigmund, machst du deinen Nachnamen zu Bildern?"
Alle haben gelacht und mit dem Finger auf mich gezeigt. Und... da ging es einfach mit mir durch. Ich stand auf, guckte an meiner Lehrerin hoch und schlug ihr mitten ins Gesicht. So hart ich konnte. Sie wissen gar nicht wie gut das tat. Sie blutete, hielt sich den Mund und spuckte anschließend auf den Boden. Alle sahen mich an.
Nach kurzem Durchatmen packte sie mich am Arm und zerrte mich ins Büro des Direktors. Der rieg natürlich meine Eltern an und forderte mich, als sie da waren, auf, meine "Version" der Geschichte zu erzählen. Als ich fertig war guckten mich alle drei, der Direktor, mein Vater und meine Mutter meine Lehrerin an. Die schüttelte nur den Kopf und meinte, ich hätte mir das alles ausgedacht. Und wem wurde Glauben geschenkt? Diesem... diesem Biest natürlich.
Ich wurde für einen Monat suspendiert. Die Lehrerin wechselte die Schule. Aber ich sag' Ihnen: Das war der tollste Monat meines Lebens. Als ich dann wieder in die Schule "durfte", wurd es nur noch schlimmer. Ich wurde rumgeschubst und diesen ganzen superlustigen Aktionen. Und... und eines Abends hab ich mir eingebildet unser kleiner Hund, ein brauner Terrier, würde mich auslachen. Also bin ich raus, in den Schuppen von meinem Vater, hab eine Axt geholt und bin wieder rein. Er... Er hat weitergelacht. Ehrlich, ich hab ihn angefleht, dass er aufhören soll. Aber er hat einfach weitergelacht. Erst wollte ich wieder zurück, aber das Lachen wurde immer lauter. Also hab ich mich umgedreht... die Axt gehoben und bin schreiend auf diesen kleinen Scheißkerl los. HÖR AUF! HALT DEIN VERDAMMTES MAUL!... AHHHH!! STIRB!... STIRB!... STIRB! STIRB! STIIIIIIRB!!!
Entschuldigen Sie bitte.
Das Ausmaß dieses kleinen Wutausbruches realisierte ich erst kurz danach. Meine weiße Schlafanzugjacke war rotgefärbt. Der Schrank war mit Blutspritzern übersät. An der Lampe an meiner Wand hinen einige Hundefetzen und bluteten meine Hausschuhe voll. Ich hab den kleinen Terrier im ganzen Zimmer verteilt, überall war Blut. Das meiste Fleisch lag vor meiner Zimmertür in einer größeren Blutlache.
Dann kamen meine Eltern hinein. Meine Mutter drehte sich bei dem Anblick zur Seite und erbrach sich knapp neben der Blutlache. Mein Vater fragte was ich getan habe. Aber ich war zu fasziniert davon, wie sich die Mischung aus Hühnersuppe, Erdbeerjoghurt und Magenschleim mit dem Hundeblut zu einer ekligen, braunen Flüssigkeit verband, als dass ich eine Antwort hätte geben können.
Die haben mich doch tatsächlich in eine psychiatrische Anstalt gesteckt. Für 20 Jahre... 20 lange Jahre. Nur... ich hab nicht vergessen was mir angetan wurde, nein das hab' ich nicht. Und ich bin auch kein Zwerg mehr. Ich bin gewachsen, viel gewachsen. Es gab dort zwar keine Messbänder oder sowas, aber ich war deutlich größer als alle anderen. Jetzt macht sich keiner mehr über mich lustig. Und... und wissen Sie was ich jetzt tun werde? Ich werde alle finden die mich ausgelacht haben, die mich rumgeschubst haben und werde sie davon überzeugen, dass sie falsch gehandelt haben. Bei meinem Terrier hat es schließlich auch geklappt.