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Konrad Pfeffer - der knallharte Privatdetektiv
Konrad Pfeffers Digital-Armbanduhr zeigte gerade 17:30, als er gemütlich in der „Abendpost“ schmökerte. Plötzlich sprang er wie elektrisiert auf. Ein fett umrahmtes Kleininserat setzte ihn unter Hochspannung!
„DBI – Detektivbüro Iris sucht Beamte für den Außendienst. Guter Verdienst – auch nebenberuflich. Spesenersatz. Tel. 71-71-007.“
„Mein Traumberuf“, murmelte Pfeffer. Er dachte an die lähmende Eintönigkeit im Büro, sein überzogenes Konto, den längst versprochenen Pelz für Gattin Irene…
Aus einer verstaubten Schachtel im Abstellraum kramte er seine alte Meerschaumpfeife heraus. Kalt rauchend – seine Frau Irene mochte Tabakrauch gar nicht leiden – sah er sich bereits auf Verfolgungsjagd: Rauschgiftschmuggler, Diamantendiebe, Superagenten, Mafiagangster – und Conny Pepper, der knallharte Privatdetektiv…
Mutigen Schrittes stapfte er zum Telefon. 71-71-007.
„Di-Bi-Ai“, meldete sich eine schnatternde Stimme.
„Hier Pepper. Konrad. Ist die Stelle als 007…, äh, ich meine als Außenbeamter im Dienst noch frei?“
„Hmm - ja, ich glaube, einen Agenten könnten wir noch brauchen… Unser Büro ist in der Irisgasse 7. Und bringen Sie zwei Passfotos mit, für den Detektivausweis.“
„Ich komme“, rief Pfeffer begeistert und legte die Pfeife auf die Telefongabel.
Strömender Regen auf der Fahrt zur Irisgasse. Doch schon 20 Minuten später stand Konrad Pfeffer vor der Tür im Erdgeschoss, an der ein Kartonschild mit der Aufschrift „DBI“ geheftet war. Ein kleiner, dicker Mann mit ebensolcher Hornbrille auf der Nasenspitze öffnete.
„Zacko, Einsatzleiter vom Dienst“, stellte sich der Detektivonkel mit einem verschwitzten Händedruck vor. Sie gelangten in ein miefiges Zimmer ohne Fenster. Ein Schreibpult, ein Telefon, einige Holzkisten, sonst kein Mobiliar im Lagerraum-Detektivbüro.
„Ich muss mich gleich für die Unordnung entschuldigen“, bedauerte Zacko. „Wir bauen gerade um, eine Etage höher entsteht unser neues Büro. Funkzentrale, Steckbriefarchiv, natürlich voll computerisiert – sollte eigentlich alles schon fertig sein…“
Zacko hockte sich auf eine Holzkiste. „Haben Sie Ihre Fotos dabei? Können Sie Ihren ersten Fall übernehmen?“
Über die Brille blickend prüfte der Einsatzleiter die ihm gereichten Automaten-Passbilder. „Kommen Sie Samstag, 9 Uhr, wieder. Ja, noch etwas: Für Ihr Funkgerät und die Kamera müssen wir eine Kaution von, äh, 700 Alpendollar verlangen. Ist aber gut das Fünffache wert! Das Funkgerät hat 100 Kilometer Reichweite, und das auch aus einem Betonkeller! Und die Kamera? Fotografiert auch in stockfinsterer Nacht ohne Blitz. Vollautomatisch natürlich…“
Konrad nickte tief beeindruckt. Schon traumwandelte er in den Regen hinaus.
Samstag, 8:10. Konrad Pfeffer, abenteuerlustig die Pfeife zwischen die Zähne geklemmt, schaut vom Wohnzimmer aus in die seit Tagen regennasse Sumpfgasse. Neben ihm auf dem Schreibtisch türmen sich Kriminalromanhefte, seine neue Fachliteratur. Vorsichtshalber hat er seiner Irene das geplante Detektivabenteuer gleich ganz verschwiegen. Top secret. Erst wenn sein erster, souverän gelöster Fall Aufsehen in Presse, Rundfunk und TV erregt, würde sich sein Geheimnis lüften…
Noch ein prüfender Blick in den Vorzimmerspiegel: Detektivkappe, Pfeife, karierte Jacke – alles passt vorzüglich. Und los geht’s. Auf den Zehenspitzen bei der Tür ’raus, um die noch schlafende Gattin nicht zu wecken…
9:01. Irisgasse 7. Einsatzleiter Zacko überreicht Konrad Pfeffer fast feierlich ein kleines, relativ einfach aussehendes Handfunkgerät mit einer gurkengrünen Gummi-Funkantenne, eine schwarze Kunststoffkamera, hochempfindlichen Film – den er gleich etwas umständlich einlegt – und den ersehnten Detektivausweis.
Agent Conny Pepper revanchiert sich mit seinem Geldkuvert, das Zacko peinlich genau auf dessen Inhalt prüft.
Einstweilen blinzelt Pfeffer durch den Sucher im Fotoapparat. Im Fadenkreuz sieht er Zacko in voller Leibesfülle… Klick! Unabsichtlich hat er auf den Auslöser gedrückt.
„Wir haben leider nicht viel Zeit“, knurrt Zacko jetzt leicht nervös. Er zeigt dem Detektiv-Greenhorn ein Steckbrieffoto, auf dem ein etwas vierkantiger Männerkopf mit einem halbgeschlossenen Augenlid zu erkennen ist.
„Prägen Sie sich dieses Gesicht gut ein. Das ist Otto Weinrich, ein Ost-West-Spion, den Sie beschatten sollen. Fahren Sie ins Café ‚Zur Lerche‘, Blumentalgasse 3. Weinrich müsste dort bald aufkreuzen. Noch etwas: Geben Sie mittels Funkgerät um 21 Uhr Ihren momentanen Standort durch. Sie erhalten dann von uns neue Instruktionen. Falls Sie keine Antwort hören, es wird alles elektronisch aufgezeichnet. Viel Glück, Kollege“, verabschiedet sich der Detektiv-Einsatzleiter Zacko.
Pfeffer geht wie auf Wolken schwebend und sichtlich erleichtert aus dem Büro in sein erstes Detektivabenteuer. Würde nicht die Kamera vor seiner Brust baumeln und die grüne Funkantenne aus der Brusttasche seiner leicht zerknitterten Nick-Knatterton-Jacke ragen, er würde glauben, alles nur geträumt zu haben.
9:32. Blumentalgasse 3. Konrad Pfeffer betritt vorsichtigen Schrittes das Café „Zur Lerche“ und sucht sich einen Ecktisch aus, von dem das Lokal gut zu übersehen ist. Allerdings ist er nicht der einzige Gast der Lerche. Vier andere Männer verschiedenen Alters – die ihrer Kleidung nach ebenfalls Detektive sein könnten – verstecken sich zum Teil hinter großformatigen Zeitungen. Pfeffer erkennt aber aus den Augenwinkeln nach und nach, dass der zu beschattende Agent Weinrich nicht unter ihnen ist. Er bestellt eine Zitrolimo und sucht eine Tageszeitung, findet aber nur ein Kleinformat, in das er mit dem Finger ein daumendickes Loch bohrt. Unbeobachtet beobachtet er durch den Ausguck das weitere Geschehen im Lokal.
Die Minuten werden bald zu Stunden. Die anderen Caféhausbesucher sind aber ebenfalls noch anwesend und sitzen wie Schaufensterpuppen hinter ihren Zeitungen. Pfeffer hat schon die vierte Limo und zwei diesmal tabakgefüllte Pfeifen hinter sich, als ein Mann in schwarzem Ledermantel mit aufgestelltem Kragen das Lokal betritt. Sofort drehen sich alle Zeitungsleser in seine Richtung. Der Neuangekommene zieht weder den Mantel aus noch setzt er sich. Unschwer ist zu erkennen, dass er ein etwas vierkantiges Gesicht hat. Und ein halbgeschlossenes Auge!
Plötzlich beginnt der Neue mit betonter Stimme zu sprechen: „Meine Herren, mein Name ist Inspektor Weinrich. Ich bin von der Polizei!“
Er zückt eine Legitimation, die dem Detektivausweis Pfeffers ähnelt. Über den Zeitungen tauchen langsam Köpfe und Gesichter auf. Auch Konrad Pfeffer schließt seinen Papierparavent.
„Wir haben von anonymer Seite erfahren, dass ein gewisser Detektiveinsatzleiter Zacko alias Adalbert Schmidt unter dem Vorwand, Leiter eines Detektivbüros zu sein, über Zeitungsinserate Privatdetektive anwirbt und ihnen minderwertige Funkgeräte und Kameras teuer verkauft. Nach zwei, drei Tagen ist der Betrüger dann verschwunden. Wenn Sie diesem Kerl auf den Leim gegangen sind, ersuche ich Sie, mir Kameras und Funkgeräte auszuhändigen. Sie müssen auf Fingerabdrücke untersucht werden. Und falls Sie zur Aufklärung dieses Falles beitragen können, ist eine Belohnung ausgesetzt!“
Konrad Pfeffer kann es nicht fassen. Er – und einem Betrüger aufgesessen? Was wird da seine Frau Irene sagen? Belohnung? Er wird Spott und Hohn ernten!
‚Doch halt!‘ Pfeffer erinnert sich daran, dass er den betrügerischen Einsatzleiter doch fotografiert hat. Zwar unabsichtlich, aber wer weiß das schon!
„Das habe ich mir… gleich gedacht…“, sagt Pfeffer etwas zögernd zum Polizeiinspektor. Um dann gleich aus sich herauszuwachsen. „Darum habe ich diesen Zacko auch fotografiert. Könnte Ihnen das Foto helfen, den Gauner hinter Gitter zu bringen?“
„Wenn das so ist“, sagt Inspektor Weinrich mit plötzlich heiterer Stimme, „dann ist Ihnen die Belohnung von 1000 Euro so gut wie sicher! Ist sonst noch jemand hier, der eine Anzeige erstatten möchte?“
„Ich!“, melden sich die anderen vier Gäste fast unisono. Und sie werfen Konrad Pfeffer bewundernde Blicke zu, dem es gelungen ist, den falschen Einsatzleiter zu entlarven!
„Ich darf Sie dann um die Geräte bitten“, sagt Weinrich höflich und holt aus der Manteltasche einen zusammengefalteten gelben Plastiksack, den er kräftig ausbeutelt. „Sie bekommen natürlich eine Quittung dafür…“
Als alle Beweisstücke in dem Polizei-Plastikmüllsack verschwunden sind, salutiert der Polizist, wobei er sich versehentlich mit dem kleinen Finger ins halbgeschlossene Auge sticht.
„Au… auf bald, meine Herren. Montag – 8 Uhr – Kommissariat Rosengasse. Dort bekommen Sie dann auch Ihre Quittung… Ich danke, dass Sie mich so kräftig bei der Aufklärung dieses Falles unterstützt haben!“ Der Mann im schwarzen Ledermantel verschwindet unauffällig. Zwinkert aber noch vor dem Gehen dem Kellner mit seinem halbgeschlossenen Auge zu…
Agent Conny Pepper, jetzt in Jubelstimmung, bezahlt die Rechnung, auch die seiner „Kollegen“ – und bedauert zutiefst, dass sein erstes Detektivabenteuer schon wieder dem Ende zu geht…