- Beitritt
- 01.05.2009
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Konflikt oder nicht?
Unter Asterix Ratekrimi bzw. nachfolgend per PN kam eine sehr interessante Diskussion auf, die ich mit seiner Zustimmung mal an euch weitergeben möchte:
Was genau ist eigentlich ein literarischer Konflikt vs. ein Prot, der sich nur in einer dummen Lage befindet?
Z.B.: Ist ein Mord (aus Sicht des Täters oder Opfers), eine Ermittlung, Entfuehrung ... etc pp bereits in sich ein Konflikt im literarischen Sinne, wenn es nur eine reine Handlungsablauf-Beschreibung ist? Oder muss die Erzählung - KG, Novelle - noch etwas zulegen, damit die Szene, der Plot, einen echten Konflikt aufweist?
Ich denke, und das hab ich erst nach einem Jahr gruebeln ueber einige Eintagsfliegen-Horrortexte hier gelernt, dass die genannten Beispiele eben keine Konflikte im literarischen Sinne sind, sondern eine (unangenehme) Situation, in der sich der Prot befindet. Literarisch gesehen erstmal neutral.
Vergleich: Viele reale (Serien)Mörder sehen den Mord nicht als ein Problem, sondern meinen durch ihre Störung, dass er diese löst. Eine KG, die einen Mörder nimmt, der einfach nur mordet, als simple Handlungsbeschreibung, hat keinen Konflikt, wenn nicht etwas in dem Prot ausgelöst wird, was ihn in einen inneren oder äusseren Konflikt stuerzt.
Oder: Es gibt viele kleine Texte, in denen jemand im Keller gefangengehalten und umgebracht wird. Das wird einfach so runtererzählt. Ich denke: Sterben ist an sich kein literarischer Konflikt mit einer Funktion in einer Erzählung. Es ist eine verdammt blöde Situation. Es wird erst zu einem Konflikt, wenn wir etwas aus der Psychologie/Innenleben des Mörders oder des Opfers erfahren, das vllt Schuld, verquere Lust mit einem verdrängten Hintergrund oder Vergleichbares dazubekommen.
Und ein Ermittler hat keinen Konflikt nur weil er ebendiese zu leiten hat, sondern einen etwas schwierigen Job zu machen.
Am auffälligsten gelöst wurde das in Se7en: Der Film ist deshalb so grandios, weil der Mörder erstmal meint, kein Problem zu haben. Er funktioniert in seinem Schema wunderbar, konfliktfrei. Die beiden Ermittler dagegen bestehen aus nichts anderem als Konflikten. Der eine hat anger management Probleme und Minderwertigkeitskomplexe, was seine Bildung betrifft. Der andere ist soweit desillusioniert, dass er eh bereits kaputt ist. Der Film läuft - auf 'literarischer' Ebene - beinahe ausschliesslich ueber die jeweiligen inneren Konflikte der Ermittler, und die äusseren, die durch ihr Aufeinandertreffen, die Zusammenarbeit hochkochen. Dass Morde passieren, ist nur der Hintergrund, vor dem sich diese Konflikte spannend erzählen lassen - aber sie erhöhen nur den Druck und sind viel weniger ein erzählerischer Konflikt.
Wie löst oder wie lest ihr das?