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Konfirmation

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24.08.2003
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Konfirmation

Die Konfirmation ist ein wichtiger Tag im Leben eines Jugendlichen. Auch, wenn sie heute nicht mehr denselben Stellenwert hat wie früher, ist sie mehr oder weniger der Übergang ins Erwachsenenleben.
Ich erinnere mich noch an meine eigene Konfirmation. Sie scheint mir Ewigkeiten her zu sein.
Ich stand damals vor dem Altar, erinnerte mich an die Hand des Pastors auf meinem Haar, das frisch gewaschen in der Sonne schimmert wie poliertes Mahagoni.
Das neue Kostüm saß eng, ich wusste, dass ich gut aussah, damals. Ein Lederstreifen zog sich über seine Vorderseite, der Blazer war tailliert geschnitten. Heute passt es mir nicht mehr, obwohl ich seit damals nicht viel gewachsen bin - körperlich.
Nach dem Gottesdienst nahmen die anderen Konfirmanden und ich die Glückwünsche unserer Familien entgegen. Im strahlenden Sonnenlicht vor der Kirche, zwischen deren weißen Mauersteinen kleine gelbe Blumen wuchsen.
Jetzt seien wir Erwachsene, bekräftigt in unserem Glauben an Gott und das Gute im Menschen bestärkt und gefestigt.

Aber ich fühlte mich nicht besonders bestärkt und gefestigt. Den Konfirmandenunterricht habe ich abgesessen wie eine lästige Pflichtübung, immer den neuen Computer vor Augen. Damals träumte ich von vierstelligen Hertzzahlen, während der Pastor versuchte, mir Träume vom Weltfrieden einzuhauchen. Ich träumte davon, endlich Counterstrike spielen zu können, während der Pastor sagte, ich solle meinen Nächsten lieben wie mich selbst.

Nach dem Händeschütteln ging es in den Pastoratsgarten, wo wir vor der kitschig blühenden Magnolie Fotos machten, die uns für immer an diesen großen Tag erinnern sollten. Wenn ich mir die Fotos ansehe, sehe ich ein Kind, das in die Kamera strahlt, sich auf die Geschenke und das Geld und den neuen PC freut. Nach den Gruppen- und Einzelfotos ging es ab nach Hause, mit der ganzen Konfirmationsgesellschaft, wo im Wohnzimmer die Geschenke bereits aufgestapelt waren und ein kleiner Haufen von Briefumschlägen auf dem kleinen Beistelltisch nur auf mich wartete.
Nach der stolzen Zählung kam ich auf fast 4000 DM. Der neue PC nahm vor meinen Augen bereits Gestalt an, ein glänzendes weißes Gehäuse mit zwei CD-Rom-Laufwerken und einem Diskettenlaufwerk.

Ich hatte viele Geschenke bekommen, und mein großer Bruder mixte Drinks. Eine Sektflasche nach der anderen wurde geöffnet, und immer wieder wurde darauf angestoßen, dass ich jetzt im Kreis der Erwachsenen Mitglied geworden sei. Mein bester Freund, der ein wenig neidisch in der Ecke stand, trank zusammen mit meinen kleinen Brüdern Kindersekt.
Ich hielt eine Rede, dann gab es Essen, ein geliefertes Menü. Meine Eltern hatten sogar daran gedacht, eine Hilfskraft für die Küche anzuheuern, die fleißig Gläser spülte.

Gegen Abend wurde die Stimmung beschwipster und ausgelassener. Mein Onkel drohte, mich mit Hilfe einer Flasche voll Whiskey unter den Tisch zu befördern. Mein Vater hinderte ihn daran, und die beiden begannen eine freundschaftliche Knufferei.
Irgendwann wollten die ersten Gäste gehen. Ich stand in der Ecke, zuzzelte an meinem Barcadi-Osaft und sah ihnen hinterher, in der rechten Tasche meines Blazers das beruhigende Gewicht von 2765 DM und 55 Pfennigen, die gegen meine Hüfte schlugen, wenn ich mich bewegte.

Auch als alle, sogar die hartnäckigsten, Gäste verschwunden waren, das Wohnzimmer aussah wie ein Schlachtfeld, die arme Katze sich das vergossene Bier aus dem Fell geleckt hatte, die Topfpflanzen die Zigarrettenasche als Dünger beigemischt bekommen hatten und mein Bruder sich einen Splitter eines zerbrochenen Glases aus dem Fuß gezogen hatte, fühlte ich mich kein bisschen erwachsen.

Ich fühlte mich nur beschwippst und ziemlich müde.

 
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Hallo Vita

Da ich ein absoluter Newbe bin, lass ich das stillistische Bewerten und den ganzen Rest mal die Großen machen.

Aber:
Ich hatte dieses Jahr erst Konfirmation und ich finde der Text trifft es ziehmlich genau. Ich fühlte mich auch nicht besonders erwachsen. Auch den neidischen Blick kann ich gut nachvollziehen...

Matze;)

 

Die ersten Sätze

Die Konfirmation ist ein wichtiger Tag im Leben eines Jugndlichen. Auch, wenn sie heute nicht mehr denselben Stellenwert hat wie früher, ist sie mehr oder weniger der Übergang ins Erwachsenenleben.
Ich erinnere mich noch an meine eigene Konfirmation...
verstehe ich im Zusammenhang mit dem Schluss, den du aus der Geschichte ziehst, eigentlich nicht. Wenn du nur den ersten Satz hättest stehen lassen, würde er für mich ironisch klingen, aber so.. Du könntest den zweiten Satz streichen oder den ersten umschreiben, etwa wie "Die Konfirmation ist ein wichtiger Tag im Leben eines Jugendlichen, der Übergang ins Erwachsenenleben.". Ist aber mehr eine Kleinigkeit.
Je weiter ich gelesen habe, desto besser hat dein Text mir übrigens gefallen. Den letzten Absatz finde ich sehr, sehr gut.
Dass deine Protagonistin reiche Eltern haben muss, ist mir aufgefallen. ;-) Und eins noch - warum hat sie 55 Pfennige in der Tasche? Eigentlich kriegt man doch immer Scheine oder jedenfalls "gerade" Beträge ;)

 

Hmm, das war Ironie der Protagonistin, die in der Rückschau auf ihre eigene Konfirmation zurücksieht. Vielen Dank übrigens... Und das mit den "Jugndlichen" hab ich korrigiert, hah, ihr habt es nicht gemerkt ;)

Und warum sie 55 Pfennige in der Tasche hat? Keine Ahnung, vielleicht hat sie sich ja Eis gekauft? :p
Ich habe gern ein Element in meiner Geschichte wo der Leser dann denkt: "hääääh?" Ansonsten komm ich mir so normal vor *grins*

Danke für eure Kritiken, ich freue mich immer über Lob. Wenn das mit dem zweiten Satz noch mehr Leute zu bekritteln haben, werde ich das irgendwie ändern, damit die Ironie besser rüberkommt. Aber mal sehen.

Vita

 

Hach, wie sehr spricht mir da jemand aus der Seele...auch wenn ich katholisch bin und dementsprechend Kommunion hatte.
Ich bezweifle ernsthaft das es auch nur einen Menschen auf dieser Erde gibt, der, und es ist denk ich egal welchen religiösen Weg dieser Mensch hinter sich hat, sich bei diesen ganzen Feiern, die den Glauben erneuern sollen, nur deswegen in diesen schicken Anzug zwängt, weil er damit einen Schritt näher zu Gott kommt.
WIr katholiken sind sogar noch heuchlerischer=) Wir machen das gleich zweimal. Die "Erst" Kommunion, bei der 10 jährige Kinder das erste mal den Leib Christi und nebenbei schicke 1000DM empfangen, und die Frimung, die zwar nur ein wesentlich kleineres Fest ist, aber Geschenke gabs trotzdem.
Ich weiß nicht ob jemand von euch den Film Dogma gesehen hat (Matt Damon Ben Affleck). Aber da fällt ein Satz der nur zu sehr der Wahrheit entspricht.
"Vergleicht man den Glauben mit einem Glas, so ist das Glas wenn man klein ist leicht zu füllen. Je älter und Größer man wird, umso schwerer wird es den Leeren Anteil aufzufüllen."
Er ist nicht wortwörtlich aber das ist der Sinn der hinter der Aussage steckt...
Ist denke ich sehr richtig. Mir hat die Geschichte somit rundum gefallen. Noch heute sehe ich mich mit meiner Kommunion Kerze in der Hand vor der Kirche stehe. Ich habe viele Dinge gemacht: Mit meiner Kerze gefochten, Krichenlieder umgedichtet und geträllert oder die Mädchen geärtgert, aber an Gott habe ich nicht gedacht.
Hups die Antwort ist ez aber lang...Naja ein Thema über das ich mich gerne Auslasse=)
Verzeiht es mir=)
Gruß Simon

 
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Hallo vita!
Jahaa! Das ruft Erinnerungen wach. So ungefähr war es bei mir auch, außer das Alkohol für mich verboten war (hach, wie erwachsen!)
Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen, da ich denke das es wirklich heutzutage so ist, dass man sich ausschließlich, außer Ausnahmen natürlich, auf die Moneten und Geschenke freut.

Ich stand damals vor dem Altar, erinnerte mich an die Hand des Pastors auf meinem Haar

(...Altar, die Hand des Pastors auf meinem Haar...)
Weil du dich, glaube ich, nicht vor dem Altar dran erinnerst sondern der Pastor dir währendessen die Hand auflegt :)

das frisch gewaschen in der Sonne schimmert wie poliertes Mahagoni

(schimmerte)

Guten Rutsch!

LG Joker

 

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