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Komische Kamele
Komische Kamele
Die Wüstenkarawane setzte sich langsam wieder in Bewegung. Ein Kamel hinter dem anderen, schwer beladen mit Beuteln und Säcken, schleppte sich durch den heißen Sand. Kai verdrehte seine Augen, gähnte einmal laut und unüberhörbar und zog dann seinem Vordermann, oder besser gesagt Vorderkamel Ali am Fell. Irgendetwas musste er einfach tun, sonst wäre er vor Langeweile umgekippt. Das ewige Wüsten durchqueren und Sandberge besteigen war ja so etwas von öde. Den lieben langen Tag passierte nichts, absolut gar nichts. Vielleicht würde Kai sich nach dieser Tour einen anderen Job suchen. Einen bei dem man viel erlebte, viel Spaß und vor allem nette Kollegen hatte. Diese schläfrige Kamelbande mit der er herumzog brachte ihn noch zur Verzweiflung. Den ganzen Tag machten sie nichts anderes, als stumm durch die Wüste zu trampeln und in die eintönige Landschaft zu glotzen. Kai seufzte und schnitt Ali, der sich trotz Fellgezupfe nicht herumdrehte, eine Grimasse.
„Boh sind die langweilig!“, murmelte er, als er plötzlich von hinten ein leises Kichern hörte. Schnell schaute er sich um und sah hinter sich ein kleines, irgendwie hässlich aussehendes, dickes Kamel, das erst in der letzten Oase zu seiner Gruppe gestoßen war. Auf die viel zu große Schnauze schielend, grinste es, wackelte mit den Ohren und rief Kai zu:
„Ganz schön lahmer Haufen, was?“
Dann kicherte es, dass seine Höcker wackelten.
Es ging einen Schritt schneller, um neben Kai herlaufen zu können und stellte sich vor:
„Ich bin Kondor!“
Kai lächelte. Dieser hässliche Typ schien irgendwie witzig zu sein. Er verriet ihm seinen Namen und reichte Kondor freundschaftlich die Vorderhufe. Dann beschlossen beide, sich den Weg durch die weite Wüste mit ein paar Spielen abwechslungsreicher zu gestalten.
Kondor fing an, Wasser aus seinen Höckern zurück in sein Maul laufen zu lassen und damit Lieder zu gurgeln, die Kai erraten musste. Beide quietschten vor Vergnügen, ernteten jedoch von den anderen Kamelen nur genervte Blicke.
Kai schlug als nächstes vor, „Ich sehe was, was Du nicht siehst“ zu spielen.
Beide Kamele blickten auf die eintönige Gegend und kicherten. Weit und breit war nichts als Sand zu sehen.
„Ich sehe was, was Du nicht siehst und das ist…. gelb!“
Kai wieherte vor Lachen und Kondor bemühte sich, möglichst nachdenklich zu gucken.
„Vielleicht Sand?“, fragte er und kullerte mit den Augen.
„Richtig! Bravo, Kondor!“, jubelte Kai und verbeugte sich vor ihm. Und so ging es den ganzen Tag weiter. Ein Spiel folgte dem nächsten, so dass die Zeit bis zum Abend wie im Fluge verging. Beide wunderten sich sehr über die hereinbrechende Nacht, da ihnen ihre Wüstenwandertage normalerweise viel länger erschienen. Lächelnd und erschöpft schliefen sie am Abend ein.
Am nächsten Morgen machten sie genau dort weiter, wo sie aufgehört hatten: sie spielten und lachten.
Während die Langweiler-Kamelherde lustlos durch die Wüste stapfte und das Ende ihrer Reise kaum erwarten konnte, krümmten und bogen sich Kai und Kondor beim Kamelrückwärtsgehen, Zungenweithängen oder Sackhüpfen mit leeren Vorratssäcken vor Lachen. Und selbst die Nacht hielt sie nicht davon ab, sich zu amüsieren.
Heimlich schlichen sie sich von der schnarchenden Kamelkolonne weg, rutschten auf ihren Hinterteilen die Pyramiden hinunter oder verbuddelten sich gegenseitig im kühlen Sand, so dass nur noch ihre Köpfe heraus guckten.
Ganz zum Schreck der Kameltreiber, die auf der Suche nach den ausgebüchsten Kamelen eines Nachts nur den Kopf von Kondor fanden.
Als beide Tiere jedoch, wie so oft in letzter Zeit, in ohrenbetäubendes Gegröle ausbrachen, wussten die Kameltreiber Bescheid und schüttelten nur die Köpfe. Diese beiden Kamele waren wirklich komisch.
Tag für Tag ging es so munter weiter, bis die Karawane ihr Ziel erreichte.
Lustlos und erschöpft warfen sich die anderen Kamele in den Sand, während Kai und Kondor immer noch fröhlich plappernd zur nächsten Wasserquelle trabten. Diesmal war der sonst so ermüdende und anstrengende Weg durch die Wüste für sie viel leichter gewesen.
Soviel wie in den letzten Tagen hatte Kai Jahre nicht mehr gelacht. Mit einem Freund wie Kondor war die trockenste, ödeste Sandwanderung das reinste Vergnügen gewesen. Solch einen guten Freund sollte jeder haben, dachte Kai, grinste und kitzelte Kondor am Fell. Beide lachten und beschlossen dann, ihre Wege nur noch zusammen zu gehen, weil es zusammen mehr als doppelt so leicht ist wie alleine.