Koffer packen, ei wie fein, geht am Besten wohl zu zwein
Ich kriegte noch die Krise! Ständig fand ich irgendwas, das ich noch nicht in den Koffer für den einwöchigen Kurzurlaub gepackt hatte, aber unbedingt noch brauchte, doch er platzte ja jetzt schon aus allen Nähten! Mir war absolut schleierhaft, wie ich ihn überhaupt transportieren sollte! Ich glaubte allmählich, dass ich ihn gar nicht allein würde tragen können. Aber wofür hat man denn einen Freund, der rein zufällig Ringer ist und einen Bizeps hat?! Ich nahm ihn selbstredend auf die Reise mit. Weil ich mir, als gute Freundin seit anno dazumal, auch Sorgen um seinen Koffer machte, hatte ich ihn nach der Arbeit angerufen, um ihn daran zu erinnern, dass er doch seine Tasche oder seinen Koffer oder sein sonstwas schon mal packen soll, oder sich wenigstens die Sachen dafür zurechtlegen; nicht, dass er wieder auf den letzten Drücker anfängt, alles möglichst schnell in irgendein Behältnis zu knüllen und ich hernach den ganzen Mist bügeln muss, damit er es überhaupt anziehen und ich mich dann auch mit ihm sehen lassen kann, denn das kann er richtig gut.
Gut und schön, dachte ich mir, als ich guten Gewissens auflegte, nachdem ich ihn „erinnert“ hatte, jetzt ist er immerhin informiert. Ich ging also wieder in mein Zimmer und widmete mich meinem eigenen Krempel, als das Telefon klingelte. Wer was dran? – Mein Adonis, der fragte, ob er eine schwarze oder doch lieber eine helle Jeans mitnehmen soll und wie viele Hosen man so insgesamt brauche. Ich erklärte ihm, dass helle Hosen zu schnell dreckig werden und er für eine Woche ca. drei Stück bräuchte, falls eine dreckig wird. Gut, dachte ich wieder, als ich zum zweiten Mal auflegte, und ging wieder ans Werk. Keine fünf Minuten später rief er wieder an und fragte, ob er drei lange Hosen, drei kurze Hosen, oder jeweils eine und dann noch eine Shorts mitnehmen sollte. Ich erklärte, dass er im Falle der Kälte zwei lange und zusätzlich zwei Kurze mitnehmen sollte. Gut, dachte ich, als ich das dritte Mal auflegte, jetzt weiß er wohl Bescheid. Haste nich jesehen! – Da rief er wieder an und wollte wissen, ob er blaue oder graue kurze Hosen mitnehmen sollte. Von jedem eins, sage ich, und legte das vierte mal kaum auf, als er das fünfte Mal anrief, bloß um mal schnell zu fragen, ob das mit dem eins von jedem nur für Hosen oder auch für Hemden gelten würde. Für beides, sagte ich, und auch für T-Shirts, fügte ich bei, legte das fünfte Mal auf und fühlte mich leicht verarscht. Der nächste Anruf galt der Frage, ob er Kleiderbügel für die Hemden, die er mitzunehmen gedenke, einpacken solle. Das kann nicht schaden, sagte ich, dann kann man sie knuddelfrei aufhängen und auch auslüften lassen, und legte auf Beim siebten Mal fragte er, ob er Turnschuhe und andere Schuhe bräuchte, oder ob ein Paar genügten. Nimm zwei mit, sagte ich, dann hast du noch eins, sollte das andere nass werden. Beim siebten Mal rief er an, bloß, um zu fragen, ob er wirklich die Turnschuhe mitnehmen solle, da diese doch überwiegend weiß seien und so schnell dreckig werden, weil man sie doch so nah am Boden herschleift, und ob er Hausschuhe bräuchte. Wenn ihm das zu gefährlich sei, sagte ich, die ich mir jetzt völlig sicher war, dass er mich verarschte und die ich mich dafür, dass ich überhaupt angerufen und was gesagt hatte, schon hätte in den Allerwertesten beißen können, brächte ich ihm Schuhschützer mit, die man trägt, wenn man zum Bleistift ein mit MRSA verseuchtes Zimmer betritt und Hausschuhe seien nie verkehrt. „Klingeling“ zum achten Mal und die Frage, ob ich mit Ameisen im Zimmer rechne, wenn ich sage, dass ich Hausschuhe für angebracht halte. Nein, sagte ich, rechne ich nicht, aber man könnte kalte Füße bekommen, wenn man keine hat. Beim neunten Mal wollte er sich bloß versichern, dass ich auch keine Schuhschoner nehme, die schon mal in einem MRSA Zimmer waren. Nein, sagte ich, würde ich nicht tun. Beim zehnten Mal fragte er, welche Farbe diese Dinger überhaupt hätten, denn er müsse sich ja Sachen mitnehmen, deren Farbe sich damit nicht beißt. Alphateam-Grün, sagte ich, harmoniert gut mit Flieder oder einem Zartrosé. Dann war er beruhigt und rief nur noch ein Mal an, um mir zu sagen, dass er jetzt alles zurechtgelegt hätte, sich nun noch das Sandmännchen ansehen würde und dann gleich ins Bett ginge und das alles ohne die fürsorgliche Hilfe seiner „Mutter Henne“ nie geschafft hätte. Ich liebe Dich auch, sagte ich, und dachte, als ich zum elften Mal auflegte, darüber nach, wie schön es doch ist, in einer festen Beziehung zu leben.