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Klimawandel

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26.11.2008
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Klimawandel

Klimawandel

Pedro dalla Costa atmete erleichtert durch. Es war geschafft! Endloser Nieselregen aus grauem Himmel, von den unzähligen LKWs aufgewirbelte Gischtwände – das lag endlich hinter ihnen. Noch vor Freiburg brach die abendliche Sonne durch und überflutete das Land mit mild-warmen Licht. Pedro lächelte beglückt, die Ferienpläne schienen aufzugehen…

Maria und Luis, die Kinder, erwachten blinzelnd und bombardierten die Eltern mit Fragen über dieses neue Land Alemania, in dem die Familie zum ersten mal Urlaub machte. „Papa, wann sind wir endlich da?“ insistierte Maria. Lisa dalla Costa hatte Verständnis für die Fragerei, schließlich war man seit 13 Stunden unterwegs. Sie starrte auf die Landkarte, den Finger auf dem „Edderßee“ und musste betrübt erkennen, dass es noch 4-5 Stunden bis zum Ziel dauern würde. Aber wenn nur der Verkehr nicht so dicht wäre!

„Pedro, hast Du gesehen, fast nur spanische und französische Autos, wie voll gepackt!“ Die Kinder starrten gebannt durch die verschmutzten Scheiben des wackeren SEAT auf all die Dachgepäckberge der anderen, gen Norden fließenden Fahrzeuge, aus denen lange Surfbretter und Boote herausragten.
Besonderes Staunen erweckten die von Zeit zu Zeit überholten Riesen-Transporter mit der Aufschrift „Convoi exceptionel“, die blendend-weisse 15 bis 25 Meter lange Motor- und Segeljachten Huckepack an die Nord- und Ostseeküsten transportierten.

Pedro war stolz, sich endlich einen Urlaub im Norden leisten zu können. Sonne und blauer Himmel zogen ihn wie die meisten seiner Landsleute magisch an.
Er hatte davon gehört, dass es im vergangenen Jahr 3 oder 4 Millionen Franzosen, 7 oder 8 Millionen Spanier und 5 oder 6 Millionen Italiener waren, die in den Sommermonaten per Auto, Flugzeug oder Bahn in den Norden geströmt waren, um an den Küsten von Nord- und Ostsee, an den Seen und Flüssen, aber auch in den Mittelgebirgen, die Urlaubswochen zu verbringen. Wenn die Wetterkarte die übliche, stabile Hochdrucklage mit endlos blauem Himmel auswies, reichten sich im Süden, vor allem rund ums Mittelmeer herum, ohne Unterlass heranziehende Tiefdruckgebiete die Hand.

Die dalla Costas stammten aus Benidorm. Dort hatte schon Pedros Vater ein kleines Restaurant mit Fischspezialitäten in Strandnähe betrieben. Noch vor zehn, erst recht zwanzig Jahren waren sowohl die Netze der Fischer als auch die Hotels und Appartements stets voll gewesen. Die gnadenlose Sonne hatte alljährlich Millionen öliger Bleichgesichter frittiert.

Und heute? In Pedro, der seit längerem wieder eine Sonnenbrille aufgesetzt hatte und zunehmend entspannt in der mit 80-100 Stundenkilometern rollenden Autolawine pendelte, stieg ein deprimierendes Bild auf: immer wieder sah er das schäbige „Cerrado“, das er vor drei Jahren mangels Kundschaft an die Tür seines Restaurants hatte heften müssen. So wie der Mond Ebbe und Flut bestimmt, lenkt die Sonne die Touristenströme: durch die von Jahr zu Jahr zunehmende Wetterverschlechterung waren die Touristen ausgeblieben...

Nur wenige hatten sich schließlich noch hinter schützenden Felsvorsprüngen und in tiefen Sandburgen vor dem kühlen Wind weggeduckt. Im Wasser drehten nur noch die ganz Abgehärteten ihre kurzen, schnellen Runden. Überall am Mittelmeer, auch an Hotels und Bars las man die Hinweise „Chiuso“, „Fermé“, „Cerrado“. Unzählige Ferienhäuser und –wohnungen trugen das Schild „Si vende“, „A vendre“, „Vender“. Da wurden Telefonnummern aufgeführt, die ohnehin niemand anwählte.

Nur in Einzelfällen tauchten fröstelnde Touristen in dicken Wollpullovern bei den tagein, tagaus fatalistisch vor sich hindösenden Maklern auf, um sich über die Spottpreise geräumiger Immobilien zu erkundigen. Weiße Villen direkt über dem grau-schwarzen Meer thronend, großzügige Appartements mit unverbautem Hafenblick – die Angebote waren überwältigend und die Preise innerhalb weniger Jahre um 300 bis 400 Prozent gefallen.

Diese wetterresistenten Individualisten, zumeist handelte es sich um Lehrer, Steuerbeamte und Sozialpädagogen, wollten unbedingt den Touristenmassen im Norden aus dem Weg gehen. Früher waren sie ans Nordkap, nach Irland oder Masuren gezogen, nun drängte es sie in den kalten, dafür ruhigen Süden.

Die Hobby-Archäologen unter ihnen versuchten hier und da die im Laufe der Zeit durch das raue Wetter fast völlig verblichenen Speisekarten in vor sich hinrostenden Metallkästen zu entziffern. Welche Erinnerungen!

Und Pedro dachte an den Jachthafen von Benidorm, aber auch an alle die anderen, in denen der kalte Mistral ohne Unterlasss sein metallenes Heulen in den wippenden Masten, Seilen und Haken vernehmen ließ. Mancherorts hatte sich der Mastenwald ein wenig gelichtet, da etliche Eigner für eine Überstellung ihrer Boote in den Norden gesorgt hatten.

Nur ungern ging Lisa dalla Costa mit ihren Kindern im Jachthafen spazieren. Sie sagte, die bösen Geister würden dort ihren teuflischen Tanz aufführen. Für sie waren die vergilbenden Schilder mit Verkaufshinweisen auf die „Bavarias“, „Bennetons“ oder „Jeanneau Sun Odyssées“ Boten des Untergangs.

Natürlich wurde den an den Stränden herumstreunenden Individualtouristen in den wenigen noch geöffneten Hotels und Restaurants der rote Teppich ausgerollt. Der Stolz des jungen Pedro hatte es schwer ertragen, wenn seine Eltern um die wenigen Gäste herum dienerten.

In den Wintermonaten waren die Einheimischen gänzlich unter sich. Warm vermummt spielte Pedro zusammen mit Freunden Boule. Die meisten aber suchten das Innere der beheizten Restaurants auf und träumten melancholisch von den Zeiten, in denen die nordischen Touristenschwärme auf der Suche nach der ewigen Sonne über ihre Städte und Strände hergefallen waren. „Wisst ihr noch…?“

Dem Fernseher, der aus den Ecken von halbleeren Restaurants und Bars ohne Unterlass Stimmen und Bilder in den Raum schwemmte, galt manch beklommener Blick, wenn nach den Nachrichten die Wettervorhersage kam. Lisa konnte nicht mehr hinschauen: über dem westlichen Mittelmeer lag stets eine kompakte dunkelgraue Wolkenmasse und es hieß, die heutigen Temperaturen seien die niedrigsten, die seit 50 Jahren oder sogar seit dem Beginn der Wetteraufzeichnung gemessen wurden. Und nördlich der Alpen sah alles ganz anders aus…

Im Frühjahr übermannte die Menschen der freudige Traum vom eigenen Urlaub. Sehnsuchtsvoll surften sie tagelang im Internet, standen geduldig Schlange vor den Reisebüros, um ihre Urlaubswochen im Norden zu buchen – und damit die Garantie auf Wärme, Sonne und ewig blauen Himmel!

Pedros steinalte Eltern verfolgten mit verständnislosem Kopfschütteln die Nachrichten: wenn in der Region Ligurien, im französischen Midi oder im spanischen Valencia die Schulferien begannen, dann setzte sich, vor allem auf den Autobahnen, die endlose Touristenkolonne gen Norden in Bewegung…

Der brave SEAT brummte unermüdlich dem Urlaubsziel „Edderßee“ der Familie dalla Costa entgegen. Frankfurt lag längst hinter ihnen, die Dunkelheit
war eingebrochen und Pedro gähnte hin und wieder mit den Worten „lange, lange Fahrt“, woraufhin Lisa ihm aus der Thermosflasche einen Kaffee reichte.

„He Kinder, aufwachen! Wir sind gleich da!“ rief sie triumphierend als der Wagen die Autobahn verließ und zügig dem im klaren Mondlicht schimmernden Edersee zustrebte. Lisa lenkte ihren Mann mit Hilfe einer geschickten Beschreibung ohne Umwege zur Familienpension Schröder direkt am See. Endlich am Ziel, endlich im Urlaub!

Mit steifen Gliedern kletterten alle aus dem Auto und sogen genüsslich die laue Abendluft ein. Eine freundliche, dicke Dame empfing sie mit den singenden Worten „Ei, sinn die Herrschafte da!“ Angesichts der hilflosen Mienen der Ankömmlinge wiederholte sie ihre Worte in passablem Spanisch. Erst jetzt gewahrte Lisa die mannshohen Palmen, auch den lila Blütenrausch der Bougainvillea, die die Pension umstanden, erst jetzt hörte sie das laute Schnarren der Zikaden, die lebhafte Unterhaltung auf allen Balkonen und Terrassen.

Bei Schröders wohnten mehrere italienische Familien, aber auch – Gott sei Dank! – zwei Familienclans aus Almeria und Malaga. Mit ihnen saßen die dalla Costas fortan allabendlich bei erfrischendem deutschen Bier bis tief in die milde Nacht hinein zusammen. Sie erfuhren, dass man auf den häufig servierten „Handkäse mit Musik“ verzichten konnte, da sich die italienischen Pizzerien und spanischen Restaurants allerorten wie Pilze vermehrten hätten und zu Anlaufpunkten ihrer Landsleute geworden wären. Pedro wurde hellhörig.

Und Sprachprobleme? Die gäbe es kaum, da die Deutschen alle Sprachen könnten, was die Frau mit den schwarzen Augen, die neugierig und zugleich ängstlich blickten, spürbar beruhigte. Luisa kam nicht aus dem Staunen heraus, als es hieß, seit ein bis zwei Jahren hätten immer mehr Besitzer von Boutiquen und Geschäften ihre Läden in Tarragona, Taormina und Trient geschlossen und neue in Travemünde, Timmendorf und Tossens eröffnet. In wissender Heiterkeit wurde hinzugefügt, es gäbe ohnehin überall die gleichen Waren aus China.

In Pedro begann es zu brodeln. Er strich sich über das schüttere dunkle Haar und fragte nach: „Boutiquen und Geschäfte…Das gilt wie gesagt auch für Restaurants?“ Allgemeines Kopfnicken.

Am ersten Wochenende fuhren die dalla Costas mit Herrn Schröder an die Nordsee, wo dieser eine weitere Familienpension betrieb. Sie waren überwältigt: endlose Ferienparadiese mit hoch aufragenden Bettenburgen, urbanisierte Landschaften mit Stadtautobahnen.

Leicht mürrisch wies Pedro daraufhin, dass es an der Küste seiner Heimat ähnlich aussähe – nur sei alles alt und heruntergekommen. Worauf Herr Schröder zu berichten wusste: “Ja, das wundert mich nicht! Viele Planer sind nämlich ans Mittelmeer gefahren, um besonders gelungene Ferienanlagen und Appartement-Siedlungen zu studieren. Dann haben sie bei uns, wie etwa hier in Harlingersiel, sehr ansprechende Bauten errichtet. Es gibt hier auch an stilleren Küstenabschnitten mondäne Ferienclubs mit 51-Loch-Golfanlagen!“

Als die dalla Costas mit Herrn Schröder im Schutz von Bäumen und Markisen die Strandpromenade entlangliefen und sich einem offenen Platz näherten, schwoll ein Geräusch wie von einer großen Menschenmenge an. Dann Polizeisirenen, einzelne Schreie.

Die Menge schien aufgebracht zu sein. Schilder mit der Aufschrift „Spekulanten raus!“, „Stoppt den Tourismusboom“, „BUND für Küstenschutz“, „Wo sind die Robben-Babys?“ und vereinzelt auch „Deutschland den Deutschen“ wurden hoch gehalten.

Herr Schröder schien irritiert und beschleunigte seinen Schritt zum Leidwesen der heftig schwitzenden Luisa, die gerade noch das Wort „Spekulanten“ entziffern konnte und sogleich danach fragte.

Sie erfuhr, dass in Deutschland, aber auch Holland und Polen die Preise während der Ferienmonate derart in die Höhe schossen, dass die Einheimischen regelmäßig dagegen protestierten. „Aber“, ergänzte Herr Schröder, „viele vergessen, wie gut sie seitdem verdienen!“ „Carramba“, seufzte Pedro bitter, „so hat mein Vater früher auch gesprochen!“-

Somit verbrachten alljährlich viele Millionen Südländer ihren Urlaub im Norden und nur die ewigen Skeptiker stellten kritische Fragen zum Klimawandel. Ob er denn anhalten würde, wie lange das denn so weiterginge, was am Ende passieren würde… Die meisten Erd- und Klimaforscher waren sich in einem absolut sicher: der Süden ist jetzt der Norden und umgekehrt, das Mittelmeer liegt jetzt an der Nord- und Ostsee und umgekehrt – oder vielleicht doch nur für 8120 Jahre?

Pedro stellte sich diese Fragen nicht. Er kehrte im kommenden Frühjahr mit seiner Familie an den Edersee zurück. Er blieb länger im Lande, karrte mit seinem Bruder José überladene Einkaufswagen aus den Baumärkten, suchte große Möbelgeschäfte und Baumschulen auf. Diese hatten längst reagiert: statt Rhododendren, Tannen und Laubbäumen zogen sie Schirmzypressen und Orangenbäume hoch. Und in den anderen Schulen hatte Spanisch und Italienisch das Englische zur Beruhigung von Luisa inzwischen als Pflichtfremdsprache abgelöst.

An einem heißen Juni-Tag ging es am See hoch her. Französisch, Deutsch, Italienisch wirbelten durcheinander – doch Spanisch dominierte ganz klar.
Auf zwei großen Grills zischten und dampften die Lamm-Kotellets und Steaks. Kleine schmackhafte Tortillas mit Champignons und Schinken wurden gereicht. Am Bierfass, aber auch am Sangria-Ausschank bildeten sich lange Schlangen.

Maria und Luis, die Kinder der dalla Costas, tobten mit ihresgleichen am Seeufer herum. Mutter Lisa rief ihnen alle drei Minuten „Aber Vorsicht!“ zu. Pedro sah heute besonders glücklich und zufrieden aus. Sein Blick ging immer wieder zu dem großen Schild mit der Aufschrift „Taverna Benidorm“ – seinem Restaurant in der Sonne.

 

Hallo rueganerin!
Danke für Deine Stellungnahme. Die Aussage, "nichts sei überspitzt" kann ich wirklich nicht nachvollziehen (vielleicht haben wir eine etwas unterschiedliche Wahrnehmung vom zu beobachtenden Klimawandel). Mein satirischer Ansatz besteht in dem konsequenten Austausch von Süd und Nord. Gehört also vielleicht wirklich eher in "ScFi"! Einiges soll auch gesellschaftskritisch sein.
Gruß!

 

Hi Dieter,

meine Erwartungshaltung an Satire geht dahin, dass der Humor sticht, übertreibt usw.

Ich finde deinen Text daher etwas trocken und schließe mich meiner Vorrednerin an.

Allerdings:In deinem text sind so viele gute Ideen gesammelt, so dass du mit dem geeigneten Personal/Figuren doch einen einzelnen Aspekt zum Leben erwecken kannst - mit Dialogen, d.h. spitzen Bemerkungen etc..

Denn so finde ich deine satirischen Übertreibungen eher flachländlich. Als Schleswig-Holsteiner ist mir/ und anderen Flachländern schon lange klar: Wir profitieren von der Klimakatastrophe. Langfristig plane ich schon meinen Bootssteg und überlege eine Gondelverleih zu gründen, um in unserem Wohngebiet der erste zu sein. Außerdem - und das ist kein Spaß - empfahl der letzte Vorsitzende des Bauernverbandes hier den jungen Bauern, den Weinanbau in ihre Überlegungen einzubeziehen. Tatsächlich sind erste Flächen ausgewiesen auf Fehmarn.

Den an den stillen mediterranen Stränden herumstreunenden Individualtouristen wurde in den wenigen noch geöffneten Restaurants der rote Teppich ausgerollt. Vom Betreten bis zum Verlassen dienerte das zahlreiche Personal untertänigst um sie herum.

Die Hobby-Archäologen unter diesen Touristen versuchten hier und da die im Laufe der Zeit durch das raue Wetter fast völlig verblichenen Speisekarten in vor sich hinrostenden Metallkästen oder auf verbogenen, regennassen Holztafeln zu entziffern. Der Vergleich mit den früheren Preisen ergab einen Preisverfall von über 300 Prozent!


Aus diesen zwei Absätzen mache doch mal eine Satire, deren pointiertes Ende erst dem Leser klarmacht, wo sie spielt, wieso es dazu gekommen ist. Galant eingestreute Klimakillerhinweise lassen die Ahnung hochkommen... Da kannst du deinen Nordkap-Pädagogen auftreten lassen und ihn all das denken lassen, worum es dir geht - oder seinen kapitalismuskritischen Sohn...?

Schöne Weihnachtszeit!
LG vom Papui

 

Hallo Dieter,

nur was Mathematisches: Mehr als 100% kann ein Preis nicht fallen. Dann wäre er auf null.

lavirap

 

Hallo lavisrap,
der dreistellige Zahlenbereich ist mir schon vertraut... 300% sollen in unserer zahlen- und prozentgläubigen Zeit die Forderung der Satire nach Zuspitzung, Überpointierung und Übertreibung erfüllen. Vielleicht kommt es nicht an.
100prozentigen Gruß
Dieter

 
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Hallo Dieter!

Ja, die Landwirtschaft mag mancherorts von der Klimaänderung profitieren und auch der Tourismus muß sich da und dort auf einige Änderungen einstellen, positive wie negative. Soweit sind die Grundlagen Deiner Geschichte richtig.
Aber findest Du wirklich, daß man das so begrenzt sehen und sich sogleich über die ach so dummen, immer nur warnenden Umweltschützer lustig machen kann? Das tust Du nicht wörtlich, aber indem Du die Gefahren klein- bzw. wegredest, vor denen sie warnen.

Und die Erd- und Klimaforscher sind sich absolut sicher: der Süden ist jetzt der Norden und umgekehrt, das Mittelmeer liegt jetzt an der Nord- und Ostsee und umgekehrt – oder vielleicht doch nur für 8120 Jahre?
Die Erd- und Klimaforscher werden sich da nie einig sein – es kommt immer drauf an, wer sie bezahlt.
Es ist nicht so, daß sich das Klima einfach nur von Norden nach Süden wandelt, als würde man eine Scheibe drehen, auf der hinterher oben unten ist. Die Hochwässer vom August 2002 hattest Du beim Schreiben Deiner Geschichte wohl schon vergessen, auch die Hitzewellen von 2003 und 2007. Zur Auffrischung der Erinnerung hier ein paar Links: Tote bei Hochwasser und Hitzewelle, 500 Tote bei Hitzewelle in Ungarn, Flut in England, Hitze forderte mindestens 35.000 Tote. Oder seit Beginn der Messung nie erreichte Sturmstärken in den letzten Jahren usw.
Klar, denen, die in der Landwirtschaft oder im Tourismus abkassieren, ist das egal. Sie lachen noch, aber es wird ihnen schon noch im Hals stecken bleiben. Weil es eben nicht so ist, daß sich das Klima nur schnell mal für die nächsten 8120 Jahre ein bisschen wandelt und die Leute woanders hin auf Urlaub fahren.

Echte Probleme gab es mit der Wasserversorgung bis findige Wissenschaftler auf die Idee kamen, dem Meer die durch die schmelzenden Polkappen zusätzlichen Wassermengen zu entnehmen und in gigantischen Entsalzungsanlagen zu verarbeiten, so dass die Meeresspiegel seit einiger Zeit nur geringfügig anstiegen.
Das Ansteigen des Meeresspiegels ist nicht das grundlegende Problem, auch wenn das einiges an Land kostet wird. Das Problem mit den schmelzenden Polkappen (und auch der Gletscher in den Bergen) ist, daß sich die Luft nicht mehr so gut abkühlt, wenn sie kleiner werden, die Folge sind Hitzewellen, die noch stärker und häufiger sein werden als die der letzten Jahre – die waren nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was auf uns zukommt. Und wenn Du logisch denken kannst, ist Dir jetzt auch klar, daß das Eis mit steigender Hitze noch schneller schmelzen wird. Dann kannst Du vielleicht in Norddeutschland Orangen anbauen, aber wer kann sich dann darüber richtig freuen, wenn es jedes Jahr tausende Hitzetote gibt? Wohl niemand, außer dem, der dran verdient und außer seinem Geld nichts sieht.
Entsalzungsanlagen gibt es übrigens schon längst, etwa auf Malta und Gozo, wo es so gut wie kein Grundwasser gibt. Das aber als lockere Problemlösung für die (aufgrund versiegender Quellen und in Wärme gut lebender Keime und Bakterien entstehende) Trinkwasserverknappung anzusehen, ist wiederum verkehrt, weil diese Anlagen natürlich Energie verbrauchen und Wärme erzeugen und somit zwar ein Problem in der Auswirkung bereinigen, aber zugleich die Ursache verstärken, womit es keine ernstzunehmende Lösung ist und schon gar keine, über die ich lachen möchte.

die erheblichen Kosten für den LKW-Transport durch die Alpen nicht scheuten. So sah man außerhalb der Urlaubsmonate immer wieder LKW-Kolonnen mit dem Begleitfahrzeug „Convoi exceptionel“ nördliche Häfen anstreben.
Das glaub ich kaum, daß es das so spielen wird. Eher glaube ich, daß dann überhaupt niemand mehr über oder durch die Berge fahren dürfen wird. Die in den letzten Jahren immer wieder vorkommenden Hangrutsche und abstürzenden Felsen und Felsbrocken waren wohl auch nicht Thema Deiner Recherche.
ORF schrieb:
Ursache für die Spaltung des Berges sind offenbar Spannungen, die sich nach dem Rückgang des Gletschers entladen. Eindringendes Wasser trägt ebenfalls dazu bei, dass der Berg brüchig wird.
Glaubst Du wirklich, daß wir in ein paar Jahren noch irgendwen wegen seiner blöden Yacht mit dem LKW durch die Berge fahren lassen? Ganz zu schweigen vom Risiko das dann damit verbunden wäre – jeder Tunnel und jede Alpenstraße kann praktisch jederzeit einstürzen, wenn das darüber- oder darunterliegende Gestein sich durch die Erwärmung bewegt.

Ich hoffe, Dir ist das Lachen vergangen. Recherchiere nächstens besser, zum Beispiel hier.

Liebe Grüße,
Susi :)

 
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hallo Dieter,

das Thema bewegt Dich, und interessant ist es auch, aber eine Geschichte benötigt Dialoge und Reduktion - ich kann mich dem Rat anschließen, einige Aspekte herauszunehmen und damit eine pointierte Geschichte zu entwickeln.

Zu der Diskussion, ob und wann wem das Lachen vergehen wird: auch Deine Geschichte geht ja davon aus, daß die Welt keine Wechselwirkungen hat, nicht vernetzt ist, daß ein paar Grad Erwärmung nur dazu führen, daß die Leute woanders hinfahren im Urlaub...

Ich habe beruflich manchmal mit Leuten zu tun, die darüber besorgt sind, wie es unseren Flüssen und den darin noch lebenden seltenen Tierarten ergehen wird, wenn es 2 Grad wärmer wird. Für das Elbe-Einzugsgebiet wurde ein Rückgang der Niederschläge um 50 % errechnet für die kommenden 50 Jahre - Computersimulationen, muß man nicht glauben. Aber diese Kollegen glauben daran und machen sich Sorgen, daß damit die einen Tierarten mehr werden und andere weniger - statt mal auf die Karte zu gucken, welche Länder an der Elbe liegen, daran zu denken, wovon diese Volkswirtschaften leben, der Landwirtschaft nämlich, und sich klar zu machen: da gehen Staaten bankrott, da flüchten Millionen von Menschen quer durch Europa auf der Suche nach Eßbarem...und hier werden Fische und Käfer gezählt. Häferl hat sich auch in diesem Sinne geäußert, aber das Ausblenden der Wirklichkeit betrifft die meisten Menschen.

Wenn wir schon wissenschaftlich spekulieren: Klimaänderungen geschehen nicht allmählich, wie in Deiner Geschichte, sondern diskontinuierlich, wie in dem Film "The Day after Tomorrow". Der Film ist zwar nicht realistisch, stimmt aber in diesem Aspekt: die Erde kennt viele verschiedene stabile Klimazuzstände, zwei davon kennen wir gut und nennen sie "Kaltzeit" und "Warmzeit". Die Übergänge von einem zum anderen sind sehr schnell, in Tagen, Wochen und Monaten, nicht in Jahrhunderten oder Jahrtausenden.
Wenn man an einer Steilwand steht und die geologischen Schichten sieht, hunderte übereinander, alle säuberlich mit scharfen Grenzen voneinander abgesetzt, muß man sich nur noch vorstellen: jede dieser Schichtgrenzen steht für einen Phasenübergang von einem Zustand in einen anderen, etwas, was wir aus unserer kurzzeitigen Perspektive Klimakatastrophe nennen - die Erde hat hunderte davon erlebt, es stört sie nicht; sie rotiert einfach weiter.

Viel Spaß beim weiteren Ausarbeiten,

Gruß Set

 
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Setnemides schrieb:
die Erde hat hunderte davon erlebt, es stört sie nicht; sie rotiert einfach weiter.
Ja, die Erde hat schon mehrere Klimaänderungen und Naturkatastrophen erlebt und sie wird sich auch nach dieser – mit oder ohne uns – weiterdrehen. Die bisherigen Klimaänderungen (und was sonst noch neue Gesteinsschichten erzeugt) waren allerdings nicht von Menschenhand gemacht. Daß das aber diesmal so ist, bezweifelt heute kaum noch jemand, es wird auch in dem von der UNO in Auftrag gegebenen 4. Klimabericht des IPCC bestätigt:
die Erwärmung des Klimasystems ist ohne jeden Zweifel vorhanden und der Mensch ist die primäre Ursache dafür. Von einer weiteren Temperaturzunahme muss ausgegangen werden.
Mir persönlich hat aber immer schon die Vermutung genügt, um mein Handeln (Konsumverhalten, Energiesparen etc.) möglichst anzupassen. Wenn man da immer erst auf Beweise wartet, ist das ungefähr so, wie wenn jemand zu Dir sagt »Iß das nicht, daran kannst du sterben« und du sagst: »Solange du mir keine Beweise vorlegst, werde ich es essen. Wetten, die Erde rotiert weiter?« Aber so ist die Mentalität der Menschen offenbar, denn man hätte ja schon längst handeln können – spätestens in den 1970ern, als bereits viele vor Treibhausgasen und dem entstehenden Ozonloch gewarnt haben. Man hat sie halt nicht ernst genommen und konnte sich lediglich – Jahre später, Ende der Achtziger, glaub ich – zum Verbot von FCKW-hältigen Sprays und Kühlschränken durchringen.

Setnemides schrieb:
Aber diese Kollegen glauben daran und machen sich Sorgen, daß damit die einen Tierarten mehr werden und andere weniger
Zurecht machen sie sich Sorgen, wahrscheinlich verstehen sie was von ihrem Job. Es ist ja nicht so, daß die neuen Tier- und Pflanzenarten jene ganz einfach ersetzen, die verschwinden. Es geht doch nicht nur darum, daß wir etwas finden, womit wir unsere Mägen füllen können. Unsere Öko-Systeme sind bekanntlich in sich stabil, aber nur, solange sie niemand aus dem Gleichgewicht bringt. Verschwinden einzelne Arten durch die Klimaänderung, bedeutet es auch den Tod für andere, die von ihnen abhängig sind. Es werden viele Arten aussterben, weil sie von anderen verdrängt werden oder ihre Lebensgrundlage den Klimawandel nicht überlebt. Etwa auch durch das Verschieben der Baumgrenze nach oben – der Lebensraum der Tiere und Pflanzen, die oberhalb der Baumgrenze leben, wird je nach Höhe des Berges kleiner oder verschwindet ganz.
Es werden auch nicht von heute auf morgen Ersatzbäume in die Höhe schießen, wenn einzelne Baumarten sterben, wie man das in einer Studie der Universität für Bodenkultur in Wien z.B. für die Fichten in Österreich, die etwa die Hälfte unseres Waldbestandes ausmachen, vorausgesagt hat. Dafür sollen sich Borkenkäfer und anderes Ungeziefer dann recht wohlfühlen. Damit werden u.a. die Landwirte zu kämpfen haben, es bleibt ihnen nicht allein die Freude über längere und wärmere Sommer, trockener wird es obendrein und nebenbei sterben noch die Bienen … das klingt doch eher dürr als ertragreich, und die Folge werden teure Lebensmittel sein, die sich die Armen nicht mehr leisten können. Aber die Erde wird sich natürlich trotz allem weiterdrehen, damit hast Du sicher recht. :naughty:

Liebe Grüße,
Susi :)

 
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Zurecht machen sie sich Sorgen, wahrscheinlich verstehen sie was von ihrem Job.

Mir ging es nur darum, daß auch diese Ansicht eine Art Ausblenden der Wirklichkeit ist: sie machen sich Sorgen, ob sich Biotope verschieben, dabei stehen viel größere Katastrophen bevor: da gehen Staaten bankrott, da flüchten Millionen von Menschen quer durch Europa auf der Suche nach Eßbarem...und hier werden Fische und Käfer gezählthabe ich oben geschrieben. In der Bewertung der Klimaentwicklung scheint unser Dissens, wenn er denn existiert, anders herum zu bestehen: es kommt schlimmer, war meine Botschaft. Ich habe mich in die Bewertung eingemischt, weil Du Dieter geschrieben hast, Ich hoffe, Dir ist das Lachen vergangen.Das war inhaltlich in meinem Sinne, wenn ich es auch nicht freundlich finde.

Kulturen und Zivilisationen haben ihre Entwicklungszyklen, lautet eine These, und unsere ist in der Endphase. Aber eine andere These lautet: fast alle Zivilisationen sind aufgrund von Klimaveränderungen zugrunde gegangen, seien es die Ägypter oder andere*. Daß sich unsere Zeit heute derartig einsortieren läßt, macht nichts harmloser. Das neue ist die menschengemachte Klimaveränderung, die uns die Basis zum Leben wegnimmt, und deren globales Ausmaß.

Tja, ich hoffe, wir entfernen uns nicht zu sehr von Dieters Geschichte. Mir geht es immer noch um den Aspekt der Verniedlichung bei Dieter: wenn sich die Touristenströme verändern, gibt es immer noch Menschen, die in Urlaub fahren. Solange ist die Welt noch ziemlich in Ordnung. Auch solange es arme Länder gibt, wo man sich billig verwöhnen lassen kann, stimmt ja für uns alles. Und die wird es immer geben, darauf können wir uns ganz sicher verlassen. Fragt sich nur, wann wir dazugehören.

Liebe Grüße

Set

* Kennth J. Hsü: Klima macht Geschichte. Menschheitsentwicklung als Abbild der Klimaentwicklung. Zürich, 2000.

 

Hallo und Dank für die sehr engagierten Beiträge. Ich denke: Klimaveränderungen sind viel zu gravierend, um darüber aggressiv zu polemisieren (Unterstellung: falls ich denn logisch denken könnte... Zur Beruhigung: kann ich!).
Zur Entstehung meiner Geschichte: wir wollten vor zwei Jahren im März/April dem deutschen Spätwinter entfliehen und hatten an der Cote d'Azur dann tagelang nur Regen und kühles Wetter - während zuhause der Frühling erwacht war. Pech gehabt. So schienen sich mir, in satirischer Übertreibung, die Klimazonen für Sonnenhungrige möglicherweise umzukehren und meine Phantasie nahm ihren Lauf.
Keineswegs ist das die Absicht, eine sachliche Abhandlung über Klimawandel zu verfassen!! Fehler war wohl, den Titel "Klimawandel" nicht in Anführungszeichen zu setzen, was ich sogleich nachholen werde.
Gruß, Dieter

 

hallo Dieter,

so hat sich doch schließlich alles aufgelöst. Die Rubrik sagt ja eigentlich schon, daß man hier keine Fachdiskussionen führen sollte. Wir sind wieder auf dem Weg in eine Betroffenheitskultur, wie in den 70er Jahren: bitte bei jedem Thema die Stimme senken, ausdrücken, wie ernst es ist, wie viele darunter leiden, und bitte nie einen Witz machen - dafür können sich die Betroffenen viel kaufen!

Gruß Set

 
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Hallo Dieter!

Klimaveränderungen sind viel zu gravierend, um darüber aggressiv zu polemisieren
Ich weiß nicht, wo Du ein aggressives Polemisieren siehst. Vielleicht hätte ich noch ein paar :) und ;) verteilen sollen, aber so richtig nach :) und ;) war mir halt angesichts des ernsten Themas auch nicht, vielmehr dachte ich an eine sachliche Diskussion. ;)

So schienen sich mir, in satirischer Übertreibung, die Klimazonen für Sonnenhungrige möglicherweise umzukehren und meine Phantasie nahm ihren Lauf.
Vielleicht käme sie ja besser, wenn Du bei einem Pärchen oder Freunden bliebest, nebenbei wäre es dann vermutlich auch mehr eine Geschichte als ein Bericht.

Keineswegs ist das die Absicht, eine sachliche Abhandlung über Klimawandel zu verfassen!!
Das verlangt doch auch niemand. Aber Satire ist eine spezielle Form der Gesellschaftskritik, und dafür lohnt es sich, ein bisschen zu recherchieren. Auch wenn Du nicht alles in die Geschichte einfließen läßt, merkt man ihr an, wie sehr Du Dich mit einem Thema befaßt hast.

Fehler war wohl, den Titel "Klimawandel" nicht in Anführungszeichen zu setzen
Nein, Fehler ist, daß Du keinen Protagonisten hast, wie in Deinem real erlebten Beispiel. Was sollte ich denn, wenn Du das so berichtartig bringst, anderes denken, als daß die von Dir genannten Veränderungen den Klimawandel ausmachen würden und daß sie ja für manche Gegenden sogar von Vorteil wären, und das wäre dann eben für die nächsten 8120 Jahre so? Wenn Du dann noch sagst, die Darstellung wäre überzeichnet, heißt das ja eigentlich, daß Du meinst, die Auswirkungen wären nicht einmal so schlimm. Anführungszeichen im Titel würden daran gar nichts ändern.
Legtest Du hingegen diese Kurzsichtigkeit einem Protagonisten in den Mund, während Du als Erzähler dem Leser nebenbei, über die Umgebung und sein Handeln, die weniger angenehmen Auswirkungen zeigen könntest, die er aber nicht als solche wahrnimmt, könnte man Deine Intention besser erkennen.
Ein kleines Beispiel, das vielleicht besser demonstriert, was ich meine:
Die junge Frau neben ihm zieht hektisch eine Wasserflasche aus ihrer Tasche und lässt sie fallen, verdreht die Augen und greift sich ans Herz. Hans sieht der Flasche zu, wie sie direkt vor seine Füße rollt, und hebt sie auf. Die Frau liegt inzwischen reglos auf dem Bahnsteig, ihr Gesicht zeigt in die andere Richtung. Sie will sie offenbar nicht mehr, denkt er und freut sich über die Wasserflasche. Wieder dreißig Euro gespart. Ein Blick auf das Etikett, »Frisch aus dem Viktoriasee«, und ein kräftiger Schluck gurgelt sogleich über seine Kehle, kühlt ihn innerlich. Er fragt sich kurz, wo denn der Viktoriasee liegt, verwirft die Frage aber, weil er sich nicht zwischen Kanada und Südamerika entscheiden kann; in Afrika und Australien sollen ja alle Menschen einer großen Dürre zum Opfer gefallen sein, von dort kann das Wasser also nicht sein. Jedenfalls ist es von weit her, beschließt er und sieht die Flasche andächtig an. Als er wieder aufschaut, stehen und knien einige Menschen um die Frau herum. Wahrscheinlich irgend so eine Sekte, vermutet Hans schulterzuckend und steckt die Wasserflasche in seinen Rucksack, die U-Bahn fährt ein und zufrieden schmunzelnd betritt er den klimatisierten Waggon.

Ich finde schon, daß das mehr nach einer Geschichte klingt als nach einer »Abhandlung über Klimawandel«, auch wenn ich den satirischen Ton vielleicht nicht ganz getroffen hab. Vor allem ist aber hier leichter erkennbar, daß nur der Protagonist naiv ist, nicht der Erzähler.
Würdest Du nach diesem Strickmuster z.B. eine Urlaubsreise, die Diskussion zweier Bauern oder ähnliches schildern, könnte mir das wahrscheinlich recht gut gefallen. Auch Papui hat Dir ja bereits den Vorschlag gemacht, ein Detail herauszugreifen und daraus eine richtige Satire zu machen.
Ich persönlich würde eine Satire zu dem Thema aber eher indirekt angehen.


Hallo Setnemides!

Mir ging es nur darum, daß auch diese Ansicht eine Art Ausblenden der Wirklichkeit ist: sie machen sich Sorgen, ob sich Biotope verschieben, dabei stehen viel größere Katastrophen bevor: da gehen Staaten bankrott, da flüchten Millionen von Menschen quer durch Europa auf der Suche nach Eßbarem...und hier werden Fische und Käfer gezählthabe ich oben geschrieben. In der Bewertung der Klimaentwicklung scheint unser Dissens, wenn er denn existiert, anders herum zu bestehen: es kommt schlimmer, war meine Botschaft.
Sorry, das hab ich dann falsch verstanden. Ich hatte es mehr als ein schulterzuckendes »Wozu machen die sich Sorgen, es gab doch schon viele Klimaänderungen« interpretiert.
Aber daß uns noch größere Katastrophen bevorstehen, sehe ich nicht als Grund, die laufenden Veränderungen nicht festzuhalten, um uns darauf einstellen zu können. Das käme ja einem Aufgeben gleich.

Ich habe mich in die Bewertung eingemischt, weil Du Dieter geschrieben hast, Ich hoffe, Dir ist das Lachen vergangen.Das war inhaltlich in meinem Sinne, wenn ich es auch nicht freundlich finde.
Ich bin dem Thema entsprechend ernst, das ist weder freundlich noch unfreundlich. Als jemand, der gern lebt und halbwegs erfaßt hat, worum es bei dem Thema geht, kann ich mir logischerweise auch nur wünschen, daß allen, die heute noch lachend meinen, ihrer Region brächte der Klimawandel nur Vorteile, das Lachen vergeht, d.h., sie auch erkennen, wie sehr der Hut brennt, und daß auch sie nicht nur Vorteile haben werden.

Kulturen und Zivilisationen haben ihre Entwicklungszyklen, lautet eine These, und unsere ist in der Endphase. Aber eine andere These lautet: fast alle Zivilisationen sind aufgrund von Klimaveränderungen zugrunde gegangen, seien es die Ägypter oder andere*. Daß sich unsere Zeit heute derartig einsortieren läßt, macht nichts harmloser. Das neue ist die menschengemachte Klimaveränderung, die uns die Basis zum Leben wegnimmt, und deren globales Ausmaß.
Sei mir nicht böse, aber das klingt schon wieder nach einem schulterzuckenden Hinnehmen der Tatsachen. Als reihtest Du die jetzige Klimaveränderung geschichtlich bereits zu den anderen, so als seien wir schon tot. Tatsache ist aber auch, daß wir sie sehr wohl noch aufhalten oder bremsen können, wenn wir nur wollen und jeder Einzelne konsequent handeln würde. Wenn die Politiker nicht über CO2-Einsparungen bis 2020 diskutieren würden, sondern jetzt jeder seinen Teil dazu beitragen würde. Aber es will halt niemand auf etwas verzichten. Die Wirtschaft nicht auf ihre Gewinne, der Private nicht auf seine Bequemlichkeit und die Politiker nicht auf ihre Wählerstimmen. Letztlich liegt es aber doch an jedem Einzelnen, denn die Wirtschaft orientiert sich am Kaufverhalten und die Politik an der Meinung der Masse und der von Experten. Statt zu warten, bis die Politik uns die nötigen Vorgaben gibt, könnte auch einfach jeder Einzelne handeln.

Tja, ich hoffe, wir entfernen uns nicht zu sehr von Dieters Geschichte.
Wenn eine Geschichte und ihr Thema Auslöser für eine Diskussion darüber sind, muß man auch darüber reden dürfen. Wobei ich aber auch nichts gegen eine Diskussion im Kaffeekranz hätte, nur will ich den Thread nicht eröffnen.

Mir geht es immer noch um den Aspekt der Verniedlichung bei Dieter: wenn sich die Touristenströme verändern, gibt es immer noch Menschen, die in Urlaub fahren. Solange ist die Welt noch ziemlich in Ordnung.
Nur kommt es ja eben zumindest für mich so rüber, als würde er das ernst meinen, deshalb konnte ich auch nicht drüber lachen.

Auch solange es arme Länder gibt, wo man sich billig verwöhnen lassen kann, stimmt ja für uns alles. Und die wird es immer geben, darauf können wir uns ganz sicher verlassen. Fragt sich nur, wann wir dazugehören.
Wenn’s nur das Verwöhnenlassen wäre, das allein schädigt wenigstens die Umwelt nicht. Zum Thema Urlaub fallen mir als erstes die Flugzeuge ein, die richtige CO2-Schleudern sind.

Die Rubrik sagt ja eigentlich schon, daß man hier keine Fachdiskussionen führen sollte.
Eine gesellschaftskritische Satire darf ruhig mit ein bisschen Hintergrundwissen geschrieben werden, und wenn ich das als Kritiker vermisse, gehört die Diskussion darüber genauso zur Kritik.
Außerdem sollte erkennbar sein, was eigentlich satiriert wird, und das ist bei diesem Text auch nicht so klar, wie ja auch die bisherigen Antworten zeigen. Ist es nun eine Kritik daran, wie wenig ernst die Menschen den Klimawandel nehmen, Hauptsache, sie können auf Urlaub fahren, oder ist es eine Kritik an jenen, die Alarm schlagen, obwohl doch eh bloß für ein paar tausend Jahre Nord und Süd vertauscht wird? Das sind schon zwei ziemlich gegensätzliche Standpunkte, die nicht gut in einer Geschichte vereint sein können, und wenn man darüber eine Diskussion beginnt, hat das direkt mit der Geschichte zu tun.

Liebe Grüße,
Susi :)

 
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Hallo Susi,

da Du Dir nun so sicher bist, das Thema erfaßt zu haben und uns die Leviten lesen zu können, stelle ich mal ein paar provozierende Thesen ein; gehört ja alles direkt zur Geschichte, nach Deiner Lesart:

1. Es gibt keine globale Erwärmung, sondern nur leichte Schwankungen. Zum Teil sind diese verstanden, zum Teil nicht. Es existiert eine 1000-jährige Periode, die noch völlig unverstanden ist. Vor 1000 Jahren war es so warm, daß man auf Grönland Ackerbau betreiben konnte; so warm haben wir es heute noch nicht. Das könnte schon alles sein, was zur Erwärmung zu sagen ist.

2. In der gut erforschten Zeit der Erdgeschichte, die etwa 10 Prozent der Geschichte der Erde und des Lebens ausmacht, gab es 4 große und einige Dutzend kleinere Katastrophen, die zu Faunenschnitten führten. Faunenschnitt nennt man ein Ereignis, das zu einem Aussterben der meisten lebenden Pflanzen und Tiere führt. Der älteste bekannte Faunenschnitt vor rund 400 Millionen Jahren führte zu einer Vereisung des gesamten Globus von den Polen bis zum Äquator, die 75 Millionen Jahre anhielt. Nur Bakterien haben diese Zeit überlebt; die Evolution mehrzelligen Lebens ging danach noch einmal von vorne los. Dieses Ereignis liegt nur 10 Prozent der Erdgeschichte zurück. Über die Zeit davor wissen wir wenig.

Das Artensterben, das wir gegenwärtig beobachten, wird nach dem völligen Verschwinden der Regenwälder in vielleicht 50 - 100 Jahren zu einem Aussterben von mehr als 95% aller Tiere und Pflanzen geführt haben. Es gehört erdgeschichtlich zu den kleineren Ereignissen; es ist allerdings das erste, das nur auf eine einzige Art, nämlich uns, zurückzuführen ist. Die meisten Faunenschnitte mit so großem Ausmaß haben vulkanischen Ursprung.

3. Es gibt keinen globalen Meersspiegelanstieg, der auf eine anthropogene Klimaänderung zurückgeht. Der Meeresspiegelanstieg, der dem Ende der letzten Eiszeit folgte, ist weitgehend abgeschlossen; was danach kam, liegt am Eingriff des Menschen in den globalen Wasserhaushalt. Die Entwaldung der Mittelmeeregion und von Teilen Asiens vor 2000 Jahren, die zunehmende Landwirtschaft in Nordamerika und Westeuropa nach 1600 und die Entwaldung der Regenwälder nach 1900 haben dazu geführt, daß Regenwasser erheblich schneller in die Meere abfließt und der Grundwasserspiegel auf den Kontinenten in den betroffenen Gebieten um mehrere Meter gesunken ist. Die Drainierung der Anbauflächen und Bewässerung mit Grundwasser seit etwa 50 Jahren steigern den Effekt zusätzlich. Das reicht aus, um den Meersspiegelanstieg der letzten 2000 Jahre und die Steigerung in den vergangenen 200 Jahren zu erklären.

4. Der Rückgang der Vereisung ist ungeeignet, den Meerespiegelanstieg zu begründen; entsprechende Bilanzierungen fehlen. Das schwimmende Eis im Nordpolarmeer bringt keinen Beitrag zum Meeresspiegel; die Eismasse auf der Antarktis ist nicht temperatur-, sondern niederschlagsgesteuert: wird das Klima wärmer, nimmt die am Südpol gebundene Eismasse zu. Die Gletscher auf den Kontinenten weichen zurück, sind aber zu klein für den gesuchten Beitrag.

5. Fast alle Forschung zu dem Zusammenhang zwischen Treibhausgasen, Erwärmung und Meersspiegelanstieg werden von den USA finanziert und betrieben. Sie trägt in erheblichem Umfang zu Umweltauflagen und Verlangsamung des Wirtschaftswachstums in Europa und den Schwellenländern bei.
Gleichzeitig sind die USA die einzige Industrienation, die bei Wirtschafts- und Umweltpolitik auf den Klimawandel keine Rücksicht nimmt. Sie erreichen durch ihre Klimaforschung und die darauf fußende Propaganda weltwirtschaftlich erhebliche Vorteile. Eine Erforschung des Beitrages aus dem globalen Wasserhaushalt ("global run-off") kommt erst seit wenigen Jahren langsam in Gang, da sie der Treibhausgasthese und den damit verbundenen Interessen zuwiderläuft.

Ich habe absichtlich überspitzt; so wie es hier steht, stimmt es nicht. Aber es dürfte auch schwerfallen, die Positionen völlig zu widerlegen. Die Entwicklung ist ernst, aber auch viel zu komplex für einfache Antworten. Wer einfachen Antworten folgt, könnte irgendwann merken, daß er sich vor den falschen Karren spannen lassen hat. Das wollte ich zeigen.

Gruß Set

 
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da Du Dir nun so sicher bist, das Thema erfaßt zu haben und uns die Leviten lesen zu können, stelle ich mal ein paar provozierende Thesen ein; gehört ja alles direkt zur Geschichte, nach Deiner Lesart:
Erstens hab ich von "halbwegs erfaßt" gesprochen, zweitens habe ich niemandem "die Leviten gelesen" - das entspricht vielleicht Deiner Denkweise, nicht meiner. Du könntest langsam wieder mit dieser unterstellenden Art aufhören, so ist das kein Diskutieren.

Wer einfachen Antworten folgt, könnte irgendwann merken, daß er sich vor den falschen Karren spannen lassen hat.
Ich folge weder einfachen Antworten noch lasse ich mich vor irgendwessen Karren spannen.

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hi Dieter,
ich hab jetzt garnicht verstanden, wo die Satire hier ist.

o.k. Du hast Dir sehr plastisch ausgemalt, wie es dann sein könnte nach/während der Verschärfung des Klimawandels, aber Satire?

Also, als Satire kenne ich z.B. wenn man bestimmte peinliche, ärgerliche oder auch sonstwie schlimme Gebaren von Menschen (nicht Naturgewalten) durch Übertreiben herausstellt.

wolltest Du den ernstnehmerischen apokalyptischen Endzeitstimmungston mancher Klimawandelbeschwörer auf die Schippe nehmen?

oder meintest Du das Thema an sich schon ernst, irgendwie?

 

Hallo Dieter Roghe,

Häferl spricht mir aus der Seele und ich erlaube mir, sie zu zitieren, weil ichs nicht besser sagen könnte:

Aber Satire ist eine spezielle Form der Gesellschaftskritik, und dafür lohnt es sich, ein bisschen zu recherchieren. Auch wenn Du nicht alles in die Geschichte einfließen läßt, merkt man ihr an, wie sehr Du Dich mit einem Thema befaßt hast.

Genau! Und an anderer Stelle weist Häferl dich darauf hin, dass es gut gewesen wäre, einen Protagonisten zu haben, um aus deinem Text eine Geschichte zu formen.

So liest es sich eher wie eine muntere Aneinanderreihung innerhalb einer Zeitungskolumne.
Gewiss, es war interessant zu lesen, was du geschrieben hast, aber wir sind auf kurzgeschichten.de und für mich liegt die Betonung auf Geschichte und nicht auf Kolumne, welche absolut ihre Berechtigung hat, aber eben in einem anderen Forum.

Die Möglichkeit, eine satte Satire über den Klimawandel zu schreiben, in Form einer Kurzgeschichte, hast du leider vertan.
Aber, ich denke, dass du genau das noch herstellen könntest, denn schreiben kannste. ;)

Lieben Gruß
lakita

 

Interessant, was hier in den Kommentaren geschrieben wird. Und das zu einer Geschichte, die keine ist: kein Protagonist, keine Dialoge, keine Handlung, keine Satire - stattdessen ein Bericht.

Auf dieser Seite, Setnemides, wurde von ein paar Jahren (2006?) schon heiß über das Klimawandel diskutiert, nur ich finde den oder die entsprechenden Thread/s im Kaffeekranz nicht mehr.

Es ist echt ein Jammer, dass es im Kaffeekranz keine Suchfunktion gibt, so dass die Beiträge dort auf Niemehrwiedersehen verschwinden und man sich daher fragen muss, ob es überhaupt einen Sinn hat, in die dort erscheinende Beiträge so viel Zeit und Hirn zu investieren – wohl aus diesem Grund überwiegen dort die kurzen, meist ins Lächerliche ziehenden Einwürfe.

Andererseits sind aber grundsätzliche Diskussionen wie diese in den Geschichtenthreads, die von der Suchfunktion erfasst werden, nicht gern gesehen – ich wundere mich sowieso, dass diese Geschichte noch hier steht.

Ich hoffe, Webmaster wird bei seinem Umbau der Seite auch ein Diskussionsforum für Themen einrichten, die grundsätzlicher Natur sind und deswegen zurecht nicht in den Geschichtenthreads abgehandelt werden können, aber auch nicht in den, eher dem Smalltalk gewidmeten, Kaffekranz passen.

 

Hallo, liebe Leser und Kritiker! Danke für eure Mühen und Ratschläge. Nun habe ich sie aufzugreifen versucht und stelle meine stark überarbeitete Neufassung jetzt ins Netz. Möge sie auf wohlwollendes Interesse stossen...
Aber alle, die zum Reizwort "Klimawandel" Grundsätzliches, Richtungsweisendes erwarten, muß ich nach wie vor enttäuschen. Mir geht es allein um den Gegensatz (Süden/Norden), der aus der Sicht von hier und heute immer noch verrückt erscheint und in seiner Ausmalung absurd wirkt. Ob das mal Realität wird - ist hier nicht mein Problem!
Natürlich bleibt da was Ambivalentes. Ist das vielleicht genauso Humor wie Satire, vielleich auch Fiktion? Aber die blosse Zuordnung in die Rubrik-Schublade ist nicht mein primäres Ding!
Dieter

 

und wo ist die Geschichte? Hier steht nur die Fassung vom 25.1. Die ist nicht so gründlich neu.
Set

 

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