Kleines weißes Haus
kleines weißes Haus
Er war hinter den Zaug getreten und schaute sich noch einmal um. Sein Blick viel sofort auf die Schornsteine. Sie waren sehr groß und schon alt.
Als er ein Kind war, hatte er mit angesehen wie sie errichtet wurden.
Sein Vater hatte dabei mitgeholfen die Firma zu errichten. Und jetzt arbeitete er auch hier.
Quasi ein Familienbetrieb.
Er liebte diese Arbeit.
Es war eine schwere Zeit. Viele Menschen hatten keine Arbeit.
Er arbeitete nun schon seit fast 32 Jahren in dieser Firma.
Ja, er liebte sie wirklich.
"Zuhause wartet meine Frau" ging es ihm durch den Kopf.
Er drehte sich um und machte sich auf den Weg.
Als er bei der Brücke angekommen war, sah er wie immer die ganzen Obdachlosen an den Straßenseiten sitzen und die Suppen essen, die sie sich an der Mission auf der Triererstrasse holten.
Wie er diese Menschen verachtete.
Die Art wie sie lebten. Ohne festes Dach überm Kopf.
"Nein", dachte er sich.
"Die sind doch selber Schuld, wenn sie so leben müssen. Viel zu faul um sich arbeit zu suchen."
So würde er nie leben, das wusste er.
Er hatte ja arbeit. Und er arbeitete gerne.
Und er hatte ein Haus.
Vor zwölf Jahren hatte er es gebaut und nun war es fast abbezahlt.
Es fehlten nur noch drei Raten.
Das machte ihn glücklich.
Es lief alles nach Plan.
Er würde noch die drei Raten abbezahlen. Dann würde er noch weitere fünf Jahre arbeiten, um sich etwas auf die hohe Kante zu legen.
Und danach würde er in Rente gehen und sein Leben genießen.
Er war schon lange an der Brücke vorbei und schritt nun auf das Arbeitsamt zu.
Er wohnte nun schon sein ganzes Leben in dieser Stadt und hatte es noch nie nötig gehabt, dieses Gebäude zu betreten.
Wozu auch?
"Jemand der Arbeit will, findet auch welche" war schon immer seine Devise gewesen.
Oh, er hasste Arbeitslose wirklich.
Sie liegen nur auf der Tasche von Vater Staat.
Ja, er bezahlte Steuern und Steuern, damit diese Schnorrer und Arbeitsfaulen Blutsauger davon leben konnten.
Wie seine Nachbarn.
Er redete nicht mit ihnen. Die waren auch Schnorrer. Herr Gabriel war nun schon seit andertalb Jahren arbeitslos.
"Der konnte ja kaum seine Familie ernähren. Und seine Kinder laufen immer mit dreckigen Kleidern rum, weil der wegen seiner Faulheit noch nicht mal Waschmittel kaufen kann."
Er ärgerte sich jeden Tag über seine Nachbarn.
Sie würden bald umziehen müssen, in eine schlechte Gegend, weil sie die Raten nicht zahlen konnten.
Ihm wars ganz Recht. Er hoffte das bald wieder eine ordentliche Familie einziehen würde.
Er war schon fast zu Hause.
Er musste nur noch durch dises schlechte Viertel, in das die Gabriels bald ziehen würden.
Ein Drecksloch war das. Überall stank es und es gab keine Gärten.
Es gab auch keine Einfamilien-Häuser.
Nur große Blocks.
Er liebte sein kleines weißes Haus.
Er konnte sich überhaupt nicht vorstellen hier raus ziehen zu müssen.
Aber dieser Gedanke wurde schnell verdrängt. Er hatte ja schließlich Arbeit und konnte für sich und seine Kinder sorgen.
Er konnte die Hypothek abbezahlen und ein schönes geregeltes Leben ohne Arbeitsamt und Suppenküche.
Als er um die Ecke bog, viel sein Blick direkt auf dieses kleine Weiße Eigenheim.
Es war wunderschön.
Und drinnen wartete sie, seine geliebte Frau.
Er konnte schon fast den Duft des Essens riechen.
Seine Schritte wurden langsamer.
Vor dem Gartentor hielt er an. Das war es. Das war sein wunderbares Leben.
Im Gras lagen die Spielzeuge der Kinder.
Das Gartentor wurde geöffnet und er ging auf die Haustüre zu.
Er schloss sie auf und trat hinein.
Seine Frau kam ihm direkt entgegen. Sie lächelte. Wunderschön.
Sie umarmten sich. Er wollte sie garnicht loslassen. Fragend sah sie ihn an. Er senkte seinen Blick, ließ sie aber noch immer nicht los.
"Ich bin heute entlassen worden!"