Kleine Welt im Schnee
Er saß am Schreibtisch. Wo sonst! In gewohnter Haltung mit seinem dunkelroten Morgenrock. Seine Finger rasten über die Tastatur des Computers. Immer wieder verharrte er in seiner Arbeit, murmelte vor sich hin, vertiefte sich wieder, klopfte in die Tastatur.
Dass Benny bereits neben ihm stand, schien er gar nicht zu bemerken.
„Guten Tag, Onkel Henry!“
Onkel Henry drehte sich zu ihm, nickte kurz und wandte sich wieder seiner Tätigkeit zu.
„Du sollst mich doch nicht alle fünf Minuten stören, Benny. Geh auf dein Zimmer. Ich habe dann später für dich Zeit“, sagte er ohne aufzublicken. Er hatte keine Zeit. Nicht jetzt und nicht später. Wahrscheinlich hatte er noch nicht einmal bemerkt, dass es längst Mittagszeit war. Und wahrscheinlich hatte er auch nicht bemerkt, dass Benny das letzte Mal vor beinahe fünf Stunden neben ihm gestanden hatte, fertig für die Schule, um sich zu verabschieden. Wahrscheinlich hatte er den Gruß nicht einmal gehört.
Schmollend verzog sich der Junge in Richtung Küche, wo die Haushälterin eben das Essen auftrug. Es roch herrlich nach Braten und Soße. Und wenn Benny nicht so enttäuscht gewesen wäre, hätte er diesen feinen Duft bestimmt genossen. Braten mit Soße, seine Lieblingsspeise, wenn es dazu noch Nudeln gab, könnte ihn das wieder ein wenig versöhnlich stimmen.
„Na, junger Mann, nun mach doch nicht so ein Gesicht. Sieh nur her, ich habe hier einen Topf Nudeln und wenn der gnädige Herr nicht essen kommen möchte, dann ist er ganz allein für dich bestimmt. Also, lang fleißig zu und lass es dir schmecken.“
Doch mit hängendem Kopf saß er vor dem Teller, den Martha gerade füllte, und Tränen traten in seine Augen.
„Er mag mich nicht“, sagte er leise.
„Na, na, na! Also, das will ich überhört haben.“
„Er hat nie Zeit für mich. Immer nur soll ich Ruhe geben, auf mein Zimmer gehen, nicht stören…“
„Schließlich arbeitet er Tag und Nacht nur dafür, dass es dir gut geht. Man darf nicht undankbar sein, hörst du?“
Benny warf seine dünnen Arme um den Hals der Haushälterin und klammerte sich daran fest. „Ich will nur bei dir sein“, flüsterte er.
„Also, Benny!“ Martha wiegte den zarten Kinderkörper. „Sei doch froh, dass du wenigstens deinen Onkel hast!“
„Er hat nicht einmal daran gedacht, dass heute mein Geburtstag ist. Am Morgen nicht und jetzt auch nicht.“
„Dafür habe ich deine Leibspeise gekocht.“ Martha lief zum Küchenschrank, öffnete ihn und nahm ein kleines, buntes Päckchen heraus. „Und ein kleines Geschenk hab ich auch noch für dich.“ Sie streckte es ihm entgegen und munterte ihn mit einem Lächeln auf, es entgegenzunehmen.
Verlegen ließ Benny seine Beine unter dem Tisch baumeln.
„Du weißt doch, dass Onkel Henry das nicht mag, wenn du mir was schenkst.“
„Unsinn! Einer muss doch für dich da sein und an deinen Geburtstag denken. Du darfst es ruhig öffnen. Es ist auch bestimmt nur eine Kleinigkeit.“
Aus Bennys Schmollmund wurde mit einem Mal doch ein freundliches Lächeln. Er hüpfte vom Sessel und nahm das Geschenk stürmisch in Empfang. Hastig riss er die Verpackung auf und fand eine Pappschachtel darin vor.
„Du musst sie öffnen“, sagte Martha, als sie Bennys fragenden Blick sah.
Seine kleinen Finger zogen die Lasche auf, mit der die Schachtel verschlossen war, und kramten ein wenig Füllmaterial heraus. Plötzlich begannen seine Augen zu leuchten, als er eine gläserne Kugel auf einem schwarzen Plastikring in der Hand hielt.
„Ein Briefbeschwerer!“, rief er. „Mit richtig viel Schnee drin.“
„Sieh nur, was unter dem Schnee vergraben liegt. Dazu musst du die Kugel fest schütteln.“
Benny versuchte es und ließ den Schnee in der Kugel richtig stoben. Erst verschwommen, dann immer klarer erkannte er die kleine Kirche und die vielen noch kleineren Häuser ringsherum.
„Das ist ja unser Dorf!“, rief er verzückt. Martha nickte.
„Ja, das ist unser Dorf. Und kannst du unser Haus erkennen? Sieh mal genauer hin!“
Noch einmal musste Benny die Kugel schütteln, damit der Schnee kreuz und quer flog. Aufmerksam musterte er die kleine Ortschaft in der Kugel, folgte den Straßenverläufen, auf denen sich ganz kleine, dunkle Autos zu tummeln schienen und dann entdeckte er den See, an dem sein Haus stand.
„Es ist sogar grün, wie in Wirklichkeit!“ Mit erstaunten, großen Kinderaugen sah er Martha an.
„Ja, es ist Tatsächlich wie in Wirklichkeit“, sagte sie und wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
„Warum weinst du denn?“, fragte Benny und strich mit den kleinen Fingern über die dicke Hand der Haushälterin.
„Lass nur, ist schon gut. Ich freue mich nur so sehr, dass du dich freust. Iss jetzt und mach dann, dass du einen feinen Platz für die Schneekugel findest.“
Benny nickte und drückte Martha einen kräftigen Kuss auf die rote Wange. „Die kommt auf mein Bücherregal. Dort kann ich sie von meinem Bett aus sehen."
....
„Wollen Sie denn heute gar nichts essen, gnädiger Herr? Es ist noch genug da. Der kleine Benny war recht enttäuscht, dass Sie auf seinen Geburtstag vergessen haben. Morgen sollten Sie das nachholen.“ Während Martha in vorsichtigen Worten ausdrückte, was schmerzlich in ihrer Brust tobte, schüttelte sie die Pölster zurecht, zupfte an der Tischdecke, räumte die Gläser auf das Tablett und verrichtete diese und jene kleine Tätigkeiten im Arbeitszimmer des gnädigen Herrn.
„Ich werde das schon nachholen. Und ich sehe dann auch gleich nach ihm, nur hören Sie jetzt endlich mit dem Gejammer auf!“, versuchte Onkel Henry Marthas Wortschwall zu unterbrechen. Noch immer war er in seine Arbeit vertieft. Das Gefühl für Zeit war ihm im Laufe der Jahre völlig abhanden gekommen.
„Der Kleine wird schon längst schlafen. Schließlich geht es schon gegen Mitternacht, gnädiger Herr. Aber morgen ist ja auch noch ein Tag. Kinder sind nicht nachtragend. Sie vergessen schnell. So wie die Sache mit seinen Eltern. Mir kommt’s vor, als wär es erst gestern gewesen...“
„Martha! Sie sollen doch nicht immer davon anfangen. Wie soll man denn diese tragische Zeit jemals vergessen können, wenn Sie ständig davon reden?“ Aufgebracht war Onkel Henry von seinem Schreibtisch hochgefahren und hatte die Haushälterin damit zutiefst erschreckt.
„Verzeihung, gnädiger Herr. Ich wollte nicht… Ich dachte nur…“
„Denken Sie heute am besten gar nichts mehr und gehen Sie zu Bett.“
„Das wird wohl das Beste sein. In der Küche steht noch ein Teller mit Braten. Wenn Sie also Hunger haben…“
„Ich werde schon etwas finden.“ Mit ausladender Handbewegung wimmelte er sie ab. „Nun gehen Sie schon!“
Leise schloss Martha die Schiebetüre hinter sich und stieg ächzend die Treppe in das oberste Stockwerk hoch. Nur noch einen Blick in Bennys Zimmer wie jeden Abend, bevor sie schlafen ging. Vorsichtig öffnete sie die Türe zum Kinderzimmer. Es war ein hübsches Zimmer. Die blauen Wände über und über mit kleinen, gemalten Kätzchen auf der Tapezierung leuchteten im Licht der Straßenlaternen. In den Regalen saßen die vielen Stofftiere, Bücher standen darin und irgendwo musste der junge Mann doch die Schneekugel hingestellt haben. Im Finstern konnte sie sie nicht ausmachen. Aber Benny würde ihr morgen schon zeigen, wohin er sie gestellt hatte.
Leise schloss Martha die Türe wieder, nicht ohne vorher einen Blick auf den Schreibtisch zu werfen. Er hatte also noch aufgeräumt, der Kleine. Sehr brav! Wo sich am Nachmittag noch Bücher neben Spielzeug gestapelt hatten, war fein säuberlich Ordnung gemacht worden.
...
Mit dem ersten Hahnenschrei öffnete Martha die Augen. Wie jeden Tag blickte sie in das Dunkel ihres Zimmers. Doch an diesem Morgen war etwas anders. Noch bevor sie sich im Bett aufsetzte, bemerkte sie den Unterschied. Ein leises Schnarchen war zu hören. Und das in ihrem Zimmer! Sie fuhr hoch und schon im selben Augenblick erkannte sie Bennys Haarschopf, der unter der dicken Daunendecke am Fußende ihres Bettes hervorlugt.
Also so etwas! Noch nie zuvor hatte sich der Kleine in der Nacht in ihr Zimmer geschummelt. Was mochte der Grund dafür sein? Ob er wohl schlecht geträumt hatte? Bestimmt, sonst wäre er wohl nicht hier.
Martha versuchte sich so unbemerkt wie möglich aus dem Zimmer zu schleichen, nachdem sie sich angekleidet hatte. Und schon im Flur hörte sie erneut ein ungewohntes Geräusch.
Onkel Henry huschte an ihr vorbei und verschwand hinter der Schiebetüre seines Arbeitszimmers. Überrascht blieb Martha davor stehen und unterlag schon beinahe der Versuchung, die Türe einen Spalt zu öffnen, um nachzufragen, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei. Doch dann überlegte sie es sich anders und machte sich auf den Weg in die Küche.
Merkwürdig, wie dieser Tag begann. Wirklich merkwürdig.
Während sie mit dem Kaffeegeschirr klapperte und das Weißbrot aus dem Toaster sprang, grübelte sie ständig über diese Veränderung des heutigen Morgens nach. Was mochte den gnädigen Herrn so zeitig aus dem Bett getrieben haben? Ob er sich doch eine verspätete Geburtstagsüberraschung für seinen Neffen ausgedacht hatte?
Eilig richtete sie das Frühstück auf einem Tablett zusammen und lief damit Richtung Arbeitszimmer. Als sie Türe öffnete, hörte sie, dass der gnädige Herr ein Telefongespräch führte.
„Es ist unmöglich, schier unmöglich!“, fauchte er in den Hörer und deutete der Haushälterin, das Frühstück abzustellen und gleich wieder zu verschwinden. Dabei flatterten die Ärmel seines Morgenrockes wild in der Luft. Dann wandte er sich wieder seinem Gespräch zu.
„Das habe ich Ihnen jetzt schon hundert Mal versucht begreiflich zu machen, dass ich es nicht schaffen werde…“
Es schien also nicht um Bennys Geburtstagsgeschenk zu gehen.
„…aber ich erkläre es Ihnen gerne noch ein hundert und erstes Mal. Ich werde es nicht schaffen, bis Ende des Monats. Ich weiß nicht wie Sie sich das vorstellen? Ich kann den Roman nicht einfach so aus dem Ärmel schütteln. Und wenn Sie auch noch so sehr drängen. Das Ende fehlt noch und Sie wollen doch ein Ende, oder…“
Rasch zog Martha die Schiebtüre hinter sich zu. Terminschwierigkeiten, also. Und wieder kein Geburtstagsgeschenk für Benny. Wie gut, dass sie selbst daran gedacht hat, ihm die kleine Überraschung zu bereiten.
„Guten Morgen!“ Martha erschrak, als sie Bennys Stimme so plötzlich wahrnahm. Aber sie fasste sich gleich wieder und fuhr ihm über das noch unfrisierte Haar.
„Guten Morgen, junger Mann! Was hat dich denn in der Nacht zu mir getrieben? Du hast mich ganz schön erschreckt, heute Morgen.“
Martha zwinkerte ihm zu. „Wo hast du denn die Kugel gelassen? Die hab ich gestern auf dem Regal gesucht. Dort wolltest du sie doch hinstellen?“
Benny nickte.
„Und? Wo hast du sie?“
Benny zuckte mit den Achseln.
„Du willst es wohl nicht verraten, habe ich Recht? Na, dann behalte es mal lieber für dich. So, jetzt gibt es noch ein kräftiges Frühstück und dann machst du dich für die Schule fertig!“
...
Martha staunte nicht schlecht, als sie die Schneekugel am Vormittag beim Saubermachen unter dem Schreibtisch fand. Achtlos lag sie im hintersten Eck. Es kostete sie große Anstrengung, sie von dort aufzuheben, aber schließlich erwischte sie den schwarzen Plastikring mit ihren dicken Fingern und zog sie daran hervor.
Sorgsam wischte sie mit dem Putzlappen über das Glas und stellte sie auf den Schreibtisch.
Normalerweise war die Haushälterin nicht so schreckhaft, aber als sie im Augenwinkel die Gestalt der schwarzen Katze vor Bennys Fenster erkannte, musste sie kurz nach Luft schnappen. Über sich selbst lachend öffnete sie das Fenster einen Spalt breit, um das Tier herein zu lassen. Sich das Köpfchen an ihrem Arm stoßend drückte sie sich an ihr vorbei und sprang auf den Schreibtisch, der direkt vor dem Fenster stand.
„Ja, was willst du denn hier?“ fragte Martha, wohl wissend, dass ihr die Antwort auf diese Frage versagt bleiben würde und streichelte sie zwischen den Augen. „Du willst wohl ein Schälchen Milch von mir? Na, dann komm mal mit. Aber sieh zu, dass dich der gnädige Herr nicht erwischt. Der hat heute schrecklich schlechte Laune.“ Als ob sie einen alten Freund wieder getroffen hätte, sprach sie zu dem Tier, das ihr treuherzig in die Küche folgte.
„Der gnädige Herr wird es gar nicht gut heißen, wenn er dich hier sieht. Außerdem wird der Kleine sehr traurig sein. Wir dürfen keine alten Wunden aufreißen. Er hätte dich auch gerne behalten, aber der gnädige Herr… “
Die Haushälterin wässerte den Schluck Milch, den sie in ein Schälchen gegossen hatte und lockte die Katze damit vor die Eingangstüre.
„Du bleibst mal lieber draußen, sonst handeln wir uns eine Menge Schwierigkeiten ein, du und ich“, sagte sie entschuldigend, während sie die Türe hinter sich ins Schloss zog, um sich gedankenverloren wieder an ihre Arbeit zu machen. Es hätte dem Jungen gut getan, einen Freund zu haben, auch wenn es nur eine zugelaufene Katze war. Wenigstens aufpäppeln hatte der Kleine sie dürfen. Lucky hatte er sie genannt. Seinen Glücksbringer. Bestimmt war die Katze das größte Glück für den Jungen gewesen. Und gewiss hatte er nicht damit gerechnet, sie wieder hergeben zu müssen.
Martha seufzte und lief eilig in Bennys Zimmer zurück. Sie musste ihre Arbeit dort noch vor dem Mittagessen fertig bringen, was nicht schwer war, denn der kleine Benny war ein sehr ordentliches Kind.
Umso verwunderter erinnerte sie Martha an den Verbleib der Schneekugel. Sie nahm den Briefbeschwerer vom Schreibtisch und sah sich im Zimmer um. Wo, hatte der Junge gesagt, wollte er sie hinstellen? Ach ja, richtig auf das Regal, so dass er die Kugel vom Bett aus sehen konnte. Nun, dann sollte sie auch dorthin.
Martha fand gleich eine Stelle im Regal, die ihr geeignet erschien. Noch einmal wischte sie ihre Fingertapper vom Glas, während sie dem Straßenverlauf in der kleinen Welt folgt. Alles darin war dem Dorf so realistisch nachempfunden, erstaunlich. Die Häuser, die Gärten mit allen Details. Jede Kreuzung, jede Biegung. Bis zum Haus, in dem sie arbeitete war jede Einzelheit vorhanden. Selbst die Farbe des Hauses war gut getroffen. Man konnte auf der Innenseite des Kinderzimmerfensters sogar den Schatten einer schwarzen Katze erkennen. So ein Zufall!
Martha lächelte verwirrt. Na ja, auf der anderen Seite, so was kennt man ja. Ein Flugzeug, ein Foto, eine Nachbildung davon in einem Briefbeschwerer. Aber so ähnlich, dass selbst die Katze im Fenster…
Marthas Blick fiel auf die Uhr. Nur noch eine Stunde, dann würde Benny wieder daheim sein und das Mittagessen war noch nicht fertig.
...
„Wie kannst du mich so erschrecken?“, Martha war in Bennys Zimmer hoch geeilt, sofort nachdem sie den gellenden Schrei gehört hatte. Noch immer stand der Mund des Jungen weit geöffnet und sein geröteter Kopf war auf das Bücherregal gerichtet. Wieder schrie er gellend, ohrenbetäubend, als Martha ihn endlich erreicht hatte. Doch alle Mittel, ihn zu beruhigen halfen nicht. Erst als Onkel Henry das Zimmer betrat und seine wütende Stimme erklingen ließ, fuhr Benny erschrocken herum und verstummte.
„Wozu habe ich Sie?“, fuhr Onkel Henry Martha an. „Sie schaffen es nicht einmal, diesen Bengel ruhig zu stellen!“, brüllte er.
Schützend nahm Martha den Kleinen in den Arm und zog ihn hinter sich her zu seinem Bett.
Onkel Henry blieb in der Türe stehen. Sichtbar genervt. „Verdammt! Es tut mir Leid.“ Sein Gesicht war grau und faltig. Seine Mundwinkel zitterten. Zu wenig Schlaf, zu wenig Zeit, dafür um so mehr Arbeit.
„Hab’s nicht so gemeint, Benny. Ich .. ich werde es wieder… ich gehe noch schnell Zigaretten holen.“ Onkel Henrys Fäuste öffneten und schlossen sich nervös, dann machte er kehrt und stieg die Treppe hinunter.
Mit einem Taschentuch wischte Martha über Bennys verweintes Gesicht, trocknete die Tränen und schaukelte ihn auf ihrem Schoß.
„Du hast mir ja einen schönen Schrecken eingejagt“, sagte sie nach einer Weile. „Und deinem Onkel auch, das kannst du mir glauben.“, sagte sie mit ihrer sanften Stimme. „Was musstest du auch so laut brüllen, dass man glaubt, du steckst auf dem Spieß?“
Benny schniefte und Martha putzte ihm mit dem schon feuchten Taschentuch die Nase. Sein Blick war noch immer auf das Regal geheftet. Das Einzige, was dort neben den Büchern stand, war die Kugel, ihr Geschenk vom Vortag.
„Was hast du denn? Was ist denn nur mit dir?“, fragte sie und folgte Bennys Blick.
Benny schniefte.
„Ist es die Kugel?“
Benny nickte.
„Soll ich sie weggeben?“
„Sie… sie riecht nach Rauch.“
Plötzlich sprang Martha auf. „Jesus und Maria! Das Mittagessen! Fast hätte ich es vergessen!“ So schnell sie ihre dicken Beine tragen konnten, raste sie aus dem Zimmer und die Treppe zur Küche hinunter.
Vorsichtig richtete Benny sich auf. Doch einen Schritt zu gehen wagte er nicht. Er sah die Kugel gut vom Bett aus. Er war ihr nahe genug, um durch das Glas blicken zu können, in den Straßenverlauf bis hin zu dem Haus, in dem er wohnte. Nahe genug, um die schwarze Miniaturkatze vor dem Haus zu erkennen. Nahe genug, um das kleine Auto zu sehen, das der Katze ausweichen wollte, und den Mann in dem dunkelroten Schlafrock, der auf der Motorhaube lag.