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Kirschblüten zum Abschied
Amélie, sie steht am Bett ihres Vaters Josef. Sie hält seine Hand und blickt nachdenklich in das Gesicht ihres Vaters. Er war immer sehr liebevoll, auch wenn er selten Zuhause war, hatte sie ihn sehr geliebt, immer an ihn denken müssen. Seine Leidenschaft war der Himmel, er wollte ihm stets so nah wie möglich sein, daher wurde er auch Pilot.
Ihr blick schweift zur Wand. Ein Ölgemälde ist dort aufgehängt, es zeigt sie als kleines Mädchen zusammen mit ihrem Vater, wie sie zusammen in einer Wiese liegen und fasziniert in den Himmel blicken. Es wurde von ihrer Mutter gemalt, die in einem Zugunglück ums Leben kam. Amélie war gerade erst vierzehn Jahre alt und Josef wurde dadurch gezwungen seine Arbeit als Pilot aufzugeben, um für Amélie da zu sein. Er bekam einen Job als Reiseleiter, nur das machte ihn nur noch deprimierter. Seine ganze Persönlichkeit litt unter dieser großen Veränderung. Der einst so ausgeglichene und lebensfrohe Vater, war zu einem ruhigen, immer nachdenklichen alten Mann verkommen. Seine Augen schweiften immer öfter Richtung Himmel und verharrten dort oft viele Stunden, doch nicht mehr mit dem faszinierten Gesichtsausdruck von früher, sondern mit einem sehnsüchtigen Ausdruck der Verzweiflung. Er gab sich viel Mühe vor Amélie zu verstecken, wie sehr er seine Gattin und sein altes Leben vermisst, doch genauso wenig wie sich selbst, konnte er sie belügen.
Mit ihrem 21. Lebensjahr beschloss Amélie in die Wohnung ihres Freundes zu ziehen. Sie war bereits seit vier Jahren mit ihm zusammen, doch ihren Vater alleine zu lassen, konnte sie bis dahin nicht übers Herz bringen. Zwei Wochen nach ihrem Auszug erhielt sie einen Anruf von der Polizei. Josef wollte sich das Leben nehmen und liegt nun im Krankenhaus. Als sie das Krankenzimmer betreten hatte, indem ihr Vater liegt, überreichte ihr ein Arzt einen Brief, ihr Name stand auf dem Umschlag. Das Datum des Briefes war der Tag der Beerdigung ihrer Mutter. Es war ein Abschiedsbrief, eine Entschuldigung, dass er nicht warten konnte. Er hatte sieben Jahre lang gewartet, um sich das Leben zu nehmen. Tränen verschmierten Amélies Lidschatten.
Nun ist der Moment gekommen, an dem der Arzt die überlebenswichtigen Maschinen abschaltet. Amélie ist sich sicher das richtige zu tun. Sie will ihn nicht noch länger an diese Welt fesseln. Sie greift sich Josefs Hand und gibt dem Arzt ein Zeichen.
Der Wind wirbelt purpurne Kirschblüten empor und bläst sie in das Krankenzimmer, wie in einem Ballet tanzen die Blüten in dem Strahlenfluss der untergehenden Sonne.