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Kino

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27.06.2003
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Kino

Kino

Lesly kauerte in der dunkelsten Ecke der Strasse und versteckte sich, die kalte Berührung des Ostwinds griff unter ihren dünnen Mantel und sie begann zu zittern.
Ihre Verfolger näherten sich, sie mussten sie bald finden und auf einmal zitterte Lesly noch mehr, aber diesmal nicht nur durch die Kälte des Windes.
Sie hörte schon verräterische Schritte, aber sie kamen nicht wirklich näher. Oder doch? Lesly drückte sich noch tiefer hinter den Müllcontainer, hinter dem sie sich versteckte und bedeckte ihren ganzen Körper mit dem Mantel, der von der Feuchtigkeit des Regens silbrig glänzte.
Sie spürte, wie sich jemand näherte. Gleich würden man sie entdecken, aber was sollte sie dagegen tun? Reglos verharrte Lesly und hoffte wie ein kleines unwissendes Kind, das ihre Verfolger sie nicht sehen würde, wenn sie jene nicht sah.
Sie irrte sich.
Plötzlich berührte eine Hand ihre Schulter und sie schrak zusammen.
„Alles in Ordnung, mein Kind?“
Verunsichert durch die freundliche und fremde Stimme schaute sie auf und blickte durch einen feuchten Schleier in das Gesicht eines älteren Mannes, der die Uniform eines Sicherheitsangestellten trug.
„Ich hab hier Draußen etwas gehört und dacht ich schau mal nach…“ Der Mann zog eine Decke hinter seinem Rücken hervor und bedeckte der frierenden jungen Frau damit die Schultern. „Es ist kalt hier. Was machst du…“
Ein Knall zerfetzte die Luft.
„Nein…“, hauchte Lesly und sah wie die Augen des Mannes, der ihr nur helfen wollte, verblassten.
Mit einem letzten Atem fiel der Mann vorn über und blieb in einer Pfütze liegen, die sich langsam rot färbte.
Ein Schrei erstickte in ihrer Kehle, als der dunkel gekleidete Mann, den Lauf der noch qualmenden Pistole auf sie richtete und ein selbstzufriedenes Lächeln präsentierte.
„Du hast keine Chance!“, kam dem Mann in einem sehr schweren Dialekt über die Lippen. „Ich hab dich!“
Sie schloss die Augen, wenn sie schon sterben musste, dann wollte sie diesen miesen Kerl nicht auch noch in die Augen gucken müssen.
Ein weiter Knall zerriss die Stille.
Ein feuchtes Klatschen, als würde man einen nassen schweren Sack zu Boden werfen.
Sie öffnete wieder die Augen und stellte überrascht fest, dass sie noch bei bester Gesundheit war, der Mann der sie bedroht hatte, lag unweit von dem Wachmann in einer eigenen Pfütze.
Jack stand über ihr und deutete mit dem Gewehr auf den am Boden liegenden Mann.
„Der tut uns nichts mehr, Lesly!“
„Oh, Jack…“, stieß sie hervor und fiel ihrem Geliebten um den Hals, während sich langsam ein halb durchsichtiges Wort in die Mitte des Blickfeldes schob: >ENDE<.
Dann folgte der Abspann, das Licht ging wieder an und die Zuschauer verließen langsam den großen Kinosaal. Einige sagten zu einander so was wie: „War das nicht ein schöner Film?“, andere hingegen sagten nur: „Ich fand den doof!“, aber einer wusste jeden Film zu würdigen, so schlecht der auch war.
Hoch in einer Ecke des zumeist dunkeln Raumes hing ein lebendig wirkender Schatten. Er war nicht groß, wirkte auch nicht bedrohlich, aber rein physikalisch hätte er nicht dort sein dürfen.
Dem Besitzer des Kinos war er auch aufgefallen, aber er konnte nichts damit anfangen, so einiges hatte er schon versucht den Schatten loszuwerden, aber nichts hatte geholfen, weder das Umstellen der Lampen, noch das Neustreichen der Ecke, immer war der Schatten geblieben oder nach kurzer Zeit wiedergekehrt.
Nach einigen Monaten hatte sich der Besitzer an den Schatten gewöhnt, ihn sogar als eine Besonderheit seines Kinos empfunden und prompt das Lichtspielhaus umbenannt: „Eckschatten“.
So ging es einige Jahr gut, aber eines Tages ließ die Zahl der Besucher nach, da ein moderneres Kino in der Stadt eröffnet hatte. Und so kam es soweit, dass der Besitzer fürchte bald das Kino für immer schließen zu müssen.
Traurig und alleingelassen saß der Mann im Vorführraum und wollte sich von dem Gebäude verabschieden, das ihm über Jahre hinweg ans Herz gewaschen war.
Er blickte schließlich auf, zu dem dunklen Fleck in der Ecke und schwelgte in Erinnerungen, als sich der Schatten bewegte und von der Decke einfach auf den Boden fiel.
„Selbst du fühlst dich nicht mehr wohl hier!“, sagte der Mann, während er vollkommen verwirrt die unförmige Schwärze betrachtete.
Müde schloss er die Augen, sein ganzes Leben lag in Scherben.
„Was bedrückt Euch, guter Mann?“, sprach plötzlich eine Stimme, die klang als wäre sie nicht von dieser Welt.
Der Mann öffnete die Augen und stellte als erstes fest, dass der Schatten verschwunden war, aber an seine Stelle war etwas anderes getreten, das anscheinend zu ihm gesprochen hatte.
„Was bist du?“, stieß der Mann hervor und starrte verwirrt in Augen mit elliptischen Pupillen.
„Ihr Menschen nennt Wesen meiner Art oft Feen, Geister oder Dämonen, manche nennt ihr glaube ich auch Engel oder Teufel!“
Noch verwirrter als zuvor schwieg der Kinobesitzer und betrachtete eine Weile die unwirkliche Kreatur.
„Jeder von uns hat eine andere Gestalt, die zumeist euch Menschen zu ängstigen gereicht!“
„Das sehe ich…“, stotterte der Mann nur.
Das Wesen mit dem Unterleib einer Ziege und dem Oberkörper eines jungen Menschen legte den gehörnten Kopf fragend schief.
„Fürchtige ich dich?“
„Ja“, presste der Mann nur hervor und unterdrückte den aufkeimenden Drang fortzulaufen.
„Entschuldige bitte, das war nicht meine Absicht, ich wollte euch nur danken, guter Mann“
„Mir danken?“, zweifelte der Mann die Worte an. „Warum?“
„Ihr oder viel mehr Euer Haus hat mich am Leben gehalten, über Jahre hinweg.“
„Wie soll das möglich sein? Ich wusste doch nicht mal was du bist!“
Das Wesen machte eine freundliche und dankbare Geste.
„Aber dennoch hast du mein Leben verlängert und bewahrt!“
„Aber wie?“
Lächelnd deutete das Wesen auf die Leinwand.
„Die Filme?“
„Wenn ihr diese Schauspiele so nennt!“
„Ich versteh es dennoch nicht!“
„So will ich versuchen, es euch zu erklären“, sagte das Wesen und schaute sich in dem Raum um. „Vor langer Zeit, als ihr Menschen noch nicht lange wart, da unterhieltet ihr euch mit Schauspielen und Artisten, die direkt vor ihren Publikum agierten. Diese Menschen, die die anderen unterhielten, regten die Fantasie ihrer Zuschauer an und ließen sie träumen von dem, was sein könnte. Als dies nun immer öfter geschah, entstanden neue Geschöpfe! Wie das, welches vor dir steht. Die Fantasien deiner Art nährten nun die meine. Immer wenn Menschen an einen bestimmten Ort kamen, um sich unterhalten zu lassen, war dort auch einer meiner Art, der darin aufging, in den Fantasien der Menschen, die träumten, zu baden. Es ist wunderschön, wenn Menschen träumen! Wir leben von diesem Träumen, von diesen Fantasien.“
„Ihr seid also so etwas wie Parasiten?“
„Wenn ihr es nun so nennen wollt, obwohl ich dieses Wort als ziemlich hart empfinde, schließlich geben wir euch dafür etwas zurück.“
„So?“, erwiderte der Mann nur zweifelnd.
„Ihr haltet uns mit euren Träumen am Leben und dafür schaffen wir euch ein intensiveres Empfinden dieser Fantasien!“, flüsterte das Wesen und lächelte.
„Gut, das verstehe ich, aber warum erzählst du mir das? Schließlich muss ich das Kino schließen.“
„Darum offenbare ich mich Euch doch, guter Mann!“, stieß das Wesen halb lachend hervor. „Schließe diesen Ort nicht, lass weiter das Volk hier her ein!“
„Aber warum? Es kommt doch keiner mehr, das neue Kino ist viel moderner und ich bin einfach keine Konkurrenz!“
„Ihr werdet schon sehen“, grinste das Wesen schelmisch und ließ spitze Zähne in seinem Gesicht aufblitzen. „In einigen Tagen kehren sie zurück. Gib nicht auf und glaub an diesen Ort!“
„Aber…“
„Vertraut mir einfach und ihr werdet sehen was passiert!“
Das Wesen wandte sich ab und wollte anscheinend verschwinden, aber der Kinobesitzer hielt es noch auf.
„Wie soll ich dich nennen, wenn du mir schon nicht mehr verraten willst, dann doch wenigstens das?“, bat er das Wesen und versuchte es mit einer Geste aufzuhalten.
Doch es wurde zu einem schwarzen Schatten und schwebte zurück in die Ecke des Daches wo es wieder verharrte.
Im Kopf des Kinobesitzers hallte aber ein unwirkliches Wort nach: Somn.
Wie es ihm aufgetragen hatte wartete nun der Mann noch einige Zeit und schließlich kamen die Besucher wieder, einige von ihnen sagten, das es im neuen Kino nicht dasselbe gewesen sei und es hier noch immer am besten wäre.
Nur wenig später nannte der Besitzer das Kino dann um.
"Somn´s Schatten" lautete der neue Name.

 
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Hallo Natas!

Eine interessante Geschichte, die mich angesprochen hat: Phantastische Gestalten nähren die menschliche Phantasie, die Darstellung der Phantasie nährt die phantastischen Gestalten - das Eine kann nicht ohne das Andere.

Die Filmsequenz am Anfang würde ich kürzen, da sie einen zu lange auf die falsche Spur führt und in dieser Länge auch nicht notwendig ist. Statt dessen solltest Du den Dialog mit dem "Schatten" noch etwas ausbauen.

Lesly drückte sich noch tiefer hinter den MüllcontainerKOMMA hinter dem sie sich versteckte und bedeckte ihren ganzen Körper mit dem MantelKOMMA der von der Feuchtigkeit des Regens silbrig glänzte.

Sie spürteKOMMA wie sich jemand näherte.

... und sie schrak zusammen(!)

... eines älteren Mannes, der ...

... ich schau mal nach…“ Der Mann zog ...

... der ihr nur helfen wollte, verblassten.

Ein Schrei ...

... der noch qualmenden ...

... bedroht hatte, lag ...

... auf den am Boden liegenden Mann.

... fiel ihrem ...

... aber rein physikalisch hätte er nicht dort sein dürfen.
Das solltest Du vielleicht noch etwas genauer ausführen, unabhängig von den Bemühungen des Kinobesitzers.

... das Umstellen ...

... hatte sich der Besitzer (dann allerdings) an den Schatten gewöhnt,...

„Eck(s)schatten“.

... aber eines Tages ließ ...

Und so kam es (dann auch) soweit, dass der Besitzer fürchtete, ...

... verabschieden, das ...

... über die Jahre (hinweg)...

Er blickte schließlich (irgendwann) auf,...

... in Erinnerungen, als sich der Schatten bewegte ...

... auf den Boden ...

... sagte der Mann, ...

... betrachtete(!)

Müde schloss er (dann) die Augen, sein ganzes Leben
lag in Scherben.

Was bedrückt Euch, ...

... fest, dass der Schatten (nun völlig) verschwunden war, aber an seine Stelle war etwas anderes getreten, das(s) anscheinend (auch) zu ihm gesprochen hatte.

... und betrachtete (nur) eine Weile die unwirkliche Kreatur.
Wieso unwirklich?

„Fürchtige ich dich?“
Ich weiß nicht, ob es dieses Wort gibt, aber ich finde es genial!

„Ja(.)“, presste der Mann nur hervor ...

„Ihr oder vielmehr Euer Haus ...

„Wie soll das (denn) möglich sein? Ich wusste doch nicht mal, was du bist!“

... versuchen, es euch zu erklären(.)", sagte das Wesen ...

... agierten. Diese Menschen, die die anderen unterhielten, ...

... träumen von dem, was ...

... an einen bestimmten Ort kamen, um ...

... meiner Art, der ...

... Menschen, die träumten, zu baden.

Es ist wunderschön(e), ...

„Gut, das verstehe ich...

Darum offenbare ich mich Euch doch ...

... schon sehen(.)“, ...

... und ließ ...

... und du wirst (schon) sehen, ...

Das Wesen wandte sich (schon) ab und wollte anscheinend ...

Doch es wurde (einfach nur) wieder zu einem schwarzen Schatten und schwebte wieder in die Ecke des Daches, wo es wieder verharrte.

... im neuen Kino ...

"Somn´s Schatten"(,) lautete der neue Name.

Am Anfang des Gespräches spricht das Wesen den Kinobesitzer mit "Ihr" und "Euch" an, später duzt es ihn - das solltest Du ändern.

Ich finde die Geschichte gelungen, sie hat Spaß gemacht!

LG
Aragorn

 

Ups...
Danke für den Hinweis auf die Fehler, normalerweise Weise mach ich nicht ganz so viele. Hab jetzt hoffentlich soweit alles korrigiert.

Ich freu mich das dir die Geschichte (trotz der vielen Fehler) gefallen.

Du meintest:

... und betrachtete (nur) eine Weile die unwirkliche Kreatur.

Das soll die Beschreibung des Wesens ankündigen, dass von Menschen als nicht real angesehen wird.

Sorry, bin gerad ein wenig erledigt und kann nicht so recht argumentieren.

greetz, naty:sleep:

 

Dann würde ich es anders formulieren, denn wenn der Kinobesitzer nicht halluziniert, ist die Kreatur sehr wirklich.
Es ist eine Kreatur, die es seinem Verständnis nach nicht geben kann, aber er hat sich geirrt.

Aragorn

 

Das ist so richtig, aber die Passage ist meiner Absicht nach allgemeiner zu verstehen, für den Kinobesitzer ist das Wesen zwar wirklich, aber für jeden andern Menschen nicht. Sonst hat es niemand gesehen, vielleicht, hat es sich der Kinobesitzer auch nur eingebildet.
Werd aber die Geschicht, bei Zeiten sowieso noch ein wenig überdenken...

naty

 

Endlich mal jemand, der das genau so sieht wie ich!
Deshalb kommen auch deine Geschichten (zumindest bei mir) gut rüber ;)

Bis demnächst, naty

 

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