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Kinderland

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12.04.2002
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Kinderland

Kinderland
oder
Die Geschichte vom Drachen Leben

Gedankenstraßen hängen nach Vergangenheit. Ich träume, doch trüben dichte Nebelwände immer mehr und mehr den Weg. Doch wenn meine Blicke dann doch noch aus dem Düstern fallen, dann verzittern sie am Licht.

O Kinderland, bist mir so angebrannt, du hast mir deins gezeigt, ich zeigte dir dafür meins. Und wir nahmen jeder das des Andern in die Hand. Und irgendwann dann tranken wir vom Nektar, der so ganz anders schmeckte, als die Wasser, die wir kannten. Und so anders war auf ein Mal unsere Welt. Wir ertranken in Urzeiten.

Nie wieder habe ich eine Unschuld unschuldiger verloren. Nie wieder habe ich aus einer Blüte gieriger geschlürft. Ja, ich wusste, dies war unleugbar der Nektar, der Nektar Leben. Und nie wieder fühlte ein Bienchen sich so an, so unaussprechlich wohlig warm, wenn es mit seinem Zuckermäulchen kam, den Honigwein aus meiner Lilienblüte trank, während sie locker leicht auf meinem Näschen saß.

Ja, du zeigtest mir deins, und ich zeigte dir dafür meins. Wir blühten, wie das weiße Glöckchenfeld auf unserer Waldeslichtung damals im Sonnenmai, und wir dufteten auch so. Unsere erwachten Liebessinne flogen Streichelfeste, unsere Herzen klammerten, sie kannten keinerlei Berührungsängste, unsere Augen fanden nur ein Ziel.

Wir wussten kaum etwas von Pille und Kondom. Alles war so mehr als bloß egal. Egal, so irre geil egal, wie nie wieder etwas in meinem Leben. Egal, so egal und doch so irre und unheimlich wichtig. Das Blut zerpulste sich in seinen Bahnen, dein Herz schlug bis in meinen Hals und schnürte, schnürte, schnürte, ... bis ich vor Angst und Glücklichsein keine Luft mehr bekam.

Du trugst diese den Blumenkindern läppisch nachgemachte, bunte Jeans, die so tief auf deinem süßen Popo saß, so tief, dass ich gar nicht hin sehen konnte, ohne ihn zu spüren. Wir lagen da in diesem Glöckchenfeld auf unserer Waldeslichtung, und die Strahlen phosphorizierten sich in einem ölig glänzenden Farbenmeer zwischen den Bäumen. Alles war so still. Die Welt hielt ihren Atem an, während ich dir die Jeans runter schob bis zu den Knien.

Meine Finger fanden irgendwie dann gegen deine Hände doch den Weg unter dein Höschen und glitten sanft, doch unnachgiebig tiefer den glitschigen Spalt entlang zwischen deine fest aneinander gepressten Schenkeln. Irgendwann dann wurden auf ein Mal die Muskeln deiner Schenkeln ganz, ganz weich und ich fingerlte dich schon fast, so zart, so strahlend heilig in deiner unberührten Enge. Ich hauchte Kuss um Kuss, ich schnurrte wie im Vollmondschein ein Schwarzer Kater, ich sagte dir mein Gedicht ins Ohr, das ich in der Nacht zuvor für dich gedichtet habe. Viel mehr war dann wohl nicht, an diesem ersten Tag in unserem Glöckchenfeld im Mai. Doch es war so viel, wie niemals wieder.

Wir kamen dann die ganze Woche lang jeden Tag dort hin und an jedem Tag für uns die Sonne schien. Und irgendwann haben wir uns dann wohl geliebt. Wir wollten es dann gar nicht glauben, dass die Glöckchen auf ein Mal aufhörten zu blühen. Wir dachten, die Welt spielte uns einen bösen Streich, wir kannten sie ja noch nicht.

Wir haben dann das ganze Jahr auf unseren Sonnenmai gewartet, auf das Blühen unserer Glöckchen im Mai, und als er dann schneller kam, als wir uns das selber wünschten, war es wie beim ersten Mal und viel zu schnell vorbei.

Alles, ja Alles war soo egal. Unsere Scheiß-drauf-auf-Alles-Liebe blühte zwei Mal mit den duftenden Glöckchen im Sonnenmai, und die Glöckchen blühten und dufteten mit sich selbst um die Wette, wie noch nie zuvor, und so, wie sie dann auch nie wieder dufteten und blühten, so als hätten sie es wohl gewusst und nur für uns geduftet und geblüht.

Du bist dann im Herbst darauf dem Drachen Leben begegnet. Ich stand so hilflos daneben, ich hatte keine Wahl. Er hat zuerst, ohne lange herum zu reden, wie ein Mann im weißen Ärztekittel deinen Knochen Schulter aufgefressen, dann gleich deinen Arm, und dann ...

... und dann war ich ganz allein, so ganz, ganz allein mit diesem plötzlich so wild gewordenen Drachen Leben. Ab da war ich dann kein Gutmensch mehr. Ich habe nie wieder eine Geschichte zum Lachen geschrieben. Ich habe aufgehört mit dem schönen Träumen, ich habe erkannt, was Leben auch sein kann. Der Gutmensch will den Drachen Leben nur mit seinem Guten Auge sehen. Doch jeder gesunde Mensch hat zwei davon. Ein Mensch, der sein zweites und so anderes Auge leugnet, ... Was ist so ein Mensch? Ist er noch gesund?

Und so ist ein Gutmensch auf Dauer für die Welt nicht gut. Er ist für seine Welt genau so beschissen, wie der Bösmensch. Auf Dauer hält die Welt den Einen wie den Anderen nicht aus. So einfach ist das. Und so wird jeder Gutmensch eines Tages gezwungen sein, ein rechtes Arschloch zu sein, letztendlich wird so einer dann doch noch zum Bösmensch.

Und jetzt kommt wieder so eine Zeit. Jetzt rottet wieder ein Mal der alt und an seiner Welt so satt gewordene Gutmensch den jungen, an seiner Welt so unzufriedenen und verzweifelten Gutmenschen aus, oder umgekehrt, wir werden es ja in zwanzig Jahren sehen.

Dabei schreibt die Geschichte so überdeutlich klare Bilder. Es ist die unendliche Geschichte des Gutmenschen und seiner Kriege. Selbst die Kummerln im Osten und die Nazis im Deutschen Reich waren ein Mal die Gutmenschen ihrer Zeit, erst die Zeit hat ihre wahren Ichs erkannt.

Die Friedensgeneration mitsamt ihren gelehrigen Kindern, beides jetzt im tiefsten Sinn der Worte, werden noch besser darin sein, als jede Gutmenschengeneration jemals zuvor. Denn jetzt geht es erstmals in der Geschichte der Menschheit um die Ganze Welt. Und noch niemals zuvor konnte ein sich wandelnder Gutmensch in solch einem riesigen Reservoir der bösen Mittel wählen. Die Geschichten von den Kriegen der Guten gegen die Bösen waren da bis dato nur das Vorspiel, kein Quötchen mehr.

Ich habe heute manchmal so irre Sehnsucht nach Kinderland, und ich denke, nein ich weiß es, dieser armen Friedensgeneration mitsamt ihren noch so lieben Kindern, die ja inzwischen auch schon ihre eigenen und sogar noch lieberen Kinder haben, ergeht es heute ebenso.

Verdammt, es muss wohl so und nicht anders sein. Es ist der ewig lebende, manchmal so wild sein könnende, gierige Drache Leben. Und dieses Leben geht, wenn man zu gutgläubig und dumm ist oder einfach nur Pech hat, einfach unaufhaltsam seinen Weg.

© Copyright by Lothar Krist (9.11.2002)

 
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Hallo palladon!

Ja, Du hast Recht, ich "zerfetze" mit Absicht (seit nunmehr schon gut 4 Jahren) fast alle meine Geschichten (nicht meine Gedichte, die sind heilig!). Und gerade diese Geschichte hier ist Paradebeispiel für meinen Stil, den ich der Zerrissenheit unserer Zeit, dieser Zeitenwende, wie wir sie nennen, angepasst habe. Die 68er-Generation hatte ja auch einen fulminanten Start und jetzt montiert sie sich selber ab, sie stürzt sich selbst vom Podest. Es ist lupenreiner Selbstmord in Zeitlupe.

Wie Du sicherlich erkannt hast, (wenn Du schon mehr von mir gelesen hast, wie es scheint), ich bin Fan der alten Expressionisten. Das waren Wortzerschmetterer. Ich gehe noch einen Schritt weiter: ich will auch Geschichtenzerschmetterer sein. Keine Geschichte soll dort enden, wo die ersten Absätze hin deuten.

Und noch etwas habe ich den alten Geistesgrößen abgeschaut, gebe es ja zu: ich will auch nicht, dass mich nur ein einziger von denen mag, die dem heutigen Zeitgeist, der heute herrschenden Philosophie, also unserer gutmenschlichen, einst modernen, doch nun so alt und lahm gewordenen Weltsicht, anhängen. Dies ist mein liebevoll gepflegtes Programm.

Wenn mich dann trotzdem Jemand mag, dann freue ich mich. Wenn nicht, ... auch recht, es ist mir sch... egal ... und auch wieder nicht. Du darfst mir glauben, ganz wohl fühle ich mich dabei ja auch nicht, aber ich kann einfach nicht anders, es steckt einfach in mir drinnen. Irgendwie tut es mir immer leid, wenn ich Jemanden verschrecke oder gar abstoße, ... aber irgendwie auch nicht. Ich bin da ein Schizzoo - Mensch und Autor. Kann nicht anders, ... und ich habe vor langer Zeit einem Menschen, den ich sehr, sehr lieb hatte, an seinem Sterbebett versprochen, dass ich mein "Ding" durch ziehen werde, was immer da kommen mag. Ich arbeite nun schon seit 25 Jahren noch immer an genau diesem "Ding" und werde auch nicht aufgeben, heute weniger denn je. Denn jetzt kommt genau diese Welt, vor der ich als Autor immer versucht habe zu warnen.

Vielleicht bin ich ja verrückt, vielleicht auch nicht, mal abwarten. Danke jedenfalls für Deine Kritik. Du bist der/die Erste, der/die mich ein wenig durchschaut hat, haha.
(Ob nun der oder die habe ich auf die Schnelle nicht raus bekommen, weder im Profil noch in Deinen Beiträgen hier. Ich tippe aber auf "die", von Deinen Inhalten her. Dein Schreibstil kommt mir irgendwie bekannt vor, verknüpfe das Gefühl aber mit einem anderen Namen.)

Liebe Grüße
Lothar.

 

Hallo buji,


ich finde es immer schade, wenn man zu der Antwort eines Autors mehr sagen kann, als zu seiner Geschichte. Aber das ist nicht Sinn des Forums, deshalb nur eine Bemerkung zu der Story: Ich glaube, Du machst es Dir nicht leicht mit Deinen Texten und innerhalb Deiner Intension betrachtet ist der Text auch gelungen.

Ich wünsche Dir einiges...

tschüß... Woltochinon

 
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Hallo Woltochinon!

vielen Dank, wie immer auch ich Deine Worte auffassen soll. Manchmal komme ich mir ja selber wie ein Verbrecher vor, wenn ich so eine schön anfangende Geschichte dann auseinander reiße. Aber was soll´s? Schöne Geschichten in einem durch habe ich schon in der Schule geschrieben. Und wenn man schon so viel geschrieben hat, dann wird einem die Normalität einfach langweilig.

Ja, ich mache es mir sicher nicht leicht mit meinen Texten. Ich schreibe seit gut 4 Jahren Geschichten fast nur noch in Prosa, und dabei ist mein Hauptanliegen, neue Worte zu kreieren, oder ich mache aus einem neuen Wort, das bis heute nur in einer Form, sagen wir als Hauptwort, verwendet wurde, ein Zeitwort oder Eigenschaftswort oder andersrum. Z.B. die Geschichte "Rastahaarvibrationen", die ist nur 2 Seiten lang, aber ich habe an der gut 6 Stunden "herum komponiert", bis sie saß. Allein der Absatz, in dem ich die Arbeit einer hübschen Kellnerin hinter einer gut besuchten Bar beschreibe, hat mich ganz happy gemacht. Allein dieser Absatz war es wert, dass ich die Geschichte geschrieben habe. Dabei ist es mir gar nicht so wichtig, ob die Geschichte jetzt im Ganzen vollkommen ist. Es gibt schließlich einen Haufen unvollkommener Geschichten, auch von großen AutorInnen.

Na ja, und dass man zur Antwort eines Autors mehr sagen kann, als zu seiner Geschichte?: Das ist das Schöne am Internet, dass man seine eigenen Geschichten heute auch selber kommentieren kann. Früher gab es das nicht, deshalb wurden Geschichten von fremden Personen auch meist falsch ausgelegt. Die Bibel ist da wohl das beste Beispiel. Jesus hätte seine eigene Geschichte wohl ganz anders geschrieben und erst recht viel anders kommentiert, oder?

Und Du darfst mir glauben, ich bin auch kein Arschloch oder so. Ich denke, da schätzen mich Viele wohl falsch ein. Oft höre ich das ja aus den Beiträgen zu meinen Geschichten heraus. Ich sehe mich nur als Analysator der Zeit. Die Geschichte "Kinderland" zum Beispiel, der Schluss stimmt doch ... irgendwie ... oder etwa nicht. Man muss sich doch nur die heute noch lebenden Autoren dieser Generation anhören. Sie geben ja so nach und nach jetzt schon selber zu, wie sehr sie sich damals am Leben vorbei geirrt haben, siehe Günter Grass. Es gibt natürlich auch noch genügend, die weiterhin eisern auf ihrer Sicht der Dinge beharren, schließlich müssen sie ja der Kohle wegen ihrer immer kleiner werdenden Klientel dienen, und wer gibt schon gerne zu, dass er (neben einem Haufen guter Gedanken auch) einen Haufen Unsinn geschrieben hat.

Haha, da gibt es jetzt wieder mehr zu sagen, haha. Sage mir Jemand, dass das nicht stimmt. Haha. O Mann, ich bin wohl doch ein AL, zumindest ein klitzekleines, haha. Aber in diesem Sinn ist Grass wohl doch eine über Viele hinaus ragende Größe.

Liebe Grüße
bujerl

 

Hallo buji,

Du bist sicher kein Arschloch, nur weil Du anders schreibst, als andere Autoren. Und Du hast recht, Jesus hätte die Bibel anders interpretiert, als viele seiner `Jünger´ heute, er hat ja den Schriftgelehrten
seiner Zeit auch manches vorgehalten. Seine Lehre war (ist) auch ganz eindeutig, aber kompromißlos und deshalb schwer. Du wählst auch einen schweren Weg, mit Deiner ungeschminkten Sicht der Dinge. Vielleicht solltest Du es dem Leser manchmal einfacher machen, damit Du nicht auf eine andere Art als Grass nur eine kleine Klientel bedienst. (Obwohl - Du hast da größere Freiheiten, weil Du nicht für Kohle schreibst). Ich habe nur den Eindruck, daß Du Dich an Deiner Erkenntnis verzehrst. Die Gutmenschen – Definitions - Problematik hast Du treffend dargestellt, doch trotz aller Probleme weiß ich, daß es auch `wirkliche´ gute Menschen gibt.

Also - alles Gute, weiterhin viel Spaß beim Wortezaubern,

tschüß... Woltochinon

 
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Hallo Woltochinon!

Ich verzehre mich eigentlich nicht an "meiner Erkenntnis". Mir ist eigentlich Alles furchbar wurscht, andererseits auch wieder nicht. Früher war das anders. Heute akzeptiere ich es, dass nun Alles so kommt, wie es halt kommen muss.

Und die Gutmenschen-Problematik: Man nennt sie ja nicht umsonst „die Gutmenschen“. Sie sind ja meist alle „wirklich gute Menschen“. Leider trifft auf sie zu, was Frank Zappa vor gut 20 Jahren schon über sie gesagt hat, nämlich „dass Intelligenz absolut nichts mit Dummheit zu tun hat. Selbst der intelligenteste Mensch kann saublöd sein. Ja, Intelligenz potenziert sich mit Dummheit, wenn beide miteinander einher gehen.“

Die Gutmenschen wollten die Tatsachen des Lebens nicht akzeptieren. Sie dachten, sie könnten die Welt gut reden oder schreiben, oder die Welt würde schon gut werden, wenn wir „guten Menschen“ nur alle, auch die Bösen gut behandeln. Wir haben die „Bösen“ am Leben und Regieren gehalten, sie unterstützt, usw, und dabei haben wir übersehen, dass deren Opfer zu Legionen anwachsen. In Arabien werden jetzt die Schüler der Hassschulen zu zehntausenden erwachsen. Diesen Hass werden wir nicht mehr aus der Welt schaffen können. Wie Herr werden dieser Problematik der Selbstmordmörderkinder? Wir drohen den zum Tod Bereiten mit Tod, den zu jedem Schmerz Bereiten mit Schmerz. Das ist doch Wahnsinn! Wir wissen das Alle irgendwie, wir fühlen es Alle, dass dies nicht gut gehen kann, und trotzdem steht kaum jemand auf, und ersucht unsere Herren um Einhalt. Da wird nur ein wenig herum gequakt. So kann man keinen Krieg verhindern.

Die Gutmenschen wollen nicht ein bisschen böse sein, auch nicht zu den Bösen, also wird es darauf hinaus laufen, dass wir bald sehr, sehr böse sein müssen, wenn wir uns schützen wollen. Und Bush hat uns die Devise ja vorgegeben: „Wir lassen uns unsere Art und Weise, wie wir leben, nicht nehmen, von niemandem.“ Also warum dann noch so lange warten? Um unsere Gutmenschen-Philosophie noch eine Zeit lang aufrecht zu halten?! Um uns noch eine Weile im Glauben zu lassen, wir wären „gute Menschen“? Wir leben in einer einzigen Lüge. Eines Tages wird man von uns sagen, dass wir kein bisschen besser waren, als die Nazis oder die Stalinisten. Die hatten ja auch ihren Traum. Und was ist schon schlimmer? Zu schweigen zu den Gaskammern im 3. Reich oder zur Bombardierung der 3. Welt mit der Neuen Generation von Atomwaffen, der DU-Munition? Ich sehe da ehrlich gesagt, keinen Unterschied. Nur dass am Ende der Gutmenschenkriege mehr Tote durch die nukleare Verseuchung den Millionen in den KZ´s ums Leben Gekommenen gegenüber stehen werden.

Ich weiß, das will heute noch niemand glauben, aber für mich ist es ein Fixum. Heute schon 21.000 krebskranke Kinder in Ex-Jugoslawien (seit 1999!!!!), vorher waren es an die 100. Mehr als 1000 Golfkriegsveteranen in den USA, an die 700 in England, ca 100 in Frankreich, 74 Kosovokriegsveteranen in Italien, wieder über 1000 in den USA, GB, Fkr. Im Irak sollen es an die 30.000 Personen sein. Im Afghanistan-Krieg wurden über 3000 Tonnen Uran 238 mit der DU-Munition verschossen, so viel wie noch nie zuvor. Im 2. Irakkrieg werden wir die Tonnenanzahl wohl noch etwas steigern. Und wir schweigen dazu. Wir wollen es gar nicht wissen. Die Regierungen und die Medien gehen in diesem Sinne weltweit konform. Und es ist ja eine Superlösung für die Entsorgung des Atommülls aus unseren Atomkraftwerken. Aber wir sind ja gute Menschen.

Wer es nicht glauben will, braucht nur den Begriff „DU-Munition“ in die Google-Suchmaschine eingeben, dann findet er Lesestoff für mehrere Tage, alles Geschichten, die man kaum in den Medien findet, und wenn, dann nur als Fußnote, insb ohne auf die Langzeitfolgen hinzuweisen. Danach weiß man dann, was man unter einem „Gutmenschen“ zu verstehen hat, einen zu Allem Schweigenden, der nur versucht, selber gut dazustehen. Und das Gro von uns zählt sich ja zu den wirklich guten Menschen. Das sind wir ja auch, wenn man nur unser kleines Leben betrachtet. Aber die Menschen im 3. Reich waren auch nicht anders! Die wollten nur leben, nur irgendwie überleben. Und wie sehen wir diese Menschen aus dieser Zeit heute? Wir haben sie alle in einen Topf geworfen, aus Allen einen Nazi gemacht.

Wie wird man uns eines Tages sehen? Hat sich das schon einmal ein Gutmensch überlegt? Wird der Begriff "Gutmensch" eines Tages neben oder gar noch über dem der Nazis stehen? Ich denke, diesen Gedanken hat noch kaum Jemand für Wert befunden, darüber nachzudenken, denn sonst wären die Straßen seit unserem 1. Atomkrieg (Golfkrieg 1991) bummvoll mit einem Lichtermeer. Ja, wir wären sogar zu viel, viel mehr bereit, wahrscheinlich sogar dafür, gegen unsere eigenen Herren, die das zu verantworten haben, ein bisschen böse Hand anzulegen.

Aber ich weiß, das werden wir nicht tun, wir werden weiterhin schweigen. Zu Allem. Und am Ende der Gutmenschenkriege, nach meiner bereits 1978 aufgestellten Zeitrechnung wird das 2006/2007 sein, wird das Szenario stehen, das Du/Ihr in meinem Gedicht „Hunger“ nachlesen kannst/könnt. Ich werde mir diesbezüglich von Tag zu Tag sicherer.
http://mitglied.lycos.de/LotharKrist6/9l2_kurzastrabo.htm

Aber ich habe deswegen absolut keine Lust mehr, mich deswegen „aufzureiben“. Wie es kommt, so soll es kommen. Es ist wohl eine unverzichtbare Episode in der kriegsdominierten Menschheitsgeschichte. Wenn ich mich irren sollte, will ich gerne ein Narr sein, nur kann ich es momentan nicht glauben. Kenia am Wochenende war wieder ein schon seit einiger Zeit erwarteter Fixpunkt in meinen Bildern.

Für mich besteht der Sinn meines Dichter-Sein allein darin, meine Zeit in Worte zu fassen und das Morgen ein wenig vorher zu ahnen. In diesem Sinne sind mir die Expressionisten Vorbild. Sie haben im Gegensatz zu den Literaten und Künstlern der 68er-Generation ihre Augen in die Zukunft gerichtet und sich nicht allein mit dem Bewältigen einer Vergangenheit befasst. Ich habe als junger Autor damals versucht, klar zu machen, dass es gilt, unsere Zukunft zu bewältigen, dann wird die Vergangenheit zu keinem Problem, sie wird gleich mitbewältigt. Aber das wollte man nicht gustieren. Diese Typen damals liebten es einfach, in den sowieso schon Toten oder fast Toten mit ihren Gedankenmessern herum zu sticheln. Wohin uns die Leichenschänderei geführt hat, das sehen wir ja an unserem Heute.

Tut mir leid, wenn ich mit diesen Worten wieder einmal Jemanden gelangweilt haben sollte, ein Teil von mir kann es ja selbst nicht glauben.

Liebe Grüße
Lothar

 

Hallo buji,

Du hast mich nicht gelangweilt und Deine Internetseite ist beeindruckend. Das Gedicht sticht wie ein Messer. Ein Freund von mir (er ist 74, ehemaliger Fallschirmjäger) hat das Motto „You can`t help the world“ (er hat mir dieses Motto als Rat gegeben). Noch hoffe ich, wenigstens im kleinen Umkreis anders handeln zu können.

Alles Gute,

tschüß... Siegbert

 

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