Was ist neu

Khan

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01.01.2010
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Khan

Im Mondlicht wirkte Lasses Gesicht älter. Die Falten auf seiner Stirn und der hektische Blick gaben Tobias das Gefühl, mit einem Fremden im Auto zu sitzen.
Lasse stellte den Motor ab und löschte das Licht. Jetzt waren sie unsichtbar.
„Wir gehen da vorne um die Ecke“, sagte er und deutete die Straße entlang. „Dann sind es noch drei Häuser. Wenn wir rennen, brauchen wir höchstens eine Minute.“
Anspannung drang aus ihren Körpern und hing als Schweißgeruch in der Luft. In seinem Kiefer spürte Tobias sein Herz schlagen. Am liebsten wäre er umgekehrt, doch dafür war es lange zu spät.
„Verdammte Bonzengegend“, murmelte Lasse. „Wird Zeit, es denen mal heimzuzahlen.“
Tobias antwortete nicht.
„Was ist los?“, fragte Lasse. Es wirkte übertrieben entspannt, als versuche er, seine Nervosität zu überspielen. Selbst für ihn war das hier etwas Neues. „Schiss?“
„Geht so. Bin froh, wenn wir es hinter uns haben.“
„Du solltest dich freuen. Wir werden uns richtig amüsieren.“
So siehst du aus, dachte Tobias. „Wir machen es so, wie wir besprochen haben. Keine Überraschungen. In Ordnung?“
„Keine Überraschungen“, wiederholte Lasse, und Tobias versuchte, hinter seinem Gesicht eine Regung zu erkennen.
„Wir bleiben höchstens zwanzig Minuten drin. Höchstens. Wenn was passiert, womit wir nicht rechnen, hauen wir auf der Stelle ab.“
Eine Wolke schob sich vor den Mond, und Lasse verschwand in der Finsternis. „Was soll schon passieren? Das sind zwei alte Säcke. Die sind wehrlos. Die haben nicht mal einen Hund.“
Und weil Tobias nicht an böse Vorahnungen glaubte, schob er das Gefühl, das seine Brust zusammendrückte und ihm den Atem raubte, auf seine Unruhe.
„Also“, sagte Lasse und zählte an seinen Fingern ab, „erstens, sie sind alt. Und schwach. Der Mann ist außerdem fett. Zweitens, sie sind allein. Und drittens, sie schlafen jetzt und rechnen nicht mit uns. Es gibt also keinen Grund, nervös zu sein.“ Mit diesen Worten zog sich Lasse seine Stoffmaske über das Gesicht. Tobias zögerte, doch als er an seinen Vater dachte – ertrunken im eigenen Erbrochenen, aufgedunsen und stinkend – bedeckte auch er sein Gesicht mit einer Maske. Sie war warm und kratzig.
Lasse legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ganz ruhig. Diesmal sind wir diejenigen, die über Schicksale entscheiden.“
Da Tobias Lasse kannte, machte ihm genau das Angst, doch ein weiteres Mal wollte er ihn nicht an ihren Plan erinnern, wollte nicht wie ein Feigling wirken.
Geräuschlos stiegen sie aus dem Wagen und bewegten sich wie Schemen durch die sternenlose Nacht.

Jemand rüttelte an Georgs Schulter. Heftig.
Renate? Wie ein Blitz schoss dieser Gedanke durch sein Bewusstsein, und sofort war er wach.
Er riss die Augen auf, wollte sich erheben, doch etwas drückte ihn zurück ins Kissen und presste sich auf seinen Mund. Ein Schatten schwebte über ihm, kalter Stahl berührte seine Kehle.
„Ein Mucks, und du bist tot. Verstanden?“
Er hörte jedes Wort, und weil die Gestalt über ihm keinen Mund besaß, kam es ihm so vor, als habe die Dunkelheit selbst gesprochen. Einen Augenblick dachte er an den Schwarzen Mann, von dem er seinen Kindern erzählt und den er sich immer ohne Gesicht vorgestellt hatte.
Neben sich hörte er das gedämpfte Stöhnen von Renate, und aus den Augenwinkeln heraus erkannte er schwarze Umrisse, die sich bewegten.
„Bist du wach?“
Die Stimme klang dumpf, und erst jetzt erkannte Georg, dass der Mund der Person, die zu ihm sprach, durch eine Maske bedeckt war.
„Bist du wach?“
Er nickte.
„Gut. Ich werde jetzt meine Hand wegnehmen. Wenn du schreist, schneide ich, und ich schneide tief. Verstehst du?“
Erneut nickte er, und als sich die Finger aus seinem Gesicht entfernten, schnappte er nach Luft. Sein Körper verkrampfte, und immer wieder atmete er stoßweise ein.
„Raus aus dem Bett.“
„Bitte, was wollen Sie?“ Das Sprechen fiel ihm schwer, seine Lungen gierten nach Sauerstoff.
Der Angreifer schlug ihm ins Gesicht, und Georgs Kopf schleuderte nach rechts. Neben ihm schrie Renate in die Hand ihres Peinigers. Übelkeit stieg in Georg auf, sein Blick verschwamm.
„Jetzt hör mir zu, du Arschloch. Ich will, dass du machst, was ich sage und keine Fragen stellst. Also steig aus dem Bett.“
Georg gehorchte. Als er die Decke zurückschlug, umschloss kalte Luft seinen Körper und ließ seine Benommenheit verschwinden.
„Hol sie raus“, sagte der Mann, an seinen Partner gewandt. Dieser riss Renate aus dem Bett, ohne die Hand von ihrem Mund zu nehmen. Sie weinte.
Der Angreifer packte Georg an der Schulter und stieß ihn nach vorne. „Wir gehen ins Wohnzimmer“, sagte er. „Du voraus.“
Georg stolperte in Richtung Flur, in dem Licht brannte.
Wie sind die hier reingekommen?
Fieberhaft überlegte er, ob er rennen sollte. Sicherlich hätte er den Vorteil, sich in seinem eigenen Haus auszukennen. Er könnte beispielsweise in das Badezimmer am Ende des Flurs flüchten und abschließen. Doch was dann? Da drin gab es kein Telefon – ein Fenster zwar, doch sie befanden sich im ersten Stock. Und was sollte aus Renate werden?
Wieder gab ihm der Maskierte von hinten einen Stoß. „Schneller.“
Georg spürte einen reißenden Schmerz in seinem rechten Knie, das ihm seit Jahren Probleme bereitete. Er stöhnte, humpelte allerdings weiter. Nein, an eine Flucht war nicht zu denken.
Sie erreichten die Treppe, und Georg drehte sich um. Mit dem Messer bedeutete ihm der Eindringling, nach unten zu gehen.
Was wollen die nur?
Der andere hielt seine Hand immer noch auf Renates Mund gepresst und schob sie vor sich her, trug sie beinahe.
Langsam schritt Georg die Treppe hinunter, beide Hände an das Geländer geklammert. Verschiedene Überlegungen zuckten durch seinen Kopf wie Lichtblitze bei einer Sportveranstaltung – vielleicht konnte er den Angreifer mit einem Gegenstand niederschlagen. Oder einen Herzanfall vortäuschen. Oder nochmals auf ihn einreden.
Er verwarf sämtliche Möglichkeiten, und die Erkenntnis über seine Hilflosigkeit schwächte ihn zusätzlich.
„Mach Licht an“, befahl der Maskierte, als sie unten angekommen waren. Georg gehorchte, und helles Licht durchflutete das Wohnzimmer und den angeschlossenen Essbereich.
Hätten wir doch nur die Rollläden oben gelassen, überlegte er, dann hätte man uns jetzt von draußen sehen können. Keine sehr wahrscheinliche Möglichkeit – die Uhr auf dem Kaminsims zeigte viertel nach drei.
Der Eindringling entfernte sich, holte zwei Stühle vom Esstisch und stellte diese – Lehne an Lehne – mitten ins Wohnzimmer.
„Ihr setzt euch jetzt da hin“, sagte er, „und haltet die Schnauze. Dann seid ihr auf dem besten Weg, die Nacht ohne Schmerzen zu überstehen. Klar?“
Der andere hatte Renate inzwischen losgelassen. Georg trat zu ihr und nahm ihre Hand, die noch stärker zitterte als seine eigene.
„Bitte, wenn Sie Geld wollen, wir haben -“
„Ich will“, unterbrach ihn der Mann, „dass ihr eure Ärsche auf diese verdammten Stühle setzt und das Maul haltet.“
Georg streichelte Renate über das Gesicht, gab ihr einen flüchtigen Kuss. „Keine Angst, es wird alles gut“, flüsterte er. Dann traten beide zu den Stühlen und setzten sich Rücken an Rücken.
„Hände hinter die Lehne“, befahl der Maskierte. Anschließend zog der andere eine aufgerollte Schnur aus seiner Jackentasche und band die Handgelenke der beiden erst aneinander, dann zusätzlich an die Lehnen der Stühle. Renate stöhnte, und auch Georgs Schultern schmerzten. Die Schnur schnitt tief in seine Haut. Als sie verknotet waren, konnte er seine Arme nicht mehr bewegen.
„Gut“, sagte der Mann, der Georg sein Messer an den Hals gehalten hatte und die Kommandos gab. Er trat vor Georg.
„Wie heißen Sie?“
Georg überraschte die Frage. Er hatte erwartet, dass die beiden – jetzt, da er und Renate gefesselt waren – beginnen würden, das Haus zu durchsuchen.
„Was?“
Wieder schlug ihm der Mann ins Gesicht. Georgs Kopf knallte nach hinten und prallte gegen den seiner Frau, die erneut zu weinen begann.
„Ich sag es dir jetzt zum letzten Mal, du blöder Schwachkopf. Du machst, was ich sage. Wenn ich dir eine Frage stelle, dann antwortest du. Hast du das jetzt endlich verstanden? Also, nochmal. Wie heißen Sie?“
„Georg Kleinert“, antwortete Georg. Selbst unter der Maske konnte er das Grinsen des Mannes sehen.
„Sehr gut“, sagte er. „Geht doch. Wie alt sind Sie?“
„Sechzig.“ Etwas Warmes floss in seinen Mund, und er schmeckte Blut.
„Welchem Beruf gehen Sie nach?“
„Ich – ich bin Angestellter bei einer Bank.“
„Bei welcher Bank?“
„Bei der Deutschen Bank.“
„Und in welcher Funktion arbeiten Sie da?“
„Ich leite eine Filiale.“
Der Eindringling ließ seinen Blick durch das Wohnzimmer schweifen. „Und das scheint sich auch zu lohnen, wenn ich mich hier so umsehe. Sie scheinen vorzüglich zu leben – von dem Geld anderer Leute.“
Georg antwortete nicht. Sein Herz hämmerte gegen seine Brust, seine Knie schlotterten so stark, dass sie aneinander schlugen.
„Nun, Herr Kleinert, ich teile Ihnen hiermit mit, dass wir gekommen sind, um Sie anzuklagen. Die Anklage lautet auf Zersetzung des gesellschaftlichen Friedens, unrechtmäßige Bereicherung durch Diebstahl an Staatsvermögen, Unterstützung eines kriminellen Finanzsystems und Mord.“
Mord?
Der Maskierte beugte sich hinunter, und zum ersten Mal konnte Georg ihm direkt in die Augen sehen. Es war, als blickte er in ein Schwarzes Loch.
„Und das Gute daran ist“, sagte der Fremde, „dass wir nicht nur Ankläger sind.“
Irgendwo tief in diesem Loch rotierte ein Wirbel, ein Sog nach unten.
„Denn wir sind gleichzeitig auch Richter und Vollstrecker.“

Endlich, endlich konnte er die Angst genießen.
Die kritische Phase – das Eindringen in das Haus und das Überwältigen der Bewohner – war geschafft, jetzt saßen der Fettsack und seine knochige Frau vor ihm, bewegungslos, ausgeliefert. Sie stanken nach Furcht; Schweiß und selbst Blut flossen über ihre Gesichter.
Ja. So hatte er sich das vorgestellt. Er, den sie normalerweise nicht einmal mit dem Arsch angesehen hätten, war zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden. Ihre einzige Qual, ihre einzige Hoffnung.
„Was sagst du jetzt, Kleinert?“, fragte er, den Augenblick auskostend. Die Maske störte ihn beim Sprechen, und er ärgerte sich, dass er kein Modell mit freiliegendem Mund gewählt hatte. Er stand leicht nach vorne gebeugt, da seine Blase entsetzlich drückte.
„Sprachlos? Das kenn ich von dir gar nicht.“
Kleinert schüttelte den Kopf. „Bitte, lassen Sie meine Frau aus dem Spiel. Lassen Sie sie gehen.“
„Um deine Frau geht es hier nicht. Wenn sie brav ihren Mund hält, passiert ihr nichts. Wir sind wegen dir hier, Kleinert. Du bist derjenige, der heute zur Debatte steht.“ Er hielt das Messer direkt vor Kleinerts Gesicht und empfand Genugtuung, als sich dessen Augen weiteten.
„Bitte, Sie haben doch gesagt, dass Sie uns nichts tun -“
„Nun, weißt du, manchmal ändert sich die Wahrheit eben.“ Kleinerts Frau stöhnte.
„Sie können Geld haben. Ich habe mehrere tausend Euro Bargeld im Haus. Und Schmuck. Wir haben Schmuck! Nehmen Sie den und gehen Sie.“
Lasse blickte ihn lange an. Aus all den Eindrücken, die von Kleinert ausgingen – seinem bebenden Körper, der zitternden Stimme, dem sauren Atem – versuchte er, die Angst zu filtern und in ihrer reinsten Form zu genießen. Schon immer faszinierte ihn das pure Wesen der Furcht.
„Weißt du“, sagte er irgendwann, „Leute wie du sind es gewohnt, sich rauszukaufen. Das kotzt mich bei euch Typen am meisten an. Immer glaubt ihr, alle Probleme mit Geld lösen zu können. Deshalb bringt es auch nichts, euch die Autos abzufackeln. Ihr kauft euch einfach Neue mit eurem vielen Geld. Und wenn ihr selbst keins mehr habt, holt ihr es euch bei denen, die sich nicht wehren können. Ist es nicht so, John-John?“
Er schaute zu Tobias. Dieser wirkte verkrampft, ungeduldig. Offenbar hatte er kein Gespür für die Quelle des Entsetzens, die sich vor ihnen auftat. „So ist es“, brachte er schließlich hervor.
„Und diese Leute saugt ihr aus, ihr nehmt ihnen alles weg, ihre Wohnungen, ihre Zukunft, und am Ende ihre Existenz. Und wenn sie nichts mehr als ihr Leben haben, seid ihr immer noch nicht zufrieden, ihr saugt und giert und wollt mehr, immer mehr. Bis sie euch auch ihr Leben lassen. Richtig, John-John?“
Diesmal gab Tobias keine Antwort, doch das hatte Lasse auch nicht erwartet. An seinem Blick erkannte er, dass er in Gedanken bei seinem Vater war.
„Und was macht ihr mit all dem Geld, das ihr zusammenrafft? Ihr kauft euch beschissene Häuser, schottet euch ab, versteckt euch vor denen, die ihr bestohlen habt. Und dann leistet ihr euch unnütze Scheiße, wie, wie -“ Lasse breitete die Arme aus, zeigte auf das Wohnzimmer.
Erst jetzt sah er das Bild, das über dem Kamin hing. Er erstarrte mitten in seiner Bewegung.
„Was ist das denn?“
Das Gemälde war zu großen Teilen in dunklen Grün- und Grautönen gehalten. Es zeigte eine Unzahl Menschen, die am Fuße eines Felsens in mehreren Schichten aufeinander lagen. Ihre Körper waren verschlungen, die Gliedmaßen auf unnatürliche Weise verdreht, und ihre grünen Gesichter drückten Schmerz und Trauer aus. Einige reckten hilfesuchend die Arme in die Höhe. Auf dem Felsen selbst stand eine schwarze Gestalt, von der nur die Umrisse zu erkennen waren. Ein Lichtkranz umgab sie.
„Was ist das für ein Bild?“, fragte Lasse. Es beunruhigte ihn, auch wenn er nicht direkt hätte sagen können, weshalb. Vielleicht, weil es wie ein Schmutzfleck wirkte.
„Es stammt aus Indien“, antwortete Kleinert.
Wie ein Hinweis auf Untiefen, die sich unter dieser so sauberen Welt befinden mochten.
„Ein Geschäftspartner hat es mir geschenkt“, fuhr er fort, offenbar erleichtert über die Unterbrechung von Lasses Monolog. „Der Künstler, der das Bild gemalt hat, heißt Ishwar Khan.“
Lasse drehte sich langsam um. Das Bild störte ihn, hatte ihn aus dem Konzept gebracht.
„Und du selbst siehst dich als der Typ auf dem Fels? Der über allen anderen steht?“
Kleinert schüttelte den Kopf. „Nein.“ Er fuhr sich mit der Zunge über die Oberlippe und verteilte dabei sein eigenes Blut. „Was mir an dem Bild gefällt, ist die Ambivalenz der Gottheit. In ihrer Verzweiflung flehen die Menschen eine höhere Macht an, doch die ist gleichzeitig hell und dunkel. Man weiß nicht, ob sie Erlösung oder Verdammnis bringt.“
„Ist das so?“ Lasse hielt sein Messer in die Höhe. „Dann kannst du ja von Glück sagen, dass ich weniger ambivalent bin. Denn ich bringe nur Zerstörung.“
Mit einem Wutschrei fuhr er herum, bohrte die Klinge seines Messers in die Leinwand und schnitt sie entzwei. Kleinert und seine Frau schrien auf. Als sich Lasse zu ihnen drehte, sah er, dass selbst Tobias erschrocken war.
„Da sagst du nichts mehr, was?“ Er packte das Bild am Rahmen und riss es von der Wand. Mit einem Krachen landete es vor dem Kamin, sein Rahmen zerbrach. Hinter dem Bild befand sich, eingelassen in die Wand, ein schwarzer Safe mit einem Nummernblock auf der Tür.

„Was ist da drin?“, fragte Lasse keuchend. Durch die Maske fiel ihm das Atmen schwer, und er begann, darunter zu schwitzen.
Schmerz in Kleinerts Gesicht hatte die Angst verdrängt. Mit verzerrtem Mund blickte er auf die Überreste seines Gemäldes. „Warum – warum haben Sie das getan?“
„Weil ich es wollte.“ Lasse war froh, das Bild nicht mehr sehen zu müssen. „Was ist in dem Safe?“
Kleinert schüttelte den Kopf. „Nichts.“
Lasse ging drei Schritte auf ihn zu und hielt ihm erneut das Messer ins Gesicht, in der Hoffnung, es würde wie ein Magnet die Angst wieder anziehen. „Was willst du mir erzählen? Dass du einen Safe im Wohnzimmer versteckst, in dem nichts drin ist?“
„Nur ein paar Papiere. Unterlagen. Nichts von Interesse.“ Kleinert wich Lasses Blick aus.
„Gib mir die Kombination.“
Doch der alte Mann schwieg, und Lasse rückte das Messer wieder in sein Blickfeld.
„Sie sagten doch, Sie haben kein Interesse an Geld.“
„Als ob in dem Safe Geld wäre. Was ist da wirklich drin?“
Innerlich jubelte er. Die Situation hatte eine interessante Wendung genommen. Wie jeder Mensch liebte Lasse jene Spiele, die nur er gewinnen konnte.
Er ging in die Knie, um sein Gesicht auf die Höhe seines Gegenübers zu bekommen, und blickte ihn direkt an. „Komm schon, Kleinert. Wenn da Geld drin wäre, hättest du die Kombination schon längst ausposaunt. Also sag jetzt, was versteckst du vor mir?“
Tobias tippte ihm von hinten auf die Schulter. „Vielleicht sollten wir -“
Pst!“ Lasse hob seine linke Hand. „Erst will ich die Kombination. Ich will sein kleines Geheimnis sehen.“
Kleinerts Lippen zitterten, sonst war keine Regung in seinem Gesicht erkennbar. Zum ersten Mal war es im Wohnzimmer absolut still.
„Sind es vielleicht Pornos? Irgendwelche Fetischscheiße?“
Keine Antwort.
„Oder stehst du eher auf Kinder? Bist du ein Kinderficker, Kleinert?“
Keine Bewegung.
„Sag schon, was ist dein Geheimnis?“
Bis auf das Zittern seiner Lippe.
Schnell, und noch bevor er sich dessen richtig bewusst war, zuckte Lasses Hand mit dem Messer nach vorne. Er fuhr damit quer über die Stirn von Kleinert, der nicht schnell genug zurückwich. Ein dunkelroter Strich erschien über seinen Brauen; sofort quoll Blut daraus hervor.
Kleinert brüllte.
„Scheiße“, rief Tobias. „Was tust du denn da?“
Lasse stand auf. Gegen sein Temperament war er schon immer machtlos gewesen.
„Ich will nur die Kombination von diesem Safe“, sagte er tonlos, als sei nichts geschehen. Seine Stimme übertönte kaum Kleinerts Heulen, und er bedauerte, dass er nun jede Möglichkeit verspielt hatte, in Kleinerts Gesicht noch einmal die süße Angst zu sehen. Diese wurde nun von körperlichen Qualen verdeckt; ferner entstellte es ein Rinnsal von Blut.
„Sie elender Mistkerl“, schrie Kleinerts Frau. Es war das erste Mal, dass Lasse sie reden hörte. „Es sind unsere Jahrgänge. Eins – neun – fünf – eins – eins – neun – fünf – fünf. Und jetzt hören Sie endlich auf, uns zu quälen.“
„Renate, verdammt“, brachte Kleinert hervor.
Lasse nickte. „Na bitte. Geht doch.“
Er trat zu dem Safe und gab die acht Ziffern ein. Ein grünes Lämpchen leuchtete, und die Tür sprang auf.
„Jetzt bin ich aber mal gespannt“, sagte Lasse und griff in den Safe.

Er war außer Kontrolle.
Tobias hatte befürchtet, dass es so weit kommen würde. Lasse war ein Halt gewesen, ein Freund, den er nach dem Selbstmord seines Vaters gebraucht hatte. Er hörte zu, als Tobias alle und jeden beschuldigte – den Alkohol, den Arbeitgeber, die Politiker. Zuletzt die Banken. Lasse zeigte nicht nur Verständnis, sondern fachte die Wut in Tobias an; er säte Hass, der auf fruchtbaren Boden fiel. Als dieser Samen keimte und erste Triebe bildete, fassten sie den Plan, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen.
Immer ziehen sie ihren Kopf aus der Schlinge, wetterte Lasse, wenn er sich nicht gerade über das Finanzsystem, den Kapitalismus oder Lobbyisten, die Politiker kauften, aufregte. Diesmal nicht. Lass uns nicht den Schwanz einziehen, wie all die anderen Feiglinge.
Und der Hass in Tobias wuchs, nährte sich von diesen Worten und der Hoffnung, zumindest einen Bruchteil des Preises für den Tod seines Vaters einzutreiben. Doch als er sich der Sinnlosigkeit ihres Vorhabens bewusst wurde und die Pflanze der Feindseligkeit in seinem Inneren langsam verdorrte, war es bereits zu spät. Wie eine Lawine drängte Lasse auf die Durchführung, und Tobias hatte nicht die Kraft, ihn aufzuhalten.
Sein Temperament war unberechenbar. Und jetzt war er gemeinsam mit ihm, bewaffnet und maskiert, in das Haus eines Bankers eingebrochen. Fassungslos starrte er in Kleinerts Gesicht, das über und über mit Blut bedeckt war. Das ging weit über den Strafenkatalog aus Zerstörung und Demütigung hinaus, den sie erarbeitet hatten. Lasses Plan, dessen Höchststrafe die letzte Stufe der Erniedrigung sein sollte.
„Was ist das für eine Scheiße?“, fragte Lasse.
Tobias hatte nicht geschaut, was sich in dem Safe befand. Erst jetzt drehte er sich zu Lasse und meinte im ersten Moment, einen kleinen Zettel in seiner Hand zu sehen. Lasse kniff die Augen zusammen und las: „Gunnar Graf.“
Nein, kein Zettel.
Er blickte auf. „Wer soll das sein?“
Ein Personalausweis.
Lasse warf ihn Kleinert vor die Füße und wandte sich wieder dem Safe zu. Tobias bückte sich, um den Ausweis zu betrachten. Das Foto zeigte einen Mann mittleren Alters. Mit seinen kantigen Gesichtszügen und den kurzgeschorenen grauen Haaren wirkte er wie ein Ausbilder bei der Bundeswehr.
„Verdammt, was ist das für Zeug?“ Lasse hatte verschiedene Papiere aus dem Safe geholt. „Sozialversicherungsausweis, Geburtsurkunde – alles von diesem Gunnar Graf. Wer ist das?“ Die Selbstsicherheit aus seiner Stimme war verschwunden, und Tobias spürte, wie sich sein Magen zusammenzog.
Lasse trat vor Kleinert, doch dieser blickte auf den Boden. „Warum habt ihr diese Unterlagen in einem Safe? Wer ist der Mann?“
Tobias' Oberschenkel begannen zu zittern. Das Gefühl, das in seinen Körper kroch und Kälte darin verbreitete, war schlimmer als die Anspannung zu Beginn oder sein Entsetzen, als Lasse Kleinert verletzt hatte.
„Was habt ihr mit ihm gemacht?“
Das Ehepaar schwieg, sie wirkten beide erschöpft. Ertappt. Schuldig.
„Lass uns abhauen“, flüsterte Tobias. „Jetzt. Sofort.“ Ihm kam es so vor, als hätten sie eine Luke geöffnet, aus der Verwesungsgeruch strömte.
Lasse schaute hoch, fragend, verwirrt.
In diesem Augenblick erklang ein Stöhnen, so durchdringend und quälend, dass sich jedes Haar auf Tobias' Körper aufrichtete.
Lasses Augen weiteten sich, und Tobias sah, wie Erkenntnis in seinen Blick strömte.
Im Haus hielt sich noch jemand auf, und wenn ihn seine Wahrnehmung nicht täuschte, befand sich diese Person unter ihnen.
Im Keller.

Die Klagelaute umströmten Lasses Herz und pressten es zusammen. Sämtliche Kraft wich aus seinem Körper. Seltsamerweise musste er in diesem Augenblick an einen Traum denken, den er als Kind gehabt hatte, den einzigen, an den er sich überhaupt erinnerte: Er stand vor einem Tümpel, so trüb, dass unter der Oberfläche kaum etwas zu erkennen war. Doch als er sich tiefer hinunterbeugte und genau hinsah, konnte er schwarze Schemen beobachten – bis plötzlich einer dieser Schatten nach oben sprang, strampelte und schrie.
Das Stöhnen verklang.
„Was ist da im Keller?“, flüsterte Lasse.
Tobias packte seinen Arm. „Lass uns verschwinden, bitte.“
„Ist das dieser Gunnar Graf?“, fragte Lasse, doch es machte nicht den Anschein, als würde Kleinert antworten. Er schnaufte schwer und blickte weiterhin auf den Boden.
„Ist er das im Keller? Was habt ihr mit ihm gemacht?“
Lasse packte Frau Kleinert, schüttelte sie. „Was habt ihr mit ihm gemacht?
Schweigen.
Er richtete sich auf, versuchte, seine Stimme wieder zu beruhigen. „Was seid ihr für kranke Arschlöcher?“
„Komm schon, Mann, lass uns abhauen“, flehte Tobias.
Lasse schüttelte den Kopf. „Nein. Da unten im Keller braucht jemand Hilfe.“
„Dann rufen wir eben die Polizei, wenn wir weg sind.“
„Bist du bescheuert?“
„Wir rufen anonym an. Sagen, dass sie jemanden im Keller festhalten.“
Wie aus einem Albtraum erklang das Stöhnen erneut, es zog sich in die Länge und deutete auf große Qualen hin. Es fuhr Lasse direkt in die Knochen.
Er schüttelte den Kopf. „Nein, wir müssen demjenigen sofort helfen. Hörst du das nicht? Wer immer das ist, er stirbt. Halt die beiden im Auge.“
Er rannte in den Eingangsbereich. Im rechten Winkel zum Hauseingang befand sich eine verriegelte Tür, in deren Schloß ein Schlüssel steckte. „Verdammte Penner“, murmelte Lasse, drehte den Schlüssel und öffnete die Tür. Dahinter führte eine Treppe nach unten in die Dunkelheit.
„Hallo?“, rief er. Seine Stimme prallte von den engen Wänden zurück. „Ist da jemand?“
Ein Wehlaut war die Antwort, schwach, doch intensiv. Lasse bekam keine Luft mehr und riss sich die Maske vom Gesicht. Es war schweißnass.
„Scheiße“, flüsterte er. Er drückte auf einen Lichtschalter, doch die Energiesparlampe beleuchtete kaum die Treppe.
„Hören Sie“, rief er nach unten und bemerkte, wie seine Stimme zitterte. „Herr Graf? Ich komme jetzt runter. Ich helfe Ihnen. Halten Sie durch.“
Langsam, Schritt für Schritt und das Messer vor sich haltend, stieg Lasse in die Finsternis hinab. Die Zunge klebte an seinem Gaumen. Der Drang, nach oben und aus dem Haus zu rennen, wurde übermächtig, doch er war kein Feigling. Er würde niemanden zurücklassen, den diese kranken Leute im Keller festhielten.

Tobias zitterte am ganzen Körper.
Immer wieder wanderte sein Blick zwischen den Kleinerts und der geöffneten Kellertür hin und her.
Er hörte die Rufe von Lasse, die Antwort von unten.
Tränen stiegen in seine Augen. „Was habt ihr mit dem Mann gemacht?“, fragte er.
Zu seiner Überraschung hob Kleinert den Kopf. Sein Gesicht war kaum mehr als eine blutende Maske, hinter der zwei müde Augen hervorblickten.
Dann begann er zu sprechen.

Als Lasse den Fuß der Treppe erreichte, war es still um ihn herum.
Seine Nerven waren so gespannt, dass sich seine Sinne zu verbessern schienen. Trotz des schwachen Lichts erkannte er, dass er in einem schmalen Gang stand, zu dessen Seiten sich mehrere Türen erstreckten.
„Hallo?“, rief er, etwas leiser. „Herr Graf? Wo sind Sie?“
Der Gestank von Ausscheidungen schlug ihm ins Gesicht. Doch darunter war noch etwas anderes, etwas Bitteres –
Sein Fuß stieß gegen etwas auf dem Boden. Als er nach unten blickte, traute er seinen Augen nicht. Da stand ein Napf.
Ein Napf für Hunde, in dem sich Futter befand.
„Herr im Himmel“, murmelte er. „Was soll das denn?“
Die haben nicht mal einen Hund.
Lasse schob seinen Körper vor die erste Tür links, die einen Spalt offen war. Mit dem Messer stieß er sie langsam auf und wünschte sich, seine Maske aufbehalten zu haben, denn der Gestank war nun so unerträglich, dass er einen Würgereiz auslöste.
„Herr Graf?“ Er flüsterte es nur noch.
Den gesamten Raum konnte er nicht überblicken. Halb erahnte, halb sah er ein Gitter, das sich in der Mitte des Zimmers erhob. Ein Käfig.
Oder ein Gehege.
Noch während seine Finger nach einem Lichtschalter tasteten, hörte er direkt aus der Dunkelheit vor sich ein kehliges Knurren.

„Dein Freund hätte mein Bild nicht zerstören sollen.“
„Was?“
„Ihr wart gar nicht schlecht. Ich weiß nicht, was eure Pläne mit uns waren, aber ihr wart gar nicht übel. Bis dein Freund mein Bild zerstört hat, habt ihr nicht einen einzigen Fehler gemacht, und ihr ahnt nicht, wie viel Glück ihr hattet.“
Tobias bekam ein Gefühl, als würde sich direkt vor ihm der Boden zu einem Abgrund öffnen. „Was reden Sie da?“
Kleinert ging nicht auf seine Frage ein. Seine Augen, die eben noch erschöpft gewirkt hatten, waren nun weit aufgerissen. „Weißt du, warum es so dumm war, mein Bild zu zerstören? Nicht etwa, weil es wertvoll war. Das war es nicht, wenngleich einzigartig. Auch nicht, weil mir die Gottheit darauf so gut gefallen hat. Das war gelogen. Oder, um es mit den Worten deines Freundes zu sagen, manchmal ändert sich die Wahrheit eben.“
Der Abgrund wurde tiefer und tiefer.
„Was mir wirklich an dem Bild gefallen hat, waren die Leiber am Felsen. Hast du ihre Gesichter gesehen? Hast du den Schmerz in jedem einzelnen darin gesehen? Ich liebe es, Schmerzen in den Gesichtern von Menschen zu sehen, und nirgendwo habe ich das besser dargestellt gefunden als in diesem Bild.“
Der Abgrund verschluckte Tobias; er konnte den Worten kaum mehr folgen.
„Der eigentliche Fehler“, fuhr Kleinert fort, „den dein Freund begangen hat, war, das Bild zu zerstören. Nicht aber des Bildes wegen, sondern – weil er damit einen solchen Lärm gemacht hat. Denn damit hat er ihn geweckt.“
Die Stille im Haus war allumfassend. Warum hörte er Lasse nicht mehr?
„Wen?“ Seine Stimme war nicht mehr als ein Krächzen.
Kleinert sagte es ihm, zwei Worte nur, doch diese packten Tobias wie eine Hand aus dem Abgrund. Er drehte sich um, achtete nicht auf seine tauben Beine, rannte auf die Kellertür zu.
Lasse“, rief er nach unten. „Komm hoch, um Gottes Willen, komm wieder hoch. Das ist eine Falle!

Die Rufe seines Freundes lösten die Starre, in der Lasse gefangen war. Wie ein Reh im Scheinwerferlicht war er vor dem Knurren stehen geblieben, unfähig, sich zu rühren.
Doch Tobias löste diesen Zustand; Lasse keuchte und begann zu rennen.
Nach drei Schritten stürzte sich etwas auf ihn; Krallen bohrten sich in seine Kopfhaut. Er taumelte und fiel, doch noch bevor er den Boden erreichte, spürte er die Wärme seines eigenen Urins an den Beinen und Zähne an seiner Kehle.

Als Tobias die Geräusche aus dem Keller hörte, zuckte er zurück.
Lasses Schrei verwandelte sich in ein gurgelndes Stöhnen, während das Knurren lauter, das Schmatzen gieriger wurde. Tobias taumelte, die Welt um ihn herum drehte sich wie sein Magen, doch als er im nächsten Augenblick die Tür zum Keller zuschlug und den Schlüssel drehte, waren ihm zwei Tatsachen bewusst: Erstens, dass er Lasse da unten einsperrte und ihm so jede Möglichkeit zur Flucht nahm. Und zweitens, dass Lasse bereits tot war und es keine Rolle mehr spielte.
Er drehte sich zur Eingangstür, und noch während er daran rüttelte und feststellte, dass sie verriegelt war, rannte hinter der Kellertür etwas die Treppe hinauf. Er blickte nach links, nach rechts, suchte nach einem Schlüsselhaken, doch die Wände waren leer.
Ein Körper prallte gegen die Tür und ließ sie in ihren Angeln erzittern. Tobias schlug gegen die Sichtfenster der Eingangstür, doch ihr Glas war zu dick, um sie zu beschädigen.
Immer wieder warf sich der Körper gegen die Kellertür, und als ihr Rahmen knirschte, ging Tobias unter in dem Feuerwerk aus Panik, das in seinem Inneren abbrannte. Er schwankte rückwärts, behielt die Tür im Auge und wusste bereits vor dem letzten Stoß, dass sie brechen würde.
Als sie mit einem Krachen aus dem Rahmen flog, erschien er dahinter.
Unser Hund.
Es war ein nackter Mann, der auf allen Vieren stand. Seine Haut war bleich und von schwarzen Striemen überzogen, die Arme und Beine dürr und lang, der Rücken zu einem Buckel verformt. Das verzerrte Gesicht war mit Blut verschmiert.
Er blickte zu Tobias. Knurrte. Setzte zum Sprung an.
Tobias rannte zurück ins Wohnzimmer, doch trotz seiner Schreie hörte er, wie ihn der Mann auf Armen und Beinen verfolgte. Und als er sich ein letztes Mal umdrehte, war der kahle Schädel direkt hinter ihm.

Georg rief nach seinem Hund, doch der reagierte nicht.
Er hatte sich in das Gesicht des Maskierten verbissen, bohrte immer wieder die Zähne hinein, schüttelte den Körper und riss blutige Fetzen aus Stoff und Haut heraus. Die Beine des Fremden zuckten noch immer, doch wenigstens schrie er nicht mehr.
Georg rief erneut den Namen des Hundes.
Der Mann stöhnte ein letztes Mal, als der Hund seine Nase mit einem Knirschen abbiss und zwischen seinen Kiefern zermalmte. Auf dem Teppich unter ihm bildete sich eine Blutlache. Jetzt zuckten auch die Beine nicht mehr.
Es dauerte, bis sich der Hund beruhigte. Irgendwann ließ er von dem Mann ab und näherte sich seinen Herrchen.
„Braver Hund“, keuchte Georg, „braver Hund. Und jetzt sieh zu, dass du uns hier losmachst.“
Doch weil sich der Hund freute, dass seinen Herrchen nichts passiert war, stemmte er seine Arme in Georgs Schoß und begann, ihm das angetrocknete Blut aus dem Gesicht zu lecken.

***​

„Du zitterst noch immer. Soll ich dir noch einen Tee bringen?“
„Nein. Ich – ich fasse das nicht –“
„Hör zu, es ging darum, wir oder sie. Als sie den Safe geöffnet haben, ging es nur noch darum. Es konnte kein anderes Ende nehmen. Und bedenke, dass sie in unser Haus gekommen sind. Sie haben uns geschlagen, gefesselt, und hätten noch Gott weiß was mit uns –“
„Ja, ich weiß, aber gleich so. Es ist eine solche Schweinerei.“
„Das stimmt. Und das, obwohl ich ihn mehrmals gerufen habe. Dafür werde ich ihn bestrafen müssen. Und auch dafür, dass er wieder in den Keller gemacht hat. Ich dachte, wenigstens das hätte ich ihm abgewöhnt.“
„Ich hätte niemals gedacht, dass er sich so entwickelt.“
„Was erwartest du? Zwei Jahre sind eine lange Zeit, und die Abmachung war, so lange es keiner beendet, verhält er sich wie ein Tier. Vielleicht hat man nach zwei Jahren vergessen, ein Mensch zu sein. Ich weiß es nicht. Aber, wenn du so willst, was er heute getan hat, war nur die konsequente Umsetzung unserer Abmachung.“
„Wenn das so ist, solltest du ihn belohnen anstatt zu bestrafen. Dass er einen von ihnen in den Keller gelockt hat, war ein sehr schlauer Einfall.“
„Ich sag ja gar nicht, dass ich ihn nicht auch belohnen werde – er darf die nächsten Nächte im Garten schlafen. Da muss er jetzt sowieso ein Loch buddeln.“
„Und was machen wir mit dem Wagen?“
„Ebenfalls entsorgen. Ich lass mir was einfallen. Bis dahin bleibt er in unserer Garage. Wie fühlst du dich jetzt?“
„Keine Ahnung. Durcheinander.“
„Wir oder sie, Renate. Denk immer daran.“
„Hör zu, wenn du ihn bestrafst, sei nicht zu streng. Und wenn er das Codewort sagt, hörst du sofort auf, ja?“
„Ich glaube nicht, dass er es sagt. Wäre jedenfalls das erste Mal. Und vergiss nicht, dass auch er Freude dabei hat.“

Der Bambusstock liegt leicht in Georgs Hand. Im Hintergrund läuft Der Winter aus Vivaldis Vier Jahreszeiten.
Wieder und wieder schlägt Georg mit dem Stock auf den Körper des Hundes ein; er peitscht ihn zu den Violinenklängen des ersten Satzes über den Rücken, auf dessen vernarbter Haut sich im Takt der Musik neue Striemen bilden. Feine Tropfen von Blut landen auf Georgs Hosenbeinen. Der Hund jault, doch sein Wehklagen geht unter im Stampfen des Refrains.
Im Mittelsatz streichelt Georg ihn, fährt ihm liebevoll mit dem Stock über die Stirn, die Lippen, vorbei an den angespitzten Zähnen. Wie ein stolzer Vater flüstert er mehrmals seinen Namen, denn er weiß, dass die Demütigung der Zucht, wie jede andere Demütigung auch, stärker wirkt, wenn er ihr den Beigeschmack von Liebe verleiht. Dies ist der Moment der vollendeten Selbsterniedrigung, der Orgasmus in ihrer Beziehung – das Fressen aus einem Napf, das Schlafen auf dem Boden, das ständige Nacktsein oder gar die Prügel sind lediglich ein Vorspiel. Die Spannung entlädt sich erst in den Augenblicken der Zärtlichkeit.
Im dritten und letzten Satz prügelt Georg wieder auf ihn ein, härter, konsequenter. Schlag für Schlag wird das Jaulen lauter, der Stock blutiger, und irgendwann, als sich Vivaldis Winterwinde zu einem Sturm aufbauschen und sich der Hund nicht mehr auf den Beinen halten kann, als er zur Seite kippt, beugt sich Georg über ihn, ganz tief, und sucht hinter der Befriedigung den Schmerz in seinem Blick.

 

Tach Schwups!

Joar. Sauber, wie immer. Hat Spaß gemacht, die Geschichte zu lesen. Nur die Sache mit dem Bild wird mir nicht so ganz klar. Hat Kleinert jetzt in allen Belangen gelogen? Wäre demnach der Hund der Maler? Es wird zwar dieser Khan als Künstler genannt, aber warum weckt es ihn im Keller, als es zerdeppert wird? Wirklich nur wegen des Lärms? Hmm, finde ich seltsam, alles. Er ist ja schon zwei Jahre bei den Eheleuten, wenn ich es richtig verstanden habe, die Papiere aus dem Safe sind also wirklich seine gewesen? Irgendwie bekomme ich die Zusammenhänge nicht so auf die Reihe, vielleicht, weil ich mir das Gemälde als eine Art Siegel vorgestellt habe, oder so.

Und im Prinzip hätte Kleinert ja nur irgendetwas rufen müssen, um den Hund zu wecken. Oder irgendetwas, dass genügend Lärm erzeugt, weiß net, weiß net:) Im Zweifelsfalle hätte Lasse dann nur etwas gesagt wie: "Halt jetzt endlich deine Fresse, du dämlicher Sack", oder so. Er kann ja seinerseits nicht ahnen, dass da noch was ist.

Und wieso kommt der Hund überhaupt auf die Idee, jemanden nach unten locken zu müssen? Wie kann er wissen, was sich im Erdgeschoss abspielt? Nich, dass Du Dich jetzt schieflachst, weil ich irgendetwas oberoffensichtliches fleglich übersehe, aber ehrlich: ich bin einigermaßen verwirrt:)

Gefallen hat's mir aber trotzdem:thumbsup:

Gruss,
Satyricon

 

Hallo Schwups

Echt spannend, wie dieser Einbruch vor sich geht, die beiden alten Leutchen im Schlaf überrascht. Ich fühlte mich direkt in die wahren Gegebenheiten um die Schlafzimmerräuber versetzt, welche die Zürcher Goldküste und andere Gebiete jahrelang heimsuchten.

Er verwarf sämtliche Möglichkeiten, und das Bewusstsein über seine Hilflosigkeit schwächte ihn zusätzlich.

Hier hätte ich jetzt eher die Erkenntnis gewählt, da das Bewusstsein an sich eine andere Bedeutung hat und so der Begriff eigentlich eher als bewusst sein auftritt.

Irgendwo tief in diesem Loch rotierte ein Wirbel, ein Sog nach unten.

Diesen Satz konnte ich nicht direkt und präzis würdigen. Ich weiss, ich habe nicht mehr die neuste Leitung, aber dennoch. Ich ordne es dem Maskierten zu, doch den Sinn erfasse ich nicht. Oder ist doch Georg Kleinert gemeint, sein Denken, über den dies hereinstürzt? Aber eigentlich muss es mit dem nachfolgenden Satz in Zusammenhang stehen.

Sie stanken nach Furcht; Schweiß und selbst Blut flossen über ihre Gesichter.

Statt Furcht hätte ich da Angst gewählt. Die Worte sind zwar synonym, doch in meiner Vorstellung ist da noch die Differenzierung, die auf Freud zurückgeht. Er deutete – nur kurz definiert - vor einem Jahrhundert die Furcht als ein Gefühl des Unbehagens, Angst hingegen als eine panische Überflutung. Aber falsch ist es natürlich nicht, nur mir das schwächere Gefühl.

„Nun, weißt du, manchmal ändert sich die Wahrheit eben.“ Kleinerts Frau stöhnte.

Wahrheit? Ist damit die Aussage gemeint, es passiere nichts? Oder drückt vielleicht das Wort Situation den gegebenen Moment besser aus?

„Ist das so?“ Lasse hielt sein Messer in die Höhe. „Dann kannst du ja von Glück sagen, dass ich weniger ambivalent bin. Denn ich bringe nur Zerstörung.“

Hier erkenne ich den Grund für die kursive Hervorhebung von ambivalent nicht? Sicher, Lasse will sich klar von Khan unterscheiden, doch weniger ambivalent bekommt erst durch den nachfolgenden Satz dann seine zerstörerische Kraft.

Schmerz in Kleinerts Gesicht hatte die Angst verdrängt.

Da bin ich mir nicht sicher, aber wäre es da nicht präziser: Schmerz in Kleinerts Gesicht, hatte die Angst darin verdrängt.

Seine Stimme übertönte kaum Kleinerts Heulen, und er bedauerte, dass er nun jede Möglichkeit verspielt hatte, in Kleinerts Gesicht noch einmal die süße Angst zu sehen. Diese wurde nun von körperlichen Qualen überlagert; ferner entstellte es ein Rinnsal von Blut.

Hier scheint es mir in der Interpretation nicht ganz zufriedenstellend. Das überlagert drückt es für mein Empfinden nicht treffend differenziert aus. Ich tue mich auch schwer daran es zu fassen, aber vielleicht: Diese wurde nun durch die körperlichen Qualen verdeckt; … Aber vielleicht ist dies auch nur Haarspalterei.

Bin mal gespannt, was sie von diesem ganz speziellen Sekt halten.

Dieser Gedanke scheint mir etwas verloren dazustehen. Die vorgehende Absicht war klar, das äusserste Mass an Erniedrigung zu vollziehen. Diesen Satz braucht es dann m. E. nicht.

Lasse schüttelte den Kopf. „Nein. Da unten im Keller braucht jemand Hilfe.“

Das passt für mein Empfinden nicht ganz zu Lasse. Ich denke, seine Abneigung gegen Bonzen kaschiert einen destruktiven Charakteranteil, neben dem Mitgefühl für jemanden in der Not höchst begrenzt Platz findet. Mir schiene plausibler, wenn er einer zwanghaften Neugier erliegt. Oder die Vorstellung ihm vorgibt, die beiden Alten seien schlimmer als er, die halten da jemanden wie ein Tier gefangen. – Doch anschliessend sah ich, dass ich dem Rätsel nahe gekommen war. Auch wenn es noch schrecklicher ist, als ich mir vorstellte.

Die Einwände in Satyricons vorgehenden Kommentar, welche ich nachträglich las, waren mir in etwa auch so durch den Kopf gegangen.

Eine wirklich eindrückliche Geschichte, und wenn man bedenkt, zu was Menschen fähig sind, bleibt da sogar ein eisiger Hauch an Realität, sodass man sie nicht einfach ad acta legen kann, sondern sie wohl nachhaltig in Erinnerung bleibt.

Von der Sprachmelodie her erschien es mir schön zu lesen, von der Spannung her sehr gut aufgebaut und das Ende, obwohl ich hinter dem Khan etwas Makabres erwartete, völlig überraschend. Insgesamt finde ich es eine glanzvolle Leistung.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo Schwups,

deine Geschichte ist richtig gut geworden.

Die Bedrohung des Ehepaars wird von dir so vorstellbar geschildert, dass ich beim Lesen dieses ekelhafte, enge Gefühl im Hals hatte, wenn man sich völlig hilflos und ausgeliefert fühlt und natürlich wollte ich unbedingt weiterlesen. Dass sich irgendwann ein fieses Monster auf Lasse und Tobias stürzen wird, das hatte ich mir zwar gedacht, aber dass das Geschehen dann diese Wendung nimmt, Kleinert der Oberpsycho ist, das fand ich sehr stark herausgearbeitet.

Sehr beeindruckt hat mich auch der allerletzte Abschnitt. Gut, dass du ihn ins Präsens gesetzt hast. Und von der Atmosphäre her, das Anschwellen der Musik, die Schilderung ihrer Beziehung und der Genuss am Schmerz, das könnte man direkt filmisch umsetzen. Dieses Bild finde ich sehr kraftvoll und in seiner Eindringlichkeit beklemmend.

Dass du den Zusammenhang zwischen Bild, Kleinert und dem Hundmenschen nicht deutlicher aufgelöst hast, also das, was Satyricon und auch Anakreon angesprochen haben, das stimmt schon, das lässt du tatsächlich im Dunklen.
Diese "Erklärungslücken" finde ich perssönlich allerdings nicht schlimm, weil für mich beim Lesen die Schilderung dieser schrecklichen Unterjochungen im Vordergrund stand. Unterjochung und das Weiden am Schmerz, das durchzieht die gesamte Geschichte. Auch für Lasse ist Demütigung, Schmerz und Unterjochung das Hauptmotiv, was du sehr gut schilderst, z. B. hier:

Lasse blickte ihn lange an. Aus all den Eindrücken, die von Kleinert ausgingen – seinem bebenden Körper, der zitternden Stimme, dem sauren Atem – versuchte er, die Angst zu filtern und in ihrer reinsten Form zu genießen. Schon immer faszinierte ihn das pure Wesen der Furcht.

Diese inhaltliche Idee taucht später ja wieder auf und macht Kleinert zum größeren schrecklichen Bruder Lasses im Geiste. Eben daher aber kannst du aus diesem rohen Typen nicht auf einmal einen Kerl machen, der vor Hilfsbereitschaft glüht, ich übertreibe es absichtlich ein bisschen.
Der Drang in den Keller zu gehen, den könntest du irgendwie anders erklären, aber nicht damit, Graf retten zu wollen. Oder es muss als vorgeschobene Rettungstat klar herauskommen, z. B., dass er das Opfer, also Graf, retten und hochbringen will, aber eigentlich mehr, um Kleinert damit einen weiteren psychologischen Schlag zu verpassen. Der im Keller Gefangene darf bei der Fortsetzung von Kleinerts Demütigung dabei sein. Habe leider keinen anderen Einfall dazu, aber so finde ich es jedenfalls zu brüchig.

Sehr, stark zu lesen. Sehr, sehr eindrücklich und eklig in der psychologischen Schilderung - und das meine ich als großes Lob.
Viele Grüße vom Novak

 

So, liebe Leser

Herzlichen Dank fürs Lesen & Feedback geben. Freut mich, wenn euch die Geschichte gefallen & unterhalten hat - auch wenn der eine oder andere Punkt vielleicht nicht ganz klar war.

Hallo Satyricon,

Ist ja immer die Frage, wieviel Infos man in der Geschichte direkt an den Leser weitergibt, und was sich dieser selber zusammenreimen muss. Bei dieser Geschichte soll natürlich das Ende überraschen, umso weniger darf während der Handlung darauf hindeuten.

Ich gehe mal auf deine Fragen ein, auch Anakreon hat ja darauf Bezug genommen:

Nur die Sache mit dem Bild wird mir nicht so ganz klar. Hat Kleinert jetzt in allen Belangen gelogen? Wäre demnach der Hund der Maler?

Nein! Der "Hund" hat das Bild nicht gemalt, da hat Kleinert die Wahrheit gesagt. Mit dem Hund hängt es nur insofern zusammen, als dass der Künstler Inspiration für den Namen (des Hundes) war. Und natürlich "befriedigt" Kleinert über beides seine sadistischen Neigungen, wenn auch auf andere Art und Weise.

Es wird zwar dieser Khan als Künstler genannt, aber warum weckt es ihn im Keller, als es zerdeppert wird? Wirklich nur wegen des Lärms? Hmm, finde ich seltsam, alles.

Zumindest denkt Kleinert, dass der Hund dadurch geweckt wurde. Ist auch wahrscheinlich, denn wenn nachts in einem stillen Haus direkt über einem Gegenstände auf den Boden krachen, dann kann man durch das Poltern schon wach werden.

Er ist ja schon zwei Jahre bei den Eheleuten, wenn ich es richtig verstanden habe, die Papiere aus dem Safe sind also wirklich seine gewesen? Irgendwie bekomme ich die Zusammenhänge nicht so auf die Reihe, vielleicht, weil ich mir das Gemälde als eine Art Siegel vorgestellt habe, oder so.

Also: Dieser Gunnar Graf lebt seit zwei Jahren bei den Eheleuten als "Hund". Solche Übereinkünfte gibt es wirklich, zumindest habe ich davon gehört. Es hat mit Dominanz und Erniedrigung zu tun, ist also eine SM-Spielart, und so kommen beide Seiten auf ihre Kosten. Der Mensch wird dabei wie ein Hund gehalten, er bekommt keine Klamotten, muss aus einem Napf fressen etc. Die "Züchtigung" findet auf die beschriebene Weise vermutlich nicht statt; ich finde aber, sie unterstreicht das Ganze noch. Da Gunnar bei den Leuten lebt, sind bei ihnen logischerweise auch seine ganzen Unterlagen.

Und im Prinzip hätte Kleinert ja nur irgendetwas rufen müssen, um den Hund zu wecken. Oder irgendetwas, dass genügend Lärm erzeugt, weiß net, weiß net

Klar hätte er, aber genau das will er natürlich auf jeden Fall vermeiden! Denn er denkt ja, das sind "normale" Einbrecher, die hauen wieder ab. Selbst als ihm klar war, dass dem nicht so ist, warum sollte er rufen? Der Hund ist eingesperrt, im Keller, er weiss ja auch nicht, wie er auf die Einbrecher reagiert. Der Hund hätte ja auch gar nix machen können, oder sich vor den Einbrechern verstecken. Nein, sein Interesse ist vorrangig, diese Sache geheim zu halten. Denn sobald die Einbrecher von dem Hund erfahren, ist sein Spiel aus, und entweder fliegt alles auf oder die Einbrecher sterben. Selbst wenn es nicht illegal ist, was er tut (da Gunnar ja einverstanden ist), ein Skandal gäbe es so oder so, und das will er in seiner Position unbedingt vermeiden.
Abgesehen davon - wenn dir ein Maskierter ein Messer an die Kehle hält und sagt, du sollst ruhig sein - schreist du dann?
Das konnte ich natürlich in dem Abschnitt aus Kleinerts Sicht nicht beschreiben, denn das würde ja die Auflösung kaputt machen.

Und wieso kommt der Hund überhaupt auf die Idee, jemanden nach unten locken zu müssen? Wie kann er wissen, was sich im Erdgeschoss abspielt?

Na, weil er die Stimmen durch die Kellertür hört. Zwischen dem Poltern des Gemäldes und dem Stöhnen vergeht ja einige Zeit, und der Diskussion ist ja zu entnehmen, was Sache ist. Ferner wird Kleinert verletzt und schreit.

Was soll der Hund machen? Er steht vor einer abgesperrten Tür und nimmt an, seine "Herrchen" werden von Einbrechern getötet. Wenn er versucht, die Tür aufzubrechen, verliert er das Überraschungsmoment (es ist nicht mal sicher, ob ihm das gelingt). Selbst wenn es ihm gelingt, er weiss ja nicht, was ihn erwartet. Er muss aber in einem grossen, hellen Wohnzimmer gegen mind. 2 Personen kämpfen, die bewaffnet sind. Da lockt er doch lieber einen (oder mehrere) in den dunklen Keller. Zum einen wird ihm dann die Tür aufgesperrt, zum anderen ist er im Vorteil. Es ist seine einzige Option, auch wenn sie sehr risikoreich ist.

Hoffe ich konnte ein wenig Klahrheit in die Sache bringen, auch wenns natürlich besser wäre, dies ginge aus der Geschichte hervor. Ich wollte sie erst vor den drei Sternchen beenden, bin froh das nicht getan zu haben, sonst wärs glaub noch verwirrender :).


****

Hallo Anakreon

Der Sog nach unten bezieht sich auf das "Schwarze Loch", das Kleinert in den Augen von Lasse sieht. Ich hatte hier zunächst einen Abgrund als Vergleich, doch den habe ich einige Abschnitte später nochmal drin und wollte das Bild nicht überstrapazieren. Von daher hab ich hier ein anderes genommen, der Sog nach unten soll sagen, dass er gebannt in seine Augen blickt, von ihnen festgehalten wird, nicht wegschauen kann ... irgendwie so, aber das sind alles so bekannte Bilder, habe es daher mal mit dem Sog versucht.

Statt Furcht hätte ich da Angst gewählt. Die Worte sind zwar synonym, doch in meiner Vorstellung ist da noch die Differenzierung, die auf Freud zurückgeht. Er deutete – nur kurz definiert - vor einem Jahrhundert die Furcht als ein Gefühl des Unbehagens, Angst hingegen als eine panische Überflutung.

Ich kenne die Unterscheidung so, dass sich die Furcht - im Gegensatz zur Angst - auf eine konkrete Gefahr bezieht, ein Objekt. Angst ist eher unbestimmt. Naja, die Begriffe werden eigentlich synonym verwendet ("Ich habe Angst vor Spinnen", "Ich fürchte mich vor Spinnen"), hier habe ich Furcht deshalb gewählt, weil zwei Sätze vorher schon Angst steht. Ich finde, in ihrer jetzigen Position klingen die Wörter besser als wenn ich das drehe.

Wahrheit? Ist damit die Aussage gemeint, es passiere nichts? Oder drückt vielleicht das Wort Situation den gegebenen Moment besser aus?

Ja stimmt schon, an dem Satz hab ich lange getüftelt (auch wenn man es ihm nicht ansieht) und bin nicht zufrieden. Ich brauche hier eine Formulierung, die Kleinert später wieder aufgreift, sie symbolisiert praktisch die Macht, die er plötzlich über die Einbrecher hat (weil er ihnen jetzt Sätze um die Ohren knallen kann, die davor noch von ihnen kamen) - daher passt "Situation" nicht. Ich grüble hier noch ein bisschen, vielleicht fällt mir noch was Besseres ein.

Hier erkenne ich den Grund für die kursive Hervorhebung von ambivalent nicht?

Ist einfach eine Betonung, die Lasse macht; er würde so ein Wort nicht verwenden und verhöhnt Kleinert, indem er dieses Wort (das Kleinert im Satz zuvor benutzt) übertrieben betont.

Da bin ich mir nicht sicher, aber wäre es da nicht präziser: Schmerz in Kleinerts Gesicht, hatte die Angst darin verdrängt.

Ursprünglich hiess es: "Der Schmerz in Kleinerts Gesicht hatte die Angst darin verdrängt". Das "Der" und "die" klingt aber nicht gut, fand ich, daher ist der bestimmte Artikel vor Schmerz rausgefallen. Ich denke, wenn man ein Komma zwischenstellt, müsste in die erste Hälfte noch ein Verb.

Dieser Gedanke scheint mir etwas verloren dazustehen. Die vorgehende Absicht war klar, das äusserste Mass an Erniedrigung zu vollziehen. Diesen Satz braucht es dann m. E. nicht.

Hmmm ... jaaa. Stimmt schon. Das war glaub der letzte Satz, den ich vor dem Posten der Geschichte geschrieben habe. Stimmt schon, die volle Blase hab ich erwähnt. Kriegt man den Zusammenhang hin? Du hattest eine ähnliche Bemerkung zu meiner Geschichte "Das Böse in uns" (da wars Sperma) ... ach komm, ich nehm ihn raus.

Das passt für mein Empfinden nicht ganz zu Lasse. Ich denke, seine Abneigung gegen Bonzen kaschiert einen destruktiven Charakteranteil, neben dem Mitgefühl für jemanden in der Not höchst begrenzt Platz findet.

Ja, das war ein schwieriger Teil in der Geschichte. Warum geht Lasse in den Keller? Auch Novak hat das ja erwähnt. Also zunächst finde ich, dass seine Abneigung gegen "die Reichen" durchaus vereinbar ist mit Mitgefühl, solange es um "seinesgleichen" geht. Er fühlt sich ja unterdrückt, auch ein Stück weit hilflos, frustriert. Nun meint er es, hier ebenfalls mit einem "Opfer" zu tun zu haben, mit dem er dann durchaus auch Mitleid empfinden kann. Es ist halt das "wir gegen sie" und "wir halten zusammen".
Das ist der eine Punkt. Der andere ist, ich will hier gar nicht so sehr auf seine Motive eingehen. Nicht weil mir keine einfallen würden, aber ich finde der Schluss muss schnell erzählt werden. Wenn ich da jetzt einen längeren Einschub über seine Motive reinnehme, wirkt das nicht mehr so gut. Daher sollte es nur ein knapper Satz sein:

Er würde niemanden zurücklassen, den diese kranken Leute im Keller festhielten.

Es ist die Solidarität eines Opfers mit einem vermeintlich anderen. Vielleicht auch, um "den Reichen" damit eins reinzudrücken, dass er ihre Machenschaften aufdeckt. Also ich schaue mal, wie ich das vielleicht noch deutlicher in die Geschichte bringe, ohne auszuschweifen.

Deine Vorschläge, die ich nicht kommentiert habe, habe ich ausgebessert.

Von der Sprachmelodie her erschien es mir schön zu lesen, von der Spannung her sehr gut aufgebaut und das Ende, obwohl ich hinter dem Khan etwas Makabres erwartete, völlig überraschend. Insgesamt finde ich es eine glanzvolle Leistung.

Vielen Dank, das ist ein sehr schönes Kompliment :).

****

Hallo Novak

Dass sich irgendwann ein fieses Monster auf Lasse und Tobias stürzen wird, das hatte ich mir zwar gedacht, aber dass das Geschehen dann diese Wendung nimmt, Kleinert der Oberpsycho ist, das fand ich sehr stark herausgearbeitet.

Danke dir. Ursprünglich sollte es auch ein Monster sein, das dort im Keller wohnt und von dem das Ehepaar weiss.

Sehr beeindruckt hat mich auch der allerletzte Abschnitt. Gut, dass du ihn ins Präsens gesetzt hast.

Schön dass du das erwähnst. Finde auch dass er im Präsens besser klingt.

Diese inhaltliche Idee taucht später ja wieder auf und macht Kleinert zum größeren schrecklichen Bruder Lasses im Geiste.

Das hast du gut erkannt, genauso war es auch beabsichtigt. Beide finden Gefallen daran, wenn sie über andere Menschen Macht ausüben können, und ihre Motive sind ähnlich.

Eben daher aber kannst du aus diesem rohen Typen nicht auf einmal einen Kerl machen, der vor Hilfsbereitschaft glüht, ich übertreibe es absichtlich ein bisschen.

Eben hier denke ich, kommt es darauf an, wem er gegenüber steht. Siehe meine Anmerkungen zu Anakreons Kommentar.

z. B., dass er das Opfer, also Graf, retten und hochbringen will, aber eigentlich mehr, um Kleinert damit einen weiteren psychologischen Schlag zu verpassen. Der im Keller Gefangene darf bei der Fortsetzung von Kleinerts Demütigung dabei sein.

Das ist ein interessanter Gedanke. Ich habe darüber nachgedacht, folgendes Problem habe ich damit: Die beiden sind mitten in der Nacht in einem fremden Haus, sind dabei, ein Verbrechen zu verüben. Auch wenn Lasse eher locker rüberkommt, was passiert, wenn in dieser Situation etwas vollkommen Unerwartetes geschieht? Eben das Stöhnen im Keller. Wie reagiert er da? Ist er dann noch so cool, um zu sagen: Den hol ich nach oben, der soll zuschauen?

Für mich ist es hier wirklich die Solidarität mit einem anderen Opfer - und er hat ja selbst auch Angst, will aber kein Feigling sein. Ich sehe eure Einwände, denke, da muss ich nochmal drüber und es deutlicher ausarbeiten.

Nochmals danke an euch alle für das hilfreiche & konstruktive Feedback.

Viele Grüsse

 

Lieber Schwups,

gestern bin ich auch endlich dazu gekommen, dein neuestes Werk hier zu lesen. Ich wollte da auch gleich antworten, aber mir ist was dazwischengekommen, deswegen jetzt erst.

Was mir an der Geschichte sehr gut gefällt, ist ihre Unvorhersehbarkeit. Erst ein konventioneller Einbruch, dann diese mysteriöse Sache mit dem Bild, und dann der Teil mit dem Hund. Fand ich super, ich war immer sehr gespannt, wie's weitergeht.

Die Charaktere finde ich sehr gut gezeichnet, Tobias, der das alles eigentlich gar nicht so recht will, und Lasse, der irgendwie unberechenbar ist und anscheinend ein Ventil sucht, über das er Druck ablassen kann. Alleine das war schon spannend, und dazu dann noch der Einbruch... Topp!

Der ist dann auch sehr schön beschrieben, detailliert, realitätsnah. Irgendwie ist bei mir hängengeblieben, dass die Frau denkt, die Stimme käme aus der Dunkelheit und nicht vom Einbrecher, weil die Maske den verdeckt. Das sind so Kleinigkeiten, die das Ganze so realistisch machen.
Das gilt für die ganze Geschichte.

Mir ging es ein bisschen wie den anderen; ein bisschen mehr Infos hätte ich gut gefunden. Durch den Titel, der dann zu dem Bild passt, war ich irgendwie darauf fixiert und dachte, das mit dem Monster im Keller hätte jetzt was damit zu tun, aber dass das so eine SM-Sache ist, darauf bin ich erst gar nicht gekommen, weil das so unerwartet war. Vielleicht könntest du da noch ein bisschen schrauben, weiß jetzt aber gerade auch nicht konkret, wie.
Das ist der einzige Punkt, der mich ein bisschen gestört hat.

Der Rest ist klasse, auch sehr sorgfältig ausgearbeitet. Hut ab!

Viele Grüße,
Maeuser

 

Hi Maeuser

Danke fürs Lesen & die Komplimente :).

Mir ging es ein bisschen wie den anderen; ein bisschen mehr Infos hätte ich gut gefunden.

Ja ich seh schon, da muss ich nochmal drüber. Offenbar wird dem Bild tatsächlich eine viel grössere Bedeutung beigemessen als ich beabsichtigt hatte, eben durch Name des Künstlers & Titel der Geschichte. Mir gefällt die Idee, dass der Mann seinen "Hund" nach diesem Künstler benennt. Muss mal schauen wie ich das noch klarer unterbringe, evtl. indem der Künstler erst später genannt wird oder ich explizit schreibe, dass der Name des Hundes daher kommt?

Mal sehen ...

Viele Grüsse & bis zum nächsten Mal!

 

Hallo Schwupps!


Gleich mit den ersten zwei Sätzen wird die leichte Spannung zwischen Lasse und Tobias offensichtlicht. So werden, ohne dass Langeweile aufkommt und auf geschickte Weise, die Charaktere, das Motiv und das Ziel der beiden vorgestellt.

Dann der Perspektivwechsel zum Opfer. Find ich sehr gut, so bleibt der Fokus da, wo die meiste Angst zu finden ist. Mit weiteren wechseln der Perspektive wird Gleiches erreicht. Kompliment für diese grandiose Kameraführung!

Wie auch schon bei deiner empfohlenen Kriminalgeschichte wird auch in dieser eine überraschend Wendung präsentiert. Aus Opfer werden Täter, die viel grausamer als die ursprünglichen Täter sind, die wiederum zu viel bedauernswerteren Opfern werden als die vorherigen. Ein Konzept, das hervorragend funktioniert und von dir meisterlich ausgearbeitet ist.

Zu nörgeln gibt es fast nix. Aufgefallen ist mir nur:


bedeckte auch er sein Gesicht mit der Maske.
Da würd ich „einer Maske“ schreiben. Es ist ja nicht Lasses Maske, die zuvor beschrieben wird.


Mit diesen Worten zog sich Lasse seine Strumpfmaske über das Gesicht.
Später im Text:
und er ärgerte sich, dass er kein Modell mit freiliegendem Mund gewählt hatte.
Für mich ist ein Strumpf, über den Kopf gezogen, eine Strumpfmaske.


Eine packende Geschichte. Mit blankem Entsetzen gelesen.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo Asterix

Gleich mit den ersten zwei Sätzen wird die leichte Spannung zwischen Lasse und Tobias offensichtlicht. So werden, ohne dass Langeweile aufkommt und auf geschickte Weise, die Charaktere, das Motiv und das Ziel der beiden vorgestellt.

Dann der Perspektivwechsel zum Opfer. Find ich sehr gut, so bleibt der Fokus da, wo die meiste Angst zu finden ist. Mit weiteren wechseln der Perspektive wird Gleiches erreicht. Kompliment für diese grandiose Kameraführung!

Wie auch schon bei deiner empfohlenen Kriminalgeschichte wird auch in dieser eine überraschend Wendung präsentiert. Aus Opfer werden Täter, die viel grausamer als die ursprünglichen Täter sind, die wiederum zu viel bedauernswerteren Opfern werden als die vorherigen. Ein Konzept, das hervorragend funktioniert und von dir meisterlich ausgearbeitet ist.


Da bleibt mir nichts weiter zu sagen als: Vielen Dank :). Schön wenn die Geschichte so gut ankommt.

Deine beiden Verbesserungsvorschläge habe ich übernommen.

Viele Grüsse & bis zum nächsten Mal.

 

Moin!

So siehst du aus, dachte Tobias. „Wir machen es so, wie wir besprochen haben. Keine Überraschungen. In Ordnung?“
gefällt mir nicht, weil es so einen coolen Beigeschmack hat. Dabei ist Tobias ja nicht cool, sondern er ist ängstlich. Vielleicht besser: Gib doch zu, dass du Schiss hast, dachte Tobias ...

Die sind wehrlos. Nicht mal einen Hund haben die.
:naughty: Das wirkt beim zweiten mal lesen natürlich ganz anders!

Da Tobias Lasse kannte, machte ihm genau das Angst, doch ein weiteres Mal wollte er ihn nicht an ihren Plan erinnern, wollte nicht wie ein Feigling wirken
Mach das vielleicht noch genauer! Der es geht ja nicht um den ganzen Plan, sondern um die Vorgehensweise ...

„Hol sie raus“, sagte der Mann, an seinen Partner gewandt. Dieser riss Renate aus dem Bett, ohne die Hand von ihrem Mund zu nehmen.
Würde man das sagen? Hol sie raus ...


Er stöhnte, humpelte allerdings weiter.
allerdings finde ich hier überflüssig

Der Maskierte beugte sich hinunter, und zum ersten Mal konnte Georg ihm direkt in die Augen sehen. Es war, als blickte er in ein Schwarzes Loch.
Das hab ich schon so oft gelesen mit dem schwarzen Loch. Ich weiß, es ist schwierig, etwas Vergleichbares zu finden. Aber trotzdem ..

Er, den sie normalerweise nicht einmal mit dem Arsch angesehen hätten, war zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden. Ihre einzige Qual, ihre einzige Hoffnung.
das beschreibt es sehr gut

Aus all den Eindrücken, die von Kleinert ausgingen – seinem bebenden Körper, der zitternden Stimme, dem sauren Atem – versuchte er, die Angst zu filtern und in ihrer reinsten Form zu genießen. Schon immer faszinierte ihn das pure Wesen der Furcht
Das gefällt mir sehr gut. Aber das Fette würde ich streichen. das ist irgendwie unnötig und schwächt die Wirkung

Bis dein Freund mein Bild zerstört hat, habt ihr nicht einen einzigen Fehler gemacht, und ihr ahnt nicht, wie viel Glück ihr hattet
Da fühlt sich der Kleinert doch zu sicher. Woher weiß er, dass Lasse seinen "Hund" nicht einfach absticht ...


Ja, also insgesamt wieder eine sehr saubere Arbeit. Das denke ich immer, wenn ich deine Geschichten lese. Sehr sauber und logisch. Jedesmal ist ein Moment dabei, wo es mich kurz gruselt und das ist deine Gabe. Ich würde mir manchmal noch frischere Sätze wünschen. Formulierungen, die man nicht kennt. Aber das ist in diesem Genre irgendwie sehr schwer. zum Beispiel Gänsheaut zu beschreiben, wie man es noch nie gelesen hat. Oder das rasende Herz ... ich war jedenfalls noch nie von einer deiner Geschichten enttäuscht´. Schön, dass es auch diesmal so war.

Lollek

 

Hallo Schwupps!
Also, ich habe mir kaum Anmerkungen während des Lesens gemacht, was heißt, dass der Text sauber ist, flüssig geschrieben und auch recht spannend zu lesen.
Das in jedem Falle.

Anspannung drang aus ihren Körpern

Ich fand die Formulierung zumindest gewöhnungsbedürftig, in keinem Fall treffend.

Während der Auseinandersetzungen bei dem Überfall hätte ich mir gewünscht, dass sich die jeweiligen Stimmungen beider Parteien im Gesagten widerspiegeln. Das heißt, je länger der Überfall dauert, desto genauer sind die Charakterisierungen, das läuft mir zu sehr über den Inhalt des Gesagten, nicht über das Wie.

Hin und wieder kamen die Dialoge gestelzt daher, so spricht niemand, der unter Anspannung steht:

„Gut. Ich werde jetzt meine Hand wegnehmen. Wenn du schreist, schneide ich, und ich schneide tief. Verstehst du?“

„Raus aus dem Bett.“
„Bitte, was wollen Sie?“

Das geht viel knapper, gepresster.

Zunächst stellt sich der Text als Torture Porn dar, mit einem Hauch von sozialkritischem Unterton zwar, aber doch schon öfter gelesen oder gesehen, als gut ist.
Der Schwenk hin zur Psycho-Geschichte erfolgt schleichend, aber auch ein bisschen plakativ. Wirklich, das Ding, das im Keller gefangengehalten wird, was willst du damit neues sagen? Seit Hitchcock kennt man das, und wer kann behaupten, damit etwas Innovatives geschaffen zu haben?

Warum bist du nicht bei einem Thema geblieben? Mich hätte sehr interessiert, wer von den beiden Kontrahenten der Gewinner gewesen wäre, denn die Bankenkrise auf diese Art zu lösen, das wäre mal was wirklich Neues gewesen.

So war es denn "nur" eine recht gut geschriebene, recht schnell wieder vergessene Horror-Story, die aus dem Einerlei kaum hervorsticht.

Übrigens, als der Hund hervorbricht, hat mich das fatal an diese eine Szene aus "Pulp Fiction" erinnert, mit diesem grässlichen Maskenmann an der Leine.

Soweit dann, schöne Grüße von meiner Seite!

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo maria

Diese beiden Sätze haben mich förmlich dazu gezwungen, die gesamte KG zu lesen. Da passiert gleich was und zieht mich der Länge nach in die KG hinein. Was hätte mir da anderes übrig bleiben sollen?

Freut mich, wenn dich gleich der Anfang gepackt hat. Gerade bei längeren Geschichten steigt man (zumindest ich) gern mal aus, wenn der Anfang schon verhauen ist.

Ich meine, du hast mich total neugierig gemacht und als der Typ das Bild zerstörte, habe ich mir etwas Dämonisches erwartet.

Naja, in Horrorgeschichten geht es ja auch immer darum, den Leser mit etwas Unerwartetem zu konfrontieren - das immerhin ist am Ende dann gelungen. Wenn jemand schreibt, ich hab den ganzen Verlauf zu Beginn der Geschichte so schon erwartet, ist das ziemlich niederschmetternd.

Vom Dämonischen wollte ich hier komplett Abstand nehmen. Kleinert ist für mich eine Person, der wir jeden Tag über den Weg laufen könnten, ohne zu merken, was sich für Abgründe in den eigenen vier Wänden auftun.

Und hier das wirkliche Aber: Die Kellerthematik. Die Horrorrubrik ist voll von diesen Kellergeschichten.

Stimmt. Aber so schlimm finde ich das ehrlich gesagt nicht, denn für mich ist nicht so sehr die Frage, wo das Böse (oder Unbekannte) lauert, sondern was es ist, was es antreibt. Ganz ehrlich, wäre die Geschichte eine andere, wenn sich Khan auf dem Dachboden verstecken würde? Auch das gabs schon in der Literatur, Laymon lässt in der ersten Szene seines Debütromans (der bezeichnenderweise auch noch den Titel The Cellar trägt) seine Bestie vom Dachboden kommen. Das Kinderzimmer (oder jeder andere Raum) passt hier nicht, weil der Hund etwas ist, was die Kleinerts verstecken, etwas, das sie vor den Blicken anderer geheim halten wollen. Da eignet sich ein Keller mit dem Käfig einfach besser, als ein x-beliebiger Raum, den jeder Gast betreten kann (hinzu kommen ja noch die Geräusche und Gerüche, die es zu verstecken gilt).

Und die kranke Neigung des Typen war zwar interessant, aber allein wegen dieser Kellergeschichte war ich davon nicht mehr so begeistert.

Schade, dass allein der Ort so vieles kaputt macht, mit einer solchen Reaktion hätte ich nicht gerechnet. Wäre das wirklich so viel anders gewesen, wenn es der Dachboden gewesen wäre?
Ich persönlich muss sagen, dass ich die Vorstellung, einen Menschen wie ein Tier zu halten - eine Situation, an dem auch noch beide Seiten gefallen finden - ziemlich erschreckend finde, egal ob im Keller oder woanders. Diese Geschichte soll ein solches Szenario darstellen - ist natürlich auch immer ein bisschen subjektiv, die einen packt das, andere zucken nur mit den Schultern und sagen: Na und? Oder vielleicht hab ich auch einfach nicht die richtigen Worte gefunden, um den Schrecken zu transportieren ...

Ja, klingt wieder mal total negativ von mir

Nee du, da gabs schon Schlimmeres ;). Danke dir für dein Feedback, fand vor allem den Punkt, dass der Keller so vieles kaputt macht, sehr interessant.

***

Hallo lollek

gefällt mir nicht, weil es so einen coolen Beigeschmack hat. Dabei ist Tobias ja nicht cool, sondern er ist ängstlich. Vielleicht besser: Gib doch zu, dass du Schiss hast, dachte Tobias ...

In der Hektik, der Aufregung, klingt mir das mit dem Schiss zu lang und zu umständlich. Ich finde das Kurze, Prägnante hier besser.

Mach das vielleicht noch genauer! Der es geht ja nicht um den ganzen Plan, sondern um die Vorgehensweise ...

Ja, da geh ich nochmal drüber. Hat mir auch anfänglich schon nicht so gut gefallen, wenns jetzt angesprochen wird ist es wirklich nicht gut.

Würde man das sagen? Hol sie raus ...

Mir fällt hier keine bessere Alternative ein: Schnapp sie dir, pack sie, nimm sie mit, schlepp sie ab ;) find ich irgendwie alles schlechter.

allerdings finde ich hier überflüssig

Stimmt, jetzt wo du es sagst finde ich das auch, fliegt raus.

Das hab ich schon so oft gelesen mit dem schwarzen Loch. Ich weiß, es ist schwierig, etwas Vergleichbares zu finden. Aber trotzdem ..

Vielleicht ein schwarzer Raum, wie das Weltall, leer und kalt? Und irgendwo das Funkeln eines einzigen, winzigen Lichts ... ja, weiss auch nicht. Mal sehen, ob mir noch was einfällt, eigentlich gefällt mir der Vergleich, und etwas wirklich Innovatives, das ich noch nie gelesen habe und das Gefühl beschreibt, will mir jetzt nicht einfallen.

Das gefällt mir sehr gut. Aber das Fette würde ich streichen. das ist irgendwie unnötig und schwächt die Wirkung

Ja, die Kunst besteht darin, das, was man sich vorstellt, mit wenigen Worten an den Leser zu bringen. Ich will hier betonen, dass Lasse das jetzt nicht aus einer Laune heraus tut, sondern es eine Eigenschaft seines Charakters ist, etwas festeres, tieferes. Ich denke, dazu braucht es den letzten Teil, sonst kommt es nicht so rüber.

Da fühlt sich der Kleinert doch zu sicher. Woher weiß er, dass Lasse seinen "Hund" nicht einfach absticht

Hier soll einfach die Überheblichkeit von Kleinert betont werden, seine Arroganz.

Ja, also insgesamt wieder eine sehr saubere Arbeit. Das denke ich immer, wenn ich deine Geschichten lese. Sehr sauber und logisch. Jedesmal ist ein Moment dabei, wo es mich kurz gruselt und das ist deine Gabe.

Danke für das Kompliment :).

Ich würde mir manchmal noch frischere Sätze wünschen. Formulierungen, die man nicht kennt. Aber das ist in diesem Genre irgendwie sehr schwer. zum Beispiel Gänsheaut zu beschreiben, wie man es noch nie gelesen hat. Oder das rasende Herz

Ich glaube nicht, dass es eine Genre-Frage ist. Gilt in den anderen Bereichen genauso, allgemein beim literarischen Schreiben.

Also danke dir fürs Lesen & konstruktive Feedback.

***

Hallo Hanniball

Ich fand die Formulierung zumindest gewöhnungsbedürftig, in keinem Fall treffend.

Da hab ich auch immer wieder gegrübelt. Ich werde es ersetzen.

Während der Auseinandersetzungen bei dem Überfall hätte ich mir gewünscht, dass sich die jeweiligen Stimmungen beider Parteien im Gesagten widerspiegeln. Das heißt, je länger der Überfall dauert, desto genauer sind die Charakterisierungen, das läuft mir zu sehr über den Inhalt des Gesagten, nicht über das Wie.

Die Dialoglastigkeit der Szenen soll einfach das Tempo hochhalten. Wenn ich jetzt über den Text gehe, merke ich aber, was du meinst. Ich weiss nur nicht genau, wie ich es beheben kann. An manchen Stellen beschreibe ich ja bspw. die Stimme, oder die Gefühle von Tobias und wie er die Reaktion des Ehepaars (das Schweigen) deutet. Das aber erst gegen später. Also ich sehe den Punkt, aber ich weiss noch nicht, wie das sinnvoll einarbeiten kann.

Das geht viel knapper, gepresster.

Stimmt. Da streiche ich was.

Der Schwenk hin zur Psycho-Geschichte erfolgt schleichend, aber auch ein bisschen plakativ. Wirklich, das Ding, das im Keller gefangengehalten wird, was willst du damit neues sagen?

Nun, zunächst mal wird "Khan" nicht gefangengehalten, sondern befindet sich freiwillig bei den Kleinerts. Er kann jederzeit gehen, wenn er das "Spiel" abbricht:

„Hör zu, wenn du ihn bestrafst, sei nicht zu streng. Und wenn er das Codewort sagt, hörst du sofort auf, ja?“

Er wird zwar eingesperrt im Keller, dies ist aber ein Teil des Spiels, wenn du so willst. Davon abgesehen - muss es denn immer etwas Neues, noch nie Dagewesenes sein? Muss man immer Neues sagen, wenn man eine Geschichte schreibt? Wie gesagt, mich hat eben einfach die Idee gepackt, einen Mensch mit dessen Einverständnis wie ein Tier zu halten. Klar, über SM-Varianten wurde schon Unzähliges veröffentlicht, vermutlich auch über diese, aber in der Form hab ich das noch nicht gelesen. Hinkebein aus Pulp Fiction geht in die Richtung, stimmt, ist aber doch nicht dasselbe.

Seit Hitchcock kennt man das, und wer kann behaupten, damit etwas Innovatives geschaffen zu haben?

Auch Hitchcock war damit nicht innovativ, wenn du sagen willst, er war der erste, der es gebracht hat.

Warum bist du nicht bei einem Thema geblieben? Mich hätte sehr interessiert, wer von den beiden Kontrahenten der Gewinner gewesen wäre, denn die Bankenkrise auf diese Art zu lösen, das wäre mal was wirklich Neues gewesen.

Ist halt die Frage, was man als "das Thema" der Geschichte bezeichnet. Da ich hier private Abgründe beschreiben und der Frage nachgehen wollte, welcher Schrecken sich bei "normalen" Leuten in den eigenen vier Wänden verbergen kann (ohne dass es jemand mitbekommt - ich weiss, auch damit bin ich nicht der Erste), bin ich dem Thema schon treu geblieben. Es ging nie wirklich um die Bankenkrise, diese und der Einbruch ist in diesem Fall tatsächlich nicht mehr als ein Aufhänger.

So war es denn "nur" eine recht gut geschriebene, recht schnell wieder vergessene Horror-Story, die aus dem Einerlei kaum hervorsticht.

OK. Schade, aber nichtsdestotrotz, danke für die ehrlichen Worte.

Viele Grüsse euch allen und bis demnächst.

 

Hallo Schwups,

das ist schon eine überwiegend feine Geschichte. Also das größte Plus ist für mich, dass die Handlung nicht sonderlich vorhersehbar ist, es bleibt spannend bis zum Schluss und es macht eine diebische Freude deinen Wendungen zu folgen. Die Perspektivwechsel fand ich gut eingesetzt und ergeben ein in sich stimmiges Ganzes.
Ist natürlich schon ein gehöriges Pech, dass die beiden ausgerechnet bei einem solch durchgeknallöten Paar einsteigen, aber wir sind ja hier in Horror ;)

Aber einige Holperer sind schon noch drin. An erster Stelle uss ich den EInstieg monieren. Hier nehme ich das mit der Perspektive zurück. da kippst du von Tobias ständig in die Mehrzahl und das irritiert und liest sich nciht. Warum denn nicht in einer Figur bleiben? Also wenn das ein Kniff ist, dann finde ich ihn nicht so dolle umgesetzt. Eine Funktion ict nicht erkennbar, also raus damit, konsequenter bleiben.

Dann passiert auch sowas nicht:

Lasse stellte den Motor ab und löschte das Licht. Jetzt waren sie unsichtbar.
Dieses sie kommt aus dem nichts und passt nicht. Gerade war es noch er.

UNd dann der ganze Dialog, naja, irgendiwe muss man es ja für den Leser verständlich machen, aber es liest sich eben leider auch zu sehr so, finde ich: die beiden haben den Plan schon zig mal durchgekaut, aber der Leser muss es auch noch mitbekommen, drum steht es hier ... ;)

Das klingt jetzt nach viel Gekrittel, ist aber gar nciht vernichtend gemeint, ich habe das Teil sehr gern gelesen. Einige Stellen holpern noch, aber die rauszusuchen habe ich jetzt keine Zeit mehr.

grüßlichst
weltenläufer

 

Salü Schwups

Saubere Arbeit, packende Erzählung.
Hat richtig Spass gemacht, sie zu lesen. War zu jeder Zeit gespannt, wie das wohl endet, denn du steuerst mit Lasses unverholener Neugier zielsicher auf einen Twist-of-Tail hin.
Und ich wurde nicht entäuscht! Hrhr.

„Ich sag es dir jetzt zum letzten Mal, du blöder Schwachkopf. Du machst, was ich sage. Wenn ich dir eine Frage stelle, dann antwortest du. Hast du das jetzt endlich verstanden? Also, nochmal. Wie heißen Sie?“
Fand ich interessant, dass er ihn beim Anschnerzen dutzt, aber bei der Fragerei schon fast respektvoll beim Sie bleibt. Das zeichnet schön die verdrehte Wertvorstellung von Lasse.

Vorschläge/Bemerkungen:

Wie jeder Mensch liebte Lasse jene Spiele, die er nur gewinnen konnte.
Hier fände ich besser: "die nur er gewinnen konnte"

Nicht mal einen Hund haben die.
Besser: Die haben doch gar keinen Hund.

der Rücken wie ein Buckel verformt.
Besser: "zu einem Buckel verformt".

stellte er seine Vorderbeine in Georgs Schoß und begann,
Auch wenn Kleinert ihn als Hund betrachtet, bleibt es ein (degenerierter) Mensch.
Besser: "stemmte er seine Arme auf Georgs Schoß"

Erst dachte ich zwar noch, den Epilog mit der Züchtigung bräuchte es gar nicht. Doch so erkennt man natürlich das ganze Ausmass der dunklen Seite der Kleinerts, dieser dem reinen Spiel entwachsenen, pervertierten SM-Welt hinter den Wänden einer gutbürgerlichen Villa.

Sehr gerne gelesen,
Gruss dot

 

Hallo weltenläufer, hallo dotshlash

Erstmal muss ich mich bei euch beiden entschuldigen, dass ich so lange mit meiner Antwort gewartet habe - ist normalerweise nicht meine Art, aber alle Jahre wieder war die Vorweihnachtszeit wieder mal purer Stress und ich bin wenn überhaupt immer nur ganz kurz ins Forum gekommen.

Also das größte Plus ist für mich, dass die Handlung nicht sonderlich vorhersehbar ist, es bleibt spannend bis zum Schluss und es macht eine diebische Freude deinen Wendungen zu folgen.

Das freut mich sehr, denn genauso war es auch gedacht. Es sollte immer ein kleines bisschen mehr ans Licht kommen, um den Leser zu unterhalten.

Ist natürlich schon ein gehöriges Pech, dass die beiden ausgerechnet bei einem solch durchgeknallöten Paar einsteigen, aber wir sind ja hier in Horror

So isses :)

da kippst du von Tobias ständig in die Mehrzahl und das irritiert und liest sich nciht. Warum denn nicht in einer Figur bleiben? Also wenn das ein Kniff ist, dann finde ich ihn nicht so dolle umgesetzt.

Hm, nein, da ist kein Kniff. Ich sehe auch den Perspektivwechsel nicht, da musst du mir jetzt echt auf die Sprünge helfen, aus meiner Sicht ist der Absatz ganz normal aus der Sicht von Tobias geschrieben.

Du zitierst diesen Satz:

Lasse stellte den Motor ab und löschte das Licht. Jetzt waren sie unsichtbar.

Dass in dem Auto zwei Personen sitzen, ist zu dem Zeitpunkt ja klar. Wenn ich schreibe:

Lasse stellte den Motor ab und löschte das Licht. Jetzt war er unsichtbar.

Hört sich schräg an für mich, denn ich will hier schon darauf hinaus, dass beide von Aussenstehenden nicht mehr gesehen werden können.

Also:

Lasse stellte den Motor ab und löschte das Licht. Jetzt waren er und Tobias unsichtbar.

Meinst du das kommt besser?

Oder meinst du generell, dass das "unsichtbar" nur ein Aussenstehender beurteilen kann? Glaube ich in dem Fall nicht, denn wenn du bspw. bei Nacht in einem dunklen Zimmer stehst, weisst du ja auch, dass dich da drin niemand sehen kann. Genauso ist es bei den beiden auch gemeint.

UNd dann der ganze Dialog, naja, irgendiwe muss man es ja für den Leser verständlich machen, aber es liest sich eben leider auch zu sehr so, finde ich: die beiden haben den Plan schon zig mal durchgekaut, aber der Leser muss es auch noch mitbekommen, drum steht es hier ...

Ja, das stimmt natürlich. Auf der anderen Seite geht das ja von Tobias aus und stellt für ihn einen Versuch dar, Sicherheit zu gewinnen, da er ja nervöser ist als Lasse. Ist so ähnlich, wie wenn du kurz vor einer Klausur nochmal durch den Stoff gehst, auch wenn du ihn eigentlich schon hundertmal durchgekaut hast.

Das klingt jetzt nach viel Gekrittel, ist aber gar nciht vernichtend gemeint, ich habe das Teil sehr gern gelesen.

Ach da hab ich schon Vernichternderes gelesen :) Nein im Ernst ist schon angekommen wie es gemeint war. Wie gesagt, bei den Perspektivwechseln im ersten Abstatz bin ich noch ein bisschen am Grübeln ...

Danke dir fürs Lesen & das Feedback!

***

Saubere Arbeit, packende Erzählung.
Hat richtig Spass gemacht, sie zu lesen. War zu jeder Zeit gespannt, wie das wohl endet, denn du steuerst mit Lasses unverholener Neugier zielsicher auf einen Twist-of-Tail hin.
Und ich wurde nicht entäuscht! Hrhr.

Das geht natürlich runter wie Öl.

Fand ich interessant, dass er ihn beim Anschnerzen dutzt, aber bei der Fragerei schon fast respektvoll beim Sie bleibt. Das zeichnet schön die verdrehte Wertvorstellung von Lasse.

Genau, ich finde auch, bei einem (mehr oder weniger) "offiziellen" Verhör kommt so ein "Sie" viel besser.

Deine Anmerkungen finde ich gut, die übernehme ich so, bis auf die zweite, da mache ich: "Die haben nicht mal einen Hund", weil sich das wehrlos nicht nur auf die Abwesenheit eines Hundes stützt, sondern (vor allem) auch auf das Alter der beiden.

Erst dachte ich zwar noch, den Epilog mit der Züchtigung bräuchte es gar nicht. Doch so erkennt man natürlich das ganze Ausmass der dunklen Seite der Kleinerts, dieser dem reinen Spiel entwachsenen, pervertierten SM-Welt hinter den Wänden einer gutbürgerlichen Villa.

Das ist der eine Grund, warum ich den Teil hineingenommen habe. Der andere wurde von jemand anderem schon erwähnt, ich wollte hier auch eine Ähnlichkeit zwischen Lasse und Georg aufzeigen: Beide mögen es, andere zu unterdrücken und suchen dann vor allem in deren Augen Schmerz bzw. Angst, was beide auf ihre Art und Weise erregt.

Schön wenn es dir gefallen hat & vielen Dank für die hilfreichen Anmerkungen.

Viele Grüsse.

 

Moin Schwups,

hat mir gefallen. der erste Teil war an sich spannend und die Motive und Durchführung des Plans waren nachvollziehbar, nach der Wendung ist es dir gelungen, noch ein paar Ticks Spannung und Geschwindigkeit zuzulegen. Ich stelle mir vor, dass so Spannungsliteratur geschrieben werden sollte. Horror sehe, lese oder höre ich nur in Ausnahmefällen, daher haben meine Anmerkungen die Vor- und Nachteile des ungeschulten Blicks. Mich hat es zum Ende hin gepackt, das will ich ganz deutlich schreiben. Davor ziehe ich den Hut.

Titel ist stark. Kurz und hart. Von der Bedeutung dürften die meisten Leser wie ich eher eine schwammige Vorstellung haben, die sich allerdings mit meiner Horror-Vorstellung verträgt. Woran mich der erinnerte: An harte Reiter, mächtig und grausam, gnadenlos selbst gegen Kinder, Frauen. Ohne Ehrfurcht vor Religionen oder sonst etwas vergleichbarem.

Der (Khan) findet sich wieder in dem Namen des Malers, allerdings anders als gedacht. Macht und Grausamkeit werden dann nämlich der Gottheit zugeschrieben, wenigstens einer Seite. Die andere wäre dann vllt so etwas wie Milde, Gnade ... Shiva ist meines Wissens so ein indischer Gott, der verschiedene Aspekte vereint. Diese andere, 'gute' Seite müsste auf dem Bild deutlich werden; ist es bei solchen Werken nicht so, dass sie häufig symbolisch gemalt sind, ist es nicht diese Ambivalenz der Hund-Herr- und Belohnung-Strafe-Dualismen, die du in diesem Bild vorwegnehmen willst. Oder vielleicht hast du ja einen Hinweis versteckt, den ich überlesen habe und außerdem kann es gut sein, dass solche Akribie für diese Art Geschichten nicht so eine große Rolle spielt.

In meinen Augen geht es mit diesem Bild hauptsächlich darum, der Geschichte eine zusätzliche Dimension zu verleihen, indem man ein Geheimnis einführt, das den Leser durch den darin verborgenen und zu erwartenden Schrecken zusätzlich an den Text fesselt. Es ist klar, dieses Bild hat eine große Bedeutung, spannend ist die zu erwartende Auflösung, inwiefern es bedeutend ist. Also das Bild als Geheimnispotential - für mich als Leser gehörten diese karg umrissenen Schemen zu den 1A-Gründen, bspw eine Fantasy-Geschichte weiterzulesen, in der Hoffnung, mehr zu erfahren.

Ich hätte mir mehr und noch andere Bildbeschreibung gewünscht, aber da gehöre ich wohl leider zu einer Minderheit. Was ich als sehr gelungen betrachte, ist die Stellung des Bildes in der Geschichte. Mit der Einführung dieses übernatürlichen Schreckens in der Erzählung des Gefesselten beginnt der unnatürliche Schrecken aus dem Keller zu rufen, wenigstens bald darauf, nachdem Lasse die Papiere findet. Hinter dem Bild sind die Papiere des Herrn Graf.
Unangenehm fiel mir an der Stelle das Insistieren auf den Abgründen auf, die sich vor Lasses Begleitung tiefer und tiefer öffneten, je mehr ihn das Gefühl packte, dass die Dinge schwer in Unordnung sind. Das hat mir nicht gefallen, das war mir zu 'erzählt' und dazu, sorry, wirkte es zu lieblos erzählt. ähnlich die Schreie des Gunnar, die große Qual ....
wobei es mir wieder ausnehmend gut gefiel, als Renate später vermutete, der Gunnar hätte den Lasse in den Keller gelockt. das verstehe ich eher als tierische Schläue, denn als eine menschliche Taktik - kam bei mir als Gänsehautidee an -
Die Theorie widerspräche allerdings der Vermutung ihres Mannes, Gunnar hätte das Menschsein in den letzten zwei Jahren Hund völlig verlernt, die spricht ja eine schlimme Angst an - nicht mehr zu wissen, wer man ist, seine kognitiven Fähigkeiten und die Erinnerung einzubüßen. so gesehen erinnert Gunnars Zustand an Alzheimer, was eine Krankheit ist, die vielen Menschen große Furcht einjagt. eine zeitgenössische Geißel.
um so interessanter das Detail, dass er sich freiwillig in diese Bindung / Beziehung begab. wobei mir das momentan auch, und! vor allem zuviel ist. wenn sich immer noch ein Vorhang öffnet, um stets die nächstgrößeren Monströsitäten zu präsentieren, kann es entweder ins Alberne kippen oder aber die einzelnen Krassheiten verlieren logischerweise an Wirkung. eine andere Gefahr ist, dass die Geschichten natürlich konstruierter wirken, je mehr schwer Glaubbares sie enthalten. das war jetzt laut gedacht.

Probleme, die ich im Zusammenhang mit deinem Monster sehe

1. die freiwillige Gefangenschaft an sich
2. dass der einfach so zu hören ist. wie lang könnte so ein Verließ unentdeckt bleiben? die Überfallenen wirken nicht wie welche, die Gesellschaft scheuen.
3. Gunnars absolute Überlegenheit.
4. seine so starke Entmenschlichung nach nur zwei Jahren

Da gibt es ja verschiedene Geschichten und sogar Experimente, wie 'tierisch' Menschen werden könnten. Ein deutscher Fürst ließ Leibeigenenkinder in einem dunklen Keller aufwachsen, ohne Liebe und echte soziale Kontakte und Erziehung, aber mit ausreichend Nahrung und medizinischer Versorgung etc, um zu untersuchen wie viel Mensch sich ohne die genannten Punkte entwickelt. ist ewig her, dass ich das gelesen habe, bin aber sicher, dass sein Experiment dahingehend scheiterte, dass die nicht weniger Mensch wurden, sondern schlicht irgendwann eingegangen sind, ohne eine schwere Krankheit. weil ihnen das Soziale fehlte, war die Theorie.
was ich generell sagen will: der Keller dieses Gedankengebäudes scheint mir noch nicht fertig ausgebaut.

was sich mir aufdrängte, waren 'Pimp my Monster' Ideen: Es gibt so viele Möglichkeiten mittlerweile, die für diese Geschichte perfekt scheinen.

1. seine Zähne könnten angefeilt sein oder stärkere Implantate könnten die stumpfen Allesfresserzähne ersetzen
2. ähnliches gilt für Finger - Stahl-Krallen / Stacheln auf dem Rücken
3. einen künstlichen Schwanz
4. transplantiertes Fell

Körpertuning in der Richtung ist bekannt und es wäre für einen Mann wie Gunnar, mit seinem außergewöhnlichen Vorhaben, ein vorstellbarer Wunsch, sich derartig zu verstärken. der Cyborg-Gedanke ist häufig auch mit dem Kampf um die Seele des Menschen verbunden. das ließe sich als Entmenschlichung und Roboterhund-Werdung darstellen.
scharfe lange Stahlzähne und -krallen machten ihn gefährlicher, das würde auch sein 'Einfühlen' in die 'Rolle' erleichtern. aber falls du die Möglichkeit offenlassen willst, dass er sich selbst als Gunnar Graf, Mensch, vergessen hat, sollte er wesentlich länger dort unten hausen.
zum Schluss möchte ich noch anmerken, dass ich mich um das Bildgeheimnis betrogen fühlte, das ist für mich persönlich sehr schade. keine Ahnung, wie viel Bedeutung andere Leser diesen Geheimnissen und deren Auflösungen beimessen. aber das wäre mal interessant zu erfahren.

das alles sind selbstverständlich nur Vorschläge, übernimm und verwirf was du willst. verwende, was du gebrauchen kannst. ich halte Khan für eine gute Geschichte in einem Genre, das nicht mein Ding ist. Stellenweise sehr gut beherrschtes Handwerk, vor allem der Aufbau wirkt sauber durchdacht und umgesetzt.

Beste Nachtgrüße
Kubus

 

Hallo Kubus

Vielen Dank für deine sehr ausführliche & konstruktive Auseinandersetzung mit der Geschichte.

In meinen Augen geht es mit diesem Bild hauptsächlich darum, der Geschichte eine zusätzliche Dimension zu verleihen, indem man ein Geheimnis einführt, das den Leser durch den darin verborgenen und zu erwartenden Schrecken zusätzlich an den Text fesselt.

Ja das Bild ist eine zentrale Stelle in der Geschichte. Zunächst einmal wegen seiner Wirkung auf Lasse: Zum ersten Mal überrascht ihn etwas in dem Haus. Er meint ja, die Leute zu kennen, ihr Verhalten einschätzen zu können, doch dann findet er etwas, das er nicht so recht einordnen kann:

Wie ein Hinweis auf Untiefen, die sich unter dieser so sauberen Welt befinden mochten.

Und so finden sich auch hinter dem Bild Hinweise auf das Geheimnis des Ehepaars.

Georg Kleinert selbst sagt zunächst, ihn fasziniere die Ambivalenz - das ist ein Hinweis auf die seines eigenen Lebens: Vordergründig führt er ein unscheinbares, vielleicht biederes Leben, doch hinter der Fassade lebt er eine recht extreme Fantasie aus. Er sieht sich durchaus als Gestalt auf dem Felsen (auch wenn er das zunächst bestreitet), berauscht durch die schmerzverzerrten Gesichter, die ihm entgegenschauen und die für ihn die eigentliche Faszination ausmachen.

Und schliesslich ist das Bild der Wendepunkt in der Geschichte, als Tobias und Lasse beginnen die Kontrolle zu verlieren und Georg die Oberhand gewinnt.

Solche Gedanken sind mir durch den Kopf gegangen, als ich überlegt habe, was das Bild für die Geschichte bedeuten könnte.

Shiva ist meines Wissens so ein indischer Gott, der verschiedene Aspekte vereint. Diese andere, 'gute' Seite müsste auf dem Bild deutlich werden; ist es bei solchen Werken nicht so, dass sie häufig symbolisch gemalt sind, ist es nicht diese Ambivalenz der Hund-Herr- und Belohnung-Strafe-Dualismen, die du in diesem Bild vorwegnehmen willst.

Ich muss leider gestehen, dass ich nicht in Richtung indische Gottheit recherchiert habe. Wenn du mich direkt fragst, könnte ich noch nicht mal sagen, ob das Bild nicht sogar christlichen Ursprungs sein könnte (auch wenn es vermutlich sehr untypisch dafür wäre - da wäre jetzt wirklich Recherchearbeit notwendig ...). Für mich stand der Gegensatz Gut-Böse und vor allem der Schmerz der Menschen im Vordergrund, eben aus den oben erwähnten Gründen.

Es ist klar, dieses Bild hat eine große Bedeutung, spannend ist die zu erwartende Auflösung, inwiefern es bedeutend ist. Also das Bild als Geheimnispotential - für mich als Leser gehörten diese karg umrissenen Schemen zu den 1A-Gründen, bspw eine Fantasy-Geschichte weiterzulesen, in der Hoffnung, mehr zu erfahren.

Das Bild selbst enthält in diesem Fall keine weiteren Geheimnisse, die beschränken sich lediglich auf seinen Besitzer. Vermutlich rührt auch daher deine Enttäuschung gegen Ende der Geschichte, wenn du schreibst, du fühlst dich um das Bildgeheimnis betrogen. Ich habe da schlicht kein Geheimnis vorgesehen. Für mich sagt es etwas über den Besitzer aus, es treibt die Handlung voran und ist gleichzeitig ein Wendepunkt.

Unangenehm fiel mir an der Stelle das Insistieren auf den Abgründen auf, die sich vor Lasses Begleitung tiefer und tiefer öffneten, je mehr ihn das Gefühl packte, dass die Dinge schwer in Unordnung sind. Das hat mir nicht gefallen, das war mir zu 'erzählt' und dazu, sorry, wirkte es zu lieblos erzählt. ähnlich die Schreie des Gunnar, die große Qual ....

Ich kann die Kritik nachvollziehen. Ich glaube lollek hat so etwas ähnliches erwähnt in seinem Feedback. Ich stimme da überein, das sind so Sätze die man in jeder 2. Geschichte dieses Genres liest. Ich denke zwar nicht, dass es in diesem Bereich nichts Neues geben kann, glaube aber, dass es sehr schwer ist, da innovativ zu sein. Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen, ob man sie dann nicht besser weglässt. Vielleicht sagen einige, die Geschichte würde dann besser, in meinen Augen wäre sie das aber nicht, da dann etwas fehlen würde. Manchmal überlege ich sehr lange an solchen Formulierungen, und wie bei jedem kommt mal Besseres, mal Schlechteres dabei raus. Für diese Geschichte hier möchte ich es gut sein lassen bei dem, was drin ist; werde diesen Punkt aber sicherlich bei anderen Geschichten im Hinterkopf behalten.

Die Theorie widerspräche allerdings der Vermutung ihres Mannes, Gunnar hätte das Menschsein in den letzten zwei Jahren Hund völlig verlernt, die spricht ja eine schlimme Angst an - nicht mehr zu wissen, wer man ist, seine kognitiven Fähigkeiten und die Erinnerung einzubüßen. so gesehen erinnert Gunnars Zustand an Alzheimer, was eine Krankheit ist, die vielen Menschen große Furcht einjagt. eine zeitgenössische Geißel.

Gunnar ist sicherlich ein extremes Beispiel, aber den Grundgedanken - ich hab es schonmal geschrieben, er fasziniert mich irgendwie und war Auslöser für die Geschichte - gibt es jedoch wirklich. Und dann kann es in meinen Augen durchaus solche Auswüchse annehmen wie in dieser Geschichte. Wenn man sich überlegt, zu was Menschen alles in der Lage sind, ist das in der Geschichte geschilderte Beispiel noch nicht einmal das abwegigste.
Ich kann schlecht einschätzen, welche Auswirkungen diese 2 Jahre auf einen gesunden Menschen haben - unterstellt man Gunnar aber beispielsweise eine labile Psyche, können ihn diese 2 Jahre durchaus "brechen"; seine Identität geht verloren bzw. er sucht sich eine Neue - in diesem Fall eine, mit der er ja im Vorfeld schon sympathisierte, sonst hätte er sich vermutlich nie in diese Abhängigkeit begeben.
Aber, wie gesagt, es ist sicher ein extremes Beispiel.

wobei mir das momentan auch, und! vor allem zuviel ist. wenn sich immer noch ein Vorhang öffnet, um stets die nächstgrößeren Monströsitäten zu präsentieren, kann es entweder ins Alberne kippen oder aber die einzelnen Krassheiten verlieren logischerweise an Wirkung. eine andere Gefahr ist, dass die Geschichten natürlich konstruierter wirken, je mehr schwer Glaubbares sie enthalten. das war jetzt laut gedacht.

Ich finde eigentlich, dass diese Geschichte sehr viel weniger Unvorstellbares enthält als meine anderen Geschichten hier. Für eine Horrorgeschichte finde ich sie eigentlich noch sehr nah an der Realität. Ist aber natürlich immer ein subjektiver Eindruck, inwieweit man sich auf das "Unvorstellbare" einlassen will. Für mein Gefühl ist dieser Grad in der Geschichte hier noch recht überschaubar.

Probleme, die ich im Zusammenhang mit deinem Monster sehe

1. die freiwillige Gefangenschaft an sich
2. dass der einfach so zu hören ist. wie lang könnte so ein Verließ unentdeckt bleiben? die Überfallenen wirken nicht wie welche, die Gesellschaft scheuen.
3. Gunnars absolute Überlegenheit.
4. seine so starke Entmenschlichung nach nur zwei Jahren


Ich denke, dieses Zusammenleben funktioniert wenn überhaupt nur auf freiwilliger Basis, anders (sprich: das Ehepaar hält Gunnar gegen seinen Willen fest) käme es mir sehr absurd, aber auch noch denkbar vor.

Was das Verbergen angeht: Da finde ich hat die Realität schon krassere Fälle hervorgebracht, Amstetten etwa. Wenn man so etwas verbergen will, kann man das auch.

Die Überlegenheit ist so ein Punkt, da hab ich in einem anderen Kommentar schonmal Bezug drauf genommen, da geht es mehr um das Überraschungsmoment. Ich denke, würde Gunnar sowohl Tobias als auch Lasse bei Licht im offenen Wohnzimmer gegenüberstehen, könnte er sie nicht realistisch überwältigen, zumal ja die beiden bewaffnet sind. So aber überrascht er sie.

Zur Entmenschlichung, siehe oben.

Ich finde das alles gute Punkte, zumindest über Punkt 1 und 3 habe ich mir beim Schreiben auch Gedanken gemacht und versucht, "Erklärungen" dafür beizusteuern.

Und ganz besonders gefallen mir die Punkte:

1. seine Zähne könnten angefeilt sein oder stärkere Implantate könnten die stumpfen Allesfresserzähne ersetzen
2. ähnliches gilt für Finger - Stahl-Krallen / Stacheln auf dem Rücken
3. einen künstlichen Schwanz
4. transplantiertes Fell

In der Richtung hab ich sogar ein wenig recherchiert, da gibts auch recht krasse Sache, Tigermenschen und was weiss ich. Vor allem das implantierte Fell finde ich einen guten Punkt, da könnte man sich eine ziemlich grausige Gestalt "ausdenken".

das alles sind selbstverständlich nur Vorschläge, übernimm und verwirf was du willst. verwende, was du gebrauchen kannst.

Sehr interessant fand ich deine Anmerkungen zu dem Bild, du hast ihm offenbar einen höheren Stellenwert beigemessen als ich (weil du am Ende noch auf ein Geheimnis gewartet hast). Aus der Perspektive hab ich das noch nicht gesehen; es zeigt wieder mal, wie unterschiedlich Geschichten aufgenommen werden.

Wenn ich mir die Geschichte nochmal "vornehme", werde ich sicherlich ein bisschen mehr Aufmerksamkeit auf Gunnars Erscheinungsbild legen - wie gesagt, die Idee mit dem Fell hat was. Auch könnte ich - bspw. im vorletzten Abschnitt - mehr auf die Psychologie, die Entmenschlichung eingehen. Da ist sicher noch Potential vorhanden, auch wenn man bei sowas aufpassen muss, dass es nicht ausufert und man auf einmal eine andere Geschichte erzählt.

Also Kubus nochmal vielen Dank für deine ausführliche Antwort, deine Überlegungen - und auch für das Lob :).

Viele Grüsse.

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Schwups,

ich habe leider keine Zeit fuer einen Komm zu Deiner Geschichte, lese aber ab & zu bei den Komms mit. Nur kurz zum Ueberdenken:

Kubus: 1. seine Zähne könnten angefeilt sein oder stärkere Implantate könnten die stumpfen Allesfresserzähne ersetzen
2. ähnliches gilt für Finger - Stahl-Krallen / Stacheln auf dem Rücken
3. einen künstlichen Schwanz
4. transplantiertes Fell
In der Richtung hab ich sogar ein wenig recherchiert, da gibts auch recht krasse Sache, Tigermenschen und was weiss ich. Vor allem das implantierte Fell finde ich einen guten Punkt, da könnte man sich eine ziemlich grausige Gestalt "ausdenken".

Das klingt zwar sehr schön, ich wuerde aber dringend abraten, vgl. den Film von Christophe Gans Der Pakt der Wölfe. Dort ist genau dies die Auflösung (die Bestie ist ein operativ getuntes & dressiertes Raubtier mit spikes and Metallkrallen etc.).

:) Doofer Film, aber ziemlich bekannt - ein zu grosser Wiedererkennungswert und das zerhaut Dir Deine story.

Viele Gruesse und weiterhin viel Erfolg,
Katla

 

Hallo Katla

oh oh, Pakt der Wölfe... hab ihn im Kino gesehen, war so gelangweilt dass ich eingeschlafen bin und das Ende nie gesehen hab. Die erste Hälfte, die ich gesehen hab (und an die ich mich kaum mehr erinnern kann) hat mich auch nie gereizt, noch den Rest anzusehen. Wenn man im Kino einschläft, dann kanns irgendwie nix sein.

Aber du hast natürlich Recht, der Film ist sehr bekannt, und wenn es irgendwie geht, möchte ich mich davon schon gern abgrenzen :). Daher vielen Dank für deinen Hinweis.

Viele Grüsse,
Schwups

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Schwups,

das ist deine "aktuelle", oder?

Mal sehen. Erstens fällt natürlich auf, dass du ziemlich geübt bist, also handwerklich, Stil/Sprache, Spannungsaufbau ... :)

Ich hatte trotzdem ein paar Probleme mit der Geschichte.

Ich kann das schlecht erklären, aber irgendwie - diese "Wendungen", die du eingebaut hast, das ist Verrat am Leser, finde ich. Auch eine Wendung muss eigentlich vorbereitet sein. Es ist unfair, wenn sich eine Figur in einem Abschnitt so und in einem anderen Abschnitt ganz anders verhält, ohne, dass es für den Leser irgendwie schlüssig ist. Klar darf/muss der Leser überrascht werden. Aber doch nicht, indem der Autor plötzlich die Spielregeln ändert.
Bei einer funktionierenden Wendung erscheinen Figuren/Dinge vielleicht plötzlich in einem anderen Licht, aber das darf doch nicht im Widerspruch zu dem stehen, was der Autor vorher abgeliefert hat.

Beispiel:

Endlich, endlich konnte er die Angst genießen.
Die kritische Phase – das Eindringen in das Haus und das Überwältigen der Bewohner – war geschafft, jetzt saßen der Fettsack und seine knochige Frau vor ihm, bewegungslos, ausgeliefert. Sie stanken nach Furcht; Schweiß und selbst Blut flossen über ihre Gesichter.
Ja. So hatte er sich das vorgestellt. Er, den sie normalerweise nicht einmal mit dem Arsch angesehen hätten, war zum Mittelpunkt ihres Lebens geworden. Ihre einzige Qual, ihre einzige Hoffnung.
...
Lasse blickte ihn lange an. Aus all den Eindrücken, die von Kleinert ausgingen – seinem bebenden Körper, der zitternden Stimme, dem sauren Atem – versuchte er, die Angst zu filtern und in ihrer reinsten Form zu genießen. Schon immer faszinierte ihn das pure Wesen der Furcht.
Du versuchst Lasse als diese kalte, sadistische Figur zu etablieren, die sich an Angst und Schmerzen weidet. In Horror ist das ja sehr typisch. Und okay :naughty:
Aber eben dieser Figur nimmt man es einfach nicht ab, dass die im nächsten Abschnitt der Geschichte plötzlich von Hilfsbereitschaft übermannt wird. Das kauf ich einfach nicht, das ist vorher überhaupt nicht in der angelegt.
Ich habe gerade den schönen Satz gelernt "du bleibst der Figurenzeichnung nicht treu".
Und diese Sätze, er wäre machtlos gegen sein Temperament, sein Temperament war unberechenbar - NEE. Die Angst in ihrer reinen Form genießen - das ist schon eine ernsthafte Psychomacke. Das kannst du doch nicht mit Temperament gleichsetzen!

Also, die Figur Lasse ist irgendwie danebengegangen.

Zweites Beispiel:
Dieses Bild und die Zerstörung des Bildes. Gefällt mir gut, sowas mag ich in Horrorgeschichten. Aber deswegen, weil das Bild dann irgendwas bedeutet, also meinetwegen wird durch die Zerstörung des Bildes das Böse entfesselt / ein Höllenschlund aufgetan. Aber hier bedeutet das Bild: Nichts. Wieder Verrat am Leser. Es taucht auf, es verschwindet nach dem Abschnitt, es ist egal. Aber innerhalb dieses einen Abschnitts, da wird kurzzeitig vorgegaukelt, hier dieses Bild: bedeutungsschwanger.
Wenn dann hinterher kommt, ätsch, nee, war gar nicht, dann ist das keine überraschende Wendung, sondern ... ich weiß nicht, ein billiger Knick? ;)

Das Ende mit dem Hund und der Züchtigung, das ist auch so "drangeklebt", fand ich. Aber okay, das hat mich weniger gestört als das sinnleere Bild und Lasse.

Noch bisschen Kleinkram:

„Welchem Beruf gehen Sie nach?“
„Ich – ich bin Angestellter bei einer Bank.“
„Bei welcher Bank?“
„Bei der Deutschen Bank.“
„Und in welcher Funktion arbeiten Sie da?“
„Ich leite eine Filiale.“
...
Du bist derjenige, der heute zur Debatte steht.“
Unglaublich gestelzte Sprache, die du Lasse da zeitweise in den Mund legst. ;)

band die Handgelenke der beiden erst aneinander, dann zusätzlich an die Lehnen der Stühle. Renate stöhnte, und auch Georgs Schultern schmerzten.
Was denn, so schnell? Noch während sie gefesselt werden Schulterschmerzen? Schmerzen an den Handgelenken hätte ich erwartet, aber an den Schultern?

„Was ist los?“, fragte Lasse. Es wirkte übertrieben lässig
Lautmalerisch find ich das unglücklich, wenn Lasse lässig ist.

„Verdammte Bonzengegend“, murmelte Lasse. „Wird Zeit, es den Pennern heimzuzahlen.“
Find ich auch unglücklich, weil Penner und Bonze ja nunmal genau NICHT dasselbe sind. :D
Also, schon klar, dass man Penner als Schimpfwort benutzt. Aber trotzdem assoziiert man den Obdachlosen doch auch noch mit dem Wort, und hier kracht das in einer Art gegen die gemeinten Bonzen, die ich unbequem finde. Ist vielleicht Geschmackssache.

Und zum Abschluss mal was, was ich echt cool fand:

Es war ein nackter Mann, der auf allen Vieren stand. Seine Haut war bleich und von schwarzen Striemen überzogen, die Arme und Beine dürr und lang, der Rücken zu einem Buckel verformt.

Doch weil sich der Hund freute, dass seinen Herrchen nichts passiert war, stemmte er seine Arme in Georgs Schoß und begann, ihm das angetrocknete Blut aus dem Gesicht zu lecken.
Yeah. :naughty:

 

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