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Keine Tränen für die Tiere in der Nacht

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11.11.2003
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Keine Tränen für die Tiere in der Nacht

Keine Tränen für die Tiere in der Nacht

Im Hintergrund spült jemand bedächtig ein Klavier, während ich das hier aufschreibe, und eine charmant gelangweilte Stimme säuselt ungeschliffen drüber. Sie singt von Liebe und vom Meer. Davon singen sie alle.
Schafskäse, schwarze Oliven, warmes Fladenbrot, gebratener Sucuk, schwarzer Tee, Tomaten und gebratener Paprika sind für mich ein Betäubungsmittel gegen die schmerzhaften Attacken meiner Sehnsucht und meines Fernwehs. Jeden Sonntag gehe ich zu meinem Türken und decke mich ein mit dem Zeug. Ich empfinde es als ein besänftigendes Ritual, mit dem ich mich belohne. Woche für Woche. Ich belohne mich dafür, erneut eine Woche überlebt zu haben. Eine Woche in Deutschland. Das eigene Leben ertragen.
Hier, wo ich lebe, möchte ich nicht sein. Hier gibt es kein Meer, selten Sonnentage und keinen Platz für Ruhmestaten. Bielefeld - umgeben vom faden Teutoburger Wald - ist ein Beispiel mißlungener Städteplanung. Dieser Ort ist für einen kultivierten Menschen ohne Hang zum Masochismus der denkbar ungünstigste, um eine von Selbstachtung geprägte Existenz zu fristen. Bloß hat sich dieser Umstand gänzlich im Schatten einer grauen Regenwolke versteckt und ist nie bis zu den Ureinwohnern dieser Gegend vorgedrungen.
Die auto-suggestive Litanei hier: „ES GEHT DOCH, ES GEHT DOCH!“... Aus diesem „Es geht doch!“ wird dann mit der Zeit ein rotziges und knappes: „WIESO? GEHT DOCH!“

„Geht doch!“

Manchmal erwische ich mich selbst dabei, wie ich das echolalliere. Dann schau ich mich kurz um, und hau mir fix virtuell in die Fresse. Wenn es schlecht steht. Wenn ich nicht weiß, wieso ich morgens das Bett verlasse. Wie ein Floß aus Selbstmitleid durch den Tag treibe. Wie damals, als Maria gegangen ist. Mich verlassen hat. Als mir das mit Tita zugestoßen ist.
Ich kenne das Gefühl. Wenn alles im Fluß ist. Wenn der Flow da ist. Das war bei mir und Maria auch mal so. Bevor das mit Tita passiert ist.
Maria: Man stelle sich eine junge Frau vor, Anfang 30. Als Kind war Maria dick und gemein, ohne jedoch humorlos zu sein. Später, als Jugendliche wurde sie schlank, mittelgroß, im Grunde ernst und gut aussehend. Vielversprechend würde man sagen. Aber es wuchs kein Ehrgeiz in ihr und keine Geduld. Ihr Lächeln ist spöttisch, so als wüßte sie etwas, wovon der Rest der Menschheit ausgeschlossen ist. Für Marias Antriebslosigkeit und ihren mangelnden Ehrgeiz machte ihr Psychologe den frühen, tragischen Verlust ihres Vaters verantwortlich, aber am markantesten ist ihre Erbarmungslosigkeit in Dingen der Liebe.
Jetzt erinnere ich mich an Tita. Das kleine grosse Mädchen mit der Milchkaffebraunen Haut.
Tita trägt alle Eigenschaften in sich, die der moderne Großstadtmensch braucht, um sein Leben zu bewältigen. Sie ist entwurzelt und schnell gelangweilt, ach und ausserdem kulturell zerrissen und rastlos, abgebrüht und zu engen Bindungen nicht fähig, was sage ich, sie ist voller Phobien. Sie grast Städte ab wie eine Heuschrecke. Und immer scheint sie auf etwas zu warten, ich weiß nicht worauf. Sie ist mir sehr ähnlich, im Gegensatz zu Maria.
Ich arbeite nur, wenn ich arbeiten muß. An sich bin ich ein armer Mensch in einem reichen Land. Ich habe nur ein abstraktes Interesse an Werten und Gesetzen. Im Mittelpunkt von allem stehe ich. Allein ich und mein Vergnügen. Mein Konsum.
„Paß mal auf, deine John-Wayne-Nummer find ich billig. Irgendwie steht uns das gewissermaßen im Weg, oder?“ Das waren Marias letzten Worte. Wie der tasmanische Teufel hat Sie sich davon gemacht, nur Chaos blieb zurück. Jahre habe ich gebraucht, um wieder das Gleichgewicht zu bekommen.
Ich bin eine Randgruppenexistenz. Ich bin statistisch unwahrscheinlich. Ich bin schlicht abwegig. Ich liebe für immer. Ich verlasse nie die Frau, die ich liebe, ich gehöre ganz im Gegenteil zu denen, die verlassen werden. Maria hat mich verlassen, aber ich verfalle ihr sofort wieder, schon als ich ihre Stimme am Telefon höre. Als sie mich fragt ob wir ausgehen, bin ich ihr wieder restlos verfallen, wenn auch voller Befürchtungen. Ich hole sie mit meinem Corsa ab, und wir besuchen die Kamp – Party.
Ich geh zu Frankie an den Tresen. Immer wieder suche ich den Blickkontakt von Maria, und die Blicke aus unseren aufgerissenen Augen treffen sich oft, dann lächelt sie und hebt eine ihrer Augenbrauen. Ich bin verrückt nach ihr!
Frankie hat die Anlage im Cafe aufgerissen, es läuft ein höllischer Socca. Maria springt auf, sie schließt einen Moment die Augen, öffnet sie wieder und sieht mich an, ihr Becken kreist, und sie schlängelt sich auf mich zu. Ich habe ihr mal gestanden, das ich ungern vor anderen Leuten tanze, aber das hält sie nicht ab. Pah! Sie umschliesst meine Schultern, und grinst. Wir tanzen und sind die Sensation. Ich spüre ihr Bein zwischen meinen. Ich trinke Gin.
Ich weiß , ich werde eines Tages mit meiner kümmerlichen Altersrente dasitzen. Auf meinem faltigen Arsch. Meine Haut gegerbt von dauerndem Nikotinkontakt und dem Alkohol und all dem Rest, dessen ich mich gelegentlich hingebe. Ich werde vor mich hin husten und der nächsten OP entgegen siechen. Ich werde es verfluchen, das Leben, welches ich geführt habe. Bereuen werde ich jede einzelne dieser Nächte, die um sechs Uhr morgens auf meinem Sofa endeten. Nie auf den Berater vom Arbeitsamt gehört. Die Blubber qualmt noch, ein angebrochenes Gute-Nacht-Bier im Arm, ich schnarchend. Kaputt. Wieder einen Vorschuß auf meine Lebenszeit genommen, was?
Mein ganz eigenes Vergnügen ist es, auf weit ins Meer hinausragenden, morschen, knirschenden Holzstegen zu liegen, und dabei erschreckend einfältige Fische mit Butterkeksen anzulocken. Das könnte ich den ganzen Tag tun. Mein ganzes Leben lang. Dabei vergesse ich alles um mich herum, vergesse die Welt, die Menschen und mich selbst. Da liege ich dann einfach da auf diesem Steg, meine Füße im Wasser, im Mundwinkel eine Zichte, und in der Hand ein Roman von Paul Auster.
Ich weiß, ich habe mir vorgenommen: Nie wieder ein Deal mit ‘nem Freund. Ebenso gut weiß ich, daß man ungeheuer flach sein muß, um von diesen Szeneparties nicht mit Gewissensbissen heimzukehren. Trotzdem mache ich diese Fehler immer wieder.
Während ich das denke, und mich ärgere, das ich mit Maria nicht an einen ruhigeren Ort gegangen bin, ohne all den Szenescheiß, denke ich parallel: Wie gern wäre ich woanders. In einem Land mit dauerhaft strahlender Sonne, Gelassenheit, Siesta, Meer, herrlich programmatischer Unpünktlichkeit. In einem Land, bevölkert von anregend gebräunten Menschen, die guten Kaffee trinken und frischen Fisch essen.
Ich würde gerne in einem Land leben, das eine nicht ganz so widerwärtige Vergangenheit besitzt, sich in historischer Unschuld wähnt.
In einem Land, in dem sich die Menschen in die Augen sehen. Eines, in dem man einen potentiellen Sexualpartner ohne Hemmungen ansprechen kann. Ein Land, indem Berufe wie Polizist, Zöllner oder Schaffner als unanständig gelten. Verdammt ich will eine Holosuite, und das schon seit Jahren.
Fast hatte ich dazu mich entschieden, in den Süden zu ziehen. Ich träumte davon, meinen Wohnort nach Istanbul zu verlegen. Immer wenn ich in Istanbul aus dem Flieger steige, rast mein Herz. Als stünde die Liebe meines Lebens vor mir.
Dann ist es passiert. Ich war eingetreten in den Tempel der Versehrten und wurde aufgenommen in die Familie der chronisch Kranken. Plötzlich war ich umgeben von rosa Bademänteln mit Elefantenapplikationen und braunen Kordpantoffeln. Meine Abteilung: Gesättigt von menschlichen Ausdünstungen und einer süßlichen Melange aus Chemikalien und obstigem Azeton.
Um mich herum: An Gliedmaßen amputierte, verbitterte Menschen und ausgelaugte Gespenster, Leinwände für die scheinbar unendliche Tumorpalette des Krebs. Die Natur, Gott, Grundgütiger wer auch immer, kennt nun mal kein Gewissen.
Es ist ein befremdendes Gefühl, wenn du früh am Morgen von einer attraktiven Frau geweckt wirst und ihr einziges Interesse deinem Stuhlgang und der Zuckersättigung deines Blutes gilt. Voll gespieltem Wohlwollen. Zermürbt von der letzten Nachtschicht. Mein Nosferatu im weißen Schwesterngewand. Aber das ist eine andere Geschichte. Das mit dem Zucker. Und das mit Maria.
Ich beginne zu träumen. Mich überkommt ein Tagtraum am Tresen. Das Strobo spielte verrückt, während im Schwarzlicht die Sonne aufgeht. Ich trinke einen süßen Pfefferminztee, esse etwas von einem Fruchtsalat. Ich leg die Beachboys auf. In meiner Barcardi-Wohnung auf meiner Barcardi-Insel. Ich nehme Anlauf, springe und tauche kopfüber in das angenehm kühlende Meer. Salz. Ich kraule hinaus. Bin weit draußen, kann das Ufer nur noch als einen schmalen Streifen erkennen. Ich lasse mich auf dem Rücken treiben. Meine Insel ist so weit entfernt, dass sie keine Rettung wäre, wenn jetzt ein mies gelaunter Hai auf die beschissene Idee käme, mir ein Bein abzubeißen. Weil er Beute sucht, oder weil er nur spielen will, nur zum Spaß. Mir wird das Ganze unheimlich. Das soll mein Tagtraum sein? Ich schwimme in Richtung Ufer. Ruhig bleiben jetzt, denke ich. Haie riechen Angst. Die Panik siegt. Die Unvernunft nimmt überhand. Meine Arme werden immer schwerer, mein kontrolliertes Kraulen verwandelt sich zusehends in ein Eindreschen auf das Meer. Jeden Moment kann es soweit sein. Er oder Ich. Fisch oder Mensch. Wer ist schneller? Meine Füße berühren Sand. Ich habe es geschafft, keine Schwanzflosse in Sicht. Ich lasse mich in den Sand fallen. Scheiß Zivilisations–Trauma–Tagtraum.
Wißt ihr eigentlich, wie vielen Menschen Spielberg die Freude am Meer verleidet hat? Ist dem das bewußt? Dreht der jetzt aus dem Grund so Filme wie Amisthad und Schindlers Liste? Vielleicht hat er ja das Gefühl, das er was zurückzahlen muß. Etwas mit Gehalt, sozusagen als Entschädigung für Der Weißen Hai,...schon gut.
Maria plaudert mit Sophia. Maria lacht ihr wunderbares Lachen.
„Ich stehe da so herum, bin absolut hinüber, jenseits von Gut und Böse. Kommt da so ne Tusse rein. Fängt an, an mir rumzufummeln. Reibt sich an meinem Arsch. Tanzt mich an. Nicht grade ne Schönheit, aber Porno, wenn du verstehst was ich meine. Später havarieren wir zu mir und es geht voll zur Sache. Plötzlich ahne ich, daß sie ne Professionelle ist. Wurde mir schlagartig klar, als sie anfing zu schreien; Schlag mich, beiß mir in die Titten, und so, weiß auch nicht wieso, hatte aber Recht. Ich denke, Sophia altes Haus, das ist der falsche Film.
Aber wenn ich schon im falschen Film bin, spiele ich auch mit. Und ich hab ihr eine übergezogen, das es sich gepfeffert hat. Rechts eine, links eine, mit ihrem Gürtel. Das hat ihr gefallen. Ich fick sie und verdresche sie nach allen Künsten, und sie biegt sich vor Lust. Ihr geht voll einer ab. Am nächsten Morgen habe ich ihr gesagt: Nimm deine Sachen und verpiß dich. Kein Wort, ist einfach gegangen. War glaub ich voll auf Pille an dem Abend. Aber dann dachte ich, wie soll ich das Fred, meinem Freund erklären? Du weißt doch, wie er ist.“
Sophia ist von oben bis unten zutätowiert. Sie ist überall mit Metall zerstochen. Macht sich Sorgen wegen ihrer Untreue. Wir haben uns vor knapp einem Jahrzehnt kennen gelernt. In diesem Technoclub an der Heeper Straße, den die Bullen dichtgemacht haben. Hab gelogen. Hab gesagt, das ich verliebt sei in Sie. Wollte eigentlich nur ficken. Sie hat gelacht. Glaubte mir kein Wort. Wurde mir dadurch nur noch sympathischer. Nahm mich mit nach Hause. Mich und Hilko. Knutschte mit mir. Vögelte Hilko. Alles war gut. Bessere Lebensbegleiter als Hilko und Sophia kann man nicht finden. Und Maria natürlich. Maria, sie liebte ich so sehr, das ich sie hätte töten können.
Die Sonne scheint mir durch das Dachgeschoßfenster ins Gesicht. Ich werde wach. Neben mir regt sich etwas. Ein Stöhnen unter der Decke. Ich habe krause, dunkle Schamhaare im Mund. Neben dem Bett liegt eine Flasche Paddy Whiskey, eine aufgerissene Packung Kondome und eine angebrochene Packung Aspirin. Ich bin nicht sicher, wer unter der Decke hervorkommen wird. Ich fürchte, dass es Sophia ist! Verflucht, wir wollten doch nicht mehr ins Bett miteinander. Bringt nur Probleme.
Mein Handy signalisiert eine eingehende SMS.
„hey süßer,
na was hast du dir denn da gestern morgen noch mitgenommen?
sah aus wie deine ex.
sophia“
Ich reiße die Bettdecke zur Seite und entdecke Maria. Das ist schlimmer, als mit Sophia zu ficken. Nüchtern weiß ich so etwas. Ich verfluche mich. Maria schnurrt. Fragt nach einem Tee.
Ich gehe barfuß, brummenden Schädels in die Küche. Meine Füße schmatzen auf dem Laminat. Ich bereite einen Kaffee zu. Ich rufe meine e-mails ab. Eine e-mail von meinem Bruder aus New York:
hi moruk,
hier ist es gotham pur. es gibt die ganz bösen und ganz guten.
wie z.b. dr. a. smith. er ist der batman der impotenten, er bastelt ihnen aus unterarmlappen penisse. und die haben lange unterarme hier (das sind die kellogs jeden tag).
wenn man das jeden tag sehen muß, bekommt man komplexe, weil die typen verlassen das krankenhaus mit einem dauergrinsen und sehen ein bißchen aus wie joker.
und das ist ein jüdisches krankenhaus. keine milch im kaffee aber dicke pimmel.
das hab ich gerne. hey, hier gibt es was viel besseres als girlies. das sind diese jüdischen mädchen, die balletuntericht haben und kniestrümpfe tragen.
sie lesen schöne literatur, haben unheimlich geizige väter, mit komischen tuntenlocken und merkwürdigen hüten drauf. ist o.k., ist o.k. gut das ich hier kalt duschen muß, weil da wo ich wohne, gibt es nur selten warmes wasser. das eben ist gotham. brauche ich etwa auch so einen unterarm? besser zwei.
östereicherinnen gibt es hier auch. die sprechen englisch mit wiener schmäh.
hier ein tipp:
du mußt einer dame in östereich gegenüber deine aufwartung machen,
in dem du ihr sagst: zeig mir deine katze. das heißt soviel wie laß den küß die hand scheiß, mein pläsier ist: bück dich! das ist ein guter schluß. bück dich!
Es ist ein Jammer, wenn man sich an seinen Sex nicht mehr erinnert, denke ich.
„Wie ist das denn passiert?“
Ich setze mich auf die Kante von meinem Bett und sehe in Marias verquollenen Augen.
Sie zuckt mit den Schultern. Ich finde die ausgepackten Präser und bemerke das sie unbenutzt sind.
„Scheint wir hatten nicht so viel Erfolg.“
„Du fandest es lustiger, dich aus dem Fenster zu lehnen, nackt, und türkische Volkslieder zu singen. Später warst du ganz die alte, flinke Zunge. Ich bin auf meine Kosten gekommen.“
„Was?“
„Mist, mein Mund tut weh, war da gestern Nacht Ecstasy im Spiel?“
Sie steht auf und ich bewundere ihren Körper. Die Narbe an ihrem Oberschenkel, íhre festen Brüste, den Hexenfleck auf ihrem langen Hals, den wundervollen, leichten Oberbiß für den sie sich immer geniert hast. Einen Moment ist es wie früher. Der Gedanke zerschmettert mich.
„Nein, kein Ecstasy. Ich hatte noch etwas Speed.“
„Ich dachte, du läßt die Finger von dem Zeug.“
„Dachte ich auch. Muss das jetzt sein?“
„Schon gut.“
Sie spart sich das Spülen, nimmt zwei benutzte Tassen und schüttet uns schwarzen Kaffee ein. Maria trinkt einen Schluck. Wir schweigen eine Weile. Dann lacht Maria.
„Ich liebe dich.“
Ich erstarre.
„Ich liebe dich immer noch, und ich glaube ich werde nie aufhören dich zu lieben. Sorry, ist nun einmal so.“
Sie nimmt einen Schluck und zieht sich an. Atari Teenage - Shirt, Doc Martens, Jeans mit Schlag, ein Button der Cardigans, alt mit Rostblumen, Puma Joggingjacke, BW-Rucksack.
„Paß auf dich auf.“
Maria geht und ich bin ein Stein.

 

Hallo caykhan,

der Text liest sich so, als ob du ihn mit vielen Ambitionen geschrieben hättest. Es gibt wirklich brilliante Sätze, wie z. B.

Als Kind war Maria dick und gemein, ohne jedoch humorlos zu sein.
Eine tolle Beschreibung. Leider ist der Text aber über eine große Strecke hinweg sehr mühsam zu lesen. Man weiß nicht, ob Selbstverliebtheit oder Larmoyanz des Erzählers überwiegen, aber beides langweilt doch sehr. Außerdem gibt es so gut wie keine Handlung.

Eigentlich könnte daraus trotzdem noch ein guter Text werden, denn der Erzähler wird ja ziemlich plastische dargestellt. Wenn z. B. etwas Selbstironie dazu käme, könnte man dem Text bestimmt folgen. Aber so?!

Noch ein paar Kleinigkeiten:

Sie ist sie mir sehr ähnlich
da stimmt was nicht
Im Hintergrund spült jemand bedächtig ein Klavier
Soll das ein Scherz sein?
Nicht, das es einen besonderen Grund dafür gibt.
Nicht, dass... Aber den Satz würde ich sowieso streichen. Es ist ziemlich katastrophal, dem Leser gleich am Anfang weismachen zu wollen, dass die Geschichte, die er lesen soll, eigentlich gar nicht erzählenswert ist.

Beste Grüße
knagorny

 

Hallo caykhan,

herzlichen Glückwunsch zu dieser gelungenen Geschichte.
Dein Text ist sprachlich sehr gut, und auch inhaltlich sprichst du viele interessante Dinge an, z.B. die Heimatlosigkeit der Einwanderer, die Verlorenheit des (post-)modernen Großstadtbewohners, die Schwächen des hedonistischen Lebensentwurfs... In dieser Hinsicht erinnert deine Geschichte an Houellebecqs Romane..

Leider ist es manchmal fast ein wenig zuviel des Guten, manche Schilderungen wirken zu überzogen. Außerdem hättest du deinen Protagonisten nicht auch noch krank machen müssen, denn es ist für den Rest der Geschichte eigentlich belanglos und es wirkt zu klischeehaft.

Übrigens lese ich auch, wie dein Protagonist, Romane von Paul Auster :-) ....

Grüße
Timo

 

Es grüßen euch die Totgeweihten, danke für eure Bemühungen. Das soweit, aber einiges will ich nicht ganz so stehen lassen. Zunächst: Die Hauptfigur dieser Geschichte ist weder besonders Selbstbewusst, noch kann man ihr einen Hang zur Selbstironie zuschreiben. Wieso also sollte der Erzähler, der ja die Hauptfigur ist, selbstironisch oder selbstbewusst seine Gedanken schildern. Das leuchtet mir nun überhaupt nicht ein.
Der Typ ist wie ihr festgestellt habt weinerlich, und hat ein Problem mit sich und den Frauen, seiner Identität, und der Welt. Wenn ich das so plastisch darstellen konnte, verbuche ich das mal als einen Erfolg. Nur am Rande: "Verloren in Amerika" von Isaac B. Singer. Ein glänzendes Beispiel für die brilliante Zeichnung eines jämmerlichen, weinerlichen Charakters, der einem von der ersten bis zur letzten Seite herrlich nervt. Der erste Satz, ja ich weiß...bin nun mal auch nicht Isaac B. Singer.
Wenn einen solche Typen nicht interessieren,oder gar langweilen, so kann ich das nur als Geschmacksbekundung wahrnehmen, und über Geschmack... das ist jetzt aber abgeschmackt.
" Im Hintergrund spült jemand ein Klavier". Ein verwirrender Satz, vieleicht weil er einiges voraussetzt. Einige die die Geschichte gelesen hatten, glaubten an einen Tippfehler, oder einen "Scherz", nun gut, aber einige der Leute die ich kenne wußten hingegen sofort was ich damit meinte. Man kann Klavier spielen, oder man kann ein Klavier spülen. Man kann singen, oder säuseln. Wer universal gonzales kennt, weiß was ich meine, gebe aber zu das dieser Begriff möglicherweise zusehr meiner Innenwelt entstammt, die sehr viel mit Musik zu tun hat. Soeben zitierter Satz ist definitiv einer meiner Lieblingssätze!
Ansonsten gebe ich euch recht. Etwas weniger, könnte der Geschichte auf jeden Fall gut tun. Aber es ist schon erstaunlich, wie schnell aus der Wirklichkeit der Eindruck eines Klischees entstehen kann, wenn ich auch davor "warnen" möchte die Ereignisse in der Geschichte mit dem Schreiber selbst zu verwechseln.
gruss caykhan
ps: kerstin meinte grade, es klänge ein wenig angepisst. wieso werde ich eigentlich immer falsch verstanden? bin ich etwa doch auch so ein jämmerlicher, weinerlicher Typ?

 

houellebecque (oder wie der sich schreibt)finde ich persönlich ja eher zum Gähnen, Paul Auster hingegen...geilomat...
gruß cayan

 

hallo caykhan,

du hast eine geschichte geschrieben, die hauptsächlich mit deiner ironischen sprache trumpfen soll. das ist dir auch vereinzelt gelungen. es gibt stellenweise herrliche momente. leider nur stellenweise. der inhalt bleibt ziemlich auf der strecke. du redest viel und etwas zu erzählen. du verlierst die immer und immer wieder in der sprache. grundsätzlich ist deine gewählte sprache sowieso nur begrenzt erträglich. deine geschichte ist einfach VIEL zu lang. sträflich, wenn hier handlung und spannung zu kurz kommen. chaos, so wie du es herüberbringst, ist ein widerspruch zu der harmonie, die man für eine gute geschichte braucht. mein gefühl, als ich deine geschichte beendet habe, ist: "Ich habe es geschafft!" und das ist etwas, was man als autor beim leser vermeiden sollte.
tipp für die zukunft: wenn du diese besondere sprache verwendest, benutz sie bei kürzeren geschichten, die sich inhaltsmässig aufs wesentliche beschränken. und erzwing keine witzstellen.
zwei sachen noch:

Dann schau ich mich kurz um, und hau mir fix virtuell in die Fresse.
Auf meinem faltigen Arsch.

zu vulgär - passt nicht zu deiner verwendeten sprache

Ich werde vor mich hin husten und der nächsten OP entgegen siechen.
schreibe "OP" besser aus (gefühlsmässig)

fazit: streckenweise wirklich gute sprache... aber zu viel des guten!

bis dann

barde

gegen die schmerzhaften Attacken meiner Sehnsucht, und meines Fernwehs.

das komma ist eigentlich zu viel

Im Hintergrund spült jemand bedächtig ein Klavier,

"spült" >> "spielt" (als scherz sowieso untauglich)

Hier wo ich lebe, möchte ich nicht sein.

hinter "Hier" ein komma

Dieser Ort ist für einen kultivierten Menschen ohne Hang zum Masochismus der denkbar ungünstigste um eine von Selbstachtung geprägte Existenz zu fristen.

vor "um" ein komma

Bloß hat sich dieser Umstand gänzlich im Schatten einer grauen Regenwolke versteckt, und ist nie bis zu den Ureinwohnern dieser Gegend vorgedrungen.

das komma hier ist nicht nötig

„Geht doch.“

dann hier auch ein ausrufezeichen

Ihre Lächeln ist spöttisch

"Ihre" >> "Ihr"

Ich holte sie mit meinem Corsa ab, und wir besuchen die Kamp – Party.

zeit?

Während ich das denke, und mich ärgere, das ich mit Maria nicht an einen ruhigeren Ort gegangen bin,

das 2. "das" >> "dass"

Ich träumte davon meinen Wohnort nach Istanbul zu verlegen.

hinter "davon" ein komma

Vielleicht hat er ja das Gefühl, das er was zurückzahlen muß.

"das" >> "dass"

Etwas mit Gehalt, sozusagen als Entschädigung für der Weißen Hai

"der Weißen Hai" >> " "Der Weiße Hai" ""

Wir haben uns vor knapp einem Jahrzehnt kennengelernt.

"kennengelernt" auseinander

Hab gesagt, das ich verliebt sei in Sie.

"Hab" >> "Hab`"
"das" >> "dass"
"Sie" klein

Maria, sie liebte ich so sehr, das ich sie hätte töten können.

"das" >> "dass"

íhree festen Brüste,

"ihree" >> "ihre"

 

danke barde.
was sind witzigstellen? Ist die Sprache, die ich gewählt habe nur begrenzt unerträglich, oder ist die Hauptperson unerträglich? Was meinst du mit besonderer Sprache?
Die Handlung kommt tatsächlich etwas kurz. Mann erzählt von sich und seinem Leben, und von seiner verflossenen. Trifft sie wieder und landet mit ihr im Bett. Einer der ältesten Geschichten der Welt, oder?
Nochmal: "spült Klavier", ist kein Scherz, vielmehr einer meiner Lieblingssätze. Man kann Klavier spülen, aber daran will ich mich nicht aufhängen. Begriffe wie Arsch und Fresse finde ich nicht zu vulgär. Was ist an Arsch und Fresse vulgär? Das sage ich fast jeden Tag mehrmals, und für die Hauptfigur finde ich sie ebenfalls nicht unpassend. Fehler werde ich verbessern.
nochmal danke für deine Kritik.
caykhan

 

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