- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 8
Keine Kindergeschichte
Der Wecker klingelte.
9.30 Uhr, Samstag.
Jan wachte auf, beendete mit einem Handgriff das nervige Klingeln, rieb sich die Augen und krabbelte, noch immer schlaftrunken, aus dem Bett, während Kapu schon seit vier Stunden Rinderhaut gerbte.
Jan und Kapu waren beide elf und leidenschaftliche Fussballspieler, sonst hatten sie nichts gemein.
Jan war weiß, Kapu schwarz.
Jan war reich, Kapu arm.
Jan hatte alles, denn sein Vater bracht immer genug Geld nach hause, Kapu hatte nichts, wofür er 16 Stunden am Tag Rinderhaut gerbte.
Jan duschte sich und verbrauchte dabei mehr Wasser, als Kapu in seinem Leben je gesehen hatte. Es war heiß wo er lebte und Wasser war knapp.
Als er fertig war, zog sich Jan an, stieg die Treppen hinunter und schlüpfte in seine neuen Fussballschuhe.
Schwarz, glänzend und aus Leder.
Kapu spürte die Schwielen an seinen Händen kaum noch.
Wenn man genauer drüber nachdenkt, hatten Jan und Kapu doch einiges gemeinsam.
Jan war Einzelkind, da seinen Eltern weitere Kinder zu anstrengend waren, verständlich bei dem Berufsstress heutzutage.
Kapu war auch Einzelkind, seine vier Geschwister und die Mutter waren beim Cholera-Ausbruch vor einem Jahr gestorben.
Beide waren äußerst talentierte Fussballspieler.
Jan würde heute um die Bezirksmeisterschaft spielen. Kapu spielte selten, denn er hatte keinen Ball.
Noch eins hatten beide gemeinsam .
Sie waren Menschen.
Menschen mit Menschenrechten