Mitglied
- Beitritt
- 07.03.2002
- Beiträge
- 94
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 4
Keine Fete ohne Grund
„Aaaaaiaiaiaaaaaaaaaaaahhhhhhh!!!“
Kräftige rohe Pranken schlugen wild auf einen monströsen behaarten Brustkorb ein.
Nein, es war nicht Tarzan, es war Ihak. Und das war nicht nur irgendein Name. Mit diesem Namen verband ein Jeder im Land alles was mit ungebändigter Kraft, Mut und zerstörerischer Gewalt zu tun hatte.
„Und nun darf ich in der rechten Ecke den Titelverteidiger sämtlicher Gürtel und Auszeichnungen vorstellen, die im internationalen Kampfsport existieren.“ Der folgende Satz wurde sehr in die Länge gezogen wie es alle Kommentatoren zu tun pflegten. „Es ist –ein tausendfacher immer weiter anschwellender Applaus erhob sich- Ihak!“
Das Stadion explodierte fast vor Begeisterung, als die Menge, die aus allen Teilen der USA gekommen und schon Tage vorher das Stadiongelände belagert hatte, mit voller Inbrunst den Namen ihres Idols herausgrölte.
Ihak war selbstverständlich nicht der richtige Name des über zweieinhalb Meter großen Kraftpaketes.
Er war eine Abkürzung für „Ich hau alles kaputt“. Diesen Namen hatten sich intelligente Vermarktungsstrategen für ihn ausgedacht, als er in die USA kam und sich als Straßenkämpfer hocharbeitete.
„In der linken Ecke begrüße ich herzlich –ein mitleidiges Lächeln umspielte die Lippen des Kommentators- den Herausforderer. Mike Tyson!“ Höhnisches Grölen und Pfiffe drangen an Mikes Ohr. Er hatte diesem Kampf nur unter extremen Druck zugestimmt. Schon allein der Gedanke an das, was ihm bei einer Weigerung bevorgestanden hätte ließ in erschauern. Außerdem hatten sie ihm viel Geld geboten. Hoffentlich ging es schnell. Er hatte von Kämpfen gehört, bei denen Ihak seinen Gegnern mit einem Schlag das Genick gebrochen hatte. Aber das war vor dessen Profikarriere gewesen. Jetzt sah Mike in Ihaks Augen und kalter Schweiß bildete sich auf seiner Stirn.
Tim Marwick war nicht wohl bei der Sache. Er hatte schon oft für die CIA gearbeitet. Aber er wusste, dass es diesmal um sehr viel ging. Das hatten sie ihm eingebläut. Doch das war ihm egal. Hauptsache das Geld stimmte. Er war nicht billig. Aber dafür war er auch gut. Er war der Beste, das wussten sie. Bis jetzt hatte er noch nie daneben geschossen. Das Gewehr war in seinem Koffer. Noch war Zeit. Tim saß auf einem Dreibein direkt unterhalb des Stadiondaches, das sich über das Stadion spannte. Zwischen den vielen Stahlverstrebungen, die das Dach und die Strahler zusammenhielten, führte ein Metallsteg einmal um das komplette Dach. Keiner würde ihn sehen. Die Strahler hingen unter ihm. Hier war es dunkel. Er sah auf seine Uhr. Noch vier Stunden bis zum Kampf. Er war extra früher gekommen um nicht in Zeitnot zu geraten, falls er länger brauchte bis er hier oben war. Vielleicht sollte er schon mal das Gewehr zusammensetzen.
Während er den Koffer öffnete, wunderte er sich über den sonderbaren Auftrag. Offenbar sollte er den Mann nicht töten. Er konnte sich noch genau an die eindringliche Stimme seines Kontaktmannes erinnern.
„Töten sie ihn unter keinen Umständen, benutzen sie ausschließlich diese Munition.“ Dann hatte er Tim ein Kästchen über den Tisch zugeschoben. „Es sind Pfeile. Üben sie vorher mit ihnen, sie haben ein anderes Flugverhalten.“ Das hatte Tim ärgerlich gemacht. Zweifelte der Mann an seiner Professionalität? Natürlich überprüfte er das Flugverhalten von neuer Munition. Er hatte sich sowieso gewundert, warum sie diesmal einen neuen Kontaktmann geschickt hatten und nicht den alten, der sonst immer gekommen war wenn es einen Auftrag von der CIA gab.
Er war fertig mit dem zusammensetzten des Gewehres und überprüfte es ausgiebig. Dann nahm er einen dieser sonderbaren Pfeile aus dem Kästen, das er mitgebracht hatte.
Sie waren viel kleiner, als die Betäubungspfeile, mit denen er manchmal gearbeitet hatte. Halb so lang wie eine Stecknadel.
Ein plötzlicher Gedanke brachte ihn zum Lächeln. Vielleicht hatten sie ja auch hohe Wetten abgeschlossen, und wollten, dass er in der ersten Runde K.O. geht ohne dass jemand ahnt das er in Wirklichkeit betäubt worden war. Damit würden sie viel Geld machen, denn jeder wettete natürlich darauf, das Ihak haushoch gewinnt. Tja, der Staatshaushalt ist halt auch nicht mehr das, was er mal war.
Zwar wusste Tim überhaupt nicht, ob in den Pfeilen wirklich Betäubungsmittel war oder etwas anderes. Das hatte der Mann nicht gesagt. Top Secret. Aber das war ihm eigentlich egal. Er musste nur für die „Ferninjektion“ sorgen.
„Gong.“
Die erste Runde begann. Mike Tyson und Ihak umtänzelten sich. Mike machte erste Versuche die Abwehrhaltung von Ihak zu durchbrechen. Ihak blieb gelassen. Sein Manager hatte ihm geraten seinem Gegner nicht gleich den Garaus zu machen. Das wäre zu langweilig für die Leute und er würde im Preis sinken. Die Leute waren außer sich. Hundertzwanzigtausend geifernde Menschen wollten Blut sehen.
Die erste Minute war bereits verstrichen. Ihaks Muskeln spannten sich, als er zum Schlag ansetzte. Ein kurzer Stich fuhr in seinen Nacken, als Tim Marwick einen Pfeil in seinen Nacken schoss. Mike sah, dass Ihak einen Moment lang unkonzentriert war und nutze die Situation aus. Eine gerade Rechte pfiff durch die Luft und erwischte den Riesen am Kinn. Ihak taumelte kurz. Ein erschrockenes Raunen ging durch die Menge. Dann fing Ihak sich wieder. Offensichtlich war er wütend. Sein Kopf lief rot an. Der Atem ging schneller. Aber anstatt zurück zu boxen, ließ er ein markerschütterndes Brüllen hören, so dass man fast meinte der Boden würde vibrieren. Ihak stürze vor. Er packte mit einer wuchtigen Bewegung Mike an Hals und Beinen, hob ihn hoch und schmiss ihn in die Menge. Der Kampfrichter starrte so verblüfft hinter Mike her, dass er gar nicht merkte wie Ihak ihn packte. Ihak machte eine flüchtige Bewegung. Man konnte das knacken des Genicks noch deutlich hören, bevor der Kampfrichter tot zu Boden glitt.
Ihak stand mit fanatischen Augen, die von wulstigen vorgeschobenen Brauen umschlossen waren und dem vollbärtigen markanten Schädel schnaubend im Ring. Für einen Moment schien die Zeit stehen geblieben zu sein. Eine unwirkliche Stille erfüllte das Stadion. Die Ruhe vor dem Sturm. Dann brach das Chaos aus. Mit einem Satz sprang das Kraftpaket in die Menge. Die Leute stoben auseinander, aber sie hatten keine Chance. Die meisten stolperten oder wurden zu Boden geworfen.
Ihak packte sich die beiden erstbesten und ließ ihre Schädel aufeinander krachen. Knochen splitterten. Dann ging Ihak durch die Menge wie Moses durch das rote Meer. Diejenigen, die seinen tödlichen Pranken entkamen wurden von anderen tot getrampelt. Die unter dem Stadiondach angebrachten Kameras übertrugen diese dramatischen Bilder live in die ganze Welt. Auf der Videoleinwand, die für alle Stadionbesucher gut sichtbar war, sah man unnatürlich verbogene Leiber am Boden liegen, einen tobenden mit dem Blut seiner Opfer befleckten Ihak und Menschen die kopflos hin und her rannten. Die Panik war perfekt. Das gesamte Stadion war in panischer Angst. Die Menschenmassen strömten in blinder Angst zu den Ausgängen. Die Sicherheitskräfte waren überfordert. Während Ihak alles kurz und klein schlug konnten sie nichts weiter tun als dafür zu sorgen, dass die Menschen sich nicht gegenseitig tot trampelten.
Dann rastete ein Sicherheitsbeamter aus. Er schoss sein gesamtes Magazin auf Ihak ab. Etliche Menschen wurden tödlich getroffen. Auch Ihak sank röchelnd zu Boden. Die Schüsse waren im gesamten Stadion zu hören.
6:30 Uhr mitteleuropäische Zeit. Kurt Nierbaums Wecker klingelte. Ohne die Augen zu öffnen tastete sich seine Hand über den Nachttisch zu seinem Wecker vor. Er wollte noch ein bischen liegen bleiben. Ein kurzer Druck, der Wecker verstummte. Glücklich steckte Kurt seinen Arm wieder unter die Decke. Er schlief sofort wieder ein. 5 Minuten später. Der Wecker klingelte erneut. Widerwillig machte Kurt die Augen auf und schaltete die Nachttischlampe ein und den Wecker endgültig aus. Er fühlte sich wie jeden Morgen. Beschissen. Die Arme auf das Bett gestützt stand er mit einem Stöhnen auf, schlüpfte in seine Pantoffeln und schlurfte ins Bad. Er machte das Licht an und schaltete das Radio ein.
„Und nun eine Sondermeldung. Vor etwa zwei Stunden kam es im Sesquicentennial-Stadion, Philadelphia in den USA während des Boxkampfes zwischen Mike Tyson und dem mehrfachen Boxweltmeister Ihak zu einer Massenpanik bei der beide Profiboxer tödlich verunglückten. Nachdem Ihak seinen Gegner in die Menge geschmissen hatte, war er aus dem Ring gesprungen und attackierte die Zuschauer. Die Behörden gehen derzeit von über 2000 Toten und doppelt so vielen Verletzten aus. Berichten zufolge soll es sich um einen Terroranschlag handeln. Abdul Csözny, Ihaks richtiger Name, der vor zweieinhalb Jahren in die USA immigrierte soll den Anschlag mit der Al Kahida Organisation geplant und ausgeführt haben. Präsident Bush kündigte in einem Kommentar blutige Vergeltung an. Näheres ist noch nicht bekannt. Sobald es Neuigkeiten gibt, werden wir selbstverständlich sofort wieder berichten.“
.
.
