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Serie Keine Chance für Keinen! - Willi

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12.04.2002
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Keine Chance für Keinen! - Willi

Willi.
Keine Chance für Keinen, denn der Täter war schon vorher da.

Willi ist wieder toll in Schuss. Willi ist schwer auf der Suche nach einer Frau, einer Frau, die auch bleibt, so eine wäre ihm am liebsten. Und geistig-seelisch gesund sollte sie sein. Aber wo so eine erwischen? Das wird nicht leicht sein, meint er. Willi ist frisch geschieden. Er zahlt für zwei Kinder Alimente, insgesamt circa siebenhundertsechzig Teuros. Aber er ist im Vergleich ganz gut ausgestiegen. Für seine Ex zahlt er keinen Unterhalt, sie arbeitet ja jetzt wieder, seit einem guten halben Jahr. Und er verdient ja fast Viertausend. Das Haus wird verkauft und er hat bereits eine tolle und gar nicht so teure Wohnung gefunden. Er möchte sein Leben wieder genießen, aber noch weiß er gar nichts damit anzufangen.

Er ist jetzt knappe vierzig und seit gut sechs Jahren weg von der Jagd. Er ist total aus der Übung, total überfordert. Er versteht die Weiber nicht mehr. Dabei kam er früher doch immer verdammt gut mit ihnen zu recht. Und jetzt sitzt ihm die Einsamkeit, samt den dazu gehörenden eiskalten Füßen, und ein Gebirge der Angst in den Knochen. Das Alleinsein zerfetzt ihm seine Lenden. Seine Eier brodeln auf der Ofenpfanne der Nacht. Er hat seit gut drei Jahren nicht mehr gefickt. Nicht einmal schmusen war drin. Willi ist so geil. Willi möchte endlich wieder leben. Er killt seine Geilheit im Fitnessstudio. Er bringt seine Geilheit unter einem Berg von Gewichten um. Wenn er die Kinder nicht hat, dann ermordet er diese Einsamkeit und auch die Angst jeden Abend bis zum Umfallen. Er redet eigentlich nur davon, von seinem neu gestählten Body und vom Sex, den er nicht mehr hat. Seine Geilheit frisst ihn noch auf.

Ja, Willi redet nur noch von seinem Body und vom Sex, den er nicht hat. Und natürlich von den "Untaten" seiner Frau. Eine Geschichte nach der anderen fließt aus ihm heraus. Er sitzt mir jetzt schon seit über vier Stunden gegenüber. Ich habe bis jetzt noch keine zwei ganzen, eigenen Sätze gesagt. Er will gar Nichts von mir hören. Seine Geschichten zerreißen ihn. Er zersprudelt sich darin. Und jede Geschichte ist "geiler" als die von Zuvor. Der Mensch Lothar möchte am liebsten weg laufen, einschlafen. Gähn, gähn mal gähn. Aber buji, der Dichter, hört begierig zu. Manchmal hasse ich mich dafür, diesen Schizzoo.

Mann o Mann, ist Willi geil, und zugleich tiefst deprimiert. Armer Junge. Armer Freund. Ich kenne ihn jetzt schon eine halbe Ewigkeit. Willi ist so gut sieben Jahre jünger als ich. Ich spielte Fußball in einem Verein, unterste Klasse, nur so nebenbei als Ausgleichssport zum Karate. Auch für Willi war der Fußball nur so nebenbei. Er war lange Zeit in den Top 3 in Österreich auf seinem anderen Gebiet, war auch bei einigen Olympiaden und Welt- und Europameisterschaften dabei. Ein echt harter Hund, einer der nettesten Hurensöhne, die ich kenne. Er tut keiner Fliege was zu leide, wenn die nicht vorher ihm was tut. Und er war ein fairer Kicker, er setzte nur seinen Oberkörper perfekt ein. Wenn er seine Hüfte mal ausfuhr während eines Parallellaufes nach dem Ball, dann brauchte sein Gegner nachher ein neues Becken. Zum Glück spielte ich nicht gegen ihn. Beim Training habe ich immer geschaut, dass ich in seine Mannschaft kam. Er war einer der wenigen, die den letzten Pass drauf hatten. Er hätte jederzeit auch in der Oberliga mit spielen können. Und ich war ja immer ein guter Abstauber. Ich war nie ein richtiger Kicker, Trippeln war meine Sache nicht. Aber ich war schnell und haute auch mal mit dem Spitz ganz schiach drauf. Das sah nie toll aus, ich weiß, aber Tor ist Tor, oder etwa nicht?

Er trainierte schon mit dreizehn mit der Ersten mit. Ich habe ihn gleich ins Herz geschlossen, wegen seiner genauen Passes. Er stand im Strafraum gut über dem Ball und er war nicht eigensinnig. Ich lebte von ihm. Und als er dann älter wurde, haben wir ihn beim Ausgehen immer mit genommen. Ich habe ihn das erste Mal auf eine Frau gelegt. Nicht ganz natürlich, nur symbolisch. Ich habe sie ihm aufgerissen. Er hätte sich ja gar nicht getraut. Aber als sie dann nebeneinander saßen, hat es auch bei ihr gefunkt. Die Beiden waren lange Zeit ein Paar. So mit fünfundzwanzig war er dann wieder solo und trieb sich dann lange in abwechselnden Beziehungen herum.

Verdammt, er hört nicht auf mit dem Sudern. Meine anderen alten Freunde, die auch die seinen sind, die jammern auch schon. Alle auch geschieden. Aber sie haben das Ärgste jetzt halt schon hinter sich. Sie waren damals kurz nach ihren Scheidungen auch nicht anders. Oder doch? Ja, etwas war anders in Willis Fall, sonst würde ich die Geschichte ja nicht erzählen. Ja, etwas war ganz anders bei ihm. In Willi kochte ein Höllenfeuer. Dagegen hatten die Anderen mit ihren Frauen nur das Fegefeuer erlebt. Bei einigen war es wohl auch umgekehrt, da waren die Frauen die Armen.

In Willi kochte ein wahres Höllenfeuer, das nur brennen kann in einem wirklich guten Menschen. Und mein Willi, der ist so ein wirklich guter Mensch. Wie schon gesagt, ein harter, aber netter Hund, so einer zum Pferde stehlen. Dieses Höllenfeuer, das verbrennt ihn, es brennt ihn in den Boden. Diese Hölle frisst ihn innerlich auf. Und seine neuen stahlharten Bauchmuskeln helfen ihm dabei gar nichts. Seine Frau, ... ne, noch nicht, davon später. Es ist besser, ich halte Euch Leser, Euch Leserinnen noch eine Weile hin und so am Lesen. Wenn ich jetzt schon Alles auspacke, dann lauft Ihr mir glatt Alle gleich scharenweise davon, weil es so ununglaublich ist. Und doch ist es eine wahre Geschichte, die das Leben geschrieben hat.

Manchmal scheint mir, mein eigenes Leben holt mich immer wieder ein. Es scheint, als schriebe ich nicht nur für die Opfer, nein, es scheint, als sammelte ich sie auch. Es scheint, als schliefen sie Jahre, Jahrzehnte lang heimlich still und leise an meiner Seite, ohne dass ich davon eine Ahnung habe. So Schläfer eben. Ich denke, Ihr wisst, was ich meine. So schlafende Menschenbomben. Du lebst neben ihnen, du denkst, du weißt Alles über sie. Du denkst, du kennst ihn, sie.

Dabei hat Willi in den letzten gut fünf Jahren nur ein Spiel gespielt. Seit seiner Hochzeit haben wir uns ja nur noch selten gesehen, beim Fußball. Und das habe ich ja auch vor gut drei Jahren aufgegeben, weil ich am nächsten Tag nicht mehr laufen konnte, so dick geschwollen waren meine hinigen Knie. Dann nur noch so ein, zwei Mal vielleicht im Monat. Da war er aber immer gut drauf, hatte immer ein paar neue Witze auf Lager. Klar, er war nicht mehr so wie früher. Auf Aufriss gehen war nicht mehr, er liebte seine Frau und das Mädchen und dann den Jungen. Früher war er so ein eher stiller, aber wenn es sein musste, auch scharfer Aufreißertyp. Er sah immer gut aus, gute Figur, er brauchte nie viel zu tun. Die Hasen waren nicht gerade abgeneigt. Etwas zum Reden hatte er auch immer, er hing auch nie verzweifelt an einem schon abgewetzten Thema fest. Ich hielt ihn immer gerne aus, was ja bei mir immer schon eher selten war und heute noch viel seltener ist. Vor Allem: er war kein besserwisserischer Gutmensch, der mir das Leben als etwas erklären wollte, das es nun mal nicht war.

Es lief ihm immer gut, bis er auf Janet traf. Verdammt! Dabei habe ich es ihm gleich voll und beinhart gesagt. Warum, verdammt, hört nur Niemand auf mich? Shit! Echt, das habe ich nie verstanden. Dabei hatte ich dann doch immer wieder Recht. Zumindest wenn ich nicht gewettet habe. Deshalb wette ich auch nicht mehr. Mit neunundzwanzig ging mir da mal etwas total in die Hose, dabei war ich mir so sicher, aber das ist wieder eine andere lange Geschichte. Jedenfalls wette ich seitdem nicht mehr.

"Mann", sagte ich zu ihm, "Willi, lass die Finger von Der. Die hat das depressive Dynamit in ihren Augen. Glaube mir, Willi, Die hat die selben Augen wie Karin. Ne, Die hat noch schlimmere." Er hat es nicht glauben wollen und jetzt sitzt er bis zu den Nasenlöchern in der Scheiße. Als Karin damals explodierte, da zerriss es ihre ganze Welt. Doch Karin war gegen Janet ein wahres Honig lecken, dabei war auch sie schon ein paar Stangen Dynamit. Nicht ganz so viel halt.

Er hat es nicht geglaubt. Er hat sich mit ihr eingelassen. Am Anfang lief auch Alles gut. Sie sah ja wirklich toll aus und war auch echt ein tolles Mädchen, besser eine tolle Frau. Sie war ja auch schon über dreißig. Er schien glücklich wie nie. Janet nahm auch keine Pille. Klar, mit diesem Hormonschub kam so eine nicht klar. Ich wette, sie hat es zuvor schon x Mal ausprobiert. Ach so, ... wetten, na dann nicht. Aber ...

Na ja, jedenfalls kam dann gleich das Mädchen. Willi war irrsinnig happy. Sie haben natürlich gleich geheiratet. Da lief es auch noch so einigermaßen. Beim ersten Mal glaubte er noch an die Mär von der Hormongeschichte. Er dachte, bei ihm dauert die Geschichte halt ein wenig länger. Wird schon wieder. Er war schließlich hart im Nehmen. Und dass man Geduld und Ausdauer haben muss, wenn man etwas erreichen will, so viel hatte ihm sein Sport gelernt. Im Beruf hat er sich auch durchgesetzt, hat alle Schmufties, wie er immer sagte, die Studierten, hinter sich gelassen. Er sitzt jetzt im Management und die Doktoren und Magisters hören auf ihn. Also warum sollte er das mit seiner Frau nicht irgendwie auch hin kriegen. Und er liebte sie ja, verdammt, er liebt sie eigentlich noch immer. Schließlich hat sie ihm zwei verdammt liebe Kinder geschenkt. Und Liebe ist schließlich Liebe. Wer versteht schon wirklich, was das wirklich ist und warum und wieso? Und es gab ja auch immer wieder so Zeiten zwischendurch, wo sie "funktionierte". Aber selbst da, wenn sie dann himmelhoch jauchzend, anhänglichst und schuldbewusst auf ihm hing, wurde sie ihm mit der Zeit zu viel. Hyperventilationsphasen nennen das die Psychologen, so weit ich weiß. Und mit der Zeit schnallte er ja, dass danach wieder die andere Zeit dran war. Sein Leben war auf einmal wie eine Achterbahn. Rauf und runter und wieder rauf und wieder runter. Und Alles in einem Höllentempo, das er nicht und nicht unter Kontrolle bekam.

Dann schlug achtzehn Monate später der Junge ein. Und Peng. Scheiße. Auf ein Mal hatte er keine Frau mehr, nicht mal noch die halbe von zuvor. Sie wies ihn nur noch ab. Sie konnte nicht mehr. Sie wollte Nichts mehr von ihm wissen. Peng. Einfach so. Er hatte nicht die geringste Ahnung, er wusste kein Bisschen: WIESO? Er war doch immer gut zu ihr gewesen, ein guter Kerl. Er schlug weder sie noch seine Kinder. Er war ihr immer treu. Also ein guter Vater, Mann ja sowieso. Damit hatte er nie ein Problem. Er schwärmte richtig gehend von den Ficks, die sie gemeinsam hatten. Früher. Er kam dann sogar irgendwie mit den Zeiten ihrer Tiefendepression zu recht.

Ich habe ihn oft mit den Kindern gesehen. Beim Baden und so. In den letzten Jahren immer allein. "Sie hat Kopf weh", sagte er. Er sagte nie: "Sie hat (schon) wieder Kopf weh." Das weiß ich ganz genau. Doch er sagte es so oft. Das ist mir gar nicht aufgefallen, erst jetzt kommt es mir hoch. Oder vielleicht doch? Und er tat ja immer so auf super, wenn wir uns sahen. Dabei hätte ich es mir eigentlich denken können, ... müssen. Ich hatte ja damals schon so dieses Gefühl bei ihren Augen.

Willi hat Probleme, Mann o Mann. Man muss sich das ja vorstellen. Seine Frau kam mit den Kindern, dem Haushalt, überhaupt mit ihrem ganzen Leben nicht mehr zu recht. Sie kriegte davon Kopf weh, und zwar regelmäßig dann, wenn er von der Arbeit nach Hause kam. Und jedes Wochenende Kopfweh. Und sie ging dann auf Sinnsuche. Fitnessstudio, regelmäßig zwei Mal pro Woche, Donnerstag war Weibertag, da blieb sie bis in die Früh. Oft wenn er am Freitag aufstand, Frühstück machte, auf die Uhr sah, weil er ja in die Firma musste, schneite sie im letzten Augenblick zur Tür herein. Aufgekratzt, angesoffen. Er hatte bald auch den Verdacht, dass sie noch was anderes nahm. Sein Leben war eine einzige Katastrophe. Er hatte jeden Tag Angst, wenn er vom harten Job nach Hause kam. Was hat sie den Tag über wieder ausgeschwitzt? Mit WAS muss er heute wieder fertig werden? Zuletzt redete sie oft von Selbstmord. Er wusste nicht, lebt sie noch? Leben die Kinder noch?

Kopfweh. Jedes Wochenende, seit sie nach der Geburt des Jungen aus dem Krankenhaus kam. Der Junge ist jetzt drei Jahre alt. Und wenn sie Kopfweh hatte, dann trieb sie ihn mit samt den Kindern aus dem Haus, ja sogar aus dem schönen, großen Garten. Sie konnte das Kindergeschrei, ja nicht ein Mal deren Lachen hören. Er zog dann mit den Kindern den ganzen Samstag, den ganzen Sonntag nach dem Mittagessen in der Gegend rum. Er traute sich nicht, sich irgendjemandem anzuvertrauen.

"Mann o Mann", sagte ich zu ihm, "warum hast Du Idiot denn nichts gesagt? Wir hätten ja zusammen was machen können. Ich hatte doch auch regelmäßig meinen Jungen. Du hättest zu uns in den Garten kommen können. Wenn Jimi da ist, dann wird doch ab Mai, wenn es schön ist, abends fast immer gegrillt. Und ein Biertscherl habe ich immer für dich, auch mehr, Mann o Mann, das weißt du doch." Er hat sich nicht getraut. Verdammt!

Und dann brach es aus ihm heraus. Janet wurde als Kind missbraucht. Ich sagte: "Aber nicht vom Vater, der ist ja schon gestorben, als sie so um die zwei Jahre alt war." (Vater hat sich aufgehängt!) Ne, na klar. Und dann druckst er rum. Ich frage: "Einer von den Onkeln?" "Ne!", gebe ich mir gleich selber die Antwort. "Die kenne ich alle, das hätte ich gefühlt. Ne, von denen ist Keiner so eine Sau. Ne, so irren ist bei mir nicht. Du weißt ja, für Opfer oder Täter habe ich eine Nase. Mein Dichterschwanz spürt die sogar, wenn sie sich hinter meinen Rücken neben mir an die Bar setzen."

Ich setze dann nach. So etwas interessiert mich immer, der Dichter in mir läuft ja dauernd solchen Geschichten hinterher. Und auf diese Täter-Opfer-Geschichten bin ich inzwischen ja richtig dressiert. "Einer von den Nachbarn?" "Ne, die sind okay." "Einer ihrer Lehrer?" "Ne." Dann lenkt er ab, erzählt mir wieder eine andere Geschichte, irr, einfach irr, nicht zu glauben. Aber dann nach zwei weiteren Whiskeys kommt er damit rüber. Wir haben ja in dieser Nacht eine ganze Flasche geleert, mit Red Bull und dann mit Cola. Ich habe mich mit ihm grausamst angesoffen. Aber was tut man nicht Alles für seine Freunde, und wenn man auch noch ein schlechtes Gewissen hat. Er schmeißt dann so ganz nebenbei in eine Geschichte eingebaut und zart versteckt, folgende Worte hin:

"Sie kann nicht mehr mit den Kindern schlafen. Sie hält ihre eigenen Kinder im Bett neben ihr nicht aus. Kannst du dir das vorstellen?" Gott o Gott, und da schuppt es mir gewaltig von den Augen. Die Mutter! Na klar, das war es, was so anders war bei ihr, als bei Karin und einigen anderen, die ich so kenne. Und da fange ich zu rechnen an, während er weiter erzählt. Ihre Mutter ist aus dem Sudetenland. Sie ist jetzt siebzig, so weit ich weiß. Er erzählte ja letztes Jahr irgendwann von der großen Geburtstagfeier. Es waren lauter alte Weiber da, und er mit seiner Frau und den Kindern. Die Feier war eine Katastrophe für ihn. Sie haben nur auf die "scheiß Mauna" geschimpft und er musste sich den Scheiß stundenlang anhören.

2002 minus 70, das ist 1932, dann war ihre Mutter 1945 gute dreizehn Jahre alt. Und die Tschechen waren damals ja nicht gerade zimperlich, wie man jetzt endlich zugeben darf, ohne dass man gleich ein Nazischwein ist. Bingoo. Die haben dem kleinen Mädchen wahrscheinlich Seele, Herz und Hirn ruiniert. Janets Vater wollte dann wahrscheinlich mit seinem Wissen nicht mehr weiter leben. Und geholfen hat denen damals ja kein Mensch, und unser 68er-Gutmensch schon gar nicht. Der wollte davon Nichts wissen. Zum Psychiater gehen ging nicht, das konnte sich damals kein Arbeiter leisten. Einen Krankenschein dafür gab es nicht, also hat sich der arme Mann dann aufgehängt.

Und die Frau war dann einsam. Sie hatte ja dann nie wieder einen Mann ins Haus gelassen. Und in ihrer Einsamkeit hat sie sich dann ihre Kleine ins Bett geholt. Und irgendwie wird es dann halt irgendwann passiert sein. Mutter und Tochter. Ein Irrsinn des Lebens. Und Janet kann jetzt nicht mit ihren Kindern schlafen. Ob Willi weiß, warum? Ich weiß es nicht, aber mein Dichterschwanz weiß Dieses:

Man muss sich das ja einmal vorstellen. Sie kann mit ihren eigenen Kindern nicht im selben Bett schlafen. Ja, sie dreht fast durch, wenn sie zu lange mit ihnen alleine ist. Janet ist Mutter. Und "Mutter" sein, das bedeutet für Janet nicht das selbe, wie für Dich und für mich. In Janet ist die absolute Hölle. Sie hat Angst, furchtbare, furchtbare Angst, sie könnte sich auch an ihren Kindern vergreifen. Deshalb hält sie ihre Kinder nicht aus. Sie hat Angst, so unvorstellbare und Herz zerreißende, ihre Seele zerfetzende Angst. Und sie kann mit Niemandem darüber reden.

Es war ja ihre Mutter. Das glaubt ja kein Mensch. Es ist ja schon schlimm, wenn dich dein eigener Vater ... aber die Mutter, nein, eine Mutter tut so was nicht. Über so etwas mit anderen reden, das ist nicht. Das ist in unserer Gesellschaft noch immer ein absolutes Tabu. Wir haben doch seit Freud jetzt gerade mal so ein wenig begriffen, dass der Vater auch Täter sein kann. Dabei kann das ein Vater, der ein Vater ist, gar nicht verstehen. Man will es sich ehrlich gesagt nicht einmal vorstellen. Und doch ist das Leben so. Und jetzt sollen wir DAS auch noch begreifen. Aber die Chinesen glauben wohl nicht umsonst ans Ying und ans Yang. Wie im Guten, so im Bösen. Bis der Mensch jetzt DAS wieder begreift, wird wohl ein weiteres Jahrhundert vergehen müssen, insbesondere, wo doch die jeweiligen Gutmenschen ihrer Zeit vom Bösen ja nichts wissen wollen.

Die Mutter, die eigene Mutter! Das war es in ihren Augen, das mich damals so irritiert hat, als ich sie das erste Mal sah. Janet ist ganz alleine in ihrer Hölle. Sie hat keine Chance auf Behandlung, auf Hilfe. So lange ihre Mutter noch lebt, wird sie auch keine Heilung suchen. Der Skandal. Sie würden Alle mit dem Finger auf sie zeigen. Wer weiß, ob es überhaupt jemand glaubt?

Willi ist heute wieder toll in Schuss. Doch Willis Glaube an die Frauen ist zerbrochen. Er hofft, dass er bald eine findet, die normal und gesund ist und vielleicht auch bleibt und ihn vielleicht nimmt, samt seinen Kindern, denn er weiß nicht, wie es weiter gehen soll. Janet hält ihre Kinder ja nicht lange aus. Er müsste seinen Job aufgeben. Was dann? Von was soll er bitte leben? Und er weiß, über Kurz oder Lang hat er die Kinder alleine "am Hals". Jetzt hat er auch begriffen, warum sie die Kinder nie bei ihrer Mutter alleine gelassen hat. Also, bitte, wohin mit den Kindern? Er hat ja selber keine Mutter mehr.

Willi und Janet hatten nie eine Chance. Nie und nimmer, der Täter war schon früher da. Bei Willi und Janet war es halt eine –rin, die selbst zuvor armes Opfer war, von ihrer Welt im Stich gelassen. Durch die Politik des Verschweigens des Leids der Menschen auf der Großen Flucht hat man diese Opfer gleich noch einmal über den Tisch gezogen.

Diese Geschichte glaubt mir wieder einmal kein Mensch, sie ist aber wahr, und sie beweist einmal mehr, wie gefährlich es ist, wenn sich eine Gesellschaft, wie die unsere, nicht um ihre Opfer schert und einfach so tut, als gäbe es sie nicht.

© Copyright by Lothar Krist (10.2.2003)

 

Hallo buji,

Deine Geschichte ist mit großer Intensität geschrieben. Deine Begriff- Schöpfungen sind auch treffend, die Thematik auf alle Fälle gut erfaßt.
Gestört hat mich die direkte Ansprache der Leser, aber das ist reine Geschmackssache.
Manchen Abschnitt hätte ich nicht gebraucht, wie nun wer wann Fußball gespielt hat muß man da z.B. lesen, um dann endlich zur eigentlichen Aussage der Geschichte zu kommen. (Nun, ich bin halt sehr für`s kurze bei Kurgeschichten).
Am Schluß vertritt sie doch ziemlich eindeutig die Verhaltensweisen, die uns `bessern´ würden, was mich im Prinzip nicht stört.
Wenn ich das recht verstehe, vertrittst Du die Theorie der sozialen Konditionierung allen Fehlverhaltens. Da ist sicher etwas wahres dran, doch diese Beziehung bietet auch eine Chance.

Tschüß... Woltochinon

 

Hi Morphin!

Danke. Aber, verzeih bitte, wenn ich dies sage, du irrst, wenn du meinst, die Vergangenheit würde mich nicht interessieren. Das habe ich mit Sicherheit nirgendwo behauptet. Ich bin nur der Ansicht: Wer die Zunkunft zu bewältigen versucht, der bewältigt auch die Vergangenheit gleich mit. Ich habe immer davor gewarnt, zu lange und zu tief in den Gräbern herum zu wühlen.

Die erste und die zweite Generation der Expressionisten hat ihre eigene Zeit von Damals ins Grab geschrieben. Sie haben beide Kriege, die dann ja auch kamen, vorher gefühlt und sowohl die herrschenden Intellektuellen als auch die herrschenden Künstler dieser Zeit kritisiert. Dafür wurden sie von ihrer Zeit auch schwer bestraft.

Dann kam die Nachkriegsgeneration, die 68er, und die hatten dann nichts Besseres zu tun, als Zeit ihres Lebens, also bis heute, in diesen Gräbern, die das Leben selbst und eine vorher gehende Künstlergeneration bereits zugeschaufelt hatte, herum zu wühlen. Sie haben die Leiche dieser bereits toten Kultur, die sich nicht mehr wehren konnte, immer und immer wieder ausgegraben und seziert. Sie haben diese Leiche 1000fach geschändet, für Nichts und wieder Nichts, denn ihr Versuch, mit Vergangenheitsbewältigung vielleicht ähnliche Gefahren in der Zukunft zu verhindern, ging total in die Hose.

Wer von unseren Großen Künstlern hat schon diese Neue Kriegszeit vorher gesehen? Keine/r. Und warum? Weil sie bei ihrer verzweifelten Suche nach der Ursache für das Vorgestern die Gräber so tief ausgehoben haben, dass sie zuletzt nicht mehr über deren Ränder hinaus gesehen haben. Und als sie dann wach geworden sind, schauten sie völlig überrascht in die Fratze einer Neuen und noch dazu ihrer nun eigenen Kriegszeit.

Ich war immer ein Fan der Expressionisten, denn diese haben ihrer eigenen und so gefährlichen Zeit den Spiegel vorgehalten. Sie waren keine Leichenschänder. Heute leben nur noch einige ganz wenige von der letzten Kriegsgeneration. Angesichts dessen, dass jetzt die Friedensgeneration am Höhepunkt ihrer Macht zur Neuen Kriegsgeneration mutiert, ist es höchste Zeit, denke ich, diesen wenigen noch Lebenden ihre Würde zurück zu geben. Wir sollten diesen letzten noch Lebenden endlich verzeihen und sie gleichzeitig auch um Verzeihung bitten. Vielleicht wird uns dann die Strafe des Lebens nicht gar so hart treffen (wie ich das befürchte)?!

So wie das Gro der Menschen von Heute nichts, absolut gar nichts von der massenmordenden Strahlkraft der DU-Munition, dieser Neuen Generation von Atomwaffen, wissen will, so wussten diese Menschen von Damals im 3. Reich halt auch nichts von KZs und vom Gas. Das werden wir wohl, ob wir nun wollen oder nicht, bald eingestehen müssen. Heute vegetieren bereits 10.000e Menschen weltweit, zumeist Kinder, weil die am empfindlichsten dafür sind, an Leukämie. Selbst die Schaf- und Kamelherden im Irak krepieren daran. Das interessiert heute (noch) Keine/n. Wir wissen es irgendwie und doch nicht. Doch nach der Ära der Gutmenschenkriege werden wir es wissen.

Jede Armee setzt heute die DU-Munition ein. Die Israelis beschießen damit die Palästinenserlager und -städte. Die Amerikaner und die Briten haben den Irak, Jugoslawien, Afghanistan damit verstrahlt. Die Franzosen schießen seit Jahren frisch und fröhlich, und vor der Welt mehr oder weniger verborgen, damit auf der Elfenbeinküste und auch anderswo herum. Sie werden alle gemeinsam jetzt dem Irak im nun bereits 5. Atomkrieg der Westlichen Wertegemeinschaft den Rest geben.

Und genau hier liegt die Krux. Wir reden immer nur von Krieg. Niemand wagt dieses andere Wort, das aber das einzig richtige wäre, auszusprechen: Atomkrieg. Dass es darum geht, auch wenn der DU-Munition der von allen so sehr gefürchtete Spaltpilz fehlt, werden wir wohl erst in 4, 5 Jahren begreifen. Dann nämlich, wenn millionen Menschen davon Leukämie und andere Krebserln haben.

Ich grabe nicht in den Gräbern der Vergangeheit herum. Ich kritisiere meine so unheimlich starke und lebendige Zeit und Kultur von Heute. Natürlich nehme ich dabei immer wieder auch unweigerlich einen Bezug auf die Vergangenheit, aber meist nur, indem ich unseren Umgang mit ihr verurteile. Ja, verurteile, dies ist das richtige und mehr als nur passende Wort. Dieses Recht nehme ich mir, es steht mir zu, aus vielen, vielen Gründen.

Du schreibst am Ende: "Und die Frage, wie der Teufelskreis durchbrochen werden kann, ist zwar beantwortbar, aber in der momentanen Gesellschaftssituation kaum durchführbar."

Da gebe ich dir völlig Recht. Dafür müsste man die Hirne unserer ganzen Gesellschaft wie die Festplatte eines Computers formatieren und neu aufsetzen können. Die in die Schädeldecken eingebrannte Weltsicht kann man irgendwie mit einem nicht mehr richtig funktionierenden und so fehleranfälligen Windows 98-System vergleichen. Wir verfluchen es, aber wir sind keine PC-Freaks. Wir wissen nicht, wie den PC neu aufsetzen, also arbeiten wir mit diesem Scheiß-System einfach weiter, bis zum totalen Crash.

Beste Grüße
buji

 
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Hallo buji!

Hätte mir jemand vor einem Monat prophezeiht, daß ich jemals von Dir eine Geschichte zu lesen bekomme, die derart nah an meinem Geschmack liegt, wie diese - ich hätte ihn für verrückt erklärt. Gut, daß das nicht so war, denn dann müßte ich mich jetzt bei demjenigen entschuldigen... ;)

Den Aufbau Deiner Geschichte finde ich ungewöhnlich (= originell) - erst der Blick von außen und ein bisschen auf Willis Inneres, bei dem man fast das Gefühl bekommt, die Mutter seiner Kinder müsse ihm etwas Böses angetan haben; dann der Blick auf Janet, ihr Gefühlsleben, und schließlich das alles entschuldigende Schauen auf die Vergangenheit, den Ursprung des Dramas, für den keiner der Beteiligten Schuld trägt.

Einerseits schreibst Du die Geschichte mehr aus Willis Sicht, von daher ist es auch richtig, im Besonderen sein Problem "wohin mit den Kindern?" darzustellen. Trotzdem kommt mir dabei ein bisschen zu kurz, daß es für Janet noch viel schwerer ist. Denn ich denke, sie leidet sehr unter der Situation, daß sie ihre eigenen Kinder nicht selbst groß ziehen kann. Das läßt sie sicher nicht kalt, denn sie liebt sie, was vor allem daran zu erkennen ist, daß sie ihnen ersparen will, dasselbe zu erleben, was sie selbst mitmachen mußte.
Die Sorge um einen Platz für die Kinder ist für Willi die erste, aber sicher nicht die letzte...

Andererseits versuchst Du zu klären, wer daran schuld ist. Du zeigst, welch nachhaltige Auswirkungen ein Krieg für den einzelnen Menschen haben kann und wie tief das dann sitzt, wie solche Ereignisse nachhaltig in die Psyche der Menschen eindringen und auch noch weitergegeben werden.
Es klingt einfach und logisch, fast, als könne man den Fall damit abhaken, wenn Du auf die Ursache, die Nazis, vermutlich Tschechen, zeigst. Du meinst, damit ist es abgeklärt und unser Blick soll sich ab nun in die Zukunft wenden. In der Seele läßt sich aber nichts so leicht abhaken, wiedergutmachen. Wie Du ja selbst bestätigst, sind die Schäden der vergangenen Kriege noch gar nicht überwunden, die seelischen Schäden – die man nicht so gut sieht, wie die Beschädigungen an Bauwerken – wie sollen solche Menschen in die Zukunft sehen? Meiner Meinung nach ist Deine Geschichte ein gutes Beispiel dafür, wie notwendig oft gerade der Blick zurück ist. Nur mit einem Blick zurück kommt man auf die Ursachen – und die sind notwendig, um an der Beseitigung der Schäden zu arbeiten, um für die Zukunft daraus zu lernen.
Wobei ich die Ursache nicht in den Tschechen suchen möchte, sondern im Über-andere-Macht-ausüben-Wollen allgemein.

Ich verstehe ja, daß Dir die ganze Vergangenheitsbewältigung, die man so über die Jahre mitbekommt, schön langsam, oder auch schon länger, auf die Nerven geht. Aber wie kann man jemandem klar machen, was die Schrecken eines Krieges und insbesondere des letzten im eigenen Land sind, wenn man sie nicht zumindest aus Erzählungen, Dokumentationen usw. kennt? Sicher, wir haben es schon oft gehört. Aber wie oft haben es denn zehn-, vierzehn-, sechzehnjährige Jugendliche (bewußt) gehört? Soll man gegenüber denen Hitler & Co. nur als Halbseite im Geschichtsbuch erwähnen, weil die Vierzigjährigen meinen, ihnen hängt das Thema schon zum Hals heraus und sie wollen nichts mehr davon hören? Dann hätten die Nazis aber bald wieder ganz leichtes Spiel, wenn den Jungen keiner mehr sagt, was, wie und warum das damals war.

Aber da war noch ein Thema in Deiner Geschichte:

Daß niemand es glauben würde, daß eine Mutter ihr Kind mißbraucht hat – das ist eine falsche Annahme. Davon gibt es mehr als genug Fälle und die Protagonistin könnte ganz ohne Gewissensbisse zu einer Therapie gehen. Niemand würde erfahren, was sie dort erzählt, auch nicht ihre Mutter. Vielleicht hat sie aber auch nur Angst, genau hinzusehen, und schiebt es deshalb mit guten Ausreden hinaus. - Da bräuchte sie dann Freunde, die ihr helfen, sich zu einer Therapie zu überwinden, statt ihr als Ursache für das Leid des Protagonisten auch noch die Schuld zum Schaden umzuhängen.

Und ein paar Fehler hab ich noch ;) :

„Keine Chance für Keinen, denn der ...“
- für keinen

„kam er früher doch immer verdammt gut mit ihnen zu recht.“
- zurecht (zusammengeschrieben)

Das „Fitnessstudio“ macht sich besser so: Fitness-Studio

„Mann o Mann“ würde ich Mann-o-Mann schreiben

„Willi ist so gut sieben Jahre jünger als ich.“
- entweder „so“ oder „gut“, beides sagt dasselbe aus und ist um eins zu viel

„Er war lange Zeit in den Top 3 in Österreich auf seinem anderen Gebiet, war auch bei einigen Olympiaden und Welt- und Europameisterschaften dabei.“
- Vorschlag: Er war auf seinem anderen Gebiet lange Zeit in den Top 3 in Österreich, war auch bei einigen Olympiaden, sowie Welt- und Europameisterschaften dabei.

„Er trainierte schon mit dreizehn mit der Ersten mit.“
- in der Ersten

„wegen seiner genauen Passes.“
- müßte es nicht heißen „Pässe“?

„Die Beiden waren lange“
- Die beiden

„So mit fünfundzwanzig war er dann wieder solo und trieb sich dann lange in abwechselnden Beziehungen herum.“
- ich würde das erste „dann“ streichen...

„Meine anderen alten Freunde, die auch die seinen sind, die jammern auch schon.“
- die auch seine sind, jammern auch schon.

„Dagegen hatten die Anderen mit ihren Frauen“
- anderen

„Euch Leser“
- Ich glaube, Du bist per Du mit dem Leser, dann gehören die direkten Anreden klein, also euch, ihr usw.

„Wenn ich jetzt schon Alles auspacke,“
„Du lebst neben ihnen, du denkst, du weißt Alles über sie.
„Und Alles in einem Höllentempo“
- alles, alle

„dann lauft Ihr mir glatt Alle gleich scharenweise davon“
- das „gleich“ würde ich streichen, der Satz verfehlt auch ohne „gleich“ seine Wirkung nicht. ihr

„waren meine hinigen Knie.“
- „hinigen“ würde besser in eine Mundartgeschichte passen... Willst Du nicht mal eine in schönem Oberösterreichisch schreiben?

„Vor Allem“
- Vor allem

„Warum, verdammt, hört nur Niemand auf mich?“
- niemand

„Zumindest wenn ich nicht gewettet habe.“
- müßte es hier nicht „hatte“ heißen? (bin unsicher mit den Zeiten...)

„Ne, Die hat noch schlimmere“
- die hat

„Honig lecken“
- Honiglecken (zusammen)

„so viel hatte ihm sein Sport gelernt.“
- so viel hatte ihn sein Sport gelehrt.

„Er schwärmte richtig gehend von den Ficks“
- richtiggehend (zusammen)

„Zeiten ihrer Tiefendepression zu recht.“
- zurecht

„Kopf weh“
- Kopfweh (zusammen)

„Und jedes Wochenende Kopfweh. Und sie ging dann auf Sinnsuche.“
- ich würde nach Wochenende einen Doppelpunkt machen, außerdem die „Und“ eliminieren: Jedes Wochenende: Kopfweh. Sie ging dann...

„Oft wenn er am Freitag aufstand“
- Oft, wenn

„wenn er vom harten Job nach Hause kam“
- von seinem harten Job

„von denen ist Keiner so eine Sau.
- keiner

Bei den direkten Reden wäre es gut, wenn Du jeden Sprecher eine neue Zeile beginnen läßt. Zumindest aber einen Gedankenstrich: „blabla“ „blablabla“

„Aber was tut man nicht Alles für seine Freunde“
„Sie würden Alle mit dem Finger
- alles, alles

„über Kurz oder Lang”
- über kurz oder lang

„Menschen auf der Großen Flucht“
- auf der großen Flucht


Alles liebe,
Susi

 
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Hi Häferl!

Danke für Dein Lob und für die Mühe mit den Verbesserungen. Werde das meiste beherzigen, nicht aber einige Großschreibungen verändern. Worte wie Keinen, Nichts (Nichts tun - in Fällen, die mich wütend machen), Neues, Altes in bestimmten Fällen zur Hervorhebung (Neue Zeit, Alte Weltsicht, Neue Kriegszeit, usw), Etwas, über Kurz oder Lang, Alle (wir tun Alle Nichts), Alles und ähnliches will ich einfach groß haben. Da ist mir wurscht, was die Rechtschreibexperten dazu sagen. Ich bin Dichter und schreibe keine Schulaufsätze, die einer Benotung unterliegen. Den Begriff "Die Große Flucht" findest du in einigen Artikeln schon groß, zB
http://www.phoenix.de/dokus/11222/
In einigen Jahren wird man diesen Begriff zumindest hier im dt. Sprachraum wohl nur noch mit der Flucht der Deutschen Landler identifizieren. In diesem Sinne stehen wir (leider) ja erst am Anfang der "Vergangenheitsbewältigung", früher wollten wir davon ja Nichts wissen.

Du wirst vielleicht hinkünftig noch des Öfteren eine Geschichte von mir mögen, mein neues Buch wird ja völlig anders als das letzte.

Mal sehen. Danke jedenfalls für die nette Kritik. Janet erhält übrigens ihre eigene Geschichte, es freut mich dass dir aufgefallen ist, dass da noch etwas fehlt. Es wird so eine Art Zwischengeschichte wie in "Kalter Atem". Aber ich weiß noch nicht recht, wie ich die Sache aufziehe. Ist ja nicht leicht. Ich muss mich da in 2 Frauen hinein denken. Aber vielleicht ist das Täter- und Opfer-Sein für Frauen ja gar nicht so viel anders als für Männer. Wir sind ja alle die selben Menschen, wir haben die gleichen Gefühle, Schmerzen. Na ja, irgendwie wird es schon gehen, hoffe ich.

Beste Grüße
buji

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Woltochinon!

Entschuldige meine verspätete Antwort, aber du musst dich da irgendwie zwischen Morphin und der Verfassung meiner Antwort an ihn herein geschlichen haben. Danke für deine Kritik.

Ich spreche die LeserInnen in meinen Geschichten immer an. Dies ist meine Verbeugung vor dem neuen Medium Internet. Ich sehe es als Medium an, auch wenn dies von einigen Leuten bestritten wird, dass es eines ist. Ich glaube an das Internet, und vor Allem daran, dass es von der Menschheit einst als eine ebenso wichtige Erfindung geschätzt wird, wie die Buchdruckmaschine. Das Internet ist kein Ersatz für Bücher, aber eine wertvolle Ergänzung und es erweitert den Freiheitsaspekt der Kunst.

Jeder Leser kann heute über das Angebot von E-Mail oder Forum sofort, wenn er darauf Lust hat, mit dem Autor, der Autorin eines Onlinebuches Kontakt aufnehmen. Wenn der Autor, die Autorin ihr Wirken ernst nehmen, werden sie auch antworten. Dadurch, dass ich in meinen Geschichten die LeserInnen anspreche, nehme ich selbst, der Autor, den Kontakt auf. Ich fordere die LeserInnen zum Gedankenaustausch auf. Ich schreibe meine Geschichten auch für das Internet. Ich schreibe Onlinebücher und ich sehe mich als Internet-Autor der ersten Stunde.

Ich habe nicht umsonst 25 Jahre auf mein "Spinnennetz" gewartet. So habe ich es 1979 in meinem ersten SF-Roman "Die Mörderkinder" (er spielt von 2004 - 2007) bezeichnet. "Meine Joystick-Killerkids", "meine Schulmörder", "meine Selbstmord-Attentäter" aus diesem Buch gibt es heute ja tatsächlich, nur noch nicht in dieser irren Form, wie ich es im Roman beschrieben habe. In meiner Geschichte finden und verknüpfen sie sich auf bestimmten Homepages weltweit, sie arbeiten mit Geheimcodes, schlagen an bestimmten Tagen gemeinsam zu, usw. Ich kann nur hoffen, es kommt nicht dazu.

Zur Länge meiner Geschichten: Ich ziehe meine Geschichten immer absichtlich in die Länge. Ich will ja die Charaktere oder gewisse Situationen etwas heraus arbeiten. Um diese Stelle hier mit dem Fußball habe ich ja Willis Charakter ein wenig herum gebaut und meine Beziehung zu ihm ein wenig dargestellt. Irgendwie musste ich den LeserInnen ja sein Ego darlegen. Willi ist ein Typ zum Pferdestehlen. Auf den kannst du dich verlassen, wenn es auf was ankommt, der lässt dich nicht sitzen, der haut nicht ab, wenn der Arsch auf Grundeis geht. Er ist auch als Vater und Mann ein echter Kerl. Und trotzdem ging ihm die Sache mit seiner Familie in die Hose, obwohl er nie was anderes haben wollte. Ich wollte einfach seine Situation heraus arbeiten. In seiner Situation da kannst du ein Heiliger sein, oder umgekehrt eine Mutter Theresia, du hast keine Chance. Die Familie zerfällt.

Ich will mit meinem neuen Buch u.a. auch aufzeigen, wie eine böse Handlung oft über Generationen weiter wirken und Beziehungen zerstören kann. Und ich werde auch das Scheitern unseres Systems aufzeigen, da ich der Ansicht bin, dass der Mensch nun endlich lernen muss, die negativen Seiten unseres Lebens, unserer ganzen Existenz, zu akzeptieren. Und ich glaube daran, dass es möglich ist, dass die Menschheit dies jetzt lernt, in den nächsten 50, 100 Jahren. Es ist der nächste Schritt, sonst ist es tatsächlich aus mit uns.

Ich glaube an diesen Fortschritt, so wie die Arbeiter vor 150 Jahren daran geglaubt haben, dass sie ein Anrecht auf eine menschenwürdige Existenz haben. Wir müssen den Opfern unserer Gesellschaft ihre Rechte und vor Allem ihre Sprache zurück geben, dann ist auch eine bessere Welt möglich. Unser System versagt in dieser Hinsicht völlig. Wir müssen endlich Alle bereit sein, den Opfern auch zuzuhören.

Nach einer neuen Studie sind 80 Prozent der Opfer davon überzeugt, dass sie in unserem gutmenschlichen Verfahren keine Rechte haben. Über 30 Prozent sind sogar der Ansicht, dass ihnen durch das Verfahren mehr geschadet wurde, als durch die Tat selbst.

Darüber schreibe ich seit einer Ewigkeit, mehr ist nicht. Das gefällt halt nicht Allen, vor Allem wohl deshalb, weil ich so nebenbei unseren Gutmensch von Heute verarsche. Gebe ich ja zu, aber was soll´s? Ich bin in der guten Hoffnung, dass die nächste Generation das vielleicht verstehen und auch akzeptieren wird. Mal sehen.

Beste Grüße
buji

 

Ja, und jetzt habe ich sie doch gelesen :)!
Sie hat mich nachdenklich gemacht, und ich finde auch, dass sie gut geschrieben ist.
Aber irgendwie verschwindet die Geschichte nach all deinen Kommentaren langsam hinter der Person, und für mich kommst du ehrlich gesagt ziemlich weltverbesserisch-missionarisch rüber, und das ist nicht so ganz mein Fall.
Ich hab dich nach deiner "Kroatien"-Geschichte ganz anders, viel lockerer eingeschätzt, lebenslustig eben :).

 
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Hi Zannalee!

Ja, ich weiß, ich habe ein weltverbesserisch-missionarisches Blut. Aber ich kenne eigentlich keine/n einzige/n ernst zu nehmende/n SchriftstellerIn, die/der das nicht auch hat. Es fällt halt bei jenen nicht so auf, wenn sie einem nach dem Mund schreiben.

Du musst das bei mir ein wenig so sehen: ich bin ein eingefleischter Gutmensch und ich war immer ein Fan von Jim Morrison. Der hat mal vor 1000 Jahren ungefähr gesungen: We want the world ... and we get it! Und wir haben diese schöne Welt wirklich gewollt und dann haben wir sie tatsächlich auch gekriegt, verdammt leicht sogar, wahrscheinlich zu leicht, denn die Alte Kultur war ja damals schon tot, die ist im letzten Krieg gleich mitverreckt. Na ja, und dann haben wir sie leider genau so leicht, wie wir sie gekriegt haben, auch wieder "verschenkt". Und jetzt ist sie wieder in der Hand der Anderen.

Warum sollte ich jetzt diese Anderen kritisieren? Die haben jetzt, was sie wollten: unsere Welt. Die nehmen meine Kritik sowieso nicht ernst, die würden mich auslachen. Rumsfeld hat letzte Woche so ähnlich gesagt: "selbst millionen Friedenskerzen würden ihn nicht irritieren. Die haben wir vor 30 Jahren schon gesehen. Damals hatten wir Angst davor. Heute wissen wir, dass die außer Kerzerl halten, keine Power haben. Und diese Friedenskerzen damals haben uns mehr tote Soldaten in Vietnam gekostet, als notwendig war und wir haben deshalb den Krieg verloren. Wegen Friedenskerzen werden wir nie wieder einen Krieg verlieren."
Ach ja, und in Deutschland diskutieren sie jetzt wieder offen über das Foltern. Diese Anderen haben wirklich keine Angst mehr vor uns.

Aus diesem Grund kritisiere ich uns selbst. Und damit will ich der nächsten Nachkriegsgeneration sagen: wenn ihr wieder einmal die Chance habt, die Welt zu kriegen, dann nehmt sie euch und gebt sie nie wieder her, koste es, was es wolle. Lieber selbst zur rechten Zeit ein wenig "böse" sein und dafür dann beim ganz, ganz Bösen nicht mittun zu müssen.

Ich weiß, den letzten Satz hört ein Gutmensch von Heute nicht gerne, aber ich denke, die nächste Nachkriegsgeneration wird ihn verstehen. Die Welt wächst jetzt langsam zusammen und ich denke auch die Menschheit ist auf diesem Weg. Der Gutmensch der 68er-Generation hat seine schöne Welt nicht verloren, weil der Mensch allgemein gesehen so böse ist, ne, er hat sie verloren, weil er zu naiv und einfach zu dämlich war, weil er Alles auf die Sozialisierung der Täter gesetzt und dabei auf die Opfer vergessen hat. Er hat einfach negiert, dass viele Opfer auch viele Täter ergeben, siehe als herausleuchtendes Beispiel die Palästinenser.

Du schreibst: "Ich hab dich nach deiner "Kroatien"-Geschichte ganz anders, viel lockerer eingeschätzt, lebenslustig eben."
Du darfst den Autor nicht mit dem Menschen verwechseln. Ich bin da ein voller Schizzoo, auch wenn ich zugeben muss, dass es in letzter Zeit immer schwerer für mich wird, die Türen zuzumachen.

Na ja, es ist wohl besser, du liest meine anderen Geschichten nicht, denn der Willi ist ja noch harmlos, haha.

Liebe Grüße
buji

 

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