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Kein Wolf in Sicht

Kew

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26.05.2009
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Kein Wolf in Sicht

Zum Abschied stand ihre Mutter in der Wohnungstür. Im Hintergrund lief der Fernseher, das Lachen einer Sitcom spülte ins Treppenhaus.
„Meinst du nicht, dass das etwas übertrieben ist?“, fragte Michelle. „Ich fahr nicht in den Urlaub.“
„Pass auf dich auf.“
„Ich bin sechzehn.“ Michelle stieg die ersten Stufen hinab.
„Hast du nicht was vergessen?“, fragte ihre Mutter.
Mit einem Blick prüfte Michelle, ob sie allein waren im Treppenhaus, dann ging sie zu ihrer Mutter, gab ihr einen Kuss auf die Wange – faltige Haut unter den Lippen, kein Wunder, dass Vater weg war.
„Richte Oma einen Gruß aus“, sagte ihre Mutter.
„Besuch sie selbst!“
Auf dem Weg durchs Treppenhaus stöpselte Michelle sich Kopfhörer in die Ohren. Draußen schien noch die Sonne und es roch nach den Mülltonnen, die sich abseits in einem Drahtkäfig blähten wie Fischkadaver. Michelle lief quer über die Rasenflächen zur Straße. Kinder spielten da, im Alter von Kindergarten bis Grundschule. In Michelles Rucksack gluckste der Wein – ein Geschenk an Oma, obwohl sich die Flaschen bereits im Regal stapelten.
Auf der Straße drehte sie sich zum Wohnblock und suchte das Fenster im dritten Stock, hinter dem die Küche lag. Da stand manchmal ihre Mutter und blickte ihr nach. Diesmal war nichts zu erkennen, in der Scheibe spiegelte sich der Sonnenuntergang. Michelle hob den Mittelfinger Richtung Fenster.
Zwei Kreuzungen weiter begann der Park. Hier herrschte Dämmerung und die Laternen glommen milchweiß. Es roch nach feuchtem Laub und fernen Grillfeuern. Menschen gab es kaum, nur eine Gruppe Jugendlicher fuhr auf BMX-Rädern vorüber.
Ein Kerl sprang hinter dem Gebüsch hervor. Michelle schrie und schlug ihm ins Gesicht.
„Fuck! Was soll das?“
Vor Erleichterung wären ihr fast die Beine weggesackt, der Junge im Basketball-Shirt, der sich da die Lippe befühlte, war Marvin, ihr Freund.
„Seit wann schlägst du mich?“
„Ich hab mich erschreckt.“
„Das ist der Witz an der Sache.“
„Idiot.“
Marvin spuckte aufs Gras. Beim Sprechen waren seine Zähne rot verfärbt. „Was soll’s.“
Er küsste sie und Michelle schmeckte Metall und hörte blechern die Musik aus den Kopfhörern, die ihr vorm Bauch baumelten. Marvins Finger berührten ihre Brüste und obwohl es sich aufregend anfühlte und gut, ging sie auf Abstand.
„Nun komm schon“, sagte Marvin.
„Ich will nicht!“ Und verschränkte die Arme vor der Brust, als er nach ihr griff.
„Ist doch nichts dabei. Hier sieht uns keiner.“
„Hier fixen sich nachts die Junkies. Das ist überhaupt nicht romantisch.“
„Seit wann stehst du so auf Romantik? Ich dachte, du wärst ne kleine Punk-Bitch.“
Seit Anfang Frühling saß Michelle am Basketballplatz, draußen auf dem stillgelegten Flugplatz, wo abends Familien mit Inlineskatern die Startbahn abfuhren und nachts die Jugendlichen Bier tranken und Joints rauchten und Musik hörten aus Billigboxen. Marvin spielte mit seinen Freunden, ganze Nachmittage lang, und versuchte bei den Sprüngen zum Korb auszusehen wie ein Profi. Währenddessen sprach Michelle mit den Freundinnen der Mitspieler. Oder sie sonnte sich, ein Handtuch ausgebreitet auf dem glühenden Asphalt, Kopfhörer auf und Sonnenbrille, und der Himmel monochromes Violett. Inzwischen wurde sie in der Schule für ihre Haut beneidet.
„Tut’s noch weh?“, fragte Michelle. Marvin schüttelte den Kopf und hörte auf, seine Lippe zu befingern. Sie gingen Arm in Arm, Michelle viel kleiner als er. Er roch nach Schweiß, Deo, der Sonne vom Nachmittag.
„Weißt du, was ich an dir mag?“, sagte Marvin. „Du tust immer so hart. Von wegen Punk und Anarchie und so. Aber eigentlich bist du wie alle anderen Mädchen auch.“
An der Weggabelung, wo es links abging zu Marvins Straße, blieben sie stehen. Michelle reckte sich auf die Zehnspitzen und angelte seinen Kopf zum Kuss. Diesmal blieben seine Hände bei ihrem Gesicht, streichelnde Finger auf Kinn und Wange. Ihre Ohren glühten.
„Ciao.“ Er winkte ihr über die Schulter zu und Michelle stöpselte wieder die Kopfhörer ein. Ihr Magen flatterte vor Glück.
Hinter dem Park begannen die Vororte und Einfamilienhäuser säumten die Straße, in den Vorgärten blühte Lavendel und Zwerge bevölkerten die Beete wie Ausschlag. Omas Haus war das älteste im Umkreis. Risse durchzogen den Putz wie Adern und unter der Regenrinne wucherte ein Wasserfleck. Aber Michelle mochte das niedrige Dach und den Efeu, der den Windfang verschluckte.
Sie klingelte. Nichts geschah. Sie seufzte und kramte den Schlüssel aus dem Rucksack. Im Haus war es dunkel und der Geruch von Speisefett hing in der Luft. „Oma?“
Oma war nicht im Wohnzimmer, nicht in der Küche. Michelle legte den Rucksack ab, stellte Brot und Wein auf den Tisch. Auf dem Herd stand noch die Pfanne mit Resten von Spiegelei und Bratkartoffeln und in der Spüle stapelte sich verkrustetes Geschirr.
Michelle ging ins Schlafzimmer. Hier war die Luft verbraucht und drückend. Das Abendrot glühte am Rand der Vorhänge, aber das Licht reichte kaum einen Meter weit ins Zimmer. „Oma?“ Nichts, und sie schlich zum Bett. Behutsam tastete sie nach Omas Gesicht und berührte tote Haut.
Michelle saß in der Küche und trank den Wein, er schmeckte nach nichts. Zwei Jogger querten ihr Sichtfeld. An den Armen blinkten rote Lichter. Die Weinflasche ging zur Neige. Wie im Schlaf wusch Michelle die Pfanne und das Geschirr ab, wie im Schlaf kramte sie im Rucksack nach ihrem Handy. Sekundenlang schwebte ihr Daumen über dem Bild ihrer Mutter, dann rief sie Marvin an. Das Tuten am anderen Ende zog sich eine Ewigkeit.
„Hey, was’n los?“ Er klang verschlafen, seine Stimme zäh wie Sirup.
„Komm her.“
„Es ist mitten in der Nacht. Ich hab geschlafen und morgen ist Schule.“
„Komm her!“
„Ist ja gut, ist ja gut. Ich komme. Wohin überhaupt?“ Sie nannte ihm die Adresse. „Ich bin in zehn Minuten da.“
Michelle ging erneut ins Schlafzimmer. Diesmal schaltete sie das Licht an. Oma lag auf dem Rücken, Mund und Augen offen.
Ihr Handy vibrierte: Bin da, mach auf. Vor der Haustür stand Marvin, ziemlich müde, mit zerzausten Haaren und verquollenen Augen. Er unterdrückte ein Gähnen, versuchte ein Lächeln. Sein Fahrrad lehnte am Gartenzaun. Michelle schlang die Arme um seinen Rücken, klammerte sich fest, warmer Stoff rieb an ihrer Wange.
„Hey, was ist denn los? Du siehst furchtbar aus.“
„Halt mich fest!“
Sein Puls ging schnell vom Fahrradfahren, harte Schläge in ihrem Ohr und das Gluckern seines Magens. Michelle schloss die Augen und Oma lag auf dem Bett. Ein Auto fuhr vorüber - ein blubbernder Motor und die Welt jenseits ihrer Lider wurde hell und rot.
„Komm rein.“
An der Hand zog sie ihn die Treppe hinauf in ihr Zimmer. Hier hingen noch Kinderzeichnungen an den Wänden – Mama, Papa, Kind und Oma, alle grinsend, alle froh und über der grünen Wiese schien ekelgelb die Sonne. Auf dem Schreibtisch klebten Sticker aus Tierzeitschriften. Marvin sah sich behutsam um, seine Arme hingen unschlüssig herab.
„Was ist eigentlich mit deiner Oma. Stört die das nicht?“
„Die liegt im Bett, die hört uns nicht. Setz dich.“ Mit den Fingerspitzen stieß sie ihn aufs Bett. Beim Küssen schmeckte seine Zunge nach Kaugummi, nach Apfel und Zitrusfrucht, und sie drückte ihn auf die Matratze nieder, zog ihm sein Shirt über den Kopf. Marvin sah sie groß an, sein Atem ging flach und schnell, während sie an seiner Hose nestelte.
„Nicht bewegen.“ Michelle stand auf. „Ich komme gleich wieder.“ Sie ging in die Küche und fischte ein Kondom aus dem Frontfach ihres Rucksackes.
Als sie zurück ins Zimmer kam, lag Marvin da, wie sie ihn verlassen hatte, die Hose auf die Knie gezogen und sein Ständer zerbeulte die Boxershorts. „Zieh das drüber.“ Und hielt ihm das Kondom hin. Marvin wirkte hilflos, seine Finger zuckten nur. „Gut, ich mach’s selbst.“
Sie zog ihm die Boxershort aus, streifte das Kondom über. Anschließend schlüpfte sie aus Jeans und Tanga und senkte sich auf Marvin – leichter Schmerz im Unterleib, leichtes Schaudern, sie hielt inne, er lag reglos wie gefroren. Zaghaft, weil alles neu war, bewegte sie ihr Becken. Marvins Gesicht verfärbte sich rot, Sekunden später ejakulierte er. Keuchend fiel sein Kopf ins Kissen.
„Tut mir leid.“
„Macht nichts. Ich liebe dich.“
Michelle hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Schweiß glänzte auf seiner Brust, als hätte der Sex Stunden gedauert. Sie ging ins Bad und wusch sich, angenehm kalt perlte das Wasser vom Gesicht, sie fühlte sich klarer als zuvor.
Zurück in ihrem Zimmer, legte sie sich zu Marvin ins Bett. Er hatte sein T-Shirt wieder angezogen und nahm sie in den Arm, ihr nackter Rücken schmiegte sich an. Alles war warm und lebendig. Im Dunkel summte eine Mücke.

 

Hallo Kew

Vorab, sie hat mir gefallen deine Geschichte, das Eintauchen in das Leben dieser Jugendlichen.

Einige Überzeichnungen – wenn auch schöne Sätze - meine ich dennoch wahrgenommen zu haben. Da änderte auch nichts daran, dass ich die Erzählstimme in ihrer Perspektive selbst weitgehend als jugendlich ortete.

Im Hintergrund lief der Fernseher, das Lachen einer Sitcom spülte ins Treppenhaus wie Lauge.

Dieser Satz verlor nach Sitcom mir seine Bildlichkeit, nahm eine abstrakte Form an, die mir auch nicht unbedingt nach Jugendsprache wirkte.

dann ging sie zu ihrer Mutter, gab ihr einen Kuss auf die Wange – faltige Haut unter den Lippen, kein Wunder, dass Vater weg war.

Wenn Michelle sechzehn ist, dürfte ihre Mutter wohl nicht über fünfzig sein. Ein Alter, bei dem allenfalls hormonbedingt bei Frauen sich um die Lippen kleine Fältchen bilden können. Doch faltige Haut, da stelle ich mir ein altes Gesicht vor – oder dann eine sehr verhärmte Frau.

Mülltonnen, die sich abseits in einem Drahtkäfig blähten wie Fischkadaver.

Eine Assoziation von Mülltonnen zu Fischkadaver, ich weiss nicht. Es liegt zumindest nicht auf der Hand, ausser vielleicht für jemanden, der die Berufsfischerei täglich vor Augen hat.

Hier herrschte Dämmerung und Insekten belagerten die Laternen in Milchweiß.

Vor und nach dieser Passage ist vom Sonnenlicht die Rede. Da scheint es mir doch ein Widerspruch, dass Insekten Laternen belagerten, auch wenn der Park vom Schattenwurf vielleicht schon dämmrig wirkte. Nach meiner Beobachtung umschwirren Insekten die Laternen erst, wenn diese die einzigen Lichtquellen darstellen.

Auf dem Herd stand noch die Pfanne mit Resten von Spiegelei und Bratkartoffel[n] und in der Spüle stapelte sich verkrustetes Geschirr [PUNKT]

Das Abendrot setzte den unteren Rand der Vorhänge in Brand,

Ein schönes Bild, aber zu dramatisch inszeniert, mit dem nur Anschein eines solchen stutzte ich nicht.

Behutsam tastete sie nach Omas Gesicht und berührte tote Haut.

Da wir mir sofort klar, es ist Realität. Wahrscheinlich wolltest du damit verhindern, dass der Schlusssatz zur Pointe mutiert. Es hat mir dafür und dagegen, da ich das daran folgende Verhalten von Michelle nun unter dieser psychischen Prämisse sah.

Marvins Gesicht verfärbte sich dunkelrot,

Wirklich dunkelrot?

Eine merkwürdige, doch mir sehr gelungen scheinende Episode, die du da erzähltest. Die Reaktion von Michelle wirkt mir plausibel, durchaus vorstellbar, dass sie auf diese Weise sich Entlastung verschaffte, und es so zu einem prägenden ersten Mal für sie wurde.

Auch wenn ich ein paar kritische Anmerkungen aus meiner Sicht einbrachte, habe ich es gern gelesen.

Schöne Grüsse

Anakreon

 
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„Sag Oma einen schönen Gruß von mir.“
„Besuch sie selbst.“

Hallo Kew,

..., das Lachen einer Sitcom spülte ins Treppenhaus wie Lauge.
Ein treffendes Bild, wie auch
Hier herrschte Dämmerung und Insekten belagerten die Laternen in Milchweiß,
die ich mal nicht deuten will, denn ich finde, sie bringen mich in die moderne Version von Rotkäppchen, das nun Michelle heißt und sechzehn ist und eine Rotznase (sag ich mal) und die Variation und Transformation des alten Märchens gefällt mir besser, als Karen Duwes schräge Fassung, sehn wir mal hiervon ab.
..., gab ihr einen Kuss auf die Wange – faltige Haut unter den Lippen, kein Wunder, dass Vater weg war.
Eine denkwürdige Haltung, den Abgang des Vaters zu erklären ...


Warum überwiegend nur Aussagesätze? Wäre QUOTE]„Ich will nicht.“[/QUOTE] nicht mehr als eine bloße Aussage?

hier wäre dies & das nachzutragen:

Marvin schüttelte den Kopf und hört[e] auf[,] seine Lippe zu befingern.

Omas Haus war das älteste in [der] Nachbarschaft.

unter der Regenrenne
Regenrenne?, nicht -rinne?

Schweiß glänzte auf seiner Brust[,] als hätte der Sex Stunden gedauert.

Michelle spürte[,] wie sich die Spannung in ihr löste, sie ...

Gern gelesen vom

Friedel

 

Hallo Kew

Mit einem Blick prüfte Michelle, ob sie allein waren im Treppenhaus, dann ging sie zu ihrer Mutter, gab ihr einen Kuss auf die Wange – faltige Haut unter den Lippen, kein Wunder, dass Vater weg war.

Eine interessante Andeutung, die du hier machst - wird es doch wohl kaum (nur) an der faltigen Haut der Mutter liegen, dass der Vater nicht mehr da ist, auch wenn Michelle das so sieht. Ganz klar, sie gibt ihrer Mutter die Schuld an der Trennung und sucht hier vielleicht nur zwanghaft nach einem Grund, so banal dieser auch sein mag. Mir gefällt dieser Hinweis, auch die Art, wie du ihn einstreust - und ich war gespannt auf weitere Details zu diesem Aspekt, die dann aber leider ausgeblieben sind.

„Sag Oma einen schönen Gruß von mir.“
„Besuch sie selbst.“

Michelle hob den Mittelfinger Richtung Fenster.*

Tja, die Pubertät ... hat mir auch gefallen, wie du Michelle hier darstellst. Auf der einen Seite die "Punk-Bitch", auf der anderen Seite aber auch ein Mädchen, das der Oma Wein bringt und die Mutter auf die Wange küsst (aber nur, wenn keiner hinschaut). Ich finde die Figur eigentlich recht sympathisch.

Ein Kerl sprang hinter dem Gebüsch hervor. Michelle schrie und schlug ihm ins Gesicht.

Ich kann mir kaum vorstellen, dass sie ihn wirklich ins Gesicht schlägt, noch bevor sie selbiges erkennt.

„Nun komm schon.“, sagte Marvin.

Punkt aus der wörtlichen Rede raus.

„Weißt du, was ich an dir mag“, sagte Marvin. „Du tust immer so hart. Von wegen Punk und Anarchie und so. Aber eigentlich bist du wie alle anderen Mädchen auch.“

Ja, der Marvin hat sie durchschaut. So kommt sie mir eben auch vor, und dir ist in wenigen Absätzen gelungen, das darzustellen. Dafür auf jeden Fall ein Kompliment. Und Marvin ist ja genau der gleiche, auch so ein Möchtegern-Draufgänger mitten in der Pubertät. Allein, dass er diesen Aspekt an Michelle mag, sagt schon viel über ihn aus.

Oma war nicht im Wohnzimmer, war nicht in der Küche.

Klingt nicht so gut, finde ich, dieses doppelte "war nicht".

Auf dem Herd stand noch die Pfanne mit Resten von Spiegelei und Bratkartoffel und in der Spüle stapelte sich verkrustetes Geschirr

Punkt am Ende.

Nichts und sie schlich zum Bett.

Komma nach nichts?

Tja, Michelle und Rotkäppchen teilen dasselbe Schicksal, beide finden ihre Grossmutter nicht lebendig vor. Ich kann mich mit Michelles Reaktion auf den Tod nicht anfreunden, und ich meine nicht den Sex, sondern dass sie sich erstmal in die Küche setzt und den Wein trinkt und das Brot isst. "Brot und Wein", ich finde an der Stelle überstrapazierst du die Analogie zum Märchen. Wenn sie sich nur in die Küche setzt, aus dem Fenster schaut, ok - meinetwegen kann sie auch den Wein trinken, aber dass sie das Brot isst, das finde ich doch ein seltsames Bild.

Zwei Jogger querten ihr Sichtfeld. An den Armen blinkten rote Lichter, als schlügen da ihre Herzen.

Ich frage mich, was das für rote Lichter sind. Rotes Blinklicht - Herzschlag - ich weiss nicht, auch hier finde ich den Bezug etwas zu gezwungen. Mag sein, dass Michelle im Angesicht des Todes ihrer Grossmutter an schlagende Herzen denkt, aber vielleicht fällt dir ein besseres Bild ein als blinkende Lichter an den Armen von Joggern - der Sonnenuntergang, das Abendrot, irgendwie sowas vielleicht.

„Ich bin in zehn Minuten da. Mach bitte nichts Dummes.“

Auch das ist eine interessante Aussage, ähnlich wie das mit der faltigen Haut zu Beginn. Auch hier haben wir eine Andeutung, die auf eine grössere Vorgeschichte deuten lässt. Die Geschichte blendet das aber komplett aus, belässt es bei diesen Fetzen - ich bin da kein so grosser Freund davon, ich fände es schön, wenn man auch über diesen Aspekt noch mehr erfahren würde.

Das sind halt so Andeutungen, die sehr vieles oder auch gar nichts bedeuten können - als Leser ist man dann ein wenig ratlos. Du hast das sicher nicht "zufällig" eingestreut und dir etwas dabei gedacht, aber warum erzählst du nicht mehr davon? Zumal ich die Figuren interessant finde.

Oma lag auf dem Bett wie Jesus.

Mit Jesus bringe ich viele Bilder in Verbindung - aber wie er in einem Bett liegt? Eher nicht. Was habe ich mir darunter vorzustellen?

Mama, Papa, Kind und Oma, alle grinsend, alle froh und über der grünen Wiese schien ekelgelb die Sonne.

Das ist gut - ein Bild aus einer heilen Kinderwelt, inzwischen ist Michelle aber auf der Schwelle zum Erwachsensein, der Vater ist weg, die Oma tot, die Fröhlichkeit dahin - da passt "ekelgelb", hat mir sehr gut gefallen die Stelle.

Setzt dich.

Setz

Der Sex als Symbol für neues Leben im Angesicht des Todes nebenan ist vielleicht etwas bizarr, aber nicht zu weit hergeholt oder so. Ich finde das auch eine glaubwürdige Art, Trost zu suchen, und auch einen schönen Ausklang dieser Geschichte.

Insgesamt hat sie mir gut gefallen, ich hätte aber wie gesagt gerne noch mehr Details erfahren. Du machst einige interessante Andeutungen, meinem Geschmack nach dürftest du an der einen oder anderen Stelle ruhig tiefer eintauchen. So, finde ich, ist die Geschichte dann ein wenig zu schnell zu Ende.

Grüsse,
Schwups

 
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Hey,

das Lachen einer Sitcom spülte ins Treppenhaus wie Lauge.
Ganz ernsthaft: Ich hab mich hier gefragt, wie soll ich mir das vorstellen. Es gibt zwei Möglichkeiten, einmal so eine Welle – weil ja Lachen auch „aufbranden“ kann, also so eine Lachwelle mit durchaus Kraft, mit Gischt.
Oder – wenn man von Lauge ausgeht, mehr so als wäre eine Flasche Putzmittel umgefallen – und eine kleine Lache, eine Pfütze, sickert so unter der Tür hinweg hinweg, so als hätte man dahinter einen Wasserschaden.
Wie ist es denn, wenn man einen Fernseher im Treppenhaus noch hört? Spült das wirklich? Oder es sickert mehr oder? Dasist halt: Es ist echt eine schöne Idee, aber irgendwie: Welche Bild hattest du denn im Kopf dabei? „spülte ins“ - das ist auch schwierig. Ich finde bei so komplexen Bildern – ist schwierig. Zumal ja hier auch noch kein Kontext da ist.

Manchmal stand dort ihre Mutter und blickte ihr nach.
Satzstellung: Das „dort“ kann an erster Stelle stehen und an letzter, aber so ist es stilistisch unschön.

Er wandte sich seinem Fahrrad zu, das mit seinem Rucksack im Gebüsch lehnte.
Possesivpronomen in der Häufung unbedingt vermeiden. Wenn es sein Fahrrad ist, ist es natürlich auch sein Rucksack. Ich weiß nicht, warum das mit Posessivpronomen so ist, es ist oft eine Information an einer Stelle (im Artikel), die oft nicht notwendig ist, ich find das auch störend. Ich glaube das sind so Tricks „Possesivpronomen“ vermeiden – ich behaupte, wenn man bei Leuten schaut, die für ihren flüssigen, lebendigen Stil gelobt werden (nicht nur in literarischen Texten auch in Sachbüchern oder jouranlistischen Texten) – da wird man grade so Sachen nicht oft finden.
Diese Art Informationen auf minimalem Raum zu vermitteln – in Partizipien, Partikeln, Artikeln – ich denke damit hat man als Leser einfach Probleme.

Er roch nach Schweiß und Deo und der Sonne vom Nachmittag.
Das zweite „und“ kann hier mal raus – das war in den Sätzen vorher schon Stilmittel, das Polysyndeton, so dass es hier mal wieder erfrischend wäre, es grade nicht zu machen. Oder sogar das Asyndeton: Er roch nach Schweiß, Deo, der Sonne vom Nachmittag.

Omas Haus war das älteste in Nachbarschaft.
In der Nachbarschaft – weiß gar nicht, ob das so geht oder ein Anglizismus ist.
Hm – das wär echt mal interessant, ob man Nachbarschaft so verwenden kann, wie die Amerikaner „hood“ - als als weitere Unterteilung eines Wohnviertels. Nachbarschaft ist im deutschen halt schon xfach anders belegt – es ist, wenn, dann auf jeden Fall nicht sehr gebräuchlich. Man würde eher sagen: In der näheren Umgebung, in der Gegend, in diesem Häuserzug.
http://www.duden.de/rechtschreibung/Nachbarschaft – also der Duden kennt die Bedeutung, denke ich nicht.
Du meinst das hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Neighbourhood - und wenn man da auf „Deutsch“ klickt links, kommt man zu Wohngegend, Stadtviertel - nicht zu Nachbarschaft. Das scheint mir tatsächlich ein unsauberes Beispiel für so einen „False Fried“ zu sein.
Das sind ja grammatikalische Probleme, vor die mich sonst nur maria stellt.

Michelle holte ein zweite
zuviele „e“s – kriegst du phonetische Probleme. (es fehlt übrigens noch ein „e“ - bei „eine“) - und das Wort davor ist „Neige“ - hier ist mal ein seltenes Beispiel dafür, dass es „laut“ gelesen geht, wegen dem französischen und dem 3 fachen „ei“ und dem „holte“ und so, aber gelesen hat mich das ganz schön rausgehauen.
Dort droben thront der Nonnen Kloster – daran muss ich bei sowas immer denken.

Ja -weiß nicht. Ich hab 2 Assoziationen: Das eine ist High Fidelity mit Hornby, da verkackt es der Held furchtbar mit seiner Freundin, sie trennen sich , er irrlichtert durch die Gegend, dann stirbt der Vater der Freundin, und die ist durch den Tod ihres Vaters so kaputt, dass sie zu traurig ist, um nicht mit ihm zusammen zu sein und mit ihm schläft, ihm verzeiht, sich mit ihm zufrieden gibt, weil er halt wie ein alter Pulli schon bequem ist. Völlig kaputtes Ende
Und die andere Assoziation. Fernsehserie: Sons of Anarchy, da ist die Frau, die so seriös und gefasst wirkt, dann doch wieder eine Teenage-Drama-Queen – und es kickt sie dann mit ihrem Bad-Boy-Rocker-Freund neben einer Leiche zu vögeln.

Und hier in der Geschichte: Ich fnde es als Idee gut, dass dieses Kompliment „Du machst auf hart, aber drunter bist du ein normales, nettes Mädchen“ - da hab ich mir gedacht: Was ist das denn für ein Kompliment? Wenn er gesagt hätte: Du hast eine zarte Seite; e slohnt sich, dich kennezulernen unter der Fuck-you-Fassade – das wäre ja was geseen, aber: Das ist nur aufgesetzt, du bist ja wie die anderen – das ist ja kein Kompliment – und dann zu sagen: Sie nutzt dieses leere Haus, um mit ihrem Freund zu schlafen, was sie sonst nicht könnte, so als schicksalhaftes „alibi“ - man kann mir nichts vorwerfen, ich war durcheinander – das ist eigentlich die schönere Interpretation für mich. Wobei ich sagen muss: Das weinen und das etwas anstrengende Ende sprechen wiederum dagegen.
Es sind halt schon Figuren: Diese Ipod-Abhängigkeit – sie heißt „Michelle“, ihr Freund heißt Marvin – das ist ja schon dieses Schakeline-Schantall, komma schnell, die Omma ist tot- Milieu – da shätte mich vielleicht noch eher interessiert. Es ist ein heikles Thema, ein heikles Milieu – ein Mädchen verliert ihre Jungfräulichkeit – würd ich mich nicht trauen drüber zu schreiben. Mädchen in diesem Milieu – wie denkt die, Bildungsstand – würd ich mich auch nicht trauen, drüber zu schreiben. Ich hab da Dokus drüber gesehen: Mädchen mit 15 im Jugendknast – da jetzt die Gefühlswelt so hinzukriegen, dass man nicht auf sie herabsieht, sie aber auch nicht stilisiert – richtig schwer, finde ich.
Und ich denke diese beiden großen „Schwierigkeiten“: Schwieriges Milieu, und dann „Mädchen verliert Jungfräulichkeit“ - um diese beiden Minenfelder weiß der Text und geht da auch wenige Risiken ein. Und ich denke das wäre genau das Feld, wo der Text von „okay“ zu „richtig, richtig gut“ wachsen könnte. In der Authentizitiät dieser Figuren, in diesem Stimmungsfeld - was sagt mit die Geschichte, was sagt mir die Figuren. Es ist ja kein Zufall, dass die Geschichte in dem Milieu spielt und nicht wie fast alle Geschichten in einem Milieu, das eher bürgerlich ist, eher bildungsnah.
Wenn man da mal schaut: Es spielen ja fast alle Geschichten mit einem Personal, das studiert hat, das Abitur hat, das liest, das sich unterhalten kann – weil das das Milieu ist, das die Autoren kennen. Letztes Jahr Bachmannpreis: Die Geschichte mit dem Mädchen, das mit dem Arbeiternachbarsmädchen im Kindergarten schon lustige S/M-Spielchen spielt – das hätte die Autorin nicht „andersrum“ schreiben können, nicht ohne viel im Trüben zu fischen und nach einem Ton zu suchen. Es geht hier nicht um Wohlstand oder um „gesellschaftliche Stellung“, sondern um „Bildungsnähe“.
Ja, ich denke: Der Text gibt sich hier sehr schwere Aufgaben: Wie erlebt ein Mädchen seine Entjungferung. Wie reflektiert ist diese Teenagerin, die nicht wie Mädchen in dem Alter, von denen man sonst lesen kann, schon den ganzen Heine gelesen hat und sich mit 15 fragt, ob sie Anglistik oder doch lieber Betriebswirtschaft studieren soll. Und die Aufgaben nimmt der Text nicht so recht an, sondern tritt da sehr vorsichtig auf. Da wären halt die Punkte zu holen.
So ist das ein Gedankenspiel, eine sehr reizvolle Versuchsanordnung – aber auch nicht viel mehr. Es ist mehr wie ein Standard, eine Hülle, die andere Autoren mit einem anderen Personal ganz anders ausfüllen könnten. Und ich denke letztlich wäre das hier wichtiger, was man in diese Hülle der Idee, des „Plots“, steckt – als die Hülle selbst.
Es ist auf keinen Fall ein schlechter Text, ich finde nichtmal, dass er irgendwelche konkreten Schwachstellen hat, ich finde nur, er klammert halt das aus, wo er hätte gut werden können. Den Kür-Teil.


Gruß
Quinn

P.S.: Der Titel ist übrigens clever - der verleiht dem Text diese Rotkäppchen-Assoziation,... eine Spielerei, aber lustig.

 

So, jetzt aber.

@Anakreon:

Vorab, sie hat mir gefallen deine Geschichte, das Eintauchen in das Leben dieser Jugendlichen.
Das freut mich natürlich.

Einige Überzeichnungen – wenn auch schöne Sätze - meine ich dennoch wahrgenommen zu haben. Da änderte auch nichts daran, dass ich die Erzählstimme in ihrer Perspektive selbst weitgehend als jugendlich ortete.
Jo, den ersten Text von mir, der das nicht hat, den rahm ich mir ein. Wobei ich diesmal tatsächlich schon einiges rausgestrichen habe. Anscheinend nicht genügend.
Dieser Satz verlor nach Sitcom mir seine Bildlichkeit, nahm eine abstrakte Form an, die mir auch nicht unbedingt nach Jugendsprache wirkte.
Werde da wohl die Laugen rausnehmen
Wenn Michelle sechzehn ist, dürfte ihre Mutter wohl nicht über fünfzig sein. Ein Alter, bei dem allenfalls hormonbedingt bei Frauen sich um die Lippen kleine Fältchen bilden können. Doch faltige Haut, da stelle ich mir ein altes Gesicht vor – oder dann eine sehr verhärmte Frau.
Nun über 50 geht schon, ist zwar nicht so oft, aber möglich. Und natürlich ist es auch etwas überzeichnet. Ich lass so erstmal drin.
Eine Assoziation von Mülltonnen zu Fischkadaver, ich weiss nicht. Es liegt zumindest nicht auf der Hand, ausser vielleicht für jemanden, der die Berufsfischerei täglich vor Augen hat.
Bei beiden entstehen halt Faulgase, die dann zu diesem Aufblähen führen. Ist vielleicht nicht gerade alltäglich die Verbindung, aber ich denke doch machbar.
Vor und nach dieser Passage ist vom Sonnenlicht die Rede. Da scheint es mir doch ein Widerspruch, dass Insekten Laternen belagerten, auch wenn der Park vom Schattenwurf vielleicht schon dämmrig wirkte. Nach meiner Beobachtung umschwirren Insekten die Laternen erst, wenn diese die einzigen Lichtquellen darstellen.
Jo, zu gegeben, so richtig überlegt hab ich mir mit dem Licht das nicht. Werde hier mal die Insekten rausnehmen. Das Bild passt für mich dann immer noch.
Da wir mir sofort klar, es ist Realität. Wahrscheinlich wolltest du damit verhindern, dass der Schlusssatz zur Pointe mutiert. Es hat mir dafür und dagegen, da ich das daran folgende Verhalten von Michelle nun unter dieser psychischen Prämisse sah.
Jo, das soll schon so sein, das man es gleich weiß. Ich hab versucht in dieser Geschichte etwas kürzer zu erzählen, als ich das sonst mache und mal einiges rausgestrichen. Vielleicht etwas viel, aber ich denke, es ist noch verständlich.
Eine merkwürdige, doch mir sehr gelungen scheinende Episode, die du da erzähltest. Die Reaktion von Michelle wirkt mir plausibel, durchaus vorstellbar, dass sie auf diese Weise sich Entlastung verschaffte, und es so zu einem prägenden ersten Mal für sie wurde.
Freut mich, dass es für dich funktioniert. Hatte da schon bedenken, weil ich die Idee stark fand, aber mir nicht sicher war, ob ich das überzeugend umsetzten kann.
Danke dir fürs Lesen und Kommentieren.

@Friedrichard
Dank dir fürs Lesen und Kommentieren

sie bringen mich in die moderne Version von Rotkäppchen, das nun Michelle heißt und sechzehn ist und eine Rotznase (sag ich mal) und die Variation und Transformation des alten Märchens gefällt mir besser, als Karen Duwes schräge Fassung, sehn wir mal hiervon ab.
Ja, Michelle ist schon eine Rotznase, das passt zu ihr. Die versucht sich halt abzugrenzen gegen die mutter, was in dem Alter ja auch typisch ist.
Eine denkwürdige Haltung, den Abgang des Vaters zu erklären ...
Ich hab das versucht ein, zwei Kleinigkeiten einzustreuen, die der Figur etwas Hintergrund verleihen, damit das Ganze nicht zu einem Spiel mit Gliederpuppen wird.
hier wäre dies & das nachzutragen:
Danke fürs raussuchen.
Gern gelesen vom
Das freut mich.

@Schwups

Eine interessante Andeutung, die du hier machst - wird es doch wohl kaum (nur) an der faltigen Haut der Mutter liegen, dass der Vater nicht mehr da ist, auch wenn Michelle das so sieht. Ganz klar, sie gibt ihrer Mutter die Schuld an der Trennung und sucht hier vielleicht nur zwanghaft nach einem Grund, so banal dieser auch sein mag. Mir gefällt dieser Hinweis, auch die Art, wie du ihn einstreust - und ich war gespannt auf weitere Details zu diesem Aspekt, die dann aber leider ausgeblieben sind.[/QUOTE
Auch das ist eine interessante Aussage, ähnlich wie das mit der faltigen Haut zu Beginn. Auch hier haben wir eine Andeutung, die auf eine grössere Vorgeschichte deuten lässt. Die Geschichte blendet das aber komplett aus, belässt es bei diesen Fetzen - ich bin da kein so grosser Freund davon, ich fände es schön, wenn man auch über diesen Aspekt noch mehr erfahren würde.

Das sind halt so Andeutungen, die sehr vieles oder auch gar nichts bedeuten können - als Leser ist man dann ein wenig ratlos. Du hast das sicher nicht "zufällig" eingestreut und dir etwas dabei gedacht, aber warum erzählst du nicht mehr davon? Zumal ich die Figuren interessant finde.

Ja, geb ich gern zu, das sind wirklich nur ganz kurze Andeutungen. Hängt hauptsächlich mit meiner Herangehensweise an die Geschichte zusammen. Ich wollte da eigentlich nur war kurzes Schreiben. Nur ein paar Seiten und hab dann auch nochmal kräftig gekürzt. Eigentlich war’s quasi eine Fingerübung, um mal ein, zwei Dinge umzusetzten, die mir bei meinen letzten Geschichten geschrieben wurden. Mal keine rein passive Hauptfigur, mal mit Entwicklung, und weniger bilderoverkill (gut das hat jetzt nicht so super geklappt, wäre ja auch zu schön …) Also ich kann das verstehen, dass du da gerne mehr lesen würdest und eigentlich sagst du mir damit genau das, was ich in letzter Zeit häufiger mal selbst in Kommentaren schreibe – aber ich deut es mir mal als Kompliment, weil du findest ja meine Figur interessant genug, dass sie auch mehr Hintergrund tragen könnte. Das ist schon mal was. Und letztlich hab ich mein Ziel ja halbwegs erreicht, von wegen die alten Fehler zumindest teilweise zu beheben. Dass meine eigen Vorgabe mir da auch Grenzen setzt nehm ich mal hin.
Tja, die Pubertät ... hat mir auch gefallen, wie du Michelle hier darstellst. Auf der einen Seite die "Punk-Bitch", auf der anderen Seite aber auch ein Mädchen, das der Oma Wein bringt und die Mutter auf die Wange küsst (aber nur, wenn keiner hinschaut). Ich finde die Figur eigentlich recht sympathisch.
Ja, das ist schon ambivalent. Für mich hasst Michelle ihre Mutter ja nicht, sondern nur manche Eigenschaften, etwa die Sitcoms. Die ist eigentlich recht umgänglich nur etwas kratzborstig.
ch kann mir kaum vorstellen, dass sie ihn wirklich ins Gesicht schlägt, noch bevor sie selbiges erkennt.
Hm, also er springt ihr halt fast auf den Leib und sie schlägt ihn dann aus Reflex. Vielleicht war sie vorher auch etwas in Gedanken oder so. Ich lass es erstmal so drin, falls es sonst keiner anmerkt. Sonst müsste ich auch den nachfolgenden Dialog ändern.
Ja, der Marvin hat sie durchschaut. So kommt sie mir eben auch vor, und dir ist in wenigen Absätzen gelungen, das darzustellen. Dafür auf jeden Fall ein Kompliment. Und Marvin ist ja genau der gleiche, auch so ein Möchtegern-Draufgänger mitten in der Pubertät. Allein, dass er diesen Aspekt an Michelle mag, sagt schon viel über ihn aus.
Freut mich sehr, dass dir die Figurenzeichnung gefällt. Hab da mal versucht etwas anders zu machen , schön dass es funktioniert.
Tja, Michelle und Rotkäppchen teilen dasselbe Schicksal, beide finden ihre Grossmutter nicht lebendig vor. Ich kann mich mit Michelles Reaktion auf den Tod nicht anfreunden, und ich meine nicht den Sex, sondern dass sie sich erstmal in die Küche setzt und den Wein trinkt und das Brot isst. "Brot und Wein", ich finde an der Stelle überstrapazierst du die Analogie zum Märchen. Wenn sie sich nur in die Küche setzt, aus dem Fenster schaut, ok - meinetwegen kann sie auch den Wein trinken, aber dass sie das Brot isst, das finde ich doch ein seltsames Bild.
Also den Grund fürs Brot, den nenn ich mal nicht, sonst wird’s etwas albern. Aber ich werd’s rausnehmen, hätte ich eigentlich schon machen sollen. Ist mir aber durch die Finger gerutscht.
Mit Jesus bringe ich viele Bilder in Verbindung - aber wie er in einem Bett liegt? Eher nicht. Was habe ich mir darunter vorzustellen?
Sie liegt halt mit ausgebreiteten Armen da – das ist die Gleiche Haltung wie am Kreuz. Etwas stilisiert/überzeichnet natürlich das ganze, werde es aber erstmal so lassen.
Der Sex als Symbol für neues Leben im Angesicht des Todes nebenan ist vielleicht etwas bizarr, aber nicht zu weit hergeholt oder so. Ich finde das auch eine glaubwürdige Art, Trost zu suchen, und auch einen schönen Ausklang dieser Geschichte.
Dann funktioniert es genau so, wie es soll. Bisschen bizarr aber in der Geschichte stimmig. Und ja, erst wollte ich das Ganze negativ ausgehen lassen, aber letztlich gefällt mir diese Version jetzt besser.
Insgesamt hat sie mir gut gefallen, ich hätte aber wie gesagt gerne noch mehr Details erfahren.
Ist gekauft, ich weiß aber nicht, ob ich die Geschichte hier dahingehend überarbeiten werde. Das ginge halt über den gesteckten Rahmen hinaus. Auf jedenfall versuche ich es in Zukunft, wenn ich was andeute, da auch was folgen zu lassen.

Danke aufjedenfall fürs Lesen und Kommentieren.

@Quinn

Es gibt zwei Möglichkeiten, einmal so eine Welle – weil ja Lachen auch „aufbranden“ kann, also so eine Lachwelle mit durchaus Kraft, mit Gischt.
Jo, das war schon mit Kraft gedacht –die Lauge war halt drin wegen der Wertung, es klingt für mich halt viel negativer, wenn da Seifenlauge steht, statt gar nichts. Aber es funktioniert sicher auch ohne und da es ja zwei angemerkt habe, nehm ich es raus.
In der Nachbarschaft – weiß gar nicht, ob das so geht oder ein Anglizismus ist.
Hm, ich kenn das jetzt schon so. Aber kann gut sein, dass ich es einfach schon verinnerlicht habe. Ich nehm dann eine der Alternativen. Ist schon lustig, wenn sich rausstellt, dass die Sachen, die einem ganz natürlich vorkommen, das gar nicht sind.
zuviele „e“s – kriegst du phonetische Probleme. (es fehlt übrigens noch ein „e“ - bei „eine“) - und das Wort davor ist „Neige“ - hier ist mal ein seltenes Beispiel dafür, dass es „laut“ gelesen geht, wegen dem französischen und dem 3 fachen „ei“ und dem „holte“ und so, aber gelesen hat mich das ganz schön rausgehauen.
Dort droben thront der Nonnen Kloster – daran muss ich bei sowas immer denken.
Haste recht, ist mir nicht aufgefallen.
Ja -weiß nicht. Ich hab 2 Assoziationen: Das eine ist High Fidelity mit Hornby, da verkackt es der Held furchtbar mit seiner Freundin, sie trennen sich , er irrlichtert durch die Gegend, dann stirbt der Vater der Freundin, und die ist durch den Tod ihres Vaters so kaputt, dass sie zu traurig ist, um nicht mit ihm zusammen zu sein und mit ihm schläft, ihm verzeiht, sich mit ihm zufrieden gibt, weil er halt wie ein alter Pulli schon bequem ist. Völlig kaputtes Ende
Und die andere Assoziation. Fernsehserie: Sons of Anarchy, da ist die Frau, die so seriös und gefasst wirkt, dann doch wieder eine Teenage-Drama-Queen – und es kickt sie dann mit ihrem Bad-Boy-Rocker-Freund neben einer Leiche zu vögeln.
Also die Assoziationen passen schon. In die Reihe stell ich mich doch gerne. Wobei Michelle da jetzt weniger Lust daraus zieht, dass da die Oma im Nebenzimmer liegt.

Und hier in der Geschichte: Ich fnde es als Idee gut, dass dieses Kompliment „Du machst auf hart, aber drunter bist du ein normales, nettes Mädchen“ - da hab ich mir gedacht: Was ist das denn für ein Kompliment? Wenn er gesagt hätte: Du hast eine zarte Seite; e slohnt sich, dich kennezulernen unter der Fuck-you-Fassade – das wäre ja was geseen, aber: Das ist nur aufgesetzt, du bist ja wie die anderen – das ist ja kein Kompliment – und dann zu sagen: Sie nutzt dieses leere Haus, um mit ihrem Freund zu schlafen, was sie sonst nicht könnte, so als schicksalhaftes „alibi“ - man kann mir nichts vorwerfen, ich war durcheinander – das ist eigentlich die schönere Interpretation für mich. Wobei ich sagen muss: Das weinen und das etwas anstrengende Ende sprechen wiederum dagegen.
Bei der Sache mit dem Kompliment hatte ich ehrlich gesagt, Bedenken, dass mir das als zu erklärend angestrichen wird, das ich quasi durch dem Umweg über Marvin die Figur zu sehr deute. Aber anscheinend funktioniert das super. Wieder was gelernt.
Hm. Das mit der „harten“ Variante klingt eigentlich verlockend. Auch wenn ich eigentlich mit Michelle mal wen halbwegs normales schreiben wollte – nicht super passiv, abgeklärt, intellektuell, oder sau fies. Einfach halt ein bisschen Durchschnitt. Wobei die angebotene Interpretation von dir schon echt gut ist. Ist dann halt um einiges härter und kälter. Und das passt mit dem Bild, das ich von Michelle habe nicht ganz zusammen.
Anstrengendes Ende: Hm, vielleicht setzt ich mich da nochmal ran. Ist ja nicht soviel Aufwand. Lass es etwas mehr offen und ohne Weinen.
Vielleicht kommt dann ja auch ein Kompromiss bei raus, bei dem die harte Sichtweise nicht mehr so ausgeschlossen wird.
Und ich denke diese beiden großen „Schwierigkeiten“: Schwieriges Milieu, und dann „Mädchen verliert Jungfräulichkeit“ - um diese beiden Minenfelder weiß der Text und geht da auch wenige Risiken ein. Und ich denke das wäre genau das Feld, wo der Text von „okay“ zu „richtig, richtig gut“ wachsen könnte. In der Authentizitiät dieser Figuren, in diesem Stimmungsfeld - was sagt mit die Geschichte, was sagt mir die Figuren. Es ist ja kein Zufall, dass die Geschichte in dem Milieu spielt und nicht wie fast alle Geschichten in einem Milieu, das eher bürgerlich ist, eher bildungsnah.
Jo, absolut. So richtig drauf ein lass ich mich nicht. Das hängt halt echt mit der Entstehungsintention zusammen. Ich wollte einfach schauen, ob ich die Anmerkungen zu meinen letzten Texten umsetzten kann – hat ja halbwegs geklappt, bisher wurde ja außer Sprachbildern vom alten Zeug nichts wieder kritisiert – und dafür halt einen kurzen Text nehmen, um mich dran zu gewöhnen. Die Ganze Idee lag auch nicht sonderlich lange bei mir rum, und ich hab mir auch nie überlegt, was da noch alles drinsteckt. Und deswegen verschenke ich da sicher viel, viel Potential. Aber das ist diesmal okay für mich, weil ich an den Text anders rangeganen bin – ich wollte jetzt nicht den super tollen Text schreiben, sondern einen „Fehlerreduzierten“ – quasi als Übungsdurchgang für das, was mir wirklich schon länger im Kopf rumschwirrt und zu dem ich doch schon einiges Material habe. Dafür wollte ich vorher nochmal etwas am Handwerk feilen. Ich werde deshalb die Geschichte hier nicht nochmal neu schreiben, sondern die so lassen und nur die Kleinigkeiten ändern und einpflegen. Für nen richtig guten Text von mir, wird’s wohl noch seine Zeit brauchen.
Wenn man da mal schaut: Es spielen ja fast alle Geschichten mit einem Personal, das studiert hat, das Abitur hat, das liest, das sich unterhalten kann – weil das das Milieu ist, das die Autoren kennen. Letztes Jahr Bachmannpreis: Die Geschichte mit dem Mädchen, das mit dem Arbeiternachbarsmädchen im Kindergarten schon lustige S/M-Spielchen spielt – das hätte die Autorin nicht „andersrum“ schreiben können, nicht ohne viel im Trüben zu fischen und nach einem Ton zu suchen. Es geht hier nicht um Wohlstand oder um „gesellschaftliche Stellung“, sondern um „Bildungsnähe“.
Ja, das stimmt. Man muss sich halt auch viel weniger Gedanken drüber machen, was der Erzähler kann, also intellektuell gesehen – Vergleiche und Metaphern und kauft man halt einer Figur aus dem Bildungsbürgertum viel eher ab.
Und die Aufgaben nimmt der Text nicht so recht an, sondern tritt da sehr vorsichtig auf. Da wären halt die Punkte zu holen.
Ja, das Risiko – vielleicht trau ich mich wirklich einfach nicht. Das wäre vielleicht noch was, das ich hier mitnehmen kann, mir wirklich selbst mal die Frage stellen, wo cih den bequemen Weg gehen, und wo ich mich wirklich mal aus dem Fenster lehnen sollte.

Es ist auf keinen Fall ein schlechter Text, ich finde nichtmal, dass er irgendwelche konkreten Schwachstellen hat, ich finde nur, er klammert halt das aus, wo er hätte gut werden können. Den Kür-Teil.
Für dieses mal, bin ich damit echt zufrieden. Zeigt mir zumindest, dass mir die Ganzen Anmerkungen und Kritiken echt was bringen, wenn ich wirklich versuche sie zu beherzigen.

Der Titel ist übrigens clever - der verleiht dem Text diese Rotkäppchen-Assoziation,... eine Spielerei, aber lustig.
War ja tatsächlich auch die Ursprungsidee – ein Märchen in der Moderne erzählen und ohne Fantasy.

Danke dir fürs Kommentieren und Lesen.

Hat mich gefreut. Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

Lieber Kew,

ich mag das Setting deiner Geschichte, aber die Charaktere springen mir nicht entgegen. Ich muss nach ihnen suchen und selbst, wenn ich sie gefunden habe, ist es mir nicht möglich, nach ihnen zu greifen. Dabei haben sie durchaus interessante Facetten. Sie, die fleischgewordene Ambivalenz, klischeedurchdrungen, aber doch von menschlicher Allgemein- und nicht Gleichgültigkeit, er – Marvin – der mir vorkommt, wie ein emotionaler Spiegel, der falsch spiegelt. Er zeigt eben nur einen Teil von Michelle. Umso wichtiger wäre es, von diesen ungespiegelten Teil mehr zu erzählen. Du erzählst es nur an. Trotzdem schaffst du es, die Wirkung, die sie verbreiten muss, zu vermitteln. An deiner Stelle würde ich diese Ambivalenz schon zu Beginn in eine Szene verpacken. Irgendwie machst du das auch schon. Mit dem Schlag, als sie sich erschrickt. Ich empfand Marvins‘ Reaktion darauf übrigens ziemlich plump: „Seit wann schlägst du mich?“ Es ist okay, wenn er etwas Dummes sagt, aber so etwas? Im Grunde gefällt mir deine Geschichte, wie sie den Mittelfinger Richtung Fenster schmeißt, diese prä-sexuelle Punk-Romantik und das Finale, Entjungferung „neben“ der toten Großmutter. (Kein Wolf in Sicht!) Als Leser gehe ich nur etwas enttäuscht aus der Geschichte, weil der Sex so unspektakulär ist. DAS ist kein Problem, aber so wie du es beschreibst, soll er spektakulär sein. Mir hätte ein Ende, in dem sie zusammen Sex haben, banalen, langweiligen, unspektakulären Sex, besser gefallen. Sie hatte so viel Angst und so viele Erwartungen und dann war es – ja, so normal. Ob das ihren Gefühlscocktail besser schmecken lässt oder nicht, ist dann gar nicht so wichtig. Wenn der Sex die Trauer und Verstörung vertreiben soll, muss er jedenfalls anders erzählt werden, finde ich.

Ein paar Anmerkungen:

Mit einem Blick prüfte Michelle, ob sie allein waren im Treppenhaus, dann ging sie zu ihrer Mutter, gab ihr einen Kuss auf die Wange – faltige Haut unter den Lippen, kein Wunder, dass Vater weg war.
Erst stutzte ich, doch dann gefiel mir dieser Half-Stream.

„Sag Oma einen schönen Gruß von mir.“
„Besuch sie selbst.“
Schön frech. Könnte man ein Ausrufezeichen setzen!

Draußen schien noch die Sonne und es roch nach den Mülltonnen, die sich abseits in einem Drahtkäfig blähten wie Fischkadaver.
Ich finde es geil! Ehrlich, wie sich die Bilder in diesem Satz aufblähen, das ist heftig.

Michelle lief quer über die Rasenflächen zur Straße. Kinder spielten da, im Alter von Kindergarten bis Grundschule.
Dort statt da.

In Michelles Rucksack gluckste der Wein – ein Geschenk an Oma, obwohl sich die Flaschen bereits im Regal stapelten.
Da bietet sich Folgendes an: In Michelles Rucksack gluckste der Wein. Das Geschenk an Oma. Sie trank ihn zwar nicht und er stapelte sich mit den ganzen Weinen der vorherigen Geburtstage im Regal. Aber was sollte man einer alten Frau schon anderes schenken.

Michelle wandte sich zum Gehen.
Auf der Straße wandte sie sich dem Wohnblock zu
Da wandte sich mein Lesegenuss kurz ab.

Hier herrschte Dämmerung
Wer sagt, hier herrscht Dämmerung, lügt. Dämmerung herrscht nicht.

die Laternen glommen Milchweiß.
milchweiß

Menschen gab es kaum
Finde ich nicht so schön.

Beim Sprechen waren seine Zähne rot verfärbt.
Da hat die Formulierung glatt ne Platzwunde abgekriegt. Ehrlich: Das klingt schief. Beim Sprechen sah man sein aufgeplatztes Zahnfleisch und mit jedem Wort spuckte er ein bisschen Blut.

Ich dachte, du wärst ne kleine Punk-Bitch.
hehe

Oder sie sonnte sich, ein Handtuch ausgebreitet auf dem kochenden Asphalt
Hm, ich fand bis jetzt ziemlich alle Bilder stimmig, aber das hier stimmt einfach nicht. Asphalt kocht nicht.


befühlen befingern
Warum fasst er sich nicht einfach an die Lippe?

Sie gingen Arm in Arm, Michelle viel kleiner als er, sie reichte ihm kaum bis zur Schulter.
Den letzten Nebensatz braucht es nicht unbedingt. Das macht das Ganze so metrisch, so abgemessen. Wenn bloß dasteht: sie war viel kleiner als er, kann sich der Leser alles Mögliche denken.

Er roch nach Schweiß, Deo, der Sonne vom Nachmittag.
Er roch nach Schweiß, Deo und der Sonne vom Nachmittag. Quinn hat da schon was dazu gesagt, aber ich finde die gewählte Version nicht gut. Da fand ich deine Ursprungsvariante besser.

„Weißt du, was ich an dir mag“, sagte Marvin.
?

und angelte seinen Kopf zum Kuss.
top

Hinter dem Park begannen die Vororte und Einfamilienhäuser säumten die Straße, in den Vorgärten blühte Lavendel und Zwerge bevölkerten die Bete wie Ausschlag. Omas Haus war das älteste im Umkreis. Risse durchzogen den Putz wie Adern und unter der Regenrinne wucherte ein Wasserfleck. Aber Michelle mochte das niedrige Dach und den Efeu, der den Windfang verschluckte.
Ziemlich coole Beschreibung. Mochte ich.

Nichts, und sie schlich zum Bett. Behutsam tastete sie nach Omas Gesicht und berührte tote Haut.
Das kommt so plötzlich.
Nur ein kleiner Vorschlag, so als Anregung, wie alles – das wie eine Aufforderung klingt – übrigens auch: Nichts. Sie schlich zum Bett. Behutsam tastete sie nach Omas Gesicht, aber es gehörte nicht mehr Oma. Es gehörte einer Leiche.

Oma lag auf dem Rücken, Mund und Augen offen, die Arme hingen seitlich vom Bett.
Leichenchoreographie: Entweder ist die Oma sehr breit oder das Bett einfach zu schmal. Wenn sie am Rücken liegt, können nicht beide Arme seitlich vom Bett baumeln, oder?

Oma lag auf dem Bett wie Jesus.
Steig ich nicht durch …

Mit den Fingerspitzen stieß sie ihn aufs Bett, das schmal war und mit einer Matratze wie Holz. Beim Küssen schmeckte seine Zunge nach Kaugummi, nach Apfel und Zitrusfrucht, und sie drückte ihn auf die Matratze nieder, zog ihm sein Shirt über den Kopf.
Feinheiten: … Matratze so hart wie Holz.
Beim Küssen schmeckte seine Zunge nach Kaugummi, Apfel und Zitrusfrucht, …
und sie drückte ihn in die Matratze, …

während sie an seiner Hose nestelte.
Bei dem Verb musste ich schmunzeln. Sehr gute Wahl.

Als sie zurück ins Zimmer kam, lag Marvin da wie sie ihn verlassen hatte, die Hose auf die Knie gezogen und sein Ständer zerbeulte die Boxershort.
Das ist schon ein bisschen typisch für dich. Da muss der Ständer die Boxershort gleich zerbeulen. Finde aber gut, dass du es so inszenierst hast, dass er sich nicht bewegt.

„Zieh das drüber.“ Und hielt ihm das Kondom hin.
Vorschlag: Sie hielt ihm das Kondom hin. „Zieh das drüber.“
So wie es dasteht, ließ es mich stolpern. Da fehlt etwas. Wenn du die Konstruktion so beibehalten willst, empfehle ich dir ein „sagte sie“ oder so.

Zaghaft, weil alles neu war, bewegte sie ihr Becken.
Da machst du es dir zu einfach, finde ich: diese Angst und Aufregung in einen kleinen Nebensatz zu verfrachten.

sekundenspäter ejakulierte er.
Sekunden später ejakulierte er.
Zur Erzählstimme würde „spritze er ab“ passen.

Hab es gern gelesen, auch hoffend auf eine Feuerwerk, das am Ende kommt. Es kam auch, nur war es zu leise.

Beste Grüße
markus.

Edit: Das "Ich liebe dich" empfand ich auch als unpassend.

 

Hej Kew,

ich fand's zu Beginn nicht schlecht. Was mich da stört, haben die anderen schon angesprochen.

Mit dem Ende hier

„Macht nichts. Ich liebe dich.“
Michelle hauchte ihm einen Kuss auf die Wange. Schweiß glänzte auf seiner Brust, als hätte der Sex Stunden gedauert. Sie ging ins Bad und wusch sich, angenehm kalt perlte das Wasser vom Gesicht, sie fühlte sich klarer als zuvor.
kann ich nichts anfangen. Es ist nicht nötig, ihre exakte postkoitale Befindlichkeit vorm Leser auszubreiten, aber alles in "sie fühlte sich klarer" münden zu lassen ... ich weiß nicht. Soll Jungfräulichkeit durch diese Geschichte vor allem als (mentales) Problem begriffen werden?

Oder anders: Das ist definitiv kein Mädchen wie alle anderen auch.
Sie ist weder enttäuscht noch erleichtert, nicht begeistert, nicht befreit, da gibt es kein "Gleich noch mal" oder ein "Nie wieder" oder wenigstens ein "Komische Sache, das".
Da ist nichts. Nur Klarheit. Praktisch, auf jeden Fall. Aber wozu die ganze Geschichte, alles Drumherum? Diese Abgeklärtheit nimmt (sollte es sich tatsächlich um ein "erstes Mal" handeln) der Figur Glaubwürdigkeit oder lässt sie (davon war aber vorher nichts spürbar) seltsam verkorkst wirken.

Passend dazu (weil ich mich wie oben frage, ist das Nachlässigkeit oder sind das Berührungsängste?)

Sie ging ins Bad und wusch sich, angenehm kalt perlte das Wasser vom Gesicht
Entweder sie wäscht gar nichts. Oder nicht nur das Gesicht.

LG
Ane

 

Hi Kew,

ich finde deine Geschichte gut, aber sie könnte noch besser sein, viel besser. Also, ich weiß nicht so recht, wie ich es ausdrücken soll. Ich finde, du schrammst immer so haarscharf an richtig, richtig geilen Sätzen vorbei. Du verbaust dir quasi selbst die Möglichkeit, raubst dir Potential.

Ein Beispiel:

Omas Augen standen offen. „Die liegt im Bett, die hört uns nicht. Setz dich.“ Mit den Fingerspitzen stieß sie ihn aufs Bett, das schmal war und mit einer Matratze wie Holz. Beim Küssen schmeckte seine Zunge nach Kaugummi, nach Apfel und Zitrusfrucht, und sie drückte ihn auf die Matratze nieder, zog ihm sein Shirt über den Kopf. Marvin sah sie groß an, sein Atem ging flach und schnell, während sie an seiner Hose nestelte.

Das Fette könnte, meiner bescheidenen Meinung nach, raus. Also, ich weiß nicht, die Anlagen sind da, es ist ein intensiver Moment, und dann kommt diese Info: Das Bett ist schmal. Der Kaugummi schmeckt nach Apfel. Ich würde versuchen, mehr zu zeigen, vor allen Dingen - in den Charakteren selbst sein. Die haben Sex! Da muss Geruch, Geschmack, Hitze, Haut, Herzklopfen rein, ich meine, das sind keine abgewichsten Porno-Darsteller, die sind leidenschaftlich, oder? Klingt blöde, weil genau diese 'Aufgabenstellung' habe ich mit meiner letzten Geschichte, die du ja kommentiert hattest, versucht, die Innenansicht möglichst zu vermeiden.

Das ist nur ein Beispiel. Ich denke, für meinen Teil, du solltest mehr reduzieren, dich fragen, ob es diese Info, dieses Wort wirklich braucht. Da hat Quinn auch wieder hammerviel zu geschrieben, wie die Sicht der Prot sein kann, oder vielmehr: kann sie so sein? Wie sieht ein solches Mädchen die Dinge? Ist auch ein total heikles Thema, sicherlich, und mutig von dir. Ich sehe da eine noch viel bessere Geschichte, wenn du vielleicht etwas mehr Klarheit reinbringen würdest, etwas mehr erzählerische Stringenz.

Ich hoffe, du kannst da was mitnehmen, aus meinem Geschreibsel.

Gruss, Jimmy

 

Hey, vielen Dank euch für eure Rückmeldungen - ich hab euch nicht vergessen, aber mein Laptop verträgt kein Wasser und daher ist es bei mir auf weiteres mit dem Internetanschluss etwas schwierig, ich hoffe, ich schaffe es bis Montag mit einer Antwort.

Gruß,
Kew

 

So, es gibt ne provisorische Lösung, kann also zumindest mal anfangen. Rest folgt dann die Tage.

ich mag das Setting deiner Geschichte, aber die Charaktere springen mir nicht entgegen. Ich muss nach ihnen suchen und selbst, wenn ich sie gefunden habe, ist es mir nicht möglich, nach ihnen zu greifen
Verdammt und ich dachte, ich hätte es geschafft. :silly:

. Dabei haben sie durchaus interessante Facetten. Sie, die fleischgewordene Ambivalenz, klischeedurchdrungen, aber doch von menschlicher Allgemein- und nicht Gleichgültigkeit, er – Marvin – der mir vorkommt, wie ein emotionaler Spiegel, der falsch spiegelt. Er zeigt eben nur einen Teil von Michelle. Umso wichtiger wäre es, von diesen ungespiegelten Teil mehr zu erzählen. Du erzählst es nur an. Trotzdem schaffst du es, die Wirkung, die sie verbreiten muss, zu vermitteln.
Also ich versteh das so, dass es schon funktioniert irgendwo, aber da halt mehr Potential drinnensteckt bzw. ich nicht ganz das leiste, was ich leisten sollte.

An deiner Stelle würde ich diese Ambivalenz schon zu Beginn in eine Szene verpacken. Irgendwie machst du das auch schon. Mit dem Schlag, als sie sich erschrickt.
Da weiß ich nicht, ob es da wirklich noch mehr braucht. Ich mein, für mich hasst sie ihre Mutter ja auch nicht - da hat man dann ja auch schien dieses Ambivalente. Kann sein, dass das zu negativ rüberkommt, um so wahrgenommen zu werden.

Im Grunde gefällt mir deine Geschichte, wie sie den Mittelfinger Richtung Fenster schmeißt, diese prä-sexuelle Punk-Romantik und das Finale, Entjungferung „neben“ der toten Großmutter. (Kein Wolf in Sicht!)
Hey, das freut mich.

Als Leser gehe ich nur etwas enttäuscht aus der Geschichte, weil der Sex so unspektakulär ist. DAS ist kein Problem, aber so wie du es beschreibst, soll er spektakulär sein. Mir hätte ein Ende, in dem sie zusammen Sex haben, banalen, langweiligen, unspektakulären Sex, besser gefallen. Sie hatte so viel Angst und so viele Erwartungen und dann war es – ja, so normal. Ob das ihren Gefühlscocktail besser schmecken lässt oder nicht, ist dann gar nicht so wichtig. Wenn der Sex die Trauer und Verstörung vertreiben soll, muss er jedenfalls anders erzählt werden, finde ich.
Jo, okay, mehr Bumms, am Ende. Deckt sich ja auch bisschen mit Quinn - ist halt die Version mit Handbremse quasi. Versuche da nochmal eine bessere Variante zu finden, die dann vielleicht auch mehr überzeugt.

Ich finde es geil! Ehrlich, wie sich die Bilder in diesem Satz aufblähen, das ist heftig.
:)

In Michelles Rucksack gluckste der Wein. Das Geschenk an Oma. Sie trank ihn zwar nicht und er stapelte sich mit den ganzen Weinen der vorherigen Geburtstage im Regal. Aber was sollte man einer alten Frau schon anderes schenken.
Hier muss ich ehrlich sagen, dass ich mir nicht ganz sicher bin, was du meinst. Inwiefern funktioniert mein Satz nicht?
War übrigens gar nicht als Geburtstagsgeschenk gedacht, sondern als Mitbringsel, wenn Michelle mal vorbei geht, gibt ihr die Mutter halt den Wein mit, als Ersatz für ihr persönliches Erscheinen.

Da wandte sich mein Lesegenuss kurz ab.
Werd versuchen dem abzuhelfen.

Da hat die Formulierung glatt ne Platzwunde abgekriegt. Ehrlich: Das klingt schief. Beim Sprechen sah man sein aufgeplatztes Zahnfleisch und mit jedem Wort spuckte er ein bisschen Blut.
Hm, da muss ich noch schauen, wie ich das ändere, weil der soll da so nicht vor sich hin bluten - sondern eben nur ein bisschen, das ist mehr ein film auf den zähnen. Mal sehen. Muss mir noch ne Möglichkeit suchen, wo ich wirklich schreiben kann.

Das kommt so plötzlich.
Wobei das dann so gewollt ist. Ich mein, irgendwie ist ihr klar, dass was nicht stimmt, aber tot will sie nicht so wirklich denken und dann bricht das halt in ihre Welt.

Leichenchoreographie: Entweder ist die Oma sehr breit oder das Bett einfach zu schmal. Wenn sie am Rücken liegt, können nicht beide Arme seitlich vom Bett baumeln, oder?
Jo gut. Die Stelle fliegt raus, auch später der Jesus, das funktioniert wohl einfach nicht so wie ich es mir dachte.

Das ist schon ein bisschen typisch für dich. Da muss der Ständer die Boxershort gleich zerbeulen. Finde aber gut, dass du es so inszenierst hast, dass er sich nicht bewegt.
Tjo, was so hängen bleibt bei mir, zerbeulte Boxershorts und Ohrensex:D Tolles Image.

Da machst du es dir zu einfach, finde ich: diese Angst und Aufregung in einen kleinen Nebensatz zu verfrachten.
Jo, ist gekauft. Bin aber wirklich jetzt am Überlegen, ob ich da nochmal groß drüber will. Aber vermutlich werd ich dem Text da nochmal ne Chance geben und schauen, ob ich das besser hinbekomme.

Hab es gern gelesen, auch hoffend auf eine Feuerwerk, das am Ende kommt. Es kam auch, nur war es zu leise.
He, immerhing gibt's diesmal überhaupt eins:silly:

Danke dir fürs Lesen und Kommentieren.

Ane, Jimmy, ihr seid nicht vergessen, ich komme die Tage auf euch zurück.

Gruß,
Kew

 

Hier muss ich ehrlich sagen, dass ich mir nicht ganz sicher bin, was du meinst. Inwiefern funktioniert mein Satz nicht?
War übrigens gar nicht als Geburtstagsgeschenk gedacht, sondern als Mitbringsel, wenn Michelle mal vorbei geht, gibt ihr die Mutter halt den Wein mit, als Ersatz für ihr persönliches Erscheinen.
Ich wollte auf keinen Fehler im Satz verweisen, nur auf eine Möglichkeit, ihn umzuschreiben. Aber es scheint, ich habe mich an der Stelle verlesen, mit Geburtstag und so.

Und wenn du die Geschichte nicht mehr groß überarbeitest, nimm in die nächste Erzählung einfach mehr Gesichter mit und lass die explizit und ausführlich Sex haben, dann passt das wieder. =)

 

@ M. Glass

Und wenn du die Geschichte nicht mehr groß überarbeitest, nimm in die nächste Erzählung einfach mehr Gesichter mit und lass die explizit und ausführlich Sex haben, dann passt das wieder.
Ist vorgemerkt, wobei ich wohl doch das Wochenende nutzen werde, um nochmal das Ende umzuschreiben.

@Ane

ich fand's zu Beginn nicht schlecht. Was mich da stört, haben die anderen schon angesprochen.
Ist ja schon mal was. :)

Da ist nichts. Nur Klarheit. Praktisch, auf jeden Fall. Aber wozu die ganze Geschichte, alles Drumherum? Diese Abgeklärtheit nimmt (sollte es sich tatsächlich um ein "erstes Mal" handeln) der Figur Glaubwürdigkeit oder lässt sie (davon war aber vorher nichts spürbar) seltsam verkorkst wirken.

Passend dazu (weil ich mich wie oben frage, ist das Nachlässigkeit oder sind das Berührungsängste?)

Beides vermutlich. Ich seh schon, ihr lasst mir da die halbgare Version nicht durchgehen. Da bleibt mir wohl nicht viel übrig, als es nochmal zu versuchen. Diesmal mit mehr Fokus auf Michelle nach dem Sex. Ist auf jedenfall gut, dass du das nochmal anmerkst, bei jeder Nennung von nem Problem, bin ich motivierter daran zu arbeiten.
Vermutlich liegt es zum Teil auch daran, dass ich meinen Fokus etwas anders gesetzt hatte - was jetzt nicht heißen soll, dass es so schon passt,w ie es ist - war mehr mein Alibi, um mich drum zu drücken, da klarer zu werden.

Danke dir, fürs Lesen und Kommentieren.

@jimmysalaryman

ich finde deine Geschichte gut, aber sie könnte noch besser sein, viel besser. Also, ich weiß nicht so recht, wie ich es ausdrücken soll. Ich finde, du schrammst immer so haarscharf an richtig, richtig geilen Sätzen vorbei. Du verbaust dir quasi selbst die Möglichkeit, raubst dir Potential.
Das sie dir gefällt ist schon mal gut, und dass du Potential siehst, natürlich noch viel besser. Das mit den Forumlierungen, jo, das wird noch ne weile dauern, bis ich das wirklich einsetzen kann bzw. ich da besser abschätzen kann, was wirklich funktioniert, was nicht, und wo ich noch arbeiten muss.

Das Fette könnte, meiner bescheidenen Meinung nach, raus. Also, ich weiß nicht, die Anlagen sind da, es ist ein intensiver Moment, und dann kommt diese Info: Das Bett ist schmal. Der Kaugummi schmeckt nach Apfel. Ich würde versuchen, mehr zu zeigen, vor allen Dingen - in den Charakteren selbst sein. Die haben Sex! Da muss Geruch, Geschmack, Hitze, Haut, Herzklopfen rein, ich meine, das sind keine abgewichsten Porno-Darsteller, die sind leidenschaftlich, oder? Klingt blöde, weil genau diese 'Aufgabenstellung' habe ich mit meiner letzten Geschichte, die du ja kommentiert hattest, versucht, die Innenansicht möglichst zu vermeiden.
Ich seh's ja ein, ich seh's ja ein. :)

Das ist nur ein Beispiel. Ich denke, für meinen Teil, du solltest mehr reduzieren, dich fragen, ob es diese Info, dieses Wort wirklich braucht. Da hat Quinn auch wieder hammerviel zu geschrieben, wie die Sicht der Prot sein kann, oder vielmehr: kann sie so sein? Wie sieht ein solches Mädchen die Dinge? Ist auch ein total heikles Thema, sicherlich, und mutig von dir. Ich sehe da eine noch viel bessere Geschichte, wenn du vielleicht etwas mehr Klarheit reinbringen würdest, etwas mehr erzählerische Stringenz.
Hm, das mit dem reduzieren, der Stringenz, das ist etwas schwierig, weil da bin ich mir nicht wirklich sicher, ob ich das so will - die Sachen, die mir selbst wirklich gut gefallen, sind nicht stringent erzählt, sondern meandern viel und lang. Der Punkt für mich ist wohl, dass ich da noch raus finden muss, wie man das gut macht, dass der Leser bei der Stange bleibt. Weil prinzipiel mag ich leichte Abschweifungen und schräge Ideen, die nicht zwangsläufig zum plot gehören.

Ich hoffe, du kannst da was mitnehmen, aus meinem Geschreibsel
Auf jeden fall. Vielen Dank dafür und fürs lesen.

Gruß,
Kew

 
Zuletzt bearbeitet:

– faltige Haut unter den Lippen, kein Wunder, dass Vater weg war.
Autsch!
„Sag Oma einen schönen Gruß von mir.“
„Besuch sie selbst!“
Hier ist nicht klar, wer was sagt. Ich hab's erst verdreht:
Erstens, weil es meinem Gefühl nach häufiger ist, dass die Enkel sich um Besuche drücken, nicht die Eltern (=Kinder).
Zweitens, und das ist objektiver: Aus der Perspektive der Mutter ist die Oma nicht die Oma sondern "Mama". Klar könnte sie Michelle gegenüber ihre eigene Mutter als "Oma" bezeichnen, aber, naja, es trägt zur Verwirrung bei.

Mülltonnen, die sich abseits in einem Drahtkäfig blähten wie Fischkadaver.
Ich krittel ja gerne mal an deinen Bildern/Vergleichen rum, aber das find ich cool. :)
In Michelles Rucksack gluckste der Wein – ein Geschenk an Oma
Ja, ab hier denkt man an ein modernes Rotkäppchen, das mit Rucksack in den Park geht statt mit Korb in Wald.

„Seit wann stehst du so auf Romantik? Ich dachte, du wärst ne kleine Punk-Bitch.“
Seit Anfang Frühling saß Michelle am Basketballplatz, draußen auf dem stillgelegten Flugplatz, wo
Dazwischen einen Absatz rein.

„Komm her.“
„Es ist mitten in der Nacht. Ich hab geschlafen und morgen ist Schule.“
„Komm her!“
„Ist ja gut, ist ja gut. Ich komme. Wohin überhaupt?“ Sie nannte ihm die Adresse. „Ich bin in zehn Minuten da. Mach bitte nichts Dummes.“
Dieses "Mach bitte nichts Dummes" gefällt mir nicht. Warum sollte er das sagen? Falls er irgendwelche düsteren Vorahnungen bekommen sollte, wenn seine Freundin ihn nachts besoffen anruft und er kommen soll - das müsste dann irgendwie vorbereitet sein. Mach nichts Dummes klingt so ein bisschen nach Schlitz dir jetzt nicht die Pulsadern auf.
Ansonsten, warum fragt er nicht, was passiert ist? Nachts angerufen werden und man soll unbedingt vorbeikommen, vermutet man da nicht einen Unfall oder sowas? Also irgendwas Schlimmes, was bereits passiert ist? Und er reagiert aber so, als wäre sie im Begriff, etwas Schlimmes zu tun. Kurios.

„Was ist eigentlich mit deiner Oma. Stört die das nicht.“
Omas Augen standen offen. „Die liegt im Bett, die hört uns nicht. Setz dich.“
Ooookay. Schräge Michelle.
Handwerklich: Fragezeichen nach Stört die das nicht, und es ist irgendwie unpassend, dass Omas offene Augen an der Stelle erwähnt werden. Von der Perspektive her müsste das etwas sein, was Michelle in diesem Moment sieht, dass Omas Augen offen sind. Das führt dazu, dass ich jetzt das Bild vor Augen habe, dass Michelle und Marvin in Sichtweite der Leiche rummachen. Schönen Dank auch :P
Und falls es so sein soll: Warum sieht Marvin die Oma nicht, warum rafft Marvin nicht, dass die Frau tot ist??


Ah okay. Eine interessante Form der Trauerbewältigung. Oder Schock oder so.
Hm. Im Vordergrund liefert mir die Geschichte nichts.
Vielleicht komm ich weiter, wenn ich mit den Rotkäppchen-Anspielungen ansetze. Michelle ist das Rotkäppchen. Ein Wolf kommt gar nicht vor, wie mir schon der Titel verrät, und was im Park hinter den Büschen hervorspringt ist ja auch kein Wolf sondern Marvin, dem sie gleich die Lippe blutig schlägt. Ein wehrhaftes Rotkäppchen also, das sich nicht wie annodazumal einschüchtern bzw. belügen bzw. verführen ("vom rechten Weg abbringen") lässt.
Die Oma ist tot, nicht vom Wolf gefressen.
Eine Neu-Interpretation von der "Warum hast du so große Ohren ..."-Szene krieg ich nicht. Das ist irgendwie schade, dafür ist Rotkäppchen doch berühmt.
Rotkäppchen wird am Ende von Marvin "gerettet", Marvin ist also der Jäger. Für die Großmutter kann er nichts mehr tun, aber er tröstet Michelle. Interessant hier: Rotkäppchen ist beim Sex die Aktive, sie kann im Gegensatz zu ihm mit dem Kondom umgehen. Und sie hat sich ihren "Retter" auch selbst herbeigerufen. Das würde ich jetzt gerne noch mit der Stelle hier zusammenbringen:

„Weißt du, was ich an dir mag?“, sagte Marvin. „Du tust immer so hart. Von wegen Punk und Anarchie und so. Aber eigentlich bist du wie alle anderen Mädchen auch.“
Also verglichen mit dem originalen Rotkäppchen ist dieses tatsächlich Punk und Anarchie. :) Man stelle sich das mal vor, das unschuldige Mädchen in einem der alten Märchen hat Sex! Da wird die Rolle komplett auf den Kopf gestellt.

Doch, mit dem Märchen im Hinterkopf ist das ein cooles Leseerlebnis. Aber ganz ehrlich, wär ich darauf nicht gekommen, hätte ich keine Ahnung gehabt, was mir der Text erzählen soll. Und ob ich ganz ohne fremde Hilfe auf Rotkäppchen gekommen wär, weiß ich nicht. Du hattest Rotkäppchen mal im Chat erwähnt und dann aber gesagt, dass du den Text wohl doch nicht schreibst ... also, vielleicht soll das jetzt gar nicht deine Rotkäppchen-Version sein und ich interpretiere mir hier einen Wolf in eine von dir gar nicht beabsichtigte Richtung. Aber ich find meine Lesweise ganz stimmig. :)

Jetzt geh ich mal die anderen Kritiken lesen um mich aufzuklären ...

Edit:
Gut, es ist wirklich Rotkäppchen :)
Die Vorposter haben eine andere Version gelesen, ich weiß nicht, wie das damals war, aber ich les hier überhaupt nichts von Entjungferung eines Mädchens. Michelle hat zum ersten Mal Sex mit Marvin ("zaghaft, weil alles neu war"), aber sie kann mit dem Kondom umgehen und ist wie gesagt die Aktive da. Marvin wird entjungfert, nicht sie. Der steht ratlos vorm Kondom, tut kaum was und kommt zu früh. Klassisch. ;)
Das einzige, was ich jetzt beim zweiten Lesen als möglichen Hinweis auf ihre Entjungferung gefunden habe, war der leichte Schmerz im Unterleib - naja nee, wenn dir das wichtig ist, dass es ihr erstes Mal ist, sollte da ein eindeutiger Hinweis rein.

Was dann noch angemerkt wurde:
- auf das Bild mit den Faulgasen bei Mülltonnen und Fischen kam ich gleich, das würd ich nicht ändern
- das Zuschlagen wenn "irgendwer" auf einen zuspringt und man sich erschreckt ist ein normaler Körperreflex, da riskiert Marvin natürlich eine dicke Lippe, das kommt gut hin, würd ich nicht ändern

Insgesamt ne runde Sache!

 

Hey möchtegern,

cool, dass du wieder da bist. Danke dir fürs Lesen und für den Kommentar.

Autsch!
Willst du hier eine Streichung anregen?

Hier ist nicht klar, wer was sagt.
Ich spendiere ein sagte.

Ich krittel ja gerne mal an deinen Bildern/Vergleichen rum, aber das find ich cool.
Freut mich.

Ja, ab hier denkt man an ein modernes Rotkäppchen, das mit Rucksack in den Park geht statt mit Korb in Wald.
Fein, fein. So sollte das sein. Schön, dass es für dich klappt.

Dieses "Mach bitte nichts Dummes" gefällt mir nicht.
Fliegt raus.

Handwerklich: Fragezeichen nach Stört die das nicht, und es ist irgendwie unpassend, dass Omas offene Augen an der Stelle erwähnt werden. Von der Perspektive her müsste das etwas sein, was Michelle in diesem Moment sieht, dass Omas Augen offen sind. Das führt dazu, dass ich jetzt das Bild vor Augen habe, dass Michelle und Marvin in Sichtweite der Leiche rummachen. Schönen Dank auch :P
Und falls es so sein soll: Warum sieht Marvin die Oma nicht, warum rafft Marvin nicht, dass die Frau tot ist??
Jo, Fragenzeichen kommt rein. Aber das mit der Oma ist eigentlich so gedacht wie in Filmen, wenn da für 2, drei frames ein Bild der Toten eingeblendet wird. Michelle erinnert sich in dem Moment an ihre Oma. Werd da nochmal drüber nach denken - nächste Woche, wenn die Prüfungen vorbei sind und ich wieder Zeit habe.

Vielleicht komm ich weiter, wenn ich mit den Rotkäppchen-Anspielungen ansetze. Michelle ist das Rotkäppchen. Ein Wolf kommt gar nicht vor, wie mir schon der Titel verrät, und was im Park hinter den Büschen hervorspringt ist ja auch kein Wolf sondern Marvin, dem sie gleich die Lippe blutig schlägt. Ein wehrhaftes Rotkäppchen also, das sich nicht wie annodazumal einschüchtern bzw. belügen bzw. verführen ("vom rechten Weg abbringen") lässt.
Die Oma ist tot, nicht vom Wolf gefressen.
Eine Neu-Interpretation von der "Warum hast du so große Ohren ..."-Szene krieg ich nicht. Das ist irgendwie schade, dafür ist Rotkäppchen doch berühmt.
Rotkäppchen wird am Ende von Marvin "gerettet", Marvin ist also der Jäger. Für die Großmutter kann er nichts mehr tun, aber er tröstet Michelle. Interessant hier: Rotkäppchen ist beim Sex die Aktive, sie kann im Gegensatz zu ihm mit dem Kondom umgehen. Und sie hat sich ihren "Retter" auch selbst herbeigerufen. Das würde ich jetzt gerne noch mit der Stelle hier zusammenbringen:
Ja, für die Ohrenszene werd ich mir nochwas überlegen. Da muss noch was her, dass besser funktioniert, als das bloße Auffinden der Leiche. Sonst funktionieren die Parrallelel ja ganz gut.
Und ja, mein Rotkäppchen ist deutlich aktiever. Ich wollte halt eine Anlehnung an das französische Original, wo es ja um Freier und Prostitution geht. Aber ohne, dass wieder die Frau das Opfer wird. Da halt diese Wendung, dass sie es eigentlich ist, die Marvin überfällt.

Also verglichen mit dem originalen Rotkäppchen ist dieses tatsächlich Punk und Anarchie. Man stelle sich das mal vor, das unschuldige Mädchen in einem der alten Märchen hat Sex! Da wird die Rolle komplett auf den Kopf gestellt
Jap, das war genau meine Absicht. Halt die alten Strukturen übernehmen, das ganze in eine moderne, nicht phantastische Umgebung versetzen und dabei eben auch eine moderne Wendung drin haben. Der Versuch aus dem Alten was eigenes zu gewinnen.

Doch, mit dem Märchen im Hinterkopf ist das ein cooles Leseerlebnis. Aber ganz ehrlich, wär ich darauf nicht gekommen, hätte ich keine Ahnung gehabt, was mir der Text erzählen soll. Und ob ich ganz ohne fremde Hilfe auf Rotkäppchen gekommen wär, weiß ich nicht. Du hattest Rotkäppchen mal im Chat erwähnt und dann aber gesagt, dass du den Text wohl doch nicht schreibst ... also, vielleicht soll das jetzt gar nicht deine Rotkäppchen-Version sein und ich interpretiere mir hier einen Wolf in eine von dir gar nicht beabsichtigte Richtung. Aber ich find meine Lesweise ganz stimmig.
Ja gut. Du bist da natürlich "vorbelastet." Aber bisher hat es ja ganz gut funktioniert mit dem Erkennen. Also baue ich erstmal nicht noch weitere Hinweise ein. Wüsste erstmal auch gar nicht welche.

Die Vorposter haben eine andere Version gelesen, ich weiß nicht, wie das damals war, aber ich les hier überhaupt nichts von Entjungferung eines Mädchens. Michelle hat zum ersten Mal Sex mit Marvin ("zaghaft, weil alles neu war"), aber sie kann mit dem Kondom umgehen und ist wie gesagt die Aktive da. Marvin wird entjungfert, nicht sie. Der steht ratlos vorm Kondom, tut kaum was und kommt zu früh. Klassisch.
Das einzige, was ich jetzt beim zweiten Lesen als möglichen Hinweis auf ihre Entjungferung gefunden habe, war der leichte Schmerz im Unterleib - naja nee, wenn dir das wichtig ist, dass es ihr erstes Mal ist, sollte da ein eindeutiger Hinweis rein.
Ehrlich gesagt sind die Versionen bis auf Detailkram die gleichen. Ich bin noch nicht zur richtigen Überarbeitung gekommen. (Schande! Schande über mein Haupt!) . Und eigentlich war es schon so gedacht, dass es auch für sie das erstemal ist, und sie damit halt nur "kompetenter" umgeht. Da halt Aktiver ist, weniger Ängste hat - eben auch unter dem Einfluss des emotionalen Schocks. Aber kommt bei dir ja nicht so rüber: Ich werd drüber gehen, das Ende soll ja eh nochmal anders werden. Hoffentlich wird es dann klarer (und besser).

Insgesamt ne runde Sache!
Cool. Freut mich wirklich. Dann hat der Text das erreicht, was er sollte.

Danke nochmal und Gruß,
Kew

 

Hallo Kew,


fast noch mehr als die Geschichte, hat mir der Titel gefallen. Der hat was, so schön vieldeutig.

Aber nein, natürlich ist die Geschichte auch gut, sie hat mir gefallen.

Gelungen ist dir das Ende. Genau das, was man erwartet, trifft nicht ein. Ich dachte, sie ruft ihren Freund an und bittet ihn zu kommen, damit sie mit dem Tod der Großmutter besser klar kommt.
Finde ich gut, wenn man als Leser verblüfft wird.

Darüber hinaus ist dir eine kleine Milieustudie gelungen. Ich habe mich hineinversetzt gefühlt, in diese Gegend, hatte sowas wie einen Film vor Augen. Wenn ich Sequenzen eines Films sehe, ist für mich eine Geschichte gelungen.

Was mich etwas gestört hat, ist das etwas ungleichgewichtige Verhältnis zwischen ihr und ihm. Die Idee, sie als deutlich dominanter darzustellen, fand ich verdammt gut, aber das läuft nur so hinter den Zeilen, das hätte ich auch mehr in den beiden Persönlichkeiten wieder gefunden durch entsprechende Handlungen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Du verschenkst da für meine Begriffe zu viel an Möglichkeiten, den beiden noch eine spannende Charakterfacette hinzuzufügen.

Das Abendrot glühte am Rand der Verhänge,
Vorhänge


Lieben Gruß

lakita

 

Hey lakita,

danke fürs Lesen und Kommentieren.

fast noch mehr als die Geschichte, hat mir der Titel gefallen. Der hat was, so schön vieldeutig.
Das ist bei mir immer so ne Sache. Manchmal find ich da ganz gute, und manchmal lieg ich ziemlich daneben. Ziemliche Lottorie das ganze. :P

Aber nein, natürlich ist die Geschichte auch gut, sie hat mir gefallen.
Das freut mich natürlich.

Gelungen ist dir das Ende. Genau das, was man erwartet, trifft nicht ein. Ich dachte, sie ruft ihren Freund an und bittet ihn zu kommen, damit sie mit dem Tod der Großmutter besser klar kommt.
Finde ich gut, wenn man als Leser verblüfft wird.
Tut sie ja in gewisserweise auch, aber eben ganz anders, als normal wäre. Cool, dass dir das gefällt.

Darüber hinaus ist dir eine kleine Milieustudie gelungen. Ich habe mich hineinversetzt gefühlt, in diese Gegend, hatte sowas wie einen Film vor Augen. Wenn ich Sequenzen eines Films sehe, ist für mich eine Geschichte gelungen.
Wow. Danke, für das Lob.

Was mich etwas gestört hat, ist das etwas ungleichgewichtige Verhältnis zwischen ihr und ihm. Die Idee, sie als deutlich dominanter darzustellen, fand ich verdammt gut, aber das läuft nur so hinter den Zeilen, das hätte ich auch mehr in den beiden Persönlichkeiten wieder gefunden durch entsprechende Handlungen. Ich hoffe, du verstehst, was ich meine. Du verschenkst da für meine Begriffe zu viel an Möglichkeiten, den beiden noch eine spannende Charakterfacette hinzuzufügen.
Quasi jeder Kommentar sagt ja, dass ich da mehr machen soll, in Sachen Charakter und Hintergrund. Inzwischen trag ich mich mit dem Gedanken, da wirklich nochmal ganz von vorne ranzugehen und alles auf etwas mehr Länge und Inhalt auszulegen. Werd das mal in Angriff nehmen, wenn ich mit meinem jetztigen Projekt fertig bin.

Gruß,
Kew

 

Hoppla, da bin ich doch noch mal bei der Rotzgöre gelandet … und bevor Du angreifst,

lieber Kew,

wären vllt. noch'n paar Schnitzer auszubügeln – ’tschuldigung, die Göre wird ja wohl nich’ bügeln, is’ auch nur ganz kurz.
Zweimal Satzzeichen

„Richte Oma einen Gruß aus.“, sagte ihre Mutter.
Der Punkt am Ende der wörtlichen Rede ist an sich entbehrlich, doch ist der Wunsch der Mutter mehr als ein bloßer Aussagesatz, wie ich finde, warum also nicht ein „!“? Und weil’s gerad so auskommt – warum nicht die Unsicherheit der Mutter darstellen durch „?!“?

Hier nun ist ein Komma ist nachzutragen und – wie sähe eine kurze Hose mit nur einem Bein aus? Genau so steht's in der Einzahl. Wie’n Rock, gelt, nicht wie „Beinkleider“ (kennenwir also auch Plural! - boxer shorts gibt’s nur im Plural, dann gibt’s auch zwei ordentliche Beinstumpen

Als sie zurück ins Zimmer kam, lag Marvin da[,] wie sie ihn verlassen hatte, die Hose auf die Knie gezogen und sein Ständer zerbeulte die Boxershort.

Bissken Flüchtigkeit noch

… und Zwerge bevölkerten die Bete wie Ausschlag.
Ich glaub nämlich nicht, dass Du das Gebilde mit dem Beten verwechselst: Beete
&

Auf dem Herd stand noch die Pfanne mit Resten von Spiegelei und Bratkartoffelen …
Ja, so spricht mancher, aber müssen wir so schreiben? Beseer …kartoffeln

Dat war’t,

gern gelesen vom

Friedel

 

Hey, danke fürs nochmal durchkämmen.
Hab die Fehler rausgenommen. Nur beim Ausrufezeiche bleibe ich skeptisch, ich mag die Dinger nicht sonderlich. Die Lesen sich immer schnell nach Geschrei und das passt nun gar nicht zu dem Satz.

Gruß,
Kew

 

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