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Kein Seitensprung
(K)ein Seitensprung
Yvan stand unter der Brause, als das Telefon klingelte. Widerwillig stieg er aus der Wanne und hob den Hörer ab. Eine rauchige, aber durchaus angenehme Stimme meldete sich am anderen Ende der Leitung und gleichzeitig durchlief ein kalter Schauer seinen Körper. Auslöser war aber nicht seine paradisische Nacktheit. Es war das unerwartete, das ihn trotz den sommerlichen Temperaturen frieren lies. Monika - er erkannte sie auf Anhieb wieder. Für einen Moment versagte ihm die Stimme. "Bist du immer noch so schüchtern wie vor 20 Jahren?", sprudelten Monis Worte in sein Ohr. "Nein, ich...ich bin nur etwas überrascht", gab Yvan mit bebender Stimme zurück, "bist du in der Schweiz?" Seine Jugendliebe schwatzte munter drauflos und erklärte in ihrer ausschweifenden Art, dass sie anlässlich der goldenen Hochzeit ihrer Eltern in der Gegend sei und sich freuen würde, ihn heute Abend zu treffen. "Ich fliege Morgen in die Staaten zurück, viel Zeit zum Überlegen bleibt Dir also nicht", unterstrich sie ihren Wunsch lachend.
Sein Herz raste plötzlich wie verrückt. In zwei Tagen wollte er mit Katja vor den Traualtar treten, und jetzt dieser Anruf, der ihn völlig aus der Fassung brachte. Alles um ihn herum schien sich zu drehen. "Ja, ich würde mich auch freuen, Dich heute zu sehen", presste er mühsam in den Hörer. Gleichzeitig wurde er von einer seltsamen Erregung gepackt. Und die hielt auch noch an, als er zwei Stunden später vor seiner Jugendliebe stand. Moni schien sich kaum verändert zu haben, obwohl inzwischen 20 Jahre ins Land gegangen waren. Klar, sie war etwas älter und fraulicher geworden, gleichzeitig aber auch viel schöner. Ihre Augen allerdings hatten noch die selbe Leuchtkraft wie vor zwei Jahrzehnten. Blau wie ein Bergsee und gleichzeitig sanft wie ein Reh.
Er konnte sich sehr gut an diese Augen erinnern. An diesen geheimnisvollen Blick, der ihm in seiner Jugend oftmals den Schlaf geraubt hatte. Ja, Monika war das erste weibliche Wesen, das er auch als solches wahrgenommen hatte - die erste grosse Liebe seines Lebens. Zwei Jahre hatte diese Beziehung gedauert. Vom ersten scheuen Kuss nach dem Kinobesuch bis hin zum fatalen Ende in jener Novembernacht, die eigentlich die schönste seines Lebens werden sollte. Monika wollte mit ihm schlafen! Endlich, nach so langer Zeit des Zusammenseins. Sie war bereit, ihm auch das letzte zu schenken, bevor sie für ein halbes Jahr zu einem Sprachaufenthalt nach Amerika gehen wollte. Ein Liebesbeweis, den sie bis ins letzte Detail vorbereitet hatte. Ihre Eltern waren an jenem Abend ausserhalb an einer Geburtstagsfeier und wollten erst am nächsten Morgen zurückkehren. Yvan erinnerte sich gut, wie aufgeregt er an diesem Tag war, als er mit dem Fahrrad zu seiner Freundin fuhr. Aber das legte sich schnell. Die junge Frau wusste nämlich genau was sie wollte, und sie machte es ihm leicht. Sie hatte eine Flasche Sekt aus Vaters Keller bereitgestellt und auf dem Plattenspieler drehte sich eine Scheibe der Rolling`s Stones. Dazu hatte sie zahlreiche Kerzen angezündet, die ihr Jungmädchenzimmer in ein romantisches, flackerndes Licht hüllten. Und dann küssten sie sich mit einer unendlichen Zärtlichkeit und zogen sich gegenseitig langsam aus. Nicht zum erstenmal, aber diesmal sollte es keine Grenzen geben. Monikas gutgewachsener Körper leuchtet golden im Kerzenschein. Yvan konnte keinen Blick mehr davon wenden. Von ihren kleinen festen Brüsten, ihrem flachen Bauch und ihren langen schlanken Schenkeln. Dann legten sie sich nebeneinander auf das schmale Bett und begannen einander zu streicheln. Nur sehr zaghaft anfänglich. Doch dann wurde Yvan mutiger, berührte ihre Beine und strich mit den Fingern langsam ihre schlanken Schenkel empor bis zu ihrem Wäldchen. Monika öffnete sich seufzend als er einen Finger in sie tauchte und ihre empfindlichste Stelle ertastete. Dann versank auch sein Kopf in ihren Schoss. Die nächsten Minuten sind in seiner Erinnerung nur bruchstückhaft vorhanden. Monikas zuckender Unterleib, ihr verhaltenes stöhnen und irgendwo in der Ferne die Rolling`s Stone. Dann der Knall, der wie ein Pistolenschuss klang, als eine Tür ins Schloss fiel. Gleichzeitig flammte die Deckenbeleuchtung auf und und hüllte die Szene in gleisendes Licht. Sein Herzschlag drohte auszusetzen. Monikas Eltern waren früher zurückgekehrt, weil ihre Mutter an der Feier einen Schwächeanfall erlitten hatte. Urplötzlich herrschte ein heilloses durcheinander und Yvan konnte es sich später selbst nicht erklären, wie er aus dem Haus gekommen war. Nur die Schreie des tobenden Vaters brannten sich in jener Nacht tief in seine Seele ein. Seine Freundin sah er anschliessend nur noch ein einziges Mal. Das war, als sie kam um sich zu verabschieden. Ein trauriger Abschied. Yvan war damals zwar froh, etwas Abstand zu gewinnen, denn irgend etwas in ihm war zerbrochen. Gleichzeitig hoffte er aber, das sich dieses blöde Gefühl bis zu Monikas Rückkehr in sechs Monaten wieder legen würde. Doch das Schicksal wollte es anders. Aus Monaten wurden Jahre und irgendwann verblasste die Erinnerung an seine erste grosse Liebe.
Monika strahlte ihn fröhlich an. Sie hatten sich zu einem romantischen Nachtessen in einem Ausflugslokal getroffen. Dies lag allerdings so weit von seinem Wohnort entfernt, dass er sicher sein konnte, von niemandem erkannt zu werden. Schliesslich wollte er seine bevorstehende Vermählung mit Katja nicht unnötig komplizieren. Eine Stunde später hatte sich seine innere Aufregung dann weitgehend gelegt. Sie erzählten sich gegenseitig ihre Lebensgeschichte und hatten dabei viel zu lachen. Über die geplatzte Liebesnacht vor 20 Jahren fiel aber kein einziges Wort. Yvan fühlte sich von Stunde zu Stunde mehr zu dieser Frau hingezogen. Und bei der zweiten Flasche des schweren französischen Weines wurden auch die gegenseitigen Berührungen, die anfangs eher zufälliger Natur waren, immer konkreter. Deshalb machte er den Vorschlag, noch eine nahe Disco aufzusuchen, in der ein Oldi-Abend angesagt war. Monika stimmte diesem Vorschlag begeistert zu und kurz darauf lagen sie sich in den Armen und wiegten sich zum Takt der Musik aus den 70gern. Ein Körperkontakt, der nicht ohne Folgen blieb. In Yvans Hose hatte sich bald eine gewaltige Erektion gebildet. Trotzdem rückte seine Jugendliebe keinen Millimeter von ihm ab. Im Gegenteil. Sie schien diese knisternde Situation richtig zu geniessen. Und als er dann zum Aufbruch drängte, hatte sie absolut nichts dagegen einzuwenden. Selbst der Vorschlag, sich bei ihm zu Hause noch einen Drink zu genehmigen, stiess auf freudige Zustimmung und liessen ihre Augen schelmisch aufleuchten.
Die Fahrt zu Yvans Wohnung verlief anschliessend sehr ruhig. Beide hingen ihren Gedanken nach. Nur Monikas Hand, die warm auf seinem Schenkel lag, hielt das Feuer der Lust am glühen. Doch kaum in der Wohnung, drängte Yvan seine Jugendliebe ins Wohnzimmer und lies sich mit ihr engumschlungen auf die Polster sinken. Eine grosse Erregung hatte ihn gepackt, und auch Monika erwiderte seine Küsse mit wachsender Leidenschaft. Doch als er ihre Jeans öffnen wollte, hielt sie plötzlich seine Hände fest. "Bitte nicht", flüsterte sie leise und drückte ihn sanft in die Kissen zurück. "Bleib so liegen und vertrau mir!" Dann verschloss sie seinen Mund mit einem Kuss und lies ihre Hände suchend über seinen Körper gleiten. Sie schienen überall zu sein und entlockten Yvan ein wohliges Stöhnen. Knopf für Knopf öffnete sie sein Hemd, verteilte viele kleine Küsse auf der behaarten Brust, die sich wie Schmetterlingsflügel anfühlten. Sie knabberte an seinen Warzen und arbeitete sich dann langsam tiefer. Er hörte das Geräusch das entsteht, wenn ein Reissverschluss geöffnet wird, dann umschlossen ihre Lippen das Zentrum seiner Lust. Langsam und gefühlvoll zuerst, dann immer schneller hob und senkte sich ihr Kopf zwischen seinen Lenden. Yvan entfuhr ein "Oh mein Gott" und gleichzeitig presste er ihr sein Becken lüstern entgegen. Monika kraulte seine Murmeln und er fühlte, wie sich alle Nerven seines Körpers zusammenzogen. Dann konnte er sich nicht mehr zurückhalten. Er schrie seine Lust laut heraus und explodierte im selben Moment mit einer Intensität, wie er es zuvor noch nie erlebt hatte. Das Zimmer schien sich rassend schnell zu drehen und farbige Blitze trübten ihm die Sicht.
Minutenlang lag er völlig ermattet da, alle Gedanken waren wie ausgelöscht. Doch dann kehrte das Leben langsam wieder in seinen Körper zurück. Yvan stützte sich auf und sah Monika verliebt an. "Mein Gott, das war echt das geilste, was ich je erlebt habe", flüsterte er heiser. Er setzte sich auf und wollte sie berühren. Doch Monika hielt seine Hände ein zweites Mal in dieser Nacht fest. "Bitte nicht Yvan, lass es gut sein so wie es ist!"
"Aber warum denn?" Er starrte seinen Liebesengel völlig entgeistert an. Für einem Moment war es so ruhig im Wohnzimmer, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören. Dann huschte ein Lächeln über ihr schönes Gesicht. "Weisst du, ich bin sehr glücklich verheiratet, und du wirst es auch bald sein."
Er rang verzweifelt nach Worten: "Glücklich verheiratet", wiederholte er ihre Worte zweifelnd, "und was war das eben?" Monika schaute ihn einige Augenblicke nachdenklich an. Dann warf sie ihren Kopf in den Nacken und lies ein helles Lachen erklingen. "Ach Yvan, ich denke das war ich dir einfach noch schuldig. In all den Jahren habe ich sehr oft an dich gedacht und mir stets vorgenommen, meine Schuld eines Tages einzulösen. Und eines musst du mir glauben, das eben war auch für mich ein sehr, sehr schönes Erlebnis." Yvan lag noch immer halb aufgestützt und mit offener Hose vor seiner Jugendliebe. Ihre Worte drangen in sein Ohr, aber er begriff ihren Sinn nur langsam. "Ich verstehe dich nicht", murmelte er kopfschüttelnd. "Du bist glücklich mit deinem Mann und trotzdem begehst du einen Seitensprung mit deinem Ex? Ich dachte bisher immer, dass für euch drüben in Amerika die Ehe etwas sehr heiliges ist." Monika stand schwungvoll auf. "Einen Seitensprung", strahlte sie ihn an, "das war doch kein Seitensprung. Darauf gibt dir auch unser Ex-Präsident Bill Clinton Brief und Siegel!" Er wollte noch etwas erwidern, doch Monika war schon auf dem Weg in die Küche, wo sie sich kurz darauf am Kaffeautomaten zu schaffen machte.
Sieben Stunden später küsste sie ihn ein letztes Mal. Es war allerdings nur ein freundschaftlicher Kuss auf die Wange, bevor sie auf dem Flughafen die Zollsperre passierte. Dann verschwand sie ohne sich ein einziges Mal umzudrehen. Yvan stand aber noch Minuten am selben Fleck und starrte auf die Stelle, wo sie verschwunden war. Inzwischen ist Yvan tatsächlich glücklich mit seiner Katja verheiratet und die Erinnerung an die Nacht mit Monika ist langsam am verblassen. Nur manchmal, wenn im Fernsehen etwas über Bill Clinton berichtet wird, dann fühlt er jeweils ein seltsames ziehen in seiner Lendengegend.