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Kein Chor

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17.06.2018
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Kein Chor

Mein allerliebster Freund,

es birgt eine gewisse Tragik, dass ich Dir meist nur in Momenten tiefen Unmuts schreibe. Doch ehrlicherweise muss ich zugeben, dass es schwer ist, zu schreiben, wenn man glückerfüllt ist. Denn wirklich Nennenswertes geschieht dann nur selten. Heute möchte ich Dir von einem Erlebnis berichten, das meine These unterstreicht. Aussprechen könnte ich es niemals wollen, daher schreibe ich Dir. Wort für Wort errichte ich eine Mauer, die zwar die riesenhafte Gestalt des Schauders erahnen lässt, ihn aber doch in seiner unaussprechlichen Gesamtheit verbirgt – und mich so vor ihm schützt.
Genug des Einstiegs. Ich will Dir erzählen, was sich gestern des Nachts zugetragen hat. Meine Frau und ich, wir saßen auf dem Canapé, hatten den Tag im Garten verbracht. Es war ein wunderbarer Frühlingstag. Eine laue Brise hob den Duft der frisch aufgebrochenen Blüten in die Lüfte, die pralle Sonne tat wohl auf der Haut und ließ die Farben der Natur in voller Pracht erstrahlen. Wir labten uns an der Ruhe, der Entspannung, fast glich sie einer seelischen Reinigung. Und als der Abend dämmerte, setzte ein sanfter Regenguss ein, der uns schlussendlich ins Haus scheuchte, wo wir uns mit einem Glas des feinsten Rotweins niederließen. Und nun, mein lieber Freund, geschah das Ungeheuerliche. Nie hätte ich mir träumen lassen, solche Worte aus dem Mund meiner geliebten Frau zu vernehmen:
»Ach Emil«, sprach sie. »Dies war ein verlorener Tag.«
Du musst mir glauben, lieber Freund, beinahe hätte ich vor Schock mein Glas auf das Canapé ergossen, doch konnte ich es gerade noch in Balance halten.
»Florentina, wie kannst du nur so sprechen?«, stieß ich in meiner Erschütterung hervor. »Wie kannst du einen so herrlichen Tag verloren nennen? Hast du etwa nicht die feinen Sonnenstrahlen genossen? Nicht den Gesang der heimgekehrten Vöglein?«
»Du sprichst von Dingen, die ich nicht meine«, gab sie erzürnt zurück. »Natürlich war der Tag ein schöner. Natürlich habe ich die Gaben der Natur genossen. Aber darum geht es nicht.«
»Worum geht es dann?«
»Der Tag war nicht besonders. Er war kein Abenteuer, nichts haben wir erlebt, nichts Neues gesehen. Keinen einzigen Moment dieses Tages würde ein Künstler auf Papier einfangen wollen. Kein Dichter darüber eine Ballade schreiben, kein Engelschor über ein Wunder singen. Wir werden diesen Tag schnell wieder vergessen. Emil, versteh’ doch, unser Leben ist trostlos und leer.«
Der Hauch des Schreckens ließ meine Haare strammstehen. Ich meinte, nicht recht zu hören. Das Leben, das ich führte – plötzlich rief man es trostlos und leer. Ihre Worte hatten mich gepackt und hafteten an mir. Und nun, da ich sie zu Papier bringe, scheinen sie noch obszöner, noch so viel hämischer. Wie kann sie es wagen?
Wir schwiegen eine Zeit. Ich gab einzig verstimmte Geräusche von mir. Ihre Ausführung hatte mich sehr aufgewühlt, und ich wollte, dass sie es merkt. Doch sie tat nichts dergleichen, saß nur betrübt da, mit ihrem Weinglas in der Hand.
»Dann geh doch!«, rief ich aus.
Sie sah mich mit großen Augen an. »Um Himmels Willen, wohin denn?«
»Zu deinen Abenteuern, weiß der Kuckuck. Reise doch in 80 Tagen um die Welt oder zum Mittelpunkt der Erde.«
Mit diesen Worten ließ ich sie sodann sitzen und zog mich mit dem restlichen Wein zurück. Seitdem verweile ich in meinem Zimmer. Heute Morgen kam meine Frau kurz an die verschlossene Türe, klopfte und fragte mit dünner Stimme, ob ich denn Frühstück wolle. Ich verneinte und erklärte, so lange fasten zu wollen, bis sie einsehe, dass sie falsch liegt. Von da an war sie nicht mehr hier. Und nun sehe ich mich genötigt, Dir zu schreiben, um die unglaubliche Realität auf Papier bannen zu können. Meine Augen möchten dennoch nicht wahrhaben, was sie sehen.
Wie es jetzt weitergeht – ich kann es nicht sagen. Ach wie hoffe ich, dass die Vernunft sie wiederfindet, und sie das Glück erkennt, das ihr zu Füßen gelegt wurde. Wie hoffe ich, dass sie wieder erlernt, Schönheit in der Ruhe zu erkennen. Ich liebe sie sehr, doch wie könnte ich ihr jemals reinen Herzens bieten, was sie verlangt?
Zum Abschluss erlaube ich mir, einige wenige Zeilen eines Gedichts wiederzugeben, auf das ich in der letzten Nacht auf meiner Suche nach Antworten stieß.

Liebe! zeig mir deinen Abgrund
öffne deinen tiefen Schlund
spüre meine Küsse
auf deinem wohlgeformten Mund

Liebe! heute tu ich kund
und das in höchster Not
meines Lebens letzte Schlüsse
denn vor mir steht der Tod
und in der Ferne hallen Schüsse

So ist mein letzter Wille
für alle Leute dieser Erde
dieser Welt
dass Stille werde
auf der Schlachten Feld


Ich grüße Dich,
mein lieber Freund,
Emil

 
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Hey @Alveus Jekat,

hm, so ne richtige Geschichte sehe ich deinem Text in Briefform nicht. Dafür müsste sich der entstandene Konflikt am Ende auflösen. Aber das tut er für mich nicht. Die gewählte historische Sprache hast du für mein Empfinden gut konstant durchgezogen. Emils Reaktion auf die Aussagen seiner Frau, ist sehr überzogen. Wenn das in einer Art Schlusspointe enden würde, könnte ich das besser akzeptieren. Vielleicht kapiere ich den tieferen Sinn auch nur nicht. :schiel:
Damit mein Kommentar dir noch was nutzt, kommt jetzt noch nen bisschen Textkram:

Denn wirklich Nenneswertes geschieht dann nur selten.
Nennenswertes

Sonnenstrahlen genoßen? Nicht den Gesang der heimgekehrten Vöglein?«
»Du sprichst von Dingen, die ich nicht meine«, gab sie erzürnt zurück. »Natürlich war der Tag ein schöner. Natürlich habe ich die Gaben der Natur genoßen.
Genossen, Wortwiederholung

Seit dem verweile ich in meinem Zimmer. Heute Morgen kam meine Frau kurz an meine verschlossene Türe, klopfte und fragte mit dünner Stimme, ob ich denn Frühstück wolle. Ich verneinte und erklärte, so lange fasten zu wollen, bis sie einsah, dass sie falsch lag. Seit dem war sie nicht mehr hier.
Seitdem, Wortwiederholung

Ach wie hoffe ich, dass die Vernunft sie wieder findet, und sie das Glück erkennt,
wiederfindet

Viele Grüße
wegen

PS: Fiel mir gerade noch auf:
... die pralle Sonnen tat Wohl auf der Haut (Und schreibt man "Wohl" dann echt groß?)

... Keinen einzigeN Moment dieses Tages

... Ihre Worte hatten mich gepackt und hafteten von da an an mir. (Kann man da ein Komma zwischen setzen? Oder vllt. umformulieren?)

 

Hallo @wegen,

Vorweg: Danke für das Herauspicken der (peinlichen) Rechtschreibfehler. Sie sind alle bereits behoben.

hm, so ne richtige Geschichte sehe ich deinem Text in Briefform nicht. Dafür müsste sich der entstandene Konflikt am Ende auflösen.

Interessante Ansicht, ist doch ein offenes Ende (eigentlich) ein wesentliches Merkmal einer Kurzgeschichte :P Aber ich versteh schon, was du meinst. Ich wollte es einfach nicht tun, den Konflikt auflösen, denn ich denke, dass jeder Mensch irgendwie diesen Konflikt in sich trägt. Möchte man Action und ist dafür bereit, Risiken einzugehen? Oder möchte man Ruhe und findet sich damit ab, dass man dann weniger erlebt und weniger zu erzählen hat? Jeder muss das für sich selbst entscheiden, und ich bin mir selbst nicht wirklich sicher, in welche Richtung ich gehen möchte. Daher wollte ich auch in meinem Text keine Antwort auf diese Frage geben.

Die gewählte historische Sprache hast du für mein Empfinden gut konstant durchgezogen.

Vielen Dank! Das freut mich, denn der Hauptgrund für mich diesen Text so zu schreiben, war, dass ich wissen wollte, ob ich mit dieser Sprache umgehen kann.

Emils Reaktion auf die Aussagen seiner Frau, ist sehr überzogen. Wenn das in einer Art Schlusspointe enden würde, könnte ich das besser akzeptieren. Vielleicht kapiere ich den tieferen Sinn auch nur nicht. :schiel:

Ja definitiv, sie ist völlig überzogen. Schlusspointe wurde von mir zwar keine gesetzt, und doch findet sich im Text (zugegebenermaßen unbeabsichtigt) so etwas ähnliches wie eine Pointe. Denn Trotz Emils Reaktion auf die Beschwerde seiner Frau, gibt er ihr im Einstieg des Briefes in gewisser Weise Recht. Er sei zwar glücklich, wie er schreibt, doch dadurch habe er nichts zu erzählen und er spricht diesem Zustandsbild sogar eine Tragik zu.
Ob das ganze einen tieferen Sinn hat, sei dahingestellt. Ich schreibe Texte selten mit der Intention einen tieferen Sinn zu verpacken. Ich denke, in der Literatur kommt ein tieferer Sinn von selbst zu denjenigen, die ihn gerade brauchen.

Sonnenstrahlen genoßen? Nicht den Gesang der heimgekehrten Vöglein?«
»Du sprichst von Dingen, die ich nicht meine«, gab sie erzürnt zurück. »Natürlich war der Tag ein schöner. Natürlich habe ich die Gaben der Natur genoßen.
Genossen, Wortwiederholung

Mit dieser Wortwiederholung komme ich klar, da sie in einer Antwort vorkommt.
Mit der nachfolgenden, von dir angesprochenen Wortwiederholung bin ich nicht klar gekommen, die ist bereits ausgebessert.

PS: Fiel mir gerade noch auf:
... die pralle Sonnen tat Wohl auf der Haut (Und schreibt man "Wohl" dann echt groß?)

Nein, tut man nicht. War ein Denkfehler von mir, der so absurd ist, dass ich ihn weder wiedergeben kann noch möchte :P

Ich danke fürs Lesen und deine Kritik. Dein Kommentar hätte mir übrigens auch ohne dem Textkram genutzt, aber so kann ich natürlich noch mehr von ihm zehren :P

Liebe Grüße,
Alveus

 

Hi @Alveus Jekat,

mir gefällt einiges an dem Text, Formulierungen wie diese beispielsweise:
-- "Wort für Wort errichte ich eine Mauer, die zwar die riesenhafte Gestalt des Schauders erahnen lässt, ihn aber doch in seiner unaussprechlichen Gesamtheit verbirgt – und mich so vor ihm schützt."
Schöner fänd ich das allerdings womöglich ohne Gedankenstrich.
Der gefügter Rhythmus, der aus solchen Sätzen klingt, wird auf der anderen Seite aber auch wieder gestört, finde ich. Und zwar, denke ich, weniger, weil es sich nicht in schönem Rhythmus lesen ließe, sondern weil der Rhythmus an manchen Stellen durch zu absichtlich gesetzte melodische Wörter eingekauft erscheint, de aber inhaltlich wenig Gehalt haben - anders als, für mein Empfinden, in dem zitierten Satz, wo die Umständlichkeit mit dem Inhalt zusammenstimmt, auch in dem Sinn, dass kein Wort erkennbar zuviel ist.
Ein Beispiel, wo ich das nicht so sehe:
-- "Wir labten uns an der Oase gnädiger Stille, fast glich sie einer seelischen Reinigung, man möchte nicht sagen, einer Katharsis."
Würde man kein Deutsch verstehen und nur den Klang hören, gefiele einem dieser Satz womöglich gut, aber wenn man den Inhalt anschaut, erschient (mir) das schon etwas aufgeplustert.
Oder:
-- "Natürlich war der Tag ein schöner."
Ist schon so, oder: Aufgeplustert, damit es melodischer tönt ...

Auch dürfte gerade eine altertümliche Sprache stellenweise forscher und knapper sein, Bsp.:
statt
-- "Nun aber genug des Einstiegs"
einfach: "Genug des Einstiegs!"
Das klänge in meinen Ohren authentischer nach vergangenen Zeiten - und das sehe ich auch an einigen anderen Stellen, z.T. auch in der Wortwahl: "These" in diesem Zusammenhang, "ließ mir die Haare strammstehen" (usw.)

Die Idee gefällt mir ganz gut, nur hätte ich es gern dramatischer. Die heftige Reaktion ist ja so nicht ganz leicht zugänglich. Irgendeine Steigerung würde ich gerne sehen, gerne eine absurde oder haltlos erscheinende, z.B. wie er sich immer mehr einigelt oder so, ohne dass der Krud nachvollziehbarer würde. So ist mir das letztlich noch zu flach. Schön finde ich trotzdem - und das sollte dann bei einer Steigerung bestenfalls nicht verlorengehen - wie man die Bedeutung, die der eine Satz für den Briefautor hat, eben nicht so recht versteht, wie ihn das aufwühlt, weil er seine speziellen Gedanken daran hängt. Und dabei fällt mir auf: Eine ganz nette Dramatisierung könnte vielleicht auch darin bestehen, dass sogar die Frau diesen Satz mehr so dahin sagt, dass sogar sie nicht versteht, was der Mann daran so aufwühlend findet. Kann man ja durchaus so sagen: "Ach, was ist unser Leben bedeutungslos. Schlimm, schlimm. Prost. Genießen wir's."

Ach ja, und das Gedicht: Passt inhaltlich ja schon. Aber die Form! Da dürftest du noch mal drüberschleifen, finde ich ...

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
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er aber ward unmuts über der rede“ Marc. 10, 22
zitiert nach dem grimmschen Wörterbuch, Bd. 24, Sp. 1201, Stichwort „unmuts (adv.)http://woerterbuchnetz.de/cgi-bin/WBNetz/wbgui_py?sigle=DWB&mode=
Vernetzung&lemid=GU09141#XGU09141

Er aber ward unmutig über die Rede“ Markus 10, 22,
Lutherbibel, Übersetzung 1912

Keine Bange,

sehr geehrter Alveus,

nur ein kleines Beispiel, wie es vor und direkt nach der Duden-Reformation einer identischen Textstelle erging, denn den Klang alter Briefe in all ihrer Geziertheit und übertriebenen Höflichkeit triffstu m. E. gut und ich vermeine, dass der Duft der Gartenlaube meine Nase kitzelt, wobei hier

Ich will Dir erzählen, was sich gestern des nächtens zugetragen hat.
der Artikel zum Adverb entbehrlich ist oder das keineswegs veraltete Adverb mit Majuskel beginnen sollte, wie am Beispiel des Adverbs „nachts“ auch, das amtlich beglaubigt mit Artikel substantiviert wird (um auch dem Vorzubeugen – inzwischen kennen wir uns ja – der Genitiv der Nacht kann es ja nicht sein)

eine winzige Unachtsamkeit

Hast du etwa[...] nicht die feinen Sonnenstrahlen genossen?

Der Hauch des Schreckens ließ meine Haare strammstehen.
Unser Emil also durch & durch ein Preuße, wenn sich die Haare nicht nur sträuben?

Doch sie tat nichts dergleichen, saß nur betrübt da, mit ihrem Weinglas in der Hand.
An sich kann das letzte Komma weg – aber ich verstehe Emil – er will den Appendix besonders hervorheben ...

»Dann geh doch«, sagte ich schließlich.
Klingt das nicht nach mehr als einer Aussage? Und auch nicht schnippisch (weiß gar nicht, obs das Wort zu Emils Zeiten schon gab!)

Heute Morgen kam meine Frau kurz an meine verschlossene Türe, …
Gott sei es gedankt, die Besitzverhältnisse sind noch in Ordnung!

klopfte und fragte mit dünner Stimme, ob ich denn Frühstück wolle. Ich verneinte und erklärte, so lange fasten zu wollen, bis sie einsah, dass sie falsch lag.
Hm, sollte Emil noch unter uns weilen, könntestu ihm für‘s „einsehen“ den einfachen Konjunktiv empfehlen – schließlich referiere er ja schon seine wörtl. Rede ...

Wie es jetzt weitergeht – ich kann es nicht[...] sagen.

Ich verstehe, dass in der Aufregung auch Flüchtigkeit wie eben vorkömmt und dass er nicht weiß, dass „wiederfinden“ inzwischen zusammengeschrieben wird – das eigentliche Dilemma, wenn man in veralteter oder alter Sprache schreibt. In meiner Anfangszeit hier hab ich auch schon mal mhd. geschrieben, wohlwissend, dass damals weder ein Duden noch ein Rechtschreiberat darüber wachten und die karolingische Reform war lange vorbei.

Ja, was die Verse betrifft ... vor allem der Reim Sch(l)üsse und das Schlachtfeld in der Übertreibung bremst mich da aus. Hab aber auch jetzt keine Verse der Gartenlaube parat.

Also erst Mal: Bis später,

Friedel

 

Hallo @erdbeerschorsch,

danke fürs Lesen und für deine Kritik. Ich werde mir die von dir angesprochenen Formulierungen noch mal durch den Kopf gehen lassen. Vor allem das

Ein Beispiel, wo ich das nicht so sehe:
-- "Wir labten uns an der Oase gnädiger Stille, fast glich sie einer seelischen Reinigung, man möchte nicht sagen, einer Katharsis."
Würde man kein Deutsch verstehen und nur den Klang hören, gefiele einem dieser Satz womöglich gut, aber wenn man den Inhalt anschaut, erschient (mir) das schon etwas aufgeplustert.

und das

Auch dürfte gerade eine altertümliche Sprache stellenweise forscher und knapper sein, Bsp.:
statt
-- "Nun aber genug des Einstiegs"
einfach: "Genug des Einstiegs!"

kann ich sehr gut nachvollziehen. Diese Stellen werden einer Neuformulierung unterzogen.

Die Idee gefällt mir ganz gut, nur hätte ich es gern dramatischer. Die heftige Reaktion ist ja so nicht ganz leicht zugänglich. Irgendeine Steigerung würde ich gerne sehen, gerne eine absurde oder haltlos erscheinende, z.B. wie er sich immer mehr einigelt oder so, ohne dass der Krud nachvollziehbarer würde. So ist mir das letztlich noch zu flach.

Diesen Gedanken hatte ich auch, habe mich dann aber dagegen entschieden. Ich wollte wirklich nur diesen einen Teil der Geschichte darstellen, ohne es aufzulösen oder noch zu steigern. Daher habe ich auch die Briefform für die Geschichte gewählt. Irgendwann wird Emil aus seinem Zimmer kommen müssen. Was dann passiert, hätte ich erzählen können. Wahrscheinlich wäre die Diskussion weiter gegangen oder die Dramatik

könnte vielleicht auch darin bestehen, dass sogar die Frau diesen Satz mehr so dahin sagt, dass sogar sie nicht versteht, was der Mann daran so aufwühlend findet.

Das habe ich mir alles durchgedacht, mich aber bewusst dagegen entschieden. Ich wollte dieses kindliche, übertriebene Trotzverhalten darstellen, ohne den Trotz danach zu besänftigen. Ich wollte, dass man Emils Reaktion lächerlich findet, sie nicht nachvollziehen kann, sie absurd wirkt.

Ach ja, und das Gedicht: Passt inhaltlich ja schon. Aber die Form! Da dürftest du noch mal drüberschleifen, finde ich ...

Ja, das dachte ich auch. Ich weiß aber noch nicht, welches Schleifgerät ich dafür nutzen soll :P

Vielen Dank nochmal und liebe Grüße,
Alveus

 
Zuletzt bearbeitet:

Hola @Alveus Jekat,

der Titel ist putzig und ungewöhnlich, ich als Leser denke, da wird wohl auch der Text so sein. Und so kommt es dann auch.

Es riecht ein bisschen nach Antiquariat, aber das kann ja reizvoll sein. Doch dann beschleichen mich beim Lesen merkwürdige Gedanken: Wenn der Autor diesen Text einstellt – was denkt er sich dabei? Ist er eitel, dass es ihm gleichgültig ist, ob mir das Lesen etwas gibt – Hauptsache, er hat seinen feinen Text untergebracht (und das Gedicht gleich mit dazu;)).

Andrerseits stellt ein Autor seinen Text hier ein, um möglichst viel Lob einzuheimsen. Tja, kann er das bei „Kein Chor“ erwarten? Ich sehe das nicht.

Dass Du mit Worten umgehen kannst, liegt auf der Hand. Und dass der antiquierte Stil Umständlichkeiten und Übertreibungen mit sich schleppt, ebenfalls. Die könnte man u. U. akzeptieren, wenn etwa Historisches geschildert wird; wenn aber Belangloses aufgebauscht wird, verbrämt mit eitlen Formulierungen, dass der Leser beinahe geneigt ist, dem Autor ein Quäntchen Selbstverliebtheit zu unterstellen, dann bleibt das Leseerlebnis auf der Strecke.

Möglicherweise ist dieser Text lange nicht entstaubt worden, Beispiel:

Wir labten uns an der Oase gnädiger Stille, ...
Heiliges Kanonenrohr! Wenn Du das einem Leser des Jahres 2018 aufs Auge drückst, dann will der nicht mehr – aber der Satz geht weiter:
... fast glich sie einer seelischen Reinigung, man möchte nicht sagen, einer Katharsis.
Nein, Katharsis möchte man nicht sagen. Das schaute ja aus, als ob man damit kokettieren wolle:hmm:.

Wie kann sie es wagen?
Sie gehört wohl wieder einmal kräftig durchgewalkt!

Tja, Alveus Jekat, ich kann mich nicht begeistern für diese abgehobene Art, deshalb von mir kein Chor thumbsup. Nun lese ich aber in Deiner Antwort auf erdbeerschorschs Komm:

Diese Stellen werden einer Neuformulierung unterzogen.

Was? Wenn Du auch heute noch so schreibst (Das klingt wahnsinnig nach Amt und Behörde), bin ich ziemlich durcheinander. Dann sind wir beide zwar in einem Forum, doch in grundverschiedenen Abteilungen. Aber kein Problem, es ist genügend Platz für alle da – außerdem finde ich gut, dass Du Deinen eigenen Stil pflegst, ganz gleich, was die banale Welt um Dich herum so alles anstellt.

Ich wünsche Dir stets viel Spaß beim Schreiben!
José

PS:

des nächtens
Entweder ‚des Nachts’ oder ‚nächtens’.

 

Hallo @Friedrichard,

vielen Dank fürs Lesen und für deine Worte. Die von dir angesprochenen Fehler habe ich ausgebessert, das Gedicht fürs Erste so belassen, wie es ist, denn ich habe den richtigen Schliff dafür nach wie vor nicht gefunden. Aber es ist nun mal, wie es immer ist; wenn man über etwas angestrengt nachdenkt, kommt man auf keinen grünen Zweig. Erst in Momenten, in denen man nicht damit rechnet, kommt einem der erlösende Gedanke. Und ich vermute und hoffe, dass es auch in diesem Fall so sein wird.

Einstweilen nochmals vielen Dank und liebe Grüße,
Alveus

Hallo @josefelipe,

Wenn der Autor diesen Text einstellt – was denkt er sich dabei?

Das beantworte ich dir gerne: Einerseits habe ich mich gefragt, ob der Text sprachlich funktioniert. Andererseits wollte ich wissen, wo seine Ecken und Kanten sind. Und das kann ich nun mal nicht selbst sehen.

Ist er eitel, dass es ihm gleichgültig ist, ob mir das Lesen etwas gibt

Auf eine Einzelpersonen bezogen – ja, es ist mir gleichgültig, ob ihr das Lesen etwas gibt. Natürlich ist es mir gleichgültig. Am Ende des Tages schreibe ich für mich selbst, nicht für andere. Und ich stelle die Texte auch für mich in dieses Forum. Ich möchte hier keine Menschen bespaßen, ich möchte Kritik hören, die mein Schreiben weiterbringt. Wenn du dir die Frage, ob ich deshalb eitel bin, mit "ja" beantwortest, so kann ich also zustimmen. Es ist eine selbstsüchtige, aber demütige Eitelkeit, denn ich schätze jede Kritik als Möglichkeit, mich zu verbessern, nicht mich als besser darzustellen, als ich bin.

Andrerseits stellt ein Autor seinen Text hier ein, um möglichst viel Lob einzuheimsen. Tja, kann er das bei „Kein Chor“ erwarten? Ich sehe das nicht.

Dass Du mit Worten umgehen kannst, liegt auf der Hand.


Du sagst, ich kann deiner Ansicht nach kein Lob für meinen Text erwarten, und lobst mich im nächsten Satz. Vielen Dank.

wenn aber Belangloses aufgebauscht wird, verbrämt mit eitlen Formulierungen, dass der Leser beinahe geneigt ist, dem Autor ein Quäntchen Selbstverliebtheit zu unterstellen, dann bleibt das Leseerlebnis auf der Strecke.

Nun, wenn er nur beinahe dazu geneigt ist, dann tut er es am Ende doch nicht. Und das ist schade, denn der Leser sollte dazu geneigt sein und dieser Neigung auch nachgehen, dann wäre er auf der richtigen Spur. Denn ich bin durchaus ein selbstverliebter Mensch, im positivsten Sinne. Wie allseits bekannt ist, muss man zuerst lernen, sich selbst zu lieben, bevor man andere lieben kann. Und ganz ehrlich: Wäre ich nicht zumindest ein bisschen selbstverliebt, hätte ich wohl kaum genug Selbstvertrauen, mich hier der Kritik zu stellen.

Möglicherweise ist dieser Text lange nicht entstaubt worden

Den Staubwedel habe ich heute ausgepackt. Die angesprochene Textstelle ist jetzt staubfrei.

Nein, Katharsis möchte man nicht sagen. Das schaute ja aus, als ob man damit kokettieren wolle:hmm:.

Auch wenn diese Textstelle nicht mehr existiert, muss ich schon sagen, dass du sie falsch verstanden hast. Eine Katharsis ist, sozusagen, die ultimative Form der Seelenreinigung, also jene, die am besten funktioniert. Doch ihre Grundidee ist Reinigung durch Leid. Emil wollte ausdrücken, dass dieser Tag auf hohem Niveau reinigend war, allerdings hat er dabei nicht gelitten, was den Ausdruck Katharsis unpassend erscheinen ließe.

Wie kann sie es wagen?
Sie gehört wohl wieder einmal kräftig durchgewalkt!

Was du damit sagen willst, ist mir nicht klar.

Lieber josefelipe, jetzt ist der Punkt gekommen, an dem ich mich fürs Lesen und deine Worte bedanken darf. Tatsächlich hat mir deine Kritik am besten gefallen, da mein Text dich anscheinend sehr aufgewühlt hat. So sehr, dass du mir eine

abgehobene Art

zuschreibst. Ich verstehe zwar nicht, wieso du das tust, aber ich freue mich darüber.

Dann sind wir beide zwar in einem Forum, doch in grundverschiedenen Abteilungen.

Ich hoffe, ich habe dich verschreckt. Natürlich ist hier genügend Platz für alle, aber es sollten sich auch alle überall wohlfühlen.

außerdem finde ich gut, dass Du Deinen eigenen Stil pflegst

Vielen Dank, aber wenn du frühere oder zukünftige Texte von mir liest, wirst du feststellen, dass das keineswegs mein Stil ist. Dieser Text, wie die meisten meiner Kurzgeschichten, war ein Experiment, und hier ging es vor allem um die Frage, ob ich mit dieser Sprachverwendung klar komme und ob ich romantische Literatur imitieren kann.

ganz gleich, was die banale Welt um Dich herum so alles anstellt.

In diesem Teil des Satzes ist allerdings richtig: Ich kümmere mich wenig um die banale Welt. Banales langweilt mich und für Langeweile habe ich wirklich keine Zeit.

Entweder ‚des Nachts’ oder ‚nächtens’.

Das habe ich ausgebessert.

To wrap it up: Vielen Dank nochmal für deine Kritik, sie war sehr interessant und anregend. Ich lade dich gerne ein, öfters in meiner "Abteilung" vorbeizuschauen. Wir haben tolle Sachen im Angebot.

Liebe Grüße,
Alveus

 

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