Katastrophenstimmung
In einer kalten Nacht im Dezember 2002 entdeckten Astronomen einen bis dato noch unbekannten Asteroiden, dessen Bahn-Verlauf in den kommenden Wochen berechnet werden konnte. Es zeigte sich, daß dieser Asteroid die Erdbahn kreuzen würde und etwa 10 Millionen Kilometer an der Erde vorbeifliegen sollte, es bestand also kein Grund zur Panik. Eine Kollision mit der Erde konnte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Für Amateur-Astronomen würde sich bei der größten Annäherung an die Erde eine einmalige Gelegenheit ergeben, den Durchgang eines großen Asteroiden zu beobachten.
Monate später, als sich der Asteroid schon auf einige hundert Millionen Kilometer der Erde genähert hatte, ergaben sich auffallende Differenzen zwischen der errechneten und der tatsächlichen Bahn des Asteroiden, die sich kaum erklären ließen. Aufgrund dieser neuen Erkenntnisse würde der Asteroid unweigerlich auf der Erde auftreffen. Eine Möglichkeit, den Asteroiten zu zerstören, oder ihn zumindest aus der Bahn zu werfen, gab es nicht mehr, die Maßnahmen würden einfach zu spät greifen.
Um die Öffentlichkeit nicht zu schockieren, informierte man zuerst die Machthaber und Politiker der jeweiligen Länder, doch einige wenige Informationen drangen nach Wochen an die Öffentlichkeit, die sich äußert schockiert darüber zeigte, wie wenig man doch von ihr hielt, wenn man sie nicht einmal vor dem möglichen Untergang der menschlichen Zivilisation warnte. Sekten formierten sich, die rasanten Zuspruch fanden. Kriminalität blühte auf, Morde waren an der Tagesordnung. Die staatliche Ordnung drohte in einem Molloch aus Gewalt zu ersticken. Hunderttausende Menschen flohen in höhergelegene Regionen, weil die begründete Annahme bestand, der Asteroid würde ins Meer stürzen. Aber ein gewaltiger Steinbrocken von 50 km und mehr Durchmesser würde in tausende Teile zerbrechen, von denen jedes eine Millionenstadt vollständig ausradieren konnte. Die Flutwelle bei einem solchen Ereignis würde noch tausende Kilometer von der Absturzstelle entfernt, 100 m und mehr hoch sein und alles vernichten, was sich ihr in den Weg stellte. Tausende Städte würden einfach von den Fluten weggerissen werden, hunderttausende Dörfer vernichtet werden, fast die gesamte Ernte wird vernichtet. Nur für wenige Menschen, die rechtzeitig vorgesorgt hatten, konnte es ein Überleben geben. Die Überlebenden würden sich auf einem technischen Niveau wieder finden, das nur wenig über dem der Steinzeit liegen würde. Aber immerhin, einige Menschen würden überleben.
Den Politikern und führenden Leuten in den meisten Staaten war es jedoch nicht genug, daß einige wenige überleben würden, sie wollten zu diesen Auserwählten gehören. In vielen Ländern der Erde gab es ja noch Atombunker aus den vergangenenen, unsicheren Zeiten, die zumindest einige von ihnen aufnehmen konnten. Schlägereien ungeahnten Ausmasses waren die Folge, da auch andere Menschen auf die Idee gekommen waren. Skrupellose Militärs machten rücksichtslos von ihren Waffen Gebrauch. Dabei kam ihnen überhaupt nicht in den Sinn, daß sie in diesen Bunkern fast genauso schutzlos waren, wie auf ebenem Land. Ein wenige Meter durchmessender Gesteinsbrocken konnte durchaus mehrere Meter Stahlbeton durchschlagen, wie mußte erst die Zerstörung eines Riesenmeteors sein?
Nur wenige Menschen konnten sich rechtzeitig mit Nahrungsmitteln eindecken und in die Berge fliehen. Der Rest der Menschheit konnte nur zusehen und soweit wie möglich in das Landesinnere fliehen, doch alle Straßen waren verstopft. Schon konnte man den nahenden Asteroiden mühelos mit dem bloßen Auge erkennen. Schon seit Monaten machte sich niemand mehr die Mühe, den Kurs dieses Körpers zu verfolgen, es war klar, er würde die Erde vernichtend treffen. Selbst die sonst so nüchternen Wissenschaftler hatten sich von der allgemeinen Panik anstecken lassen.
Als der Asteroit am Tag des Einschlages auf der Erde riesengroß am Taghimmel erschien, glaubte auch der letzte Mensch, daß der Tod unmittelbar bevorstand. Schon seit Tagen regnete es kleinere und größere Meteore, die erhebliche Schäden anrichteten. Größere Flutwellen jedoch blieben noch aus. Einige Städte brannten, niemand kümmerte sich mehr darum. Es gab kaum noch Einwohner in diesen Städten, nur wenige ältere Leute, die ihre Heimat nicht verlassen konnten oder wollten. Um sie kümmerte sich keiner mehr. Sie vegetierten nur noch dahin.
Nur wenigen Menschen fiel die Wende zuerst auf, sie konnten es nicht fassen, der Asteroid wurde wieder kleiner. Viele glaubten später ein leises Rauschen in der Athmosphäre gehört zu haben, so als würde der Asteroid noch die obersten Schichten der Atmosphäre streifen. Fest stand jedenfalls, der Asteroid hatte die Erde um Haaresbreite verfehlt, die Schäden waren dennoch enorm und warfen die Menschheit um Jahrzehnte zurück. Das Vertrauen in die Politik und die Astronomie war dahin. In der Folgezeit wurden dutzende Politiker ermordet. Nur langsam beruhigten sich die Volksmassen wieder. Nie konnte geklärt werden, wo der Fehler in den Berechnungen lag, der Asteroid hätte die Erde treffen müssen.