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Karibik mal anders
Kapitel 1
Die Polizei, dein Freund und Helfer
Es war an einem Donnerstag-Morgen an der malerischen Karibikküste der dominikanischen Republik als wir uns das zweite Mal - mit unserem für 3 Tage gemieteten Jeep - aufmachten, das Hinterland von Las Terrenas auf der Halbinsel Samana zu erforschen. Dieses Mal mit weniger Dünnpfiff (mein Darm hatte sich an Tag 5 endlich akklimatisiert), dafür frohen Mutes und mit dem festen Glauben, dass die „merkwürdigen Begegnungen“ mit den den Staatsdienern in den letzten Tagen nicht mehr getoppt werden könnten. Tja, wie man sich doch täuschen kann...
Nach ca. 30 Minuten Fahrzeit in unserem alpinweißen Suzuki-Schnuckelchen ohne einen einzigen Vorfall trafen wir wieder auf unsere Amigos der örtlichen Polizei. Wobei die korrekte Jobbezeichnung eher "die Jungs mit den Faschingskostümen und so tun als ob" lauten müsste!
Waren sie tags zuvor noch so kreativ und baten um eine Spende für „the repair of their motorcycle“, sollten sie heute noch einen draufsetzen. Wieder wurden wir an den Straßenrand gewunken und nach unserer Nationalität befragt. Dann zückte der Hauptmann der Truppe flink seine iPhone-Fälschung, kopierte einen spanischen Text in den google-Translator und präsentierte uns seinen heutigen Spendenwunsch. Dieses Mal sollten wir doch bitte für den „king of their children“ spenden...Häh??? No comprende!!
Entweder haben googles Programmierer beim Finalisieren ihrer Spanisch-Englisch-Übersetzungs-Software keinen guten Tag erwischt oder aber es gab auf dieser Insel tatsächlich einen „König der Kinder“. Es wird wohl ein Mysterium bleiben...
Hatten wir uns bei dem ersten Spendenaufruf noch knapp 5 Dollar für die „Motorradreparatur“ abschwatzen lassen, waren wir dieses Mal aber nicht gewillt, noch mehr Kohle für ein schlecht erzähltes Märchen zu löhnen. Vielmehr war ich kurz davor meinerseits den Kostümierten um eine Spende zu bitten und zwar für ein neues Paar Cowboystiefel mit frisch geschärften Sporen, die ich dann auch sehr gerne - mit einem Tritt in seinen A…. - einem ersten Belastungstest unterzogen hätte!! Gerade noch rechtzeitig fiel mir dann aber ein, dass Vulgärausdrücke in dieser Situation wohl eher eine suboptimale Wahl wären, von wegen „Beleidigung von Beamten“ respektive Kostümierten, die so tun als ob!
Also gaben wir uns ahnungslos, was wir im Grunde ja auch waren, und ließen die lustigen Monopoly-Scheinchen (was die einzig richtige Beschreibung für die karibischen Banknoten ist) im Portemonnaie stecken. Nach ca. 2 Minuten winkten uns die Cops dann auch entnervt, aber mit einem schelmischen Lächeln, weiter...Wahrscheinlich auch mit dem Wissen, dass man die Alemáns nicht zweimal verarscht!
Aber natürlich sollten wir noch ein drittes Date mit der Karnevalstruppe haben. Eine Woche später, zwei Tage vor unserer Abreise, mieteten wir erneut einen Geländewagen, fuhren die gewohnte Strecke und keine halbe Stunde später waren die Uniformträger auch schon wieder schemenhaft am Horizont, unter der tief stehenden Sonnen, zu entdecken.
Die Szenerie erinnerte an einen klassischen 60er-Jahre-Italowestern: Der Kleinstadtsheriff und sein Deputy reiten mutig der vierköpfigen Outlaw-Bande entgegen, in der Hoffnung das ungleiche Duell ohne Verletzungen aber vor allem lebendig zu überstehen. High Noon!! Nur dass in unserem Fall die Gesetzeshüter die Banditen waren.
War natürlich alles halb so schlimm. Schließlich ging es, anders als in einem Spaghettiwestern, nicht um Leben und Tod, sondern nur um unsere Moneten. „Also gut, gönnen wie uns den Spaß noch ein letztes Mal“, dachte ich mir. „Bin ja gespannt, welch hanebüchene Story sie uns heute auftischen werden“!
Allerdings waren wir dann doch sehr enttäuscht, als wir erneut die Motorrad-Reparatur-Story serviert bekamen. Den Cops fiel echt nichts Besseres ein, als uns mit der gleichen Geschichte wie beim ersten Spendenaufruf zu veräppeln. Scheinbar waren sie sehr schlecht auf ein drittes Treffen mit dem gleichen Touristenpärchen vorbereitet oder es fehlte ihnen einfach die Phantasie für mehr als zwei Stories. Der Innovativpreis war damit jedenfalls nicht mehr zu gewinnen.
Dafür fiel uns bei diesem erneuten Abrippversuch ein sehr interessantes Detail auf. Einer der Kostümierten stellte sich stets mit „Alejandro“ vor, auf der Brusttasche seiner Uniform stand jedoch „M. Kelly“. Ah ja, okay. Aber so ist das eben mit den Künstlern, da werden die Namen im gleichen Rhythmus gewechselt, wie das der Otto-Normal-Mann mit seinen Unterhosen tut - also alle paar Tage. Und was ein Puff Daddy und Prince können, kann ein Alejandro schon lange.
Natürlich „spendeten“ wir nicht nochmal für sein gequältes Motorrad, sondern gaben ihm wild gestikulierend zu verstehen, dass wir genau DAS schon letzte Woche getan hätten und ihm damals doch 200 Peso zusteckten. Ohne längere Diskussion, weil er uns wohl auch wiedererkannte und sich erinnerte, gab er uns dann zügig das erlösende Kommando: „Go!“.
Das war dann auch unsere letzte Begegnung mit den spendensammelnden und selbstlosen Karibikcops.
Kapitel 2
Drei Jeeps sind besser als einer! Oder: Autos kann man nie genug haben
Zurück zum Tage unserer zweiten Begegnung mit Alejandro und seinen Faschingskollegen. Die „Polizeikontrolle“ ohne weiteren unnötigen finanziellen Verlust überstanden, waren wir uns sicher, dass wir die verbliebenen läppischen 50km bis zu unserem Ziel auf der sicheren Seite waren. Hey, gimme five!! Pah...Denkste!!! Das Schicksal plant immer anders...
10 Minuten später - also nach karibischer Zeitrechnung pi mal Daumen 'ne gute Stunde - ein Aufschrei vom Beifahrersitz: „Ahhhh...jetzt bist du über etwas drübergefahren!“. „Wie? Wo? Ich habe nix gesehen!“. Ina kurz erwidernd: „Doch, doch, da lag etwas Spitzes auf der Straße!!“.
Und im gleichen Augenblick (also 2 karibische Minuten später) war es auch schon zu hören: „pffffffffffff...“. Reifen-Dünnpfiff vorne links!!
Also die nächste halbwegs sichere Stelle gesucht, um den Jeep zu „parke“ und den Reifen zu kontrollieren. Tja, der Reifen war so platt, wie Kate Moss flach ist!
Doch das Schicksal muss nicht immer ein gemeines Arschloch sein. Nein, manchmal ist es, - egal wie mies und übel es einem zuvor stets mitgespielt hat - dein Freund und legt sich wie ein warmer, schützender Mantel um deine Schultern. Dieser warme Mantel war eine super nette und hilfsbereite Einheimische, die einen kleinen Laden auf der gegenüberliegenden Straßenseite betrieb und unser Dilemma schon mitbekommen hatte. Und während wir noch mit unserer Car Rental-Agentur telefonierten, bot sie schon per Zeichensprache ihre Hilfe an.
Das war unser großes Glück, weil die Nichtskönner der Agentur, anders als versprochen, nämlich keinen Mitarbeiter mit englischen Sprachkenntnissen an der (Kein-)Service Hotline 24 Hours sitzen hatten. Ich hatte eher das Gefühl, dass das schnaufende Etwas am anderen Ende der Leitung GAR KEINE Sprachkenntnisse besaß oder aber ich hatte mich verwählt und die Dschungel-Sexhotline an der Strippe??! Ähhhm...nein...! Ich kam jedenfalls nicht wirklich weiter.
Also aufgelegt ein paar Minuten später nochmals angerufen und tatsächlich eine „an english speaking person“ erwischt, die mir aber nur mitteilen konnte, dass sie momentan keine Hilfe schicken könnten, weil alle Mitarbeiter unterwegs wären. Aber wir sollten doch bitte einen Einheimischen um Hilfe bitten, diesen bezahlen (aber nicht zu viel) und bekämen diesen Betrag dann von der Agentur erstattet...
Alles schön und gut, nur war das in in dieser Gegend nicht so einfach mit Hilfe organisieren, aber wir hatten ja noch unseren Joker - die Lädchenbesitzerin. Also weiter mit ihr „kommuniziert“ bis wir die Gute an dem Punkt hatten, dass sie mit dem Typen der Autovermietungsagentur telefonierte und er ihr erklären konnte, wie uns geholfen werden sollte.
Und tatsächlich kam die Sache in Gang. Mama Carribean schickte prompt den Ehegatten los, der hüpfte auf sein Moped und sauste in Richtung nächster Stadt davon. Die Wartezeit wurde uns mit Brausegetränken und Donuts versüßt, von denen die Besitzerin sicher auch sehr gerne lieber mal eher etwas zu viel als zu wenig naschte. Zumindest flüsterten uns das ihre Hüften. Aber hey, da bediente sie auch nur das Klischee, dass es sich die Menschen in der Karibik eben kulinarisch gut gehen lassen und gerne zeigen, was sie haben.
Nach ca. 20 (deutschen) Minuten kam dann eine Art Tanklaster aus der entgegengesetzten Richtung, in die der Ehegatte zuvor entschwand, was aber kein Tankwagen war, sondern ein Druckluftbehälter auf Rädern mit 2 Achsen. Keine Ahnung, wie man es anders beschreiben soll. Ist mir in Deutschland in gut 40 Jahren nie begegnet ;-)
„Ja toll, wir brauchen aber keine Luft für unseren durchlöcherten Reifen, sondern 'nen neuen Schlappen“, ging mir durch den Schädel. Aber der Gedanke hatte noch nicht meine letzte Hirnwindung verlassen, da kam der Ehegatte auch schon aus der anderen Richtung angerast, einen Automechaniker im Gepäck! „Dann kann's ja losgehen“, dachten wir uns in einem Anflug von Euphorie. Aber nein, weil der Trucker des fahrenden Druckluftbehälters doch tatsächlich erstmal Luft in den kaputten Reifen pumpte. Und das in aller Seelenruhe und obwohl ich auf das Loch im Reifen sowie die herausströmende Luft zeigte und mit dem Kopf schüttelte: „No, no, no, caputo... no aero!!!“. War ihm aber noch egaler als Tausend in Peking umfallende Fahrräder. Ganz nach dem Motto, wenn ich schon mal da bin, kann ich ja auch zeigen, was ich und mein überdimensionaler rollender Druckluftbehälter so alles können. Also fleißig Luft reingepumpt und... pffffffffff ....wieder raus... Anna-Nicole Smith...pffffffffff....Kate Moss.
Bis es dem Mechaniker zu blöd wurde und den Luftpumper beiseiteschob. „Kfz-Mechaniker stehen eben mehr auf Anna-Nicole als auf Kate Moss! Der will endlich wieder ein pralles Rad auf der Achse sehen“.
Knappe 10 Minuten (und einen schweißgebadeten Mechaniker) später war der Ersatzreifen dann endlich montiert!! Gimme ten!! Also bekamen wir wohl doch noch die Chance, unser Tagesziel zu erreichen. Also rein theoretisch!! Denn - natürlich - war das Reserverad weder neu, noch für normale Geschwindigkeiten, was hier 60 km/h bedeuteten, geeignet. Netterweise signalisierte uns der Schweißgebadete mit zwei nach unten wischenden Händen, dass wir bloß langsam fahren sollten und zeigte uns auch prompt den Grund dafür. An der Reifeninnenseite - und nur schwer zu sehen - war eine nette kiwigroße Beule. Der Mediziner würde „Aussackung“ sagen…
Ich kann mich nur wiederholen, was die Saubande der Agentur betraf, und möchte hierzu Ronny, den Kranführer zitieren: "Nichtskönner, originale Nichtskönner!!".
Also ging es zurück zum Hotel und zwar, wie empfohlen, mit gemächlichen 30 bis 40 Sachen. Irgendwann kamen wir schließlich auch an. Uhrzeit war dann auch egal. Wir waren ja im Urlaub ;-)
Jetzt mussten wir aber natürlich wieder das „gut geschulte“ Agenturpersonal informieren und hoffen, dass wir gleich mit dem ersten Call ein Sprachgenie erwischen würden. War dann aber auch tatsächlich der Fall. Schnell war geklärt, dass der Wagen am nächsten Tag abgeholt werden würde.
Am nächsten Morgen wartete der Car Rental-Agenturchef persönlich an der Rezeption und entschuldigte sich für den Vorfall. Fairerweise erließ er uns die Vermietungsgebühr für den dritten Tag und bot uns einen „special price“ an falls wir die folgende Woche nochmals eine Auto bei ihm mieten würden.
„Bloß nicht, die werden doch nicht so blöd sein“, werdet ihr jetzt denken. Stimmt, sagten wir uns im ersten Moment auch, aber wie groß wäre schon die Wahrscheinlichkeit einer zweiten Autopanne?
Also bekam Genaro, so hieß der Agenturboss, seine zweite Chance und wir einen günstigen Mietwagen. Wieder einen Suzuki-Jeep mit gleicher Ausstattung nur nicht in Alpinweiß sondern in einem schlichten Grau.
Schlüsselübergabe, kurzer Reifencheck und los ging’s. Nur nicht besonders lange... Nach einem Drittel der geplanten Fahrzeit, etwa 20 Minuten, passierte, was passieren musste. Wir hatten gerade den zweiten kleineren Ort erreicht als unser Jeep den Entschluss fasste, dass es für den heutigen Tag auch genug wäre. Schließlich war es wirklich extrem heiß und die Luftfeuchtigkeit nahe am Limit. Da kann selbst einer Maschine die Lust an der Arbeit vergehen. Mit anderen Worten, bei Tempo 40 schaltete der Motor ohne jede Vorwarnung einfach ab. Wir rollten an den Straßenrand, konnten die Karre noch einmal starten und dann war Feierabend. Rien ne va plus – nichts ging mehr!
Lost in paradise, zum zweite Mal. Wobei das „Lost“ natürlich nicht ganz korrekt ist, schließlich waren wir in einer bewohnten Gegend gestrandet und viel wichtiger, es gab ein funktionierendes Mobilfunknetz. Also wieder die Nummer der Agentur gewählt und direkt Erfolg gehabt. Genaro himself meldete sich und versprach schnelle Hilfe. Er wäre in etwa einer halben Stunde bei uns.
In der Zwischenzeit boten die Einheimischen Ina ihre Hilfe an und winkten uns auf die andere Straßenseite in den Schatten, wo auch zwei Stühle und ein Tisch bereitstanden. Jetzt hieß es also wieder warten. Die 30 Minuten noch nicht vorbei, da waren Genaro und sein Mechaniker auch schon mit einem Ersatzwagen vor Ort. Es folgte ein kurzes Frage-Antwort-Spiel, bei dem wir schilderten, was genau passiert war, dann nahm der Mechaniker, ohne weiteren Check des Motorraums, auf dem Fahrersitz Platz und gab mit grimmigem Blick zu verstehen, dass der Jeep in die Werkstatt müsse. Der Jeep hatte dann auch wieder Bock – die halbstündige Verschnaufpause reichte scheinbar, um zu regenerieren – und der Motor ließ sich starten. Zumindest würde es das Auto bis zur ortsansässigen Werkstatt schaffen.
Wir nahmen dann den Ersatzjeep - Genaros eigenen Wagen - und kamen eine Dreiviertelstunde später, ohne weitere Pannen, an unserem Ziel an.
Am nächsten Tag erfuhr ich bei der Rückgabe des Suzuki dann auch den Grund der Motorpanne. Genaro erzählte mir, recht peinlich gerührt, dass er vor dem Start mit dem Ersatzwagen extra nochmal Reifendruck, Kühlwasser und Ölstand geprüft hätte, um weitere Pannen auszuschließen. Leider hatte er dann aber in der Eile den Kühlwasserdeckel nicht richtig geschlossen. Tja, dass der Motor nach gut 20 Minuten dann keine Lust mehr hatte, war jetzt auch klar. So fast komplett ohne Grundnahrungsmittel und kurz vor der Dehydratation macht selbst der fitteste Marathonläufer sehr schnell schlapp.
Genaro tat mir dann auch leid. War das mit uns doch eher ein Minusgeschäft: Ein Reifen platt, Reserverad ebenfalls nicht mehr zu gebrauchen und dann auch noch die Kosten für die Motorreparatur an der Backe. Trotzdem verabschiedete er mich mit einem netten: „Wish you a good time. Kind regards to your wife. See you next time!“. „Ähm…ja, mal sehen“, dachte ich mir, klopfte ihm auf die Schulter und antwortete: „Thank you. It was nice to meet you. Bye!“.
Kapitel 3
Vom Kellner, der keiner war. Bewirtung auf einem noch nie dagewesenen Niveau!
Wie in jedem anderen Land unseres manchmal seltsamen Planeten gibt es auch in der Dominikanischen Republik Leute, die ihren Job gerne und mit Freude ausüben - manche sogar mit Passion und es gibt die, die nur mit Widerwillen ihre tägliche Arbeit verrichten und sie mehr als Strafe betrachten.
Der Chefkellner unseres Hotelrestaurants, nein stopp, völlig falsch formuliert und ich möchte die Zunft der Kellner und die Gastronomie an sich auch nicht beleidigen, also nochmal von vorn: Der Häuptling der Mahlzeitenausteiler unserer Hotelkantine gehörte zu der Gattung, die Arbeit eher als böse Laune der Natur und notwendiges Übel ansehen.
Warum wollt ihr wissen? Wir waren genau dreimal in diesem Schuppen essen und selbst beim dritten Mal beherrschte er nicht das kleine Einmaleins des Servierens.
Das erste Mal lasse ich noch durchgehen, weil man Messer, Gabel und Servietten schon mal vergessen kann, wenn der Gast nach der Anreise eh nur eine Portion Pommes für den kleinen Hunger bestellt. Schließlich hat auch der gemeine Deutsche 2 gesunde Hände und der Tisch eine gemusterte Tischdecke, die das Fett der Pommes sehr nett kaschiert, nachdem man sich die Fingerchen daran abgeputzt hat.
Randnotiz: Die Pommes waren lecker. Gab dann einen Pluspunkt!
Randnotiz 2: Zwei Tische weiter, an dem aber keiner saß, konnte man das famose Trio aus Messer, Gabel und Serviette entdecken. Grundsätzlich hatte der Essensbringer also wahrscheinlich schon mal Kontakt mit Besteck und Co.
Aber egal und wie gesagt, beim ersten Mal muss man den Gast und seine Essgewohnheiten ja erst noch kennenlernen…
Am nächsten Abend, frei nach dem Sprichwort „Einmal ist keinmal“, bekam der Gute also nochmal eine Chance. Wir wollten einen Salat essen und weil wir noch einen fast vollständig gedeckten Tisch entdeckten, gaben wir uns einen Ruck. Salat ohne Besteck wäre dann doch nicht so prickelnd gewesen.
Kaum Platz genommen, brachte er uns auch schon - mit einem tausendmal vorm Badspiegel geübten, aber dennoch wenig überzeugenden und sehr gequälten Lächeln - die Speisekarte. Zwei Flaschen Presidente und eine Sprite waren schnell geordert und wurden auch überraschend zügig und unfallfrei serviert. Getränke bringen konnte El Loco, wie ich ihn der Einfachheit halber ab sofort nennen werde, also rasch und zielsicher. Okay, er hatte neben uns auch nur noch einen weiteren Tisch zu managen. Das sollte sich aber noch ändern und dann wurde es richtig konfus! Daher auch mein gewählter Spitzname...
Die Flüssignahrung auf dem Tisch konnten wir nun das Essen bestellen. Salat für Ina und, soweit ich mich erinnere, Pasta für mich. Das Schauspiel durfte beginnen.
Inzwischen waren aus den zwei zu bewirtenden Tischen fünf geworden und während wir noch auf unsere Gerichte warteten, musste es El Loco jetzt gebacken bekommen, bei drei neu hinzugekommenen Tischen die Getränkebestellungen aufzunehmen und - für ihn noch schlimmer - korrekt zu servieren.
Ina und ich saßen mit Blick in Richtung Bar. Somit blieb uns kein Detail seiner Konfusion verborgen.
Er lief also mit dem ersten Tablett Getränke los - es waren ungefähr 20 Meter bis zu Tisch 1 - und mit jedem Schritt kam eine Fragezeichen hinzu, das man seinem Gesicht ablesen konnte: „Hmmm, welcher Tisch hatte jetzt nochmal den Wein und die Coke bestellt?!“.
Dann machte er auf halbem Wege halt, kehrte zur Bar zurück, wechselte zwei Sätze mit dem Barkeeper und schlenderte wieder in Richtung Tisch Numero Uno. Das Ganze wiederholte sich an dem Abend noch zwei- oder dreimal, aber zwischenzeitlich bekamen wir unser Essen serviert. Und die größten Herausforderungen standen El Loco noch bevor.
Mein Gericht war ganz okay, ich konnte jedenfalls nicht klagen. Sah aus und schmeckte, wie es sein sollte. Tim Mälzer, Jamie Oliver, Steffen Henssler und der Rest der jungen hippen TV-Köche hätten zwar keine Luftsprünge gemacht, von Heidi Klum hätte es kein Foto fürs Weiterkommen gegeben und der Bachelor hätte auch keine Rose verteilt, aber von mir, dem Mitvierziger aus dem Odenwald gab es gute 6,5 von 10 Sternen.
Als ich dann aber in Inas verdutztes Gesicht und sie in ihrem Salat graben sah, wusste ich, dass sie wohl weniger Glück bei ihrer Essenswahl hatte. Sie grub und wühlte...Ich wollte ihr schon zuflüstern, dass es hier sicher nicht wie beim Überraschungsei sein und ihr der Salat keine 3 Wünsche auf einmal erfüllen wird - von wegen Spiel, Spannung und Schokolade. Es wird kein gelbes Plastikoval im Salat zu finden sein! Aber bevor ich diesen blöden Kommentar von mir geben konnte, sagte sie schon: „Ähmm...da fehlt das Dressing!“.
Da wir auf auf unserem Tisch auch keine Essig/Öl-Garnitur, geschweige denn Pfeffer und Salz vorfanden und auch sonst nur eine Garnitur im ganzen Speisesaal zu erspähen war, mussten wir also wieder El Loco herbeiwinken. Vor allem aber hätte der Salat schon vom Küchenchef ein Dressing spendiert bekommen und dann entsprechend serviert werden müssen. Essig-Öl wäre da eh nur die Notlösung gewesen…
Also versuchten wir El Loco die Sachlage zu erklären, was sich bei fehlenden Englischkenntnissen seinerseits und nicht vorhandenen Spanisch-Vokabeln unsererseits als hoffnungsloses Unterfangen herausstellte. Irgendwie wollte er uns aber weismachen, dass DIESER Salat ohne Dressing serviert wird, jedenfalls hatten wir sein wildes Gefuchtel und Zeigen auf die Speisekarte so gedeutet. „Ja klar, natürlich. Glaubt der wirklich hier sitzen zwei Kühe, Ziegen, Esel, irgendein anderes wiederkäuendes Säugetier oder Schildkröten, die ihren Salat gerne als Rohkost und ohne Dressing verzehren??!“. Ich war kurz davor etwas in diese Richtung zu sagen, da fiel es mir wie Schuppen von den Augen: Na klar, der hält uns für ein Rindvieh und 'ne Zicke. Diese nie zufriedenen Deutschen!!
Aber nach dem Ende seines Salat-Exkurs' brachte er die Schüssel dann zurück in die Küche, obwohl ich ihn durch Deuten auf die Essig/Öl-Garnitur darauf hinwies, dass uns dieses einfache Dressing schon reichen würde. War aber auch okay, der Chefkoch würde ja sicher ein besseres Dressing zaubern als das, was wir mit Essig/Öl und Salz/Pfeffer hätten zubereiten können...
Verwundert, warum der getunte Salat nach gut 10 Minuten immer noch nicht neu kredenzt wurde, wollten wir schon wieder den Finger heben. Doch exakt in diesem Moment steuerte El Loco, aus der Hobbyküche kommend, zielsicher auf uns zu (mit einem einzelnen Gericht hatte er eine erstaunlich hohe Trefferquote) und stellte die Schüssel, ohne einen weiteren Kommentar, auf unseren Tisch. Kurzer Blickkontakt und weg war er.
Dann ein Blick von mir zu Ina, und war es beim ersten Servieren des Salates noch ein verdutzter Gesichtsausdruck, so war es dieses Mal schon nicht mehr der Komparativ (verdutzterer), sondern Minimum der Superlativ (verdutztester Gesichtsausdruck ever)!!!
Hatte uns der Typ doch den Salat GENAUSO wieder auf den Tisch gelatzt, wie er ihn zuvor zum Koch brachte, also wieder OHNE Dressing. Nach mehr als 10 Minuten und ohne eine Erklärung!! Erst als wir ihm nochmals zuwinkten, kam er an unseren Tisch und murmelte uns mantramäßig etwas vor! Wir deuteten wieder auf die Essig/Öl-Garnitur, so lange bis ihm endlich ein Lichtlein aufging und er uns den Salatretter brachte...
Während wir dann unsere Mägen stopften, wurde die Konfusion natürlich nicht besser. Bis zum Ende unseres „Abendmahls“ beobachteten wir, wie 3 weitere Gerichte von insgesamt 4 Tischen zurück in die Hobbyküche wanderten - darunter auch ein Teller mit einem fetten Lobster- und dort ausgetauscht wurden...oder auch nicht.
Lediglich das russische Paar neben uns aß sein Menü so wie es war. Die Russin musste zwar auch einmal Soße nachordern und das per minutenlangem Winken, aber das fällt dann doch eher unter die Rubrik „Peanuts“.
Wer jetzt glaubt, dass das nicht mehr getoppt werden konnte, liest weiter und reibt sich verwundert die Augen.
Ich weiß, ich weiß, all das Geschriebene ist sehr negativ und der eine oder andere denkt jetzt „die stellen sich aber auch an“. Richtig! Kann man so sehen, muss man aber nicht. Weil es eben auch anders laufen konnte.
Die beiden folgenden Abende waren wir nämlich einmal in einem französisch und einmal in einem deutsch geführten Hotelrestaurant. Beide aber auch mit einheimischen Kellnern und Landesgerichten. Sämtliche Tische waren komplett gedeckt und die Kellner höflich und aufmerksam. Die Gerichte waren lecker und die Speisen mit Dressing, Saucen usw. Das der Fairness halber bevor es im nächsten Absatz um unser drittes Date mit El Loco geht...
Wir lagen um die Mittagszeit am Hotelpool und wollten den kleinen Hunger mit einem ebenso schmalen Snack vertreiben, ohne extra zu einem anderen Restaurant marschieren zu müssen. Wie am Abend unserer Anreise gewann eine kleine Portion Pommes die Abstimmung. Also die paar Schritte zu den Tischen rüber geschlappt, auf die unbequemen Holzstühle gepflanzt und auf El Loco gewartet. Musste gerade ER heute die Mittagsschicht schieben?!
Was soll's, die French Fries würden ihn schon nicht überfordern. War natürlich, ihr ahnt es schon, ein sehr sehr sehr frommer Gedanke. Die Bestellung an sich war schnell erledigt. „French Fries, si!“, bestätigte El Loco unseren Essenswunsch, schrieb es in seinen Mahlzeitenausteiler-Notizblock und verschwand in der Hobbyküche.
Dann hieß es warten...und warten...und warten. Fast eine geschlagene halbe Stunde später immer noch keine frittierten Kartoffelsticks in Sicht, nicht mal der Duft von Pommes lag in der Luft. Das Mädchen am Nebentisch wurde auch schon ganz quengelig, brabbelte es doch ständig mit hungrigen Augen „Papa Fritas! Mama, Papa Fritas!??“. Aber Mama konnte ihr auch keine schnitzen.
Schließlich wurde es Ina zu bunt und stapfte an die Bar, wo sich El Loco verkroch. Irgendwie schien er inzwischen einen Mix aus Angst und Abneigung uns gegenüber entwickelt zu haben. Am liebsten hätte er sich wohl verdünnisiert, sobald er uns sah. "Die Simpsons"-Fans können sich sicher an folgende Szene erinnern: Homer verschwindet rückwärts "schwebend" in einer Hecke. Genau das war auch die Idee des Planlos-Kellners...
Aber es war nun mal gerade keine Hecke in Sicht und so konnte er Inas unangenehmer Frage, wo denn nun die Pommes blieben, nicht ausweichen. Aber er tat es irgendwie doch, weil er nämlich - wieder ohne Kommentar in Form eines ganzen ausformulierten Satzes - in der provisorischen Küche verschwand und einen jungen Knaben zu uns entsandte. Der Jungspund, wohl auch einer der Kellner, sprach etwas Englisch und hatte den Auftrag uns folgende unangenehme Nachricht zu überbringen: „I'm so sorry. Papa Fritas are out. I'm really sorry!“. Und trottete anschließend zurück in das Küchenverlies...
Geil, eine halbe Stunde gewartet, nur um zu erfahren, dass der Hotelbesitzer am Vortag wohl zu wenig eingekauft bzw. ihm die Kalkulationssoftware seines Windows 95-Rechners falsche Werte ausgespuckt hatte.
Aber es kam noch besser. Denn kaum war der Nachrichtenübermittler weg, traute sich El Loco wieder aus seinem imaginären Buschversteck hervor und pfefferte uns als Pommes-Ersatz ein hübsch geflochtenes Weidenkörbchen mit 4 dünnen gerösteten Scheiben Baguette auf den Tisch! Mahlzeit und Danke, aber wir gingen dann doch lieber woanders auf Nahrungssuche.
Auf unsere überraschten Gesichter will ich an dieser Stelle gar nicht mehr eingehen, wurde ja bei Inas Salatbestellung schon eingehend getan und war in diesem Fall deckungsgleich. Aber was sich mir beim Verlassen der Kantine ins Gedächtnis gebrannt hatte, war der traurige Gesichtsausdruck des Mädchens vom Nebentisch als sie ihre Chicken Wings ebenfalls nur mit fadem Toastbrot - anstatt der geliebten Papa Fritas - serviert bekam. Noch trauriger schaut ein Kind wohl nur an Heiligabend, wenn es nicht das auf Platz 1auf dem Wunschzettel notierte iPhone 8 sondern ein gebrauchtes Nokia 3310 geschenkt bekommt.
Abschließen will ich das Kapitel mit einer Vermutung, einer Empfehlung und einer Beurteilung.
Ich vermute, dass El Loco einfach nur ein Opfer des Ursula von der Leyen-Prinzips ist, die bekanntlich auch bald alle Ministerämter durch hat. Nur dass El Loco, anders als unsere verehrte Bundesverteidigungsministerin, seine Jobs nie freiwillig wechselte, sondern das Hotel diese Job-Rotation vorschrieb. Wie sollte der gute Mann also wissen, wie man in der Gastronomie professionell einen Kunden bedient, wenn er im Monat zuvor noch als Zimmermädchen die Betten machte, den Raum durchwischte und Handtücher wechselte?
Und wieder 4 Wochen vorher stutzte er womöglich als Gärtnerazubi die Palmen, bewässerte den Rasen und pflanzte hier und da ein neues Blümchen...Also alles keine Tätigkeiten, die den Kontakt mit Gästen erforderten. Aber wie gesagt, sind alles reine Vermutungen.
Empfehlen möchte ich unsere Hotelkantine meinem Lieblings-Exmanager Reiner "Calli" Calmund, sollte er sich jemals wieder zu einer Diät durchringen. Es muss nicht immer das Luxuskurhotel in den Schweizer Alpen oder ein anderes sündhaft teures Schickimicki-Resort sein, um abzuspecken. Nein, hier bei El Loco und den anderen Nichtskönnern reduziert man ganz zwanglos, ohne Druck und fast schon nebenbei seinen Hüftumfang auch ohne Kuren, Bäder und Gymnastik. Sei es a) weil es einfach keine kompletten Gericht gibt oder b) man irgendwann das Essen komplett einstellt!!
Meine Beurteilung: In Deutschland jammern wir ja gerne und bemühen oft den Begriff "Servicewüste Deutschland", aber wenn unsere schöne Heimat in Sachen Service einem öden Trockengebiet gleichen soll, dann ist das hier das Universum vor dem Urknall. Ganz viel von einem dunklen Nichts. Die Ursuppe!!!
Kapitel 4
Die Kakerlake, die vor dem Schimmel des Hotelzimmers kapitulierte!
War unser Zimmer am Tag der Anreise noch sehr ansprechend hergerichtet - mit dem üblichen Handtuchschwan auf dem King Size-Bett, zwei geschickt platzierten Lichtern, die den Raum "romantisch" ausleuchteten sowie einem erfrischenden Duft - sah das am nächsten Morgen schon ganz anders aus und roch auch nicht mehr nach Zitrusfrucht.
Der Schwan wurde logischerweise schon am Vorabend geschlachtet, weil das Handtuch zum Sortiment der Badeinrichtung gehörte, und so ein Federvieh auch einfach nichts im Bett zu suchen hat. Stattdessen konnte man eine Unmenge an kleinen schwarzen Flecken auf dem Moskitonetz erkennen, die das schummrige Licht 12 Stunden zuvor geschickt verbarg. Und der muffige Duft, der das Duell gegen die Zitrusnote aus der Raumspraydose über Nacht gewann, war ebenfalls klar zu deuten: Schimmel!
Bei Schimmel gibt es für mich normalerweise nur eine Option: Zimmerwechsel. War nur nicht so einfach, denn das Hotel war nicht nur ausgebucht, sondern überbucht, so dass tags zuvor ein Paar, das mit uns im gleichen Zubringerbus saß, sogar in ein Nachbarhotel "abgeschoben" werden musste. Also blieb uns nichts anderes übrig als die Schimmelbude zu akzeptieren!!
Aber gut, mit geschickter Air Condition-Taktung und Schlafen bei geöffneter Tür konnte man den Muffmolchgeruch einigermaßen in den Griff bekommen. Dass die Tür nachts offen stand war nicht weiter schlimm. Wir hatten immerhin einen Wachmann, der zuvor sicher auch mal Kellner oder Gärtner oder Zimmermädchen war...aber lassen wir das ;-) Wie in Kapitel 3 beschrieben: Alles nur vage Mutmaßungen.
Jedenfalls gab es diesen einen Wachmann, der sicher auch die Fähigkeiten besaß und Manns genug war, alle 4 bis 5 Hotelein- bzw. zugänge alleine zu überwachen. Und wenn nicht gab es ja auch noch die beiden Hotelhunde, einer davon ein Dobermann, der nur noch mit Müh und Not eine Pfote vor die andere setzen konnte und das sicher nicht schmerzfrei. Zweifelsfrei keine Verstärkung, wenn es darauf ankommen sollte.
Den anderen Vierbeiner hatte sich der Hotelbetreiber scheinbar nur als Joggingpartner zugelegt, weil er ansonsten nie zu sehen war. Des Nächtens wäre er also auch keine Hilfe gewesen, musste er sich in den Abendstunden doch von den Läufen mit seinem Besitzer erholen.
Aber zurück zum eigentlichen Feind. Wie schlimm und mächtig Schimmel sein kann, wurde uns ein paar Tage später eindrucksvoll demonstriert.
Wieder war es ein „Aahhhh..." von Ina, als mir bewusst wurde, dass etwas nicht stimmte. „...da rennt eine Kakerlake und was für ein Vieh!“.
„Kammerjäger gehört also nicht zu den Hoteljobs“, dachte ich mir „oder halt, vielleicht war ja El Loco vor seiner Tätigkeit als Mahlzeitenausteiler mit der Giftspritze in den Hotelzimmern unterwegs. DAS würde den Kakerlakenbefall erklären!“. Wir alle wissen ja inzwischen, wie gewissenhaft und mit welcher Sorgfalt er seinen Pflichten als Arbeitnehmer nachkam.
Egal, die Schabe war jedenfalls so groß, dass Sonja Zietlow und Daniel Hartwich ihre helle Freude daran gehabt hätten, den Sechsbeiner ihren C- und D-Promis im australischen Dschungel-Camp als Zwischenmahlzeit zu servieren. Dieser Apparat wäre locker gut für ZWEI Sterne, einen großen Mund vorausgesetzt, der das Vieh mit einem Happen verschlingen könnte.
Bevor ich „La Cucaracha“ auf die Pelle rückte, kam mir noch die Idee unsere süßen kleinen Mitbewohner, die Geckos, als Armada auf das Krabbelvieh zu hetzen. Allerdings waren die in der Tat so klein, dass ich nicht wusste, wie der Kampf vier Geckos gegen eine Monsterschabe enden würde. Die Chancen der Saugfüßer wären aber sicher nicht die besten gewesen...
Also wurde ich zum Kammerjäger bestimmt und nach kurzer Rücksprache mit Ina, ob das Ungeziefer diesen Raum tot oder lebendig verlassen sollte, lautete das Urteil: Keep the bug alive und "bitte in einem Stück". Sie wollte keinen Käferbrei in unserem Zimmer und wer wusste auch schon, ob das Vieh nicht hunderte von Eier unter seinem schützenden Chitinpanzer trug. Zermatschen wäre also wirklich eine eklige Angelegenheit geworden.
Mit Zahnputzbecher und Brigitte-Zeitschrift bewaffnet ging es dann auf die Jagd. Und die ersten 5 Minuten glich die Szene einem Tom & Jerry-Kurzfilm, ich, oh Wunder, in der Rolle des Tom, die Schabe war Jerry-Mouse.
Es spielte sich exakt wie in jeder Verfolgungsjagd meiner Kindheitshelden ab, nur dass ich, anders als der blaue Kater, nicht alle paar Sekunden was vor den Latz geknallt bekam, durchsiebt oder abgefackelt wurde. Aber genau wie Tom, war ich stets der Loser, weil sich das Mistvieh immer in irgendeinem Loch des morschen Kleiderschranks, in den Ritzen der Badezimmertür oder unter der Waschbeckenkonstruktion verkroch.
Wie gesagt, 5 Minuten demütigte mich diese Ausgeburt der Hölle nach Lust und Laune und ich war kurz davor, den ursprünglichen Plan zu verwerfen, den Becher und die Zeitung gegen meinen Badeschlappen Größe 44 auszutauschen und El Cucaracha in den Schabenhimmel zu schicken. Matschepampe hin oder her. Aber dann demonstrierte uns der Schimmel seine ganze Macht, zumindest kann ich es mir nur so erklären, was plötzlich geschah.
Der Käfer krabbelte mit halber Kraft aus seinem Schrankversteck, schaute mich kurz mitleidsvoll an - jedenfalls deutete ich den "Blick" aus den tiefschwarzen Facettenaugen so - drehte sich auf den Rücken und zappelte anschließend unkoordiniert mit dem halben Dutzend Beinen! Das Vieh war so fertig, wie Real Madrids linker Außenverteidiger Marcelo nach einem 90-Minuten-Duell gegen Lionel Messi, der ihn alle paar Minuten austanzt und wie ein Schuljunge aussehen lässt.
Ähnlich fix und fertig war nur noch der Mechaniker einige Tage zuvor, nachdem er unser Reserverad bei 30 Grad im Schatten montiert hatte.
Aber was wollte El Cucarcha nun von mir? Was hatte diese Unterwerfungsgeste zu bedeuten? Und was sollte das surrende und zirpende Geräusch? Ich verstand ja kein Spanisch und schon gar kein Schabisch!
Das Zappeln mit den 3 Beinpaaren wurde immer wilder und die Geräusche lauter. Ich war ratlos und stand auf dem Schlauch. Mir ging es also ähnlich wie El Loco bei seinen regelmäßigen Blackouts, wenn es um das Zuordnen von Getränken und Speisen ging. Doch wurde mir klar, die Schabe wollte die weiße Flagge hissen, wollte raus hier aus dem Schimmelbunker, frei nach Purple Schulz "weg hier, ganz weit weg, raus...".
In diesem Augenblick wurde uns erst klar, wie übel Hausschimmel der Gesundheit zusetzen kann. Wenn eine Kakerlake - die erwiesenermaßen den widrigsten Umständen trotzt, mit Hitze und Kälte klar kommt, der selbst Radioaktivität kein Fühlerchen krümmen und die gar ohne Kopf noch tagelang weiterleben kann - freiwillig aus unserem Zimmer ausziehen will, dann würden unsere Lungenflügel hier auch keine entspannte Zeit haben.
Okay, jedenfalls kam ich dann dem Wunsch des sich ergebenden Käferleins nach, schob es mit der „Brigitte“ sanft in meinen Zahnputzbecher und brachte es dann raus an einen besseren Ort - weg, ganz weit weg. Zu seiner und unserer Zufriedenheit. Kaum aus dem Becher draußen, war El Cucaracha auch wieder putzmunter und krabbelte gechillt davon. Mir war sogar so als ob sie mir dankbar mit den Fühlern zuwinkte. Hach...ist es nicht schön?!
The final chapter
Die Hotelanlage und ihre Betreiber - Style over substance!
Das letzte Kapitel möchte ich dem „hochkompetenten“ und stets bemüht freundlichem Hotelbetreiberpärchen widmen.
Schauspielerisch war das allerhöchstes Niveau, Darstellerkunst vom Feinsten. Musste Leonardo diCaprio jahrelang auf seinen ersten Oscar warten, gäbe es für diese Beiden direkt bei ihrer ersten Nominierung keine Konkurrenz in den Kategorien „beste männliche Hauptrolle“ und „beste weibliche Nebenrolle“. Diese gespielte Freundlichkeit könnten selbst Robert deNiro und Meryl Streep nicht besser auf die Leinwand zaubern und wären ohne jeden Zweifel chancenlos.
Nebenbei und nicht zu vergessen: El Loco bekäme von mir persönlich die Auszeichnung für sein „Lebenswerk“. Wer hat schon die Gabe mit so wenig Professionalität, ohne jeden Tatendrang und völlig talentlos - und damit trotzdem immer noch ein Level über dem seiner Chefs - einen Job nach dem anderen in den Sand zu setzten. Meiner Meinung nach muss auch solch eine Gabe gewürdigt werden, weil sie schlicht und einfach einzigartig ist.
Aber zurück zu unserem Haupt- und seiner Nebendarstellerin. Er, eine Mischung aus Cristiano Ronaldo mit gezupften Augenbrauen, immer adretter Frisur und gesunder Bräune (aber ohne Cristianos atlethischer Figur), Barkeeper (wo er sich auch meistens aufhielt) und Möchtegernhotelier.
Sie, eine menschgewordene Spargel, also wenig tailliert bzw. eher kurvenlos, recht weiß und manchmal etwas holzig. Dafür aber mit hipper, zweifarbig blond gefärbter Kurzhaarfrisur, die wohl ihren gechillten Lebensstyle wiederspiegeln sollte. Zugutehalten musste man ihr aber, dass sie ihre gespielte Freundlichkeit immer mit einem einwandfreien blend-a-med-Lächeln untermauerte. Ihn sah man nämlich eigentlich nie lächeln und wenn doch, dann eher roboterhaft: Arnold Schwarzeneggers Terminator lässt grüßen...
In diesen Momenten flüsterten Ina und ich uns stets dasselbe zu: „Jetzt muss er wieder an seine marode Anlage denken und was das alles an Kohle verschlingen wird, wenn die Renovierung nicht mehr aufzuschieben ist!“.
Er war übrigens Italiener und sie gebürtige Schweizerin. Das aber nur nebenbei und überhaupt nicht wertend. Wobei ich mir in der Anlage schon etwas italienische Lebensfreude und Charme, aber vor allem schweizer Zuverlässigkeit und Sauberkeit gewünscht hätte. Aber was bin ich eigentlich so undankbar? Was hätte ich denn zu schreiben, ohne meine beiden europäischen Genies und ihr Traumresort?!!
Unser Traumpaar hatte, wie wir inzwischen erfahren haben, die eigentlich ganz schnuckelige und schön gelegene Anlage wohl erst um 2015 rum erworben und seitdem scheinbar auch keinen müden Peso mehr in die Erhaltung des Komplexes gesteckt. Garten und Strand sahen zwar aus wie auf der Homepage bebildert und waren absolut okay, aber das Restaurant (Kantine), die Hobbyküche (in die ich einen kurzen Blick werfen konnte) und die Zimmer kannten den Begriff Pflege nur aus dem Duden, wo man ca. auf Seite 987 folgende Definition findet: „Behandlung mit den erforderlichen Maßnahmen zur Erhaltung eines guten Zustands“.
No, no, no!! Diese Maßnahmen waren hier zu 100% keinem Mitarbeiter geläufig. Wobei „Mitarbeiter“ hier auch nicht das korrekt gewählte Substantiv ist, setzt es doch die Tätigkeit „Arbeiten“ im Allgemeinen und vor allem das „miteinander Arbeiten“ im Speziellen voraus. Also erneut zwei Begriffe, mit denen in diesem Hotel keiner etwas anfangen konnte.
Kommen wir zu unserem Zimmer, dessen Zustandsbeschreibung ich im vierten Kapitel ja schon angerissen hatte. Aber das war natürlich nur die halbe Story. Bereits in der ersten Nacht fing die Air Condition an zu lecken. Erst bahnte sich nur ein munteres kleines Rinnsal vom Gehäuserand des Luftkühlers seinen Weg an der Wand entlang in Richtung Fußboden, wenige Minuten später glich das Rinnsal aber schon einem Nebenarm der Donau, etwa im Maßstab 1:100.000, und - kurz bevor wir das Ding ausschalteten - verdoppelte das Flüsschen sein Volumen, so dass es für jeden Modelleisenbahn-Bastler keine Herausforderung gewesen wäre, den Kasten als einen Teil der Niagarafälle in sein Bergpanorama zu integrieren.
Also schliefen wir die erste Nacht ohne künstlich gekühlte Luft.
Am nächsten Tag, nach einem kurzen Chill am Pool, schlurften wir zur Rezeption und reklamierten die defekte Klimaanlage direkt bei Cristiano Ronaldo himself. Damals war der Typ noch voller Eifer, ganz der Hotelmanager, und griff sofort zu seinem Smartphone: „No problem. I call my facility manager. He will fix the air condition!”. Wir sollten einfach im Zimmer auf ihn warten. Er käme sofort vorbei, was auch der Fall war und die Reparatur wäre schnell erledigt.
Komisch fand ich schon, dass der angebliche Hausmeister doch recht milchbubihaft rüberkam und maximal 14 Jahre alt war. Aber gut, mein Talent für das Schätzen eines Alters war noch nie besonders ausgeprägt und vielleicht hatte er sich dank asketischer Lebensweise auch einfach nur super gehalten.
Seltsam war aber auch, dass ich meinte mich daran erinnern zu können, wie derselbe Knabe nach dem Frühstück den Strand ablief und seine selbstgeschnitzten Holzfiguren verkaufte.
Also schon wieder ein Multitalent?? Vielleicht ein Neffe El Locos oder noch schlimmer, etwa sein Sohn? Auf der anderen Seite liegt das Reparieren von Klimageräten und Bearbeiten von Palmenholz auch nicht sooo weit auseinander, als dass man meine beide Fähigkeiten nicht kombinieren könnte. Das redeten wir uns wenigstens ein, in der Hoffnung, dass er das Ding schnell wieder zum Laufen bringen würde, weil Ina ihren nassen Bikini wechseln und eine Dusche nehmen wollte. Da der Nachwuchshausmeister aber sowohl Schlafzimmer als auch Bad in Beschlag nahm, musste sie auf jeden Fall warten bis der Bursche sein Date mit der Air Condition beendet haben würde.
Wir machten es uns also auf der Zimmerterrasse bequem, wobei „bequem“ in diesem Fall ein genauso dehnbarer Begriff, wie die Formulierung „die Reparatur wäre SCHNELL erledigt“, war. Das Sitzangebot bestand nämlich aus einem für den deutschen Rücken sehr harten Holzsessel und einer ebenso kreuzschädigenden Betonbank. Aber uns blieb nichts anderes übrig und die paar Minuten bekämen wir schon rum.
Der Hausmeisterjüngling stellte inzwischen sein Leiterchen auf, wählte mit fachmännischem Blick einen seiner rostigen Schraubenzieher, stieg 4 Stufen nach oben und stellte sich der nässenden Klimaanlage vor. Sie hatte den Erstkontakt kaum mit einem satten Brummen erwidert, schlappte der Casanova schon wieder die Trittleiter hinunter und wechselte den Schraubenzieher. Dann wieder das Klapperteil nach oben, das neue Werkzeug an der ersten Schraube angesetzt...passt!
Schnell war dann auch das Gehäuse entfernt und die Air Condition „entkleidet“, so wie ein Casanova das eben bei jeder Lady hinbekommt.
Jetzt stand er also vor den Innereien der Anlage und wusste nicht so recht weiter. Er tappte wortwörtlich im Dunkeln, weil die fahle Zimmerbeleuchtung auch gar keine nähere Inspektion zuließ. Bemerkte er dann aber auch recht schnell, rutschte die Leiter wieder runter und kramte eine Taschenlampe aus seinem Werkzeugkoffer hervor.
Die nächste Dreiviertelstunde verbrachte der Teenager damit, alle 5 Minuten irgendein Teil auszubauen, im Bad zu reinigen, um es anschließend wieder einzubauen. Es wirkte alles etwas hilflos und er hatte auch kein Problem damit, seine Ratlosigkeit zu verstecken. Trotzdem gab er sichtlich alles und tat sein Bestes, damit das Herz des Patienten wieder schlug und die Blase nicht mehr unkontrolliert Wasser ließ.
Aber nach knapp einer Stunde - Ina steuerte geradewegs auf IHRE erste Blasenentzündung zu (vielleicht aus Empathie mit der Anlage) - wurde es uns zu blöd und wir fragten den jungen Mann, wie lange sich die OP noch hinziehen würde. Er verstand, wie konnte es auch anders sein, kein Wort. Weder Englisch noch Gestikulieren, in dem Fall das Zeigen auf die Uhr.
Ohne weitere Worte marschierte Ina zur Rezeption, nicht wissend, dass an diesem Tag nur unsere Oscaranwärterin, wahrscheinlich aushilfsweise, Dienst am Empfangstresen schob.
In der kurzen Zeit bis Ina wieder auftauchen sollte, schoss mir folgender Gedanke in den Kopf: „Wahrscheinlich ist die Kernkompetenz des Knaben tatsächlich die Schnitzerei und der anschließende Verkauf der Holzartikel am kilometerlangen Strand und diese blöde Hausmeisterei nur ein lästiger Nebenjob, um die Haushaltskasse aufzubessern. Aber am besten würde er wohl einfach mal den Schulabschluss nachholen!“. Aber ich lag dann doch daneben, denn seine große Stunde sollte bald kommen.
Zunächst kam aber Ina von der Rezeption zurück, wobei ich aber erst Frau Schweizer Spargel sah. Ina folgte ihr mit ca. 10 Meter Abstand und einem sehr ungläubigen Gesichsausdruck. Wie sie mir wenig später nämlich erzählte, fragte sie die gebürtigen Alpenländerin kurz uivor, wann die Reparatur denn ungefähr beendet wäre und wir wieder unser Bad benutzen könnten. Daraufhin stapfte die gute Frau genervt und ohne jeden Kommentar los. Im Nachhinein ist jetzt auch klar, von wem El Loco sein exakt gleiches Verhalten, wenn man ihn um etwas bat, kopiert hatte.
Die Hotelkauffrau auf Probe wechselte nun ein paar Worte mit dem Holzschnitzer auf Abwegen und keine 120 Sekunden später stieg er von der Leiter und erklärte die Not-OP, dieses Mal sogar mit entsprechender Geste, für erfolgreich beendet. Und ja, das Ding lief, nässte nicht mehr und blies ordentlich frisch gekühlte Luft in das Zimmer. Da war sie also, seine große Stunde!! All meine Skepsis war völlig unbegründet. War zwar komisch, dass erst die Chefin anmarschiert kommen musste, um die Sache zu beschleunigen, aber was zählte, war das Resultat!
Übrigens war die Air Condition das einzige technische Gerät, das repariert werden musste. Die anderen Eigenheiten unseres Zimmers waren zwar zum Teil ärgerlich, aber zu verschmerzen, abgesehen von dem Schimmel, der Kakerlake und den Bettwanzen. Zu den Bed Bugs komme ich aber gleich.
- Die Steckdosen.
Es waren drei vorhanden und auch alle nutzbar. Ich betone das aus gutem Grund, waren wir im Sommer nämlich auf unserer Irland-Rundreise in einem Bed & Breakfast-Hotel abgestiegen und bekamen ein Zimmer zugewiesen, in dem zwar ein Wasserkocher direkt gegenüber unserer Betten auf einer kleinen Anrichte stand, samt Tassen, Teebeutel und Instantkaffee, aber weit und breit keine Steckdose.
Wir suchten wirklich alle Wände ab: Hinter der Anrichte, hinter dem Kleiderschrank, hinter dem Bett, sogar der Boden unter dem Bett wurde gecheckt - von wegen Bodentank und so. Ich wollte schon die Tapeten von der Wand lösen - vielleicht wurde ja über die Steckdosen "drübertapeziert" - aber Ina hielt mich rigoros davon ab. Außerdem gab es ja auch eine einzige Steckdose und zwar im Badezimmer. Die war aber in gut 1,80 Meter Höhe angebracht und das Bad bot auch keinen Abstellplatz.
Hätten wir den Wasserkocher also dort angeschlossen, hätten wir das Teil höchstens als Heißdusche nutzen können. Hmmm...jetzt wo ich darüber schreibe, DAS wäre eigentlich eine super Idee gewesen, war das Wasser in diesem Hotel doch maximal lauwarm, meistens aber kalt. Naja, zu spät!
Aber zurück in die Dominikanische Republik und den Steckdosen in unserem Zimmer. Wie gesagt waren alle drei nutzbar, aber irgendwie auch nicht, weil sie horizontal montiert waren und nicht, wie in den anderen Hotels unserer bisherigen Karibikaufenthalte, vertikal. Das hatte dann zur Folge, dass nur die Geräte mit gewöhnlichem Flachstecker (also z. B. ein Fön) fest in unseren Steckdosenadaptern verankert werden konnten. Das Ladekabel meines Rasierapparats und die Smartphon-Netzteile rutschten wegen der klobigen Bauweise und des höheren Gewichts immer wieder aus den Adaptern. Mit etwas Einfallsreichtum funktionierte es aber doch.
- Das Badezimmer
An sich war das Bad ja ganz okay. Also fast. Architektonisch sehr orientalisch gestaltet, mit einer offenen Dusche links, einem Mittelbereich mit kleinem Mäuerchen - eingefasst von 2 Säulen - und der Toilette rechts. Bis auf den weißen Lokus war das Bad in einem sanften rotbraunen Ton gehalten. So weit so gut.
Gar nicht gut waren die beiden runden Luftablässe in der Dusche und neben der Toilette, beide etwa so groß wie ein genormter Basketball. Klingt erstmal nicht schlimm, oder?
Allerdings befanden sich die Löcher nicht in Deckennähe, sondern gerade mal etwas über Augenhöhe, also MEINER Augenhöhe. Bei einem Körpermaß von 1,73 Meter nicht gerade sehr hoch. Jeder Spanner hätte mit der Zunge geschnalzt, war es doch noch nie einfacher gewesen, eine attraktive deutsche Touristin bei ihren Duscharien zu beobachten. Und nach dem Hauptgang wurde sogar noch eine süße Nachspeise serviert, nämlich dann, wenn die Body Lotion auf den immer noch nackten Körper aufgetragen wurde. Fantastisch. Und all das völlig gratis und ohne Gefahr entdeckt zu werden...
Naja, wenigstens waren die Luftablässe mit einem Fliegengitter versehen, so dass man bei der Körperpflege und beim Stuhlgang endlich mal Ruhe vor den Moskitos hatte, vorausgesetzt man hielt die Badezimmertür stets geschlossen.
Unpraktisch war auch, dass das Bad aufgrund der Bauweise eigentlich immer unter Wasser stand und die Holztür wegen der ständigen Nässe langsam aber sicher verrottete. Aber Hauptsache die Architektur stimmte - style over substance eben!! Das Lebensmotto des Hotelierpärchens übertrug sich hier eben einfach auf alles!
- Das King Size-Bett
Das Moskitonetz mit Schimmelduft, das sich irgendwie auch nie komplett schließen ließ und somit nur leidlich Schutz vor den fliegenden Vampiren bot, war noch das geringste Übel. Die Matratze unseres King Size-Bettes war unangefochtener Spitzenreiter der hotelinternen Ekelrangliste.
Auf den ersten Blick war zwar nichts auszusetzen, das Laken weißer als Schneewittchens Haut und die Matratze mit angenehmem Härtegrad von ungefähr H3. Aber das Grauen lauerte IN der Kaltschaumauflage und traute sich nur nachts hervor.
Jedenfalls wachte ich am nächsten Morgen auf und sah auf meinen - ebenfalls noch schneeweißen - Unterschenkeln eine beachtliche Anzahl von kleinen roten Punkten. Masern?? Nee, hatte ich schließlich schon als kleiner Bub hinter mich gebracht und sollte somit ein Leben lang immun gegen diese Infektionskrankheit sein.
Also das Smartphone von dem Ladegerät befreit, wobei das Netzteil eher von selbst aus dem Adapter plumpste, und Dr. Google nach den roten Pünktchen befragt. Prompt wurde ich an den Kollegen netdoktor.de überwiesen, wo ich einen ausführlichen Text und Beispielbilder von Patienten mit ähnlich gepunkteter Haut fand. Diagnose: Bettwanzen!! Na suuuper!
Da krochen diese Mistviehcher also stets um Mitternacht aus den Eingeweiden der Matratze hervor, machten bei dem erstbesten, prallgefüllten Blutgefäß halt und nahmen an der Bar, meinen Schien- und Wadenbeinen, Platz. Linkes Bein die Feinschmeckerfraktion von arteriellem Blut, reich an Sauerstoff und Glukose, rechte Haxe alle Liebhaber von venösem Blut, das einen Kohlen- und Harnstoff-Rausch versprach.
Alle Platz genommen? Dann konnte die Sauferei ja beginnen, nicht ohne sich vorher ein Lätzchen umzulegen, das tagsüber (wenn das Blutopfer nichtsahnend relaxt am Pool lag) akkurat aus dem Bettlaken herausgefräst wurde. Dann ein Prosit in die Runde und ran an den Speck. Blutcocktails für alle, „Bloody Mary“ aufs Haus!
Ab der er dritten Nacht blieben meine Beine jedoch zum Glück von neuen Bissattacken verschont. Wahrscheinlich waren die Blutgourmets weitergezogen, ab zur nächsten Hütte.
Aber nicht nur unserem Zimmer hätte eine Frischzellenkur gut getan.
Die Sonnenliegen an unserem Hotelstrand waren noch älter als die Anlage selbst und wenn nicht wurden sie jedenfalls nie neu erworben. Ich tippe eher auf Insolvenzware eines des besseren Hotels unseres Strandabschnitts, das aber vor etlichen Jahren aufgrund ausbleibender Gäste schließen musste. Vermutlich streckte schon Falco - der Wiener Popmillionär - seinen käsigen Musikerbauch in einer dieser Liegen der karibischen Sonne entgegen. Und der Ösi kam bekanntlich schon vor fast exakt 20 Jahren auf dieser Insel bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Gott hab ihn selig!
Außerdem waren die Liegestühle so durchgelegen, dass selbst ein trächtiges Hängebauchschwein vor Neid erblassen würde!
Sehr schick aber unpraktisch waren auch die Poollautsprecher, style over substance again. Die Boxen waren in eine Art Granitstein integriert und daher auf den ersten Blick nicht als solche zu erkennen. Der Sound selbst war aber maximal auf dem Niveau eines Smartphone-Lautsprechers. Vielleicht war der irgendwann sogar einmal druckvoller, also bevor das ganze Meersalz die Membranen der Boxen verstopfte. Dort sammelte sich mehr Salz als in allen Salzstreuern des Hotelrestaurants in Summe!
Sehr chillig war auch die Musik, die sich 24/7, also rund um die Uhr, aus den Lautsprechern quälte. Selbst mit den richtigen Boxen und ohne Meersalzbefall würde einem das immer gleiche Gedudel irgendwann den letzten Nerv rauben. Aber zum Glück gab es ja das Smartphone samt In-Ear-Kopfhörern, die den gestressten Urlauber hermetisch von der Umwelt isolierten. Blöd nur, wenn das Handy wegen einem Wasserschaden durch die defekte Air Condition erst nach einer Woche wieder funktionierte...
Zuletzt noch ein paar Sätze zu den Mädels, die das Frühstücks-Buffet anrichteten. Diese karibischen Schönheiten waren wirklich immer sehr nett und hilfsbereit, jetzt mal ganz ohne Flachs und Ironie. Man musste die Damen nur erstmal finden, wenn die Speisen und Getränke nachgefüllt werden mussten. Aber mit großer Wahrscheinlichkeit hatten diese Buffet-Prinzessinnen früher auch mal einen anderen Job. Ich dachte da an einen Baumarkt. Schon mal in Deutschland einen Baumarkt-Mitarbeiter angetroffen, vor allem dann, wenn man mal wieder die blöden Holzleisten nicht finden kann??
Und wenn es so gewesen sein sollte, war es für eine karibische Frau natürlich doppelt schwer dieses OBI / toom-Syndrom loszuwerden.
Aber gut, hin und wieder bekam man dann doch eine Bedienung zu fassen und wenn sie dann nicht wieder gerade mit ihrem iPhone spielte, bekam man seinen Wunsch auch prompt erfüllt.
Nur ein Mädel hatte sichtlich Probleme uns zu verstehen. Bei jeder Bestellung riss es seine schokobraunen Augen auf, kuckte wie ein Auto - nur nicht ganz so schnell - und entschuldigte sich: „No comprende...!“. Die von ihr herbeigewunkene Kollegin half dann aber aus.
Die Sache mit dem Universum vor dem Urknall trifft übrigens auch auf die gesamte Gegend hier zu. Nix los, fast menschenleer. Und wenn ich in diesem oder auch in einem anderen Leben jemals wieder gefragt werden sollte, ob ich nicht doch nochmal ein paar Tage in diesem Hotel verbringen möchte - von wegen zweiter Chance und so - wird es von mir immer die beiden folgenden Antworten geben:
"Och nöööö, lass mal. Hotels sind generell nicht so meins! Sich NICHT bedienen zu lassen, kann ich auch zu Hause!"
Und abschließend: "Hier möchte ich nicht mal tot überm Zaun hängen!!!".