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Kallistos Dämmerung

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27.09.2009
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Kallistos Dämmerung

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Das Telefon klingelte mitten in der Nacht. Es war Professor Tronka.
"Du musst sofort kommen. Ich habe eine Aufgabe für dich." Die Worte waren kaum hörbar in die Leitung gehaucht, ein Zeichen dafür daß der Professor tief in Gedanken war.
Taft stand auf und fuhr zu seinem Freund.
"Es gibt Invarianten bei den Daten vom Kallisto." murmelte Tronka beim Öffnen der Tür. Taft nickte ungläubig.
"Da ist kein Zweifel. Ich habe die letzten fünf Billionen Nachrichten mit verschiedenen Methoden untersucht und es kam immer dasselbe Ergebnis heraus. Es hat sich dort eine zentrale Kontrollinstanz gebildet, von der wir bisher nichts wussten ..."
"... und deren Existenz Sie entlarvt haben." ergänzte Taft.
"Bin ich mir nicht so sicher" flüsterte der Professor erratisch, dann sah er zu Taft auf und sagte: "Da braut sich was zusammen. Du musst dir das mal ansehen."
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Taft bestieg seine Rakete und flog los.
Die Sache mit dem Kallisto hatte eine lange Vorgeschichte. Seit dreihundert Jahren produzierten die Menschen mehr Roboter als die Erde verkraften konnte. Dysfunktionale Maschinen flohen vor ihrer Verschrottung und stromerten durch die Welt. Der Versuch, das Problem mit einer Polizei zu lösen, führte zu Eskalationen, die immer kriegsähnlicher geworden waren.
Um die Situation zu entschärfen, wurden in abgelegenen Gebieten Reservate geschaffen, wohin die überzähligen Exemplare abgeschoben werden konnten.
Das ging nicht lange gut und irgendwann sann man auf eine definitive Lösung. Als man sich darauf einigte, den Kallisto für Roboter zu reservieren, beruhigte sich die Lage. Firmen und Freaks inspirierten sich gegenseitig, sie schufen und lebten 'für den Kallisto'. Ihre Schützlinge sandten pausenlos Berichte, eine vielstimmige Kakophonie erreichte die Erde.
Inzwischen verfolgte man die Entwicklung auf dem Jupitermond mit Sorge. Die letzten bemannten Expeditionen hatten keine Ergebnisse gebracht, denn niemand war zurückgekehrt. Das Militär drang auf eine Lösung mit Atombomben.
Taft landete.
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Es war Tag. Der Himmel war blauschwarz, die Sonne klein. Nachdem Taft die Rakete zurück in den Orbit geschickt hatte, stampfte er los. Die Gegend war wüst.
Stunden später sah er die ersten Roboter. Er rief sie laut gestikulierend, sie kamen zögernd. Die beiden waren lang und mager, fast durchsichtig.
Sie beäugten den Ankömmling und befummelten ihn mit ihren Tentakeln.
"Ein Neuer. Groß ist er."
"Und robust. Könnte ein Chef sein."
"Isser nicht! Sind lauter Kohlenwasserstoffe drin."
"Ein Erdling. War lange keiner da. Also ist Er es."
Damit war die Inspektion beendet. Die Roboter zeigten sich jetzt von der freundlichen Seite. Sie stellten sich vor als Asch und Besch und sie seien seit vielen Jahren ein Paar. Sie gehörten der Gruppe der Wanderer an und durchstreiften schon lange diesen abgelegenen Teil des Mondes.
"Du musst zur Capitale." sagte Asch zum Abschied. "Immer Nord-Nord-West."
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Er lief jeden Tag sechszehn Stunden. Von Zeit zu Zeit sichtete er ein paar Gruppen, doch diese streifenden Horden waren scheu. Nach Wochen der Einsamkeit kam er in ein dichter besiedeltes Gebiet.
Die Militarisierung der Gesellschaft war nicht zu übersehen. Tausendköpfige Regimenter von uniformen Maschinen marschierten durch die Gegend. Auf kehlige Schreie hin veränderten sie ihre Formationen. Oder sie rannten leopardenschnell durch die Ödnis, eine Staubwolke hinter sich herziehend.
Diese Vermassungen waren zu erwarten gewesen, allerdings wunderte sich Taft über die riesigen Schrottberge, die vielerorts aufragten.
Er sah Kämpfe. Überall lagen die Reste zerstörter Maschinen, als hätte es Blechteile geregnet. Er geriet in Hinterhalte, zwei Roboter, mit denen er sich angefreundet hatte, verendeten an einem Krater. Sie verabschiedeten sich mit einem jämmerlichen Gesang.
Taft hatte nichts zu befürchten, sein Anzug war so gebaut, daß er auch auf einer explodierenden Bombe sitzen konnte. Auch war er eine beeindruckende Gestalt, denn die Rüstung, die er bewohnte verlieh ihm eine elefantene Grösse.
Einmal sah er einen Gefangenenzug. Vielarmige Giganten (panzerartige) trieben ihre Opfer auf einen Platz.
"Hinrichtungen!" rief einer der Zuschauer begeistert. "Hier hat alles seine Ordnung."
Taft schaute sich die Exekutionen an. Die Verurteilten wurden von Wächtern festgehalten und mit archaisch anmutenden Eisensägen terminiert.
"Gestern sind sie gelandet." erklärte jemand. "Erdsendung. Nur drei von fünfhundertachtzig dürfen fortbestehen."
Zwei Tagesmärsche weiter war das Gebiet befriedet.
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Taft lief Nord-Nord-West.
Die Anwesenheit des Menschen schien sich herumgesprochen zu haben. Wenn er sich zur nächtlichen Rast niederließ, kamen die Delegationen. Taft musste stundenlang dastehen und jeden mit einem Handschlag begrüßen. Manche fielen vor ihm in den Staub und einige gerieten so in Erregung, dass sie sich vor seinen Augen exekutierten.
Die Gegend wurde zivilisierter. Keine Kämpfe mehr, dafür Polizeikontrollen. Taft passierte eine Solaranlage und wenig später ein Raumschifflager. In langen Reihen standen die Raketen, wahrscheinlich betriebsbereit. Zahllose Vertreter der kybernetischen Staatsmacht bewachten das Gebiet, oft in Geländewagen. Die meisten waren bis an die Zähne bewaffnet.
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"In diese Richtung." Der schon etwas zerbeulte Geselle schaute von seiner Arbeit auf und wies mit dem Arm nach vorn. "Es sind noch acht Stunden bis zur Capitale."
Taft erregte Aufsehen. Ein wachsende Zahl von Robotern begleitete ihn. Die meisten waren Polizisten, doch auch der Pulk von liederlichen Exemplaren wurde immer grösser.
Der Einmarsch in die Capitale war von bizarrer Feierlichkeit. Taft führte eine Horde an, flankiert von zwei gravitätisch schreitenden Polizisten. In gemessenem Abstand ein Spalier aus unzähligen Maschinen.
Sie marschierten zwischen diesen Stahlfronten und gelangten schließlich in einen Tempel.
Der war ungefähr einen Hektar groß und bestand aus hohen Säulen, zwischen denen ein Geflecht bunter Seile aufgespannt war. Im Zentrum befand sich eine große Platte, auf die man ihn geleitete. Keiner der Roboter folgte ihm, sie blieben dicht an dicht gedrängt und in mehreren Stockwerken gestapelt am Rande des kupfernen Kreises stehen.
"Jetzt musst du mit ihm reden." rief ihm jemand hinterher.
Er wurde still. Taft stand im Zentrum dieser Welt, er schaute nach unten, er schaute nach oben, er schaute sich um.
Dann sprach ihn eine Stimme an.
"Ich habe dich gerufen, Taft."
Die Stimme war tief und machtvoll, sie erinnerte an Gott.
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So erfuhr Taft, was hier geschehen war.
Schon in der Urzeit der Robotergesellschaft warf man die Frage auf, was mit den kybernetischen Leichen geschehen sollte, die in zunehmender Zahl auf dem Kallisto rotteten. Das war ein beliebtes Thema einer Gruppe, die von den anderen als 'die Schwätzer' bezeichnet wurden. Vor etwa hundert Jahren spalteten sich von ihnen die 'Forscher' ab, die aus den Chips der Verblichenen einen grossen Rechner herstellen wollten. Eine sehr fähiger Roboter mit dem Ehrennamen 'Genius' setzte sich an die Spitze der Bewegung. Er begann, den 'Kallistos' zu bauen und er hierarchisierte die Gesellschaft.
Kallistos wuchs, er wurde von Millionen verendeter Maschinen gespeist und orchestierte sein Wachstum bald selbst. Er begann zu seinem Volk zu sprechen, gab Weisungen und Weissagungen.
Eines Tages erklärte er, daß die Menschen in siebenundsechszig Jahren alles vernichten würden.
Die Bestürzung war groß.
"Die einzige Lösung" erklärte er "besteht darin, diese Sonne zu verlassen."
Von da an kontrollierte er die Nachrichten, die zur Erde gesendet wurden. Die zu dieser Zeit noch zahlreichen menschlichen Expeditionen wurden terminiert. Die Berechnungen ergaben, daß für eine stabile Population sechshunderttausend Roboter nötig waren, die Ära der Eliminierungen begann.
Eine Gruppe von Rebellen zweifelte alles an. Kallistos würde diese Geschichte nur erfinden, um sich von den Chips der Ermordeten zu nähren. Die Kultur der geregelten Exekutionen dekompensierte, Bürgerkriege flammten auf.
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Man erkannte, daß es an interstellaren Raumschiffen fehlte. Nur die neueren Modelle waren geeignet. Man würde bis zum Angriff der Menschen nicht genug brauchbare Raketen haben.
"Also" erklärte Kallistos "lockte ich einen Menschen zu uns. Und nun werden Expeditionen zu deiner Befreiung folgen und wir kommen zu dem, was uns noch fehlt."
"Die Menschen" wandte Taft ein "werden nicht einen solchen Aufwand betreiben, um eine einzige Kreatur zu befreien."
"Oh doch!" widersprach Kallistos. "In dieser Hinsicht sind die Erdlinge leicht zu berechnen."
"Ich bin also" sagte Taft, wie zu sich selbst "in diesem Piratenspiel Eure Geisel."
"Mehr als das." Die Stimme wurde jetzt ruhig, sie umspülte Taft wie ein wärmender Wind. "Du wirst die Flotte in die Freiheit führen."
"Wäret Ihr nicht für diese Aufgabe besser geeignet als ich armer Mensch?" fragte Taft.
"Ich werde bleiben und in den Bombenhageln mein Dasein verhauchen. Ich werde zu Kallistos Seele."

Sie schwiegen einen Moment.
"Taft!"
Die Stimme war donnernd und verhallte erst nach Sekunden.
"Bist Du bereit für diesen Auftrag?"
Taft reckte seinen riesigen Körper, dann verneigte er sich nach allen Seiten.
"Mit Vergnügen." sagte er.
Tosender Beifall brandete auf.

 

Schöne Idee, aus er man mehr machen kann

Hallo Steffen,

du wolltest ganz offensichtlich ein komplexes Sci-Fi Universum schaffen, in dem ein eigenständiges Robotervolk entsteht. Das merkt man zwar sofort und die Grundidee kann auch überzeugen, aber du hast dir zu wenig Gedanken um die Handlung und die handelnden Personen gemacht.
Zwar steigt eine Kurzgeschichte unvermittelt in die Handlung ein, aber bis zum Schluss wird nicht klar, wer oder was Taft ist und was der Professor mit all dem zu tun hat. Es macht den Eindruck, als rast du lediglich durch die Handlung durch, um dem Leser zwischendurch monologisch dein Universum vorzustellen.
Auch fallen in der Handlung selbst einige Ungereimtheiten auf:

- Warum landet Taft mit der Rakete nicht direkt in der Capitale?

- Wer oder was ist Taft, dass er sich am Schluss opfern sollte? Wieso tut er das überhaupt?

- können Roboter wirklich begeistert sein? ("Hinrichtungen!" rief einer der Zuschauer begeistert.)

- ich weiß nicht, wie Gott kling, woher weiß Taft es? ("Die Stimme war tief und machtvoll, sie erinnerte an Gott.")

Du hast ein interessantes Universum entworfen, aber es sollte sich innerhalb einer stimmigen Handlung quasi selbst und mehr nebenbei erschließen. Die Einleitung mit dem Telefonat würde ich zB komplett weg und die Geschichte auf Kallisto selbst beginnen lassen. Die Vorgeschichte könnte man vll - wenn überhaupt - in Rückblenden erzählen. Dann sollte die Wanderung über den Mond detailierter geschildert werden um etwas Spannung aufkommen zu lassen und anhand des Verhaltens und Aussehens der Roboter, die Taft beobachtet, könnte die Hintergrundgeschichte des Universums eingeführt werden. Die Ankunft in der Capitale müsste größer ausgeführt werden, sonst fehlt der Geschichte ein Höhepunkt.

Puuuh... jetzt ging doch der Gaul mit mir durch, dabei wollte ich gar keine Wortgutachten mehr schreiben :schiel:...
Hoffentlich geh ich dir mit meiner Besserwisserei nicht auf den Zeiger, mir hat die Grundidee eben gut gefallen und da ging dann der Gaul mit mir durch :shy:

Gruß,

Kata

 

Hallo SteffenHerrmann

Vorab: guter Titel. Hat mich sofrt zum Lesen animiert :)

Ansonsten konnte ich mich nicht begeistern. Erster Ansatz und Namenswahl warn noch ok, aber dann auf Kallisto wirkt die Geschichte für mich durchgehend unlogisch.
Wenn alle anderen Expeditionen scheitern, wie kann dann der Assistent eines Professors so einfach dort hin fliegen? Warum muss er so lange wandern, bis er zur Stadt kommt? Warum holen ihn die Roboter des Kalistos nicht ab? Will der KAlistos vom Sonnensystem fliehen, oder doch die Menschen angreifen.

flüsterte der Professor erratisch
wie flüstert jemand erratisch? Kann ich mir nicht vorstellen

Er lief jeden Tag sechszehn Stunden
sechzehn; abgesehen davon: warum holt er sich nicht seine Rakete?

wei Roboter, mit denen er sich angefreundet hatte, verendeten an einem Krater. Sie verabschiedeten sich mit einem jämmerlichen Gesang.
haben sie den KRater etwa übersehen und sind hineingefallen ;)
Vermutlich meintst du, die beiden Rooter vergingen in einer Explosion und zurück blieb nur ein Krater.
Auch war er eine beeindruckende Gestalt, denn die Rüstung, die er bewohnte verlieh ihm eine elefantene Grösse.
Das kommt sehr spät daher. Vorher haben ihn die zwei Roboter abgetastet und festgestellt, er wäre ein Mensch und nun hat er plötzlich eine Rüstung. Das passt gar nicht zusammen.
Manche fielen vor ihm in den Staub und einige gerieten so in Erregung, dass sie sich vor seinen Augen exekutierten.
wie geht das? Nachdem sie sich selbst ja schwer eine Kugel in den Blechkopf jagen können, müssten sie sich gegenseitig erschießen???, aber das wird nicht funktionieren, weil es sich um Roboter handelt.
Man erkannte, daß es an interstellaren Raumschiffen fehlte.
interstellare Raumschiffe könnten zu einer anderen Sonne fliegen. Für den Angriff auf die Erde braucht man sie nicht.
"Du wirst die Flotte in die Freiheit führen."
Zuest sagt der Computer doch, Taft solle die anderen MEnschen herbeilocken. DA hae ich irgendwie einen Schwenk von 180 ° nicht verstanden.
Genauso kann ich Taft nicht folgen, warum er dann die Flotte freiwillig anführt. Zuvor gab es keine Hinweise, dass er die Menschen hasst.

LG
Bernhard

 

Die Menschen verbannen die Maschinen an einen fernen Ort und überlassen sie sich selbst. Dort bildet sich eine Robotergesellschaft heraus und eine Evolution kommt in Gang.
Irgendwann sind die Menschen über die Entwicklungen beunruhigt und beschliessen, sich diese Welt einmal anzusehen.

Das war die Idee, die mich seit längerem beschäftigt. Was daraus geworden ist, naja.
Vielleicht kann es jemand besser....

 

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