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Kaleu
Vom Norden in den Süden rasen wir und unser Weg ist wie das Blut, das sich hinter den Augäpfeln staut. Wir verneinen den Osten mitsamt seiner möglichen Sonne, die dort hinter den Wolfshügeln unseren Tod verzögert. Wir sagen ja zum Westen, wenn er uns den blanken Arsch hinhält. Und eben darum, weil es der Westen mit seinem Arsch bei uns versucht, versuchen wir daran zu lecken. Unsere Zungen sind wie die von todgeweihten Hyänen. Wir kennen die Steppen Afrikas vom Zuhören und mehr wollten wir nicht wissen. Wir glaubten, so sein zu müssen. Hyänen, die ihre Notdurft pünktlich und angemeldet platzieren. So lange haben wir uns darin geübt. So lange.
Sie wollte nur weg.
Weit weg, bitte, sagte sie und das Spreizen ihrer Beine hat uns nunmehr bis in die Normandie gebracht. Wir wollten die alten Unterseebootwerften besuchen, den Rost der brüchigen Stahleinlagen eingestürzter Betondecken abnagen. Es kam zu viel mehr. Es kam zur Erschütterung. Die Erschütterung ist es. Wir hatten, so wie es Kinder tun, an alles geglaubt und dabei den Irrtum erkannt. Es gab keine Unterseeboote. Alles mit ähnlichem Namen lag am Grund der Weltmeere.
Dann hat sie meine Seele in den Mund genommen und ich kam ihr in Stößen entgegen.
Nein, der Nebel, schau doch.
Ja, der Wind und das Salz darin, gab sie mir zur Antwort und es war wie ein es sich Überlegen dürfen mit ihr und mit mir. Die See erbrach ihren Inhalt und das Sternengewitter über unseren Köpfen warf diesen einen endgültigen Schatten auf ihre Scham. Ich nahm sie und sie gab alles.
Wenn du glaubst, damit etwas zu beweisen, dann hüte dich vor dem, was noch kommen wird. Ihre Worte. Das Dach unseres Cabrios liegt zerfetzt vom Wind hinter dem, was wir wollten und in den Kirschbäumen hängen die letzten Seile verwelkter Matrosen.
Meine Liebe ist wie Eintopf, sage ich.
Sag’ Kaleu zu mir. Mein Boot liegt im Marianengraben und ich warte auf deinen Befehl, darin meine Seele zu sprengen, Frau.
Die Ungläubigkeit in deinem Blick zu finden, erregt mich, sage ich weiter. Aber da ich von der Konsistenz deiner milchweißen Haut weiß, tut es nichts, wenn du denn tatsächlich befiehlst. Den Schnee der Bretagne hast du auf deinem Schoß mitgenommen und kein Befehl von mir lässt ihn schmelzen. Wie ich dich liebe. Wie ich dabei den Raben auf deiner Schulter beneide. Dafür beneide, dass es ihn für dich gibt.
An den Docks wurde Rum gereicht und herumgereicht hatten wir so manche Seemannsbraut.
Als ich das Ende deiner Strümpfe in meinen klebrigen Händen hielt, hast du mich beim Namen genannt. Jetzt möchte ich ziellos wandern, da ich alle Ziele vergessen habe. Mit dir wandern, das meine ich damit. Wir stehen am Nordseegrab und wenn du dem Wind ein Ohr schenkst, hörst du mich weinen.
Kaleu, hattest du geflüstert und dabei wussten wir noch lange nichts von dem, das danach über uns hereinbrach. Ich hatte meine Hände um deine Arschbacken gelegt und jeder unserer Schwüre war Heiligkeit und Vertrauen.
Schau, die Makrelenschwärme stehen im Hafen. Alles begreift sich. Ich habe die Sehnsuchtsliebe für dich erfunden. Darin wusste ich mich von dir bestärkt. Mein Marianengraben, dein Bombenteppich, Liebes. Sie hatten uns zu spät informiert. Sie hatten uns nicht mehr erreichen können. Wir hatten uns damit verloren. Es ging schnell. Der Geleitzug war groß, die Zerstörer gnadenlos. Ich meinte dich bei Kaffee und Kuchen und mit deinen Gedanken tief in mir, als Harris mit seinen Leuten kam. Ungefragt deinen Wohnblock umackern ließ. Mir damit alles nahm. Ich bete deine Beine an.
Kaleu, sagtest du zu mir und da stehen wir nun in unseren gespenstischen Gewändern und wollen den Rost benagen. Wir sollten weiterschlafen. Aber nein.
Draußen habe ich eine Armada Baraccudas gesehen. Dort tobt das Wasser hin zu einer Unendlichkeit. Wassertürme, klein wie Gedankensplitter.
Dein Haar hat sich gegen deine Beine verschworen. Wohin soll ich blicken? Es gibt zu viele Wunder, Kleines. Dein Schoß ist nass. Die Bretagne weint.