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Können Sie mich hören?

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04.09.2003
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Können Sie mich hören?

Können Sie mich hören?

Also, das mit dem Internet und so, ist schon praktisch.
Zum Beispiel bei meinem Umzug.
Was wäre das für eine Lauferei gewesen: Zum Einwohnermeldeamt, den Stadtwerken, der Bank, der Post und weiß der Kuckuck was sonst noch. Heute dagegen, ein Mausklick, mit den Fingern flink über die Tastatur getanzt – und schon ist alles erledigt!

Hat auch alles prima geklappt.
„Vielen Dank für Ihre Bestellung.“ Stand da bei der Telekom. Und eine Auftragsnummer.

Letzte Woche rief mich dann ein freundlicher Herr an:

„Spreche ich mit Herrn Gartenheim?“

„Rainer Gartenheim, was kann ich für Sie tun?“ Immer höflich sein, als Selbstständiger muss ich stets auf Kunden gefasst sein.

„Schmittmann! Deutsche Telekom. Sie haben einen Antrag für einen ISDN-Anschluss gestellt?“

„Ah, prima, habe mich schon gewundert, dass ich so lange nichts gehört habe!“
Meine Begeisterung war echt, ich erwartete jeden Tag die Stilllegung meiner bisherigen Anschlüsse. Noch war ich über die Rufweiterleitung zu meinem Handy für meine Kunden erreichbar.

„Meinen DSL-Anschluss bekomme ich doch hoffentlich auch gleich?“

„Jaja, kein Problem ich hab’ die Leitung schon durchgemessen. Wann sollen wir installieren?“

„Ich habe Selbstmontage.“ Klärte ich ihn selbstbewusst auf. „Habe das schon zweimal durchexerziert.“

„Ach ja, stimmt, Selbstmontage, steht hier auch. Mir fällt auf, sie haben gar kein DSL-Modem bestellt...“

Ich unterbrach ihn. „ich habe eine Eumex PC LAN, alles was ich brauche, ist den NTBA und den Splitter.“ Es ist immer gut, wenn die Leute gleich wissen, dass sie es nicht mit einem Idioten zu tun haben.

„Ja dann! Wann sollen wir denn umschalten?“

„Sobald wie möglich, ich warte ja schon darauf! Aber den Splitter und den NTBA müssen sie mir noch schicken.“

„Ja, hat ein bisschen gedauert. Eigentlich hätten sie mich als Business-Kunde direkt anrufen können. Der Antrag ist ein bisschen umhergeirrt. Nächste Woche?“

„Geht das denn nicht schneller?“ Ich muss zugeben, ich war ein wenig eingeschnappt. Anrufen! Leben wir im Zeitalter von Philipp Reis?

„Nein, ich muss ja erst den Auftrag schreiben.“

Auftrag schreiben? Ich war verwirrt. Hatte ich denn nicht schon einen Online-Auftrag erteilt? Wir einigten uns schließlich auf den Donnerstag der kommenden Woche und er versprach sich wieder zu melden.


Heute morgen klingelte das Telefon. Der vorhandene Analoganschluss. Einmal.

Fünf Minuten später wieder. Einmal.

Ich wusste sofort, was das bedeutet.
Ich war alarmiert. Weder den NTBA noch den Splitter hatte ich bisher erhalten! In rasender Eile suchte ich die schriftliche Bestätigung heraus, die noch an meine alte Büroadresse gegangen war.

Da! Servicenummer!
‚Wenn Sie Rückfragen haben, rufen Sie uns an unter...’

Amtstaste gedrückt, kein Freizeichen.

Leicht panisch fischte ich mein Handy vom Gürtel.

„Guten Tag, Görlitz mein Name, von der Deutschen Telekom, was kann ich für Sie tun?“

Die freundliche Frauenstimme beruhigte mich ein wenig. Cool bleiben, sagte ich mir. „Gartenheim, guten Morgen. Ich habe einen ISDN-Anschluss mit DSL beantragt, da scheint was schief gelaufen zu sein.“

„Neuanschluss oder Umschaltung? Können Sie mir ihre Auftragsnummer sagen?“ flötete es mit professioneller Freundlichkeit aus dem Handy.

Selbstverständlich war ich auf die Frage nach der Nummer vorbereitet und las sie ihr vor. Nur was sollte das mit dem Neuanschluss oder Unschaltung? Der vorhandene Analoganschluss besaß zwar einen uralten Handumschalter für den zweiten Apparat, aber das hatte damit doch wohl nichts zu tun. Verwirrend.

„Einen Moment bitte, ich hole Ihren Auftrag mal eben auf den Schirm.“

Aha, dachte ich befriedigt, endlich merkt man mal was von der modernen Infrastruktur der Telekom!

„Das ist aber eigenartig.“

Mein Herz setzte einen Moment aus. Das konnte nichts Gutes bedeuten. Gespannt lauschte ich, hörte aber nichts außer erratischem Tastaturgeklapper.

„Ja.“

Was bedeutete das nun wieder? Mach es nicht so spannend, Mädel!

„Eigentlich sind Sie doch Business-Kunde.“

Was hatte das denn jetzt damit zu tun?
„Ja, Ihr Kollege, mit dem ich letzte Woche gesprochen habe, hat sich auch schon gewundert,“ erwiderte ich ungeduldig. „Ich habe einen Online-Auftrag erteilt.“

„Ach so,“ meinte Sie, als ob das alles erklärte. „Da gibt es schon Mal ein Schnittstellenproblem.“

Schnittstellenproblem?

„Als Businesskunde hätten Sie uns anrufen sollen.“

Schon wieder. War ich im falschen Film? Robert wirbt mit animiertem Charme für die rasante Hochtechnologie, Telekom macht auf Zukunftsunternehmen und ich hätte den Auftrag telefonisch erteilen sollen?

„Warum auch immer, auf jeden Fall ist mein Anschluss eben umgeschaltet worden.“

Ich zwang mich zur Ruhe. „Ich habe aber bisher weder NTBA noch Splitter erhalten.“

„Das ist aber komisch.“

Ich fand das nicht besonders komisch.

„Das ist hier gestrichen.“

Gestrichen? Ich hatte diesem Schnittmann oder Schmittmann doch nur gesagt, ich bräuchte kein DSL-Modem! Mein Herzschlag beschleunigte sich.

„Das ist schlecht, denn dann können Sie jetzt gar nicht telefonieren.“

Heiliger Bell! Hast Du diesem Weibe die Weisheit beschert?
„Natürlich nicht!“ brüllte ich in mein Handy. „Deswegen rufe ich ja an!“

„Ich werde mich darum kümmern.“ Ganz professionelle Ruhe. „Geben Sie mir bitte die Nummer, unter der ich Sie erreichen kann?“

Mühsam behielt ich meine Stimme unter Kontrolle, als ich Ihr meine Handynummer nannte. Innerlich bebte ich.

„Ich melde mich gleich wieder bei Ihnen.“

Fassungslos saß ich am Schreibtisch und sah abwechselnd mein Handy und das Telefon an.
Ich wartete.
Schließlich hielt ich es nicht mehr aus, schnappte mir das Handy und sprang auf. Ich versuchte mich abzulenken, räumte ein wenig auf meinem Schreibtisch herum. Bald gab es nichts mehr aufzuräumen, ich hatte mich ja erst vor wenigen Tagen hier eingerichtet.
Suchend sah ich mich um. Der Papierkorb war voll, ich konnte ihn leeren. Ganz bewusst vermied ich den Anblick des Telefons, als ich zur Tür ging. Ich eilte in die Garage, stopfte den Inhalt unsortiert in den Sammelkarton und raste zurück.

Keinen Augenblick zu früh.
Kaum hatte ich die Terrassentür hinter mir zu gezogen, drang das Düdelü des Telefons aus meinem Arbeitszimmer. Ich ließ den Plastikeimer fallen und rannte los.

„Gartenheim,“ Atemlos riss ich den Hörer ans Ohr.

„Ellenrieder, Deutsche Telekom,“

Schon wieder ein anderer!

„Ich will Ihren Anschluss umstellen.“

Wusste bei denen denn die Rechte nicht, was die Linke tut? Der ist doch schon umgestellt!

Plötzlich durchfuhr mich die Erkenntnis wie ein Blitz. Ich telefonierte über das Festnetz!

„Haben Sie wieder zurück geschaltet?“

„Wieso zurück? Wollen Sie den Anschluss nicht mehr?

„Doch doch,“ beeilte ich mich zu sagen.

„Das würde auch ein paar Tage dauern, da müsste ich erst einen neuen Auftrag schreiben.“

Bitte nicht flehte ich still und erklärte ihm die Situation, soweit ich sie begriff.

„Nun, bei uns gibt es so eine Art Vorschrift, also nicht direkt eine Vorschrift. Aber ich mach das immer so, dass ich die Leute vorher anrufe, bevor ich umschalte.“

Die souveräne Stimme war Balsam für meine Nerven.

Er meinte noch, ich hätte ihn doch gleich anrufen können, als Businesskunde. Wir verabredeten einen neuen Termin und ich plapperte glücklich noch sinnloses Zeug, ehe wir uns verabschiedeten.

Ich saß benommen vor dem Apparat, als meine Tochter die Treppe runter und in mein Büro stürmte.

„Papa, kann ich noch mal umschalten? Bitte, nur ganz kurz, der Marco wollte mich anrufen!“

 

Hallo liebes Rumpelsstilzchen,

deine Geschichte ist gut geschrieben, sie liest sich flüssig, und ich habe auch mehrmals geschmunzelt. Durch die Absätze hast du den Text auch ganz übersichtlich gestaltet.

Die Thematik gefällt mir nicht ganz so gut, weil man als Autor immer in Gefahr läuft, allzu realistisch zu schildern. Es kommt mir so vor, als hättest du die Geschichte selbst erlebt. Das ist ja an sich nicht schädlich, aber hat so einen Touch von der Sendung "Wie bitte?" von Gerd Müller-Gerbes. Da war sogar auch eine extra Rubrik über die Telekom. Ich habe die ganze Zeit gegrübelt, an was mich das erinnert.

Insgesamt finde ich die Geschichte aber gut, du hast ein schwieriges Thema locker bearbeitet.
Besonders witzig fande ich diese Stelle: "Heiliger Bell! Hast Du diesem Weibe die Weisheit beschert?" So denkt man tatsächlich in so einer Situation.

Allerdings frage ich mich, warum so viele Autoren das „Du“ groß schreiben? Ich mache das nicht mal mehr bei Briefen als Anrede. Schreibt man nach der neuen Rechtschreibung nicht mehr nur die Sie Formen mit großem Anfangsbuchstaben?

Anerkennende Grüße! Marion

 

Mensch, da freu' ick mir aber, det euch det Jeschreibse jefallen tut!:)
Nur einet tut mir furchbar wundern:

Ick hab' det Ding schoma in en Forum jepostet un da is det Jleiche passiert:

Irjentswie, ick wees nich warum, meent jeder jleich, aha, böse Telekom, kenn ick och.

Ne Art selektive Wahrnehmung oder so wat.

Ei Leute, ick bin hier der Blödmann!

Die Telekomischen haben det Janze zwar über Schönefeld zum Funkturm transportiert, aber wenn meene Sprosse nich jewesen wäre un am Schalter rumjemacht hätte, hätte ick mir die janze Uffrejung sparen können.

„Nun, bei uns gibt es so eine Art Vorschrift, also nicht direkt eine Vorschrift. Aber ich mach das immer so, dass ich die Leute vorher anrufe, bevor ich umschalte."

Is wohl sonne Art Reflex:

Jrosskonzern => Druff!

Tat sich im Abjang verwundert den Schädelknochen kratzen

 

Wenn schon, denn Magentamacht!

Laut heutiger Zeitungsmeldung in einem Rechtsstreit mit Mobilcom vom Gericht gewissermaßen zum 'geistigen Eigentum' der Telekömer erklärt.

Das Magenta.

Also Vorsicht bei der Wahl der Haarfarbe! Gibt sonst womöglich eine Unterlassungsklage...:D

Gab jetzt richtig an und verschwand in einem Pirouettenwirbel

 

Jaja, meine Geschichte mit der Telekom sah sehr ähnlich aus! Habe mich amüsiert beim Lesen Deiner Geschichte, obwohl ja ein bisschen Galgenhumor dazu gehört, um sie witzig zu finden - zumindest, wenn man die Telekom schon at its best erlebt hat! :D

 

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