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Königsmord

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29.07.2016
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Königsmord

Vögel zwitscherten, der Waldboden unter seinen Füßen fühlte sich weich und feucht an. Er schnupperte in der Luft und versuchte, den Geruch des Hirsches wahrzunehmen, den er seit 2 Stunden verfolgte. Der Köcher mit den geschärften Pfeilen auf seinem Rücken wurde langsam schwer. Der von Schweiß durchtränkte, lederne Trageriemen schnitt ihm unangenehm in die linke Schulter und scheuerte die Haut unter dem Gewand auf. Er befühlte, ohne hinzusehen, mit den Fingerkuppen die Sehne seines Bogens. Sie war frisch gewachst und straff gespannt.
Nach wenigen Minuten hatte er ihn gewittert. Der Hirsch hinterließ einen animalischen, erdigen Geruch. Er stank nicht, sondern duftete viel mehr nach unheilbarer Würde und Stärke, die er protzig zur Schau stellen konnte. Dieser Bock war nicht gewöhnlich, er war der König. Der Jäger schlich um einen Felsen und versteckte sich hinter einer großen Linde. Dann sah er ihn.
Das Tier stand majestätisch auf einer kleinen Erhöhung, nicht mehr als 30 Meter von ihm entfernt, und fraß von einem kleineren Strauch. Das mächtige Geweih schwang dabei leicht von einer Seite zur anderen. Er hatte haselnussbraunes Fell, lange Beine und feste Muskeln, die sich unter seiner Haut abzeichneten, jedes Mal wenn er sie auch nur leicht kontraktierte. Ein Prachtkerl! Der Jäger wusste, dass es ein leichtes sein würde, ihn zu erlegen. Er würde ihn sich schmecken lassen, mit ein paar gebratenen Kartoffeln. Er legte den ersten Pfeil auf die Sehne, nockte ihn ein. Dann spannte er den Bogen, zog, mit flüssiger Bewegung, den Pfeil bis an seinen rechten Wangenknochen, sodass sein Daumenrücken seine wettergegerbte Haut im Gesicht berührte. Der Jäger zielte, zog stark Luft ein, atmete zur Hälfte wieder aus, und hielt den Atem an.
Die gedachte Flugbahn musste schnurgerade verlaufen. Das Geschoss würde ohne abzusinken durch die Luft schneiden und sich der Brust des Königs schnell näher, um dann, mit einem dumpfen Schlag, seine geschliffenen Klingen in das starke Fleisch zu bohren.
Er atmete ganz aus und ließ den Pfeil von der Sehne, der mit einem scharfen Surren los schoss. Noch 29 Meter. Ein Vogel stieg von seinem Platz auf einem Ast auf und flog davon, um sich das Ende der Szene nicht ansehen zu müssen. Noch 22 Meter. Eine Grille zirpte verführerisch um ihre Artgenossen zu einem Stelldichein anzulocken. Noch 10 Meter. Im fernen China fiel ein Sack voll Reis um. 1 Meter. Der Hirsch hörte ein leises Rauschen als er auf ein neues Blatt biss und sich Gedanken darüber machte, welche Hirschkuh er an diesem Abend mit seiner Anwesenheit „beglücken“ würde.
Der Pfeil schlug 70 Zentimeter neben dem Ziel in einem Baumstumpf ein. Der stolze Bock schreckte auf. Er erblickte den Menschen, der seine wohlverdiente Ruhe störte, hinter einem alten knorrigen Baum und sah in seine verdutzt dreinblickenden Augen. Keine Sekunde später war ihm klar, dass er nur knapp dem Tode entronnen war. Die Muskeln strafften sich und der König des Waldes sprintete durch eine Baumreihe davon. Seine Majestät schlug mehrere Haken um einige große Ulmen, unter denen er als junges Kalb mit den anderen Jungtieren spielte, Eichhörnchen erschreckte und in Rangeleien seine Kraft austestete. In einer kleinen Mulde blieb er stehen, blickte sich um und erblickte in einigen Metern Entfernung den, nun vor Anstrengung schnaubenden Mann in der nach Schweiß stinkenden Kleidung. Ein böses, wütendes Funkeln war in seinen Augen zu sehen.
Der Hirsch sprintete wieder los, sprang über einige umgestürzte Bäume und konnte schon seine Herde wittern. Sie würde ihm Schutz bieten. Sie musste sich ein, vielleicht auch zwei Kilometer hinter den nahegelegenen großen Felsbrocken befinden, die eine Art natürliche Barriere im Wald darstellten. Er lief wieder los und strebte den Hügeln entgegen.
Der Jäger rannte noch eine ganze Weile, kletterte über viele Hindernisse und war sichtlich außer Atem. Das Tier schien nicht stehenbleiben zu wollen. Nach wenigen Sekunden war es verschwunden, zwischen irgendwelchen Gesteinsbrocken aus Granit. Er musste stehen bleiben, die Luft wurde ihm nach dem minutenlangen Sprint knapp. Verzweifelt feuerte der Mann den Bogen auf den Boden und stampfte vor Wut auf. Er hatte ihn verfehlt. Das war ihm noch nie passiert. Sonst saß der erste Schuss immer. Doch diesmal…vielleicht war er sich seiner Sache einfach zu sicher gewesen und hatte deswegen den plötzlich aufkommenden Wind beim Zielen nicht berücksichtigt. Den Bogen geschultert, lief er wieder los, in Richtung der natürlichen Barriere aus uraltem Stein.
Der Schütze kletterte über große raue Brocken, schwang sich über Findlinge und Bäume hinweg und schlich um Felsen herum, doch er konnte den Hirsch nicht finden. Weder roch er ihn, noch konnte der Jäger seine Spuren ausfindig machen. Ihm war klar, dass sich der Hofstaat des Königs in der Nähe befand, keine halbe Stunde von dieser Stelle entfernt, aber der Weg dahin war gefährlich, Wölfe durchstreiften das Gebiet. Es war zum Verzweifeln. Er suchte noch einige Minuten erfolglos zwischen den Felsen und stellte sich sogar auf den höchsten Punkt, den er besteigen konnte, doch er erspähte ihn nicht.
Auf dem Heimweg lief er über eine weite Ebene. Wildblumen standen in den schillerndsten Farben auf der Wiese. Ab und an huschten Mäuse umher und ein Falke drehte am Himmel seine weiten Kreise. Der Jäger bewunderte diese Tiere. Sie waren zielsicher, tödlich und frei. Es gab keine wirklichen Barrieren noch Hindernisse, wenn sie auf der Pirsch waren. Im alten Ägypten hatte man diese Jagdmaschinen als Götter verehrt. In einem alten Buch seines Großvaters hatte er darüber gelesen. Horus, der Falkenköpfe Götterherr. Er kreiste über die weiten Ebenen des Nildeltas und die heißen sandigen Flächen der Sahara. Und nie verfehlte er seine Beute, nie verlor er sein Ziel aus den Augen.
Der Mann stand in Gedanken versunken auf weiter Flur und beobachtete den Königsgott beim Flug. Dieser zog über den Himmel. Nach einer flüchtigen Unterbrechung des Flugmusters, schlug er mehrere kurze Manöver und stürzte auf den Boden zu. Er wurde schneller und schneller und seine Flügel schnitten scharf durch die Luft. Er ließ einen kurzen, hohen Schrei ertönen kurz bevor er die Wiese erreichte. Dann sah es so aus, als würde er auf dem Boden zerschellen, doch stieg er nach seinem Aufschlag mit starken Schlägen seiner Schwingen wieder auf, schwang sich in die Luft und hatte zwischen seinen Messerscharfen klauen das Ziel seiner Begierde, eine große dicke Maus, gekrallt.
Als der Vogel über die Wipfel des Waldrandes flog, sah ihm der Jäger hinterher und sein Blick glitt, wie von selbst, nach unten, in das dunkle Dickicht aus Bäumen und Sträuchern. Er konnte seinen Augen erst nicht richtig glauben, musste mehrfach blinzeln und massierte seine Schläfen. Der Prachthirsch, thronte auf einem kleineren Stein und starrte in die Richtung des Jägers. Beide waren keine 100 Meter voneinander entfernt. „Ich muss wohl alt werden, dass ich ihn nicht gerochen oder gehört habe.“ dachte sich der Jägersmann und drehte seinen straff gespannten Körper dem Hirsch zu.
Lange sahen sich die Beiden an. Der Bock kaute einige Minuten seelenruhig auf einem Blatt. Der Mann hingegen nahm seinen Bogen von der Schulter, seinen Händen waren kalt und zitterten leicht. Adrenalin wurde von seinen Drüsen aus in seinen Körper gepumpt und jede Farbe wich ihm aus dem Gesicht, als er die Spitze eines Pfeiles mit dem Daumen prüfte. Das Projektil war mit drei rasiermesserscharfen Klingen versehen, welche im Winkel von 120° voneinander abstanden.
Seine Majestät wunderte sich noch, was die merkwürdige Gestalt wohl vorhatte. Scheinbar konnte der Mensch ihn nicht treffen, was den König nicht weiter verwunderte. Das Ding stank erbärmlich, zitterte am ganzen Leib und hielt einen langen Stock in der Luft, als würde er ihm damit auch nur im Geringsten beeindrucken können. Das erbärmliche Ding konnte ihm nichts anhaben, es war schließlich weit weg.
Den Pfeil auflegen. Mit dem Daumen die Qualität der Sehne prüfen. Immer noch ausgezeichnet. Den Pfeil einnocken und das Tier nicht aus den Augen verlieren. Der Hirsch fixierte ihn mit seinem Blick. Den Bogen spannen, bis man mit der rechten Hand den Wangenknochen berühren kann. Die Lunge mit viel Luft füllen, um danach die Hälfte wieder heraus zulassen. Den Hirsch anvisieren und die Flugbahn berechnen. Den Wind nicht vergessen, nein, diesmal nicht. Den Pfeil von der Leine lassen. Das Geschoss wurde auf über 250 km/h beschleunigt und teilte die Luft, den Raum, die Zeit in zwei Teile. In die Zeit vor dem Schuss und die Zeit danach.
In einer Höhe von 300 Metern war es kalt, doch durch das dicke Federkleid war der Falke sehr gut vor dem beißenden Flugwind und der Kälte gut geschützt. Das Fellbündel zwischen seinen Fängen fühlte sich warm und weich an. Es zappelte noch ein wenig und er konnte das Schlagen des kleinen, aufgeregten Herzens spüren. Die Maus würde gut schmecken, das kleine Ding. Und es würde seinen Küken besser schmecken. Sie würden dadurch groß werden, ihre Federn glänzend und die Muskeln stark. Ihre Schnäbel und Klauen waren bereits wehrhaft und scharf. Manchmal mussten er und seine Braut bereits zurückweichen, um von den schnell schnappenden Schnäbeln nicht selbst zerhackt zu werden.
Als sein Blick über den Boden schweifte sah er einen verschwitzten, blassen Zweibeiner, mit verkrampften Fingern und gehetztem Blick. Er hielt einen dieser teuflischen, gebogenen Äste in einer Hand, mit denen man schon öfter auf seine schönen Schwanzfedern geschossen hatte. Keine Flugsekunde vom Zweibeiner entfernt stand ein Gekrönter. Der Falke konnte seinen Herzschlag sehen, durch das Vibrieren der dicken Haut im Rumpfbereich. Gewöhnlich und ruhig, so wie sonst auch. Der Vierbeiner betrachtete wohl etwas, dass sich zwischen ihm und dem blassen Astmann befinden musste. Erst einen Herzschlag später sah der Falke die silbern glänzenden Klingen an dem langen dünnen Stock, die über den Boden seines Jagdrevieres glitten. Der Vogel wusste, dass der Hirsch dem Pfeil nicht mehr entkommen konnte und dass er gewiss sterben würde. Doch er hörte in der Ferne seine Braut rufen und beschleunigte seinen Flug mit einem kräftigen Schlag seiner mächtigen Schwingen. Das Leben der Bodenbewohner interessierte ihn nun doch nicht so sehr, wie das Wohl seines Geleges.
Der Bock spürte das Spalten seiner Rippen erst gar nicht. Er wurde von einer unsichtbaren Kraft schwer in die Seite geschlagen, sodass es ihn fast von seinem Platz schleuderte. Lediglich sein Herz schien in diesem Moment davon Notiz zu nehmen, denn es schlug einfach nicht mehr. Dann wurde ihm die Luft knapp und der Schmerz drang durch. Er ging zu Boden. Zuerst setzte er den Rumpf auf den harten Untergrund, dann knickten ihm die Hinterläufe weg und schwer schnauben rollte er auf die Seite. Aus dem Augenwinkel heraus konnte er den langen Stab aus seiner Seite ragen sehen. Er begriff nicht, was da gerade mit ihm geschehen war, doch er wusste, dass es mit seinem Leben vorbei war. Dunkelheit legte sich über seinen Blick. Er konnte gerade noch das Gesicht des Mannes aus dem Wald erkennen, dass vor ihm, wie aus dem Nichts heraus, erschien.
Der Jäger zückte sein Messer, prüfte die Schärfe der Klinge und betrachtete interessiert den Kopf des Waldkönigs. Es war ein großes Tier, mit mindestens 1,3 Metern Schulterhöhe. Sein Geweih war riesig im Vergleich zum Durchschnitt. Es wies mehrere tiefe Schrammen auf, Zeichen von geschlagenen und wohl auch gewonnenen Zweikämpfen mit seinen männlichen Artgenossen während der Brunft. Das Tier hatte bereits aufgehört zu atmen. Er betrachtete den Pfeil. Dieser war fast zur Hälfte in den Hirsch eingedrungen. Seine Spitze hatte einfach den Rumpf, all die harten Knochen und das Knorpelgewebe, durchschlagen, danach wohl erst die Lunge durchbohrt und war dann im Herzen zum Stillstand gekommen. Er hatte nicht sehr gelitten, der große König. Seine Majestät war, wenn nicht sofort, dann kurz nach dem todbringenden Treffer gestorben. Der Jäger packte das Messer fest und trieb es, den alten Sitten gemäß, in den Hals des Hirsches, um den Kopf abzutrennen. Er hatte am Ende doch obsiegt, hatte die Beute, hatte den Sieg. In der Ferne hörte der glückliche Jäger den Schrei eines Falken, dem ein anderer sofort antwortete. „Heute Abend gibt es endlich wieder Fleisch.“

 

Hallo Trethenmerth,
ein neuer Text ist vielleicht auch eine Antwort, aber leider eine, die ich nicht ganz verstehe.

Aber von vorne: Ich finde das insgesamt ungünstig, einen neuen Text einzustellen, wenn der alte zum Korrigieren liegt. Klar, direkt verboten ist das natürlich nicht, aber eben doch sehr ungünstig. Für dich, was Zeit und Energie betrifft, aber auch Kommentatoren fühlen sich da häufig nicht so angesprochen.

Was soll jetzt mit dem Text im KC geschehen? Du hattest mal irgendwo geschrieben, du würdest ihn eher löschen lassen? Wie sieht es damit aus?


Das hatte ich dir zu deinem alten Text geschrieben:

Soll der Text im Korrekturcenter gelöscht werden und du stellst den Text in der längeren Fassung ganz neu ein? Hab ich dich da richtig verstanden? Oder willst du den Text im KC bearbeiten? Das kannst du über die "Bearbeiten"-Button unten am Textende. Bearbeiten und/oder natürlich auch überschreiben, dann bleiben die bisherigen Kommentare erhalten.
Nur zwei Texte zum selben Thema, das wäre nicht so gut.
Und etwas in eigener Sache: Solche Moderationsfragen doch bitte beantworten. Muss ja kein langer Sermon sein, aber so antwortlos erschwert das die Moderationsarbeit. Vielleicht wolltest du es ja noch antworten oder meine Frage ist dir entgangen, daher die Erinnerung.

 

Moin moin. Entschuldige bitte, aber ich hatte gedacht, ich hätte geantwortet, dass der Text, der erste, jetzt grad im KC liegende, gelöscht werden soll. Falls ichs vergessen haben sollte zu beantworten oder das irgendwie nicht ankam, dann tuts mir leid. Aber ja. der Text im KC soll gelöscht werden. Ich würde ihn gern nochmal komplett überarbeitet zu nem späteren Zeitpunkt hochladen.

 

Alles klar. War nicht bei mir angekommen.
Der Einfachheit halber gebe ichs mal an Tserk weiter-
Viele Grüße von Novak

 

Hallo Trethenmerth,

wie bei vielen Texten, mit denen ich auf Anhieb thematisch nicht recht viel anfangen kann, hangele ich mich jetzt mal am Formalen entlang, um mich wenigstens ein bisschen nützlich zu machen. Manchmal finde ich genau darüber dann auch einen Zugang zum Text.

Er schnupperte in der Luft und versuchte, den Geruch des Hirsches wahrzunehmen, den er seit 2 Stunden verfolgte.
Zahlenworte möglichst ausschreiben, von 0 - 20 sowieso und bei den > 20 finde ich es persönlich bei den zweisilbigen auch noch lesbarer.
Der Köcher mit den geschärften Pfeilen auf seinem Rücken wurde langsam schwer.
Nur mal ganz dumm gefragt: gibt es Jäger, die mit stumpfen Pfeilen im Köcher durch den Wald rennen?
Der Hirsch hinterließ einen animalischen, erdigen Geruch.
Auch so ein Adjektiv: klar riecht ein Hirsch nach Tier.
Er stank nicht, sondern
duftete
viel mehr nach
unheilbarer
Würde und Stärke, die er protzig zur Schau stellen konnte.
Sorry, das ist unfreiwillig komisch. Wie duftet Würde? Und ist unheilbar hier wirklich der gewünschte Begriff? Vielleicht besser unbezwingbar?
Der Jäger wusste, dass es ein leichtes sein würde, ihn zu erlegen.
ein Leichtes
Das Geschoss würde ohne abzusinken durch die Luft schneiden und sich der Brust des Königs schnell näher, um dann, mit einem dumpfen Schlag, seine geschliffenen Klingen in das starke Fleisch zu bohren.
Tippfehler: nähern; und "mit einem dumpfen Schlag" muss jetzt nicht mit Kommas eingefasst werden, wenn du es wirklich stark betonen willst, würde ich Gedankenstriche wählen (aber wozu?); und hat ein Pfeil wirklich (mehrere) Klingen? Ist es nicht mehr eine Spitze?
Im fernen China fiel ein Sack voll Reis um.
Machst du dich lustig?
Der Hirsch hörte ein leises Rauschen[,] als er auf ein neues Blatt biss und sich Gedanken darüber machte, welche Hirschkuh er an diesem Abend mit seiner Anwesenheit „beglücken“ würde.
Hier wechselst du die erstmals die Erzählperspektive und ich finde es nicht geschickt. Vielleicht weil ich Geschichten aus Sicht eines Tieres nicht mag. Aber natürlich baut der Text zum Gutteil darauf, dass beide Seiten geschildert werden, deswegen ist meine Abneigung hier irrelevant. Jedoch wenigstens zur Form: Vor dem Wechsel sollte ein Absatz sein, idealerweise mit Leerzeile. Wenn dann zum Jäger zurückgeschwenkt wird, ebenfalls eine Leerzeile.
Nach wenigen Sekunden war es verschwunden, zwischen irgendwelchen Gesteinsbrocken aus Granit.
Das irgendwelchen ist überflüssig, oder? Das "aus Granit" eigentlich auch. "Nach wenigen Sekunden war es zwischen Gesteinsbrocken verschwunden." dürfte doch reichen.
Horus, der Falkenköpfe Götterherr.
Horus, der falkenköpfige Götterherr?
Der Prachthirsch, thronte auf einem kleineren Stein und starrte in die Richtung des Jägers.
Kein Komma nach Prachthirsch
„Ich muss wohl alt werden, dass ich ihn nicht gerochen oder gehört habe.“ dachte sich der Jägersmann und drehte seinen straff gespannten Körper dem Hirsch zu.
Gedanken würde ich nicht in Anführungszeichen setzen, aber auf jeden Fall muss vor dem dachte ein Komma statt des Punktes (und wenn du die Anführungszeichen beibehältst, dann muss das Komma danach). Und "straff gespannter Körper" klingt wieder komisch.
Der Bock kaute einige Minuten seelenruhig auf einem Blatt.
an einem Blatt
Das Projektil war mit drei rasiermesserscharfen Klingen versehen, welche im Winkel von 120° voneinander abstanden.
Ok, das erklärt meine vorherige Frage, sollte dann aber vielleicht etwas früher erwähnt werden.
Das Leben der Bodenbewohner interessierte ihn nun doch nicht so sehr, wie das Wohl seines Geleges.
Kein Komma vor dem wie (weil Vergleich und nicht Nebensatz).
Der Bock spürte das Spalten seiner Rippen erst gar nicht.
Ist es nicht eher das Gespaltetwerden seiner Rippen? Vielleicht besser als Nebensatz?
Dann wurde ihm die Luft knapp und der Schmerz drang durch. Er ging zu Boden. Zuerst setzte er den Rumpf auf den harten Untergrund, dann knickten ihm die Hinterläufe weg und schwer schnauben rollte er auf die Seite. Aus dem Augenwinkel heraus konnte er den langen Stab aus seiner Seite ragen sehen. Er begriff nicht, was da gerade mit ihm geschehen war, doch er wusste, dass es mit seinem Leben vorbei war. Dunkelheit legte sich über seinen Blick. Er konnte gerade noch das Gesicht des Mannes aus dem Wald erkennen, dass vor ihm, wie aus dem Nichts heraus, erschien.
Dies alles, nachdem das Herz bereits aufgehört hatte zu schlagen? Bist du sicher?

Vom Perspektivenwechsel zwischen Jäger, Hirsch und Falke mal abgesehen, der mir nicht besonders gefällt, ist die Situation schon mal ganz gut geschildert. Es passiert etwas und es passiert auch wohl in einem plausiblen Ablauf. Was mir am bisschen gefehlt hat bzw. unklar war, war die Motivation des Jägers. Das Bild mit dem König war ja arg überstrapaziert, sodass mich der Titel zunächst dazu bewog, von irgendwas Rituellem auszugehen. Aber zum Schluss war es dann doch nur die Freude, zu den Bratkartoffeln Fleisch zu haben. Der Wunsch zu essen ist natürlich ein viel legitimeres Jagdmotiv als die Gier nach Trophäen oder eben stellvertretenden Regizid. Nur sollte es halt durchgängig sein. Meine ich.

Also insgesamt überwiegt bei mir der positive Eindruck. Tut mir nicht leid, es gelesen zu haben.

Viele Grüße
Ella Fitz

 

Hola Trethenmerth,

Du verblüffst mich: Deine erste Geschichte landete im KC, Deine zweite ist beinahe fehlerfrei geschrieben. Eine tolle Veränderung.
Ella Fitz hat sich ja eine Riesenarbeit mit Deinem Text gemacht – ganz so fleißig bin ich nicht. Ich bin nur Deinem Nick aufgesessen und tatsächlich: Diesen Trethenmerth sehe ich am Schreibtisch, die Terrassentür steht halboffen, Geranien blühen. Der Autor kaut am Bleistiftende und fabuliert.
Das ist wundervoll, doch habe ich beim Lesen das starke Gefühl, dass der Autor seinen einmal geschriebenen Text unbearbeitet lässt. Vielleicht ist Dir dieser Trick gar nicht bekannt:
Text etwas liegen lassen und dann mit der gewonnenen Distanz wieder und wieder lesen. Auf diese Weise ist man ungefähr in der Leser-Position.
Vieles wäre Dir aufgefallen; Ella konnte unmöglich alles aufzählen, was verbessert werden könnte. Sind auch viele, von Dir sicherlich nicht beabsichtigte Stellen dabei, die kraus bis komisch klingen – und das ist bei dem anspruchsvollen Sujet Deiner Geschichte fatal.

Ich hab hier noch einige Punkte aufgelistet, die mir nicht so richtig ‚rund’ erscheinen:

Der Hirsch hinterließ einen animalischen, erdigen Geruch. Er stank nicht, sondern duftete viel mehr nach unheilbarer Würde und Stärke, die er protzig zur Schau stellen konnte. Dieser Bock war nicht gewöhnlich, ...
Das sind mMn. zwei verschiedene Tiere: Hirsch (mit Hirschkuh) oder Rehbock (mit Reh).
... den er seit 2 Stunden verfolgte.
Die 2 (zwei) würde ich rausnehmen, sie hat keine Funktion. Erzeugt eine Akribie, die an dieser Stelle unnötig ist.
... Sehne seines Bogens. Sie war frisch gewachst und straff gespannt.
Strafft man die Sehne nicht erst vor Abschuss?
Das Tier stand majestätisch auf einer kleinen Erhöhung, nicht mehr als 30 Meter von ihm entfernt, und fraß von einem kleineren Strauch.
Typisch für einen unbearbeiteten Text. Das in Kommas eingefasste Mittelstück kann weg.
Er würde ihn sich schmecken lassen, mit ein paar gebratenen Kartoffeln.
Den Hirsch! Mit ein paar gebratenen Kartoffeln. Rustikale Sache.
... zog, mit flüssiger Bewegung, ...
... mit fließender Bewegung fände ich besser.
Der Jäger bewunderte diese Tiere. Sie waren zielsicher, tödlich und frei.
Diese Tiere waren zielsicher und tödlich? Vielleicht taucht noch eine Schwarze Mamba auf, denn jetzt geht’s über China, Ägypten und die Sahara Richtung Fantasien.

Na ja, usw. usw. Trethenmerth, ich fürchte, an diesem Text müssen noch einige Schwachstellen behoben werden. Dass ich nicht Deine Arbeit übernehmen will, wirst Du verstehen. Auch bin ich der Meinung, dass Du vieles Nebensächliche streichen solltest, momentan lesen sich einige Strecken wie Märchenstunde. Der tag ‚Spannung’ passt noch nicht so richtig. Und der gut gewählte Titel verdient größere Anstrengungen Deinerseits.
Ich wünsche Dir viel Erfolg beim Bearbeiten und wisse: Wir alle finden es schrecklich, einiges von unseren grandiosen Texten streichen zu müssen – aber wenn’s die Geschichte besser macht?

José
Mit dem Schluss kam ich auch nicht zurecht:

„Heute Abend gibt es endlich wieder Fleisch.“
Das sagt nicht der Jäger, sonder ein Falke zum anderen. ‚Normalerweise’ sorgt der Jäger für den Abtransport seiner Beute – Du weißt, wie viel ein kapitaler Hirsch wiegen kann?
Dass der Kopf an Ort und Stelle abgeschnitten wird (warum?), ist mir auch neu. Mit einem gewöhnlichen Jagdmesser ist das wegen der mächtigen Halswirbel nicht möglich.

 

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