König Belsatzar
Diese Geschichte ist ursprünglich ein Deutsch- Aufsatz, der eine Rahmenhandlung beinhalten soll. Es ist aus der Sicht eines Knechts aus dem Gedicht von Heinrich Heine: Belsatzar
Zuerst bitte das Gedicht lesen!
Gedicht von Heinrich Heine
Und nun die Geschichte:
Mitten in der Nacht erwachte ich plötzlich und stellte fest, dass mein Nachtgewand völlig durchnässt war, von dem Schweiß, den ich aus Angst geschwitzt hatte. Ich stieg langsam aus dem Bett und tastete in meinem Zimmer nach der Ölkerze. Endlich hatte ich sie gefunden. Das Licht flammte auf. Ich ging zum Fenster und beaügte misstrauisch die Weiße Wand, die sich genau gegenüber des Fensters befand. Es war mir, als könnte ich überall Schatten sehen, die mir näherkommen zu wollen schienen. Plötzlich begann mit einem Schlag auch wieder die Erinnerung ganz stückchenweise in mir zu wachsen. Es war lange her, und doch erinnerte ich mich jetzt wieder daran, als wäre es erst gestern gewesen....
Es war schon Mitternacht gewesen, als der König mit seinem Volke noch immer trank und ihn langsam der Übermut überkam. Dazu muss man sagen, dass dieses Königsmal in Babylonien stattfand und König Belsatzar einfach jegliche Art von Festen und Feiern liebte! Er war sonst immer ein stiller Mann, aber wenn er sich auf ein paar Schlückchen zu viel, von dem köstlichen Wein, mit seinen Knechten und der ganzen Gefolgschaft einließ, wurde er einfach unkontrolliert und es war nicht mehr möglich, ihn zu halten. Der Kerzenschein, der den langarmigen Kerzenständer in einem funkelndem Gold erscheinen ließ, flackerte ein wenig und es kam mir vor, als warnte mich nicht nur mein Gewissen vor dem Übermut des Königs.
Er war wie ein wildes Tier, dessen Kontrolle man verloren hatte. Völlig ohne sich zu genieren, riss er einen Witz nach dem anderen über all jene, die mächtiger waren als er. Der ganze Tisch brach nach jedem Mal, als die betrunkene Gestalt an der Erhöhung des Tisches ein Geläster mehr erzählt hatte, in wilden Beifall und schallendes Gelächter aus. Sie wollten ihrem König nur gute Knechte sein und anscheinend glaubten sie, ihn glücklich zu machen, wenn sie lauter als alle Anderen im Saal des Königs Belsatzar lachten. Ich jedenfalls konnte mich einfach nicht dazu durchringen, gemeinsam mit den Sallgästen zu lachen, und so formten meine Lippen nach jedem Ende eines Witzes höchstens ein kleines Lächeln, doch eigentlich fand ich des Königs Worte widerlich! Ich war es leid, immer alles für eine Person, die ungehaltener als ein Kind war, zu machen. Ich konnte es einfach nicht mehr ausstehen, ein Knecht zu sein. Genau in dem Moment, als ich so tief in meinen Gedanken versunken war, öffnete sich die Tür zur Halle und ein Diener des Königs kam mit einem goldenen Gerät am Kopf zurück. Erst, als ich einen näheren Blick für dieses Gebilde riskierte, konnte ich erkennen, dass es aus dem Tempel Jahwes war. Es war gestohlen. Es war heilig. Ich hatte zwar keinen Spiegel vor mir, doch ich weiß, dass mein Gesichtsausdruck schlagartig sehr ernst wurde. Ja, vielleicht habe ich sogar so ausgesehen, als wollte ich flehen. Zu König Belsatzar, dass er diesen unwiederruflichen Fehler nicht tun sollte. Es war mir, als sehe der König durch mich durch und es wäre ihm völlig egal, was geschehen würde. Doch all meine flehenden Blicke, konnten Belsatzar nicht davon abhalten, den goldenen Becher des Gottes, der über und über mit Wein gefüllt war, zu ergreifen und nun auch noch mit seinen Lippen, den Lippen eines Frevlers, den Wein daruas zu trinken. Was war nur in ihn gefahren? Ich ließ meinen Kopf hängen, denn viel ärger konnte es nicht mehr werden. Doch ich irrte. Der König starrte mit wahnsinnigen Augen in die Menge und brüllte schließlich durch den prunkvollen Saal: „Jehovah, dir künd ich auf ewig Hohn- Ich bin der König von Babylon!“. Die gehäuchelten Lacher, die bis vorher noch den großen Raum erfüllt hatten, waren plötzlich alle weg. Alles war wie tot. Und die Augen jedes Mannes richteten sich nun auf den König, der da vorne stand. Abgehoben von allen Anderen. Er lachte, ja er konnte sogar weder ein noch aus vor lachen. Ein Schauer rann mir den Rücken hinab. Wie konnte jemand so etwas tun, so wahnsinnig sein? Doch es wurde schlimmer. Eine Sekunde schien nun wie die Ewigkeit zu sein und wir alle mussten Zeugen werden, als sich plötzlich an der großen, weißen Wand Buchstaben aus Feuer formten. Niemand konnte seinen Augen trauen und es war totenstill. Ich schwöre, ich hätte nicht schreien können, selbst wenn ich es gewollt hätte. Dem König war das Lachen nun endlich vergangen. Er stand da und starrte an die Wand. Sonst nichts. Er war weder tot noch lebendig in diesem Augenblick. Es schien, als hätte er seine Strafe bekommen. Doch als nach ungefähr einer Woche, sein Verstand offensichtilich wieder geheilt war, tummelte sich allerhand im Schloss herum. Alle hatten gedacht, der König wäre tot, doch er war es nicht. Und er hatte die Geschehnisse auch nicht vergessen. Nein, er hatte sofort alle Deuter, Seher und Magier des Landes eintreffen lassen, um die Schrift zu deuten, doch niemand vermochte mehr darüber zu wissen. Aber die Unruhe in der Knechtschaft legte sich nicht mit der Zeit. Sie wollten etwas unternehmen. Nein, eigentlich wollten WIR etwas unternehmen. Und so wählten mich Weiber und Männer, Knaben und Mädchen, zu ihrem Anführer und es galt, den König zu töten. Es war, als hätte ich kein Gefühl mehr. Ich trug so viel Wut in mir, die sich über die Jahre angesammelt hatte, dass ich nicht mehr fähig war, wirklich zu wissen, was ich tat. Ich weiß noch, als ich vor ihm stand, dem schlafenden König. Mitten in seinem riesengroßen Schlafgemach. Ich hielt das Messer in der Hand, bereit, auf den König einzustechen. Doch er wachte auf. Mein Mund stand offen und ich war unfähig, etwas zu tun. Ja, ich war sogar unfähig irgendetwas zu denken. Der König sah das Messer. Er nahm es mir aus der Hand und ich dachte, dass dies mein Ende wäre. Ja, es war sogar mein sicheres Ende. Doch alles, was Belstzar noch machte, war, mich anzulächeln und er stieß sich schließlich das Messer mitten in die Brust. Unter gewaltigen Schmerzen schrie er auf, sah mich ein letztes Mal an und fiel dann, blutüberströmt, nach hinten in sein Bett.
Alle feierten mich damals als Held. Doch diese Nacht, werde ich nie vergessen. Ich war damals noch jung und hatte noch mein ganzes Leben vor mir. Doch egal, wohin ich kam, ich wachte nachts immer wegen den gleichen Träumen schweißgebadet auf. Doch irgendwann gehörte alles schon dazu und ich begann, mir nicht mehr den Kopf darüber zu zerbrechen. Nun bin ich alt genug, alt genug um gut zu wissen, dass es nicht meine Schuld war. Doch den blutüberströmten König werde ich wohl nie vergessen!
Hoffe, es gefällt wenigstens ein ganz kleines bisschen.....
Merdania