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Käfers Zwischenpredigt

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03.04.2010
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Käfers Zwischenpredigt

„Und wozu das alles?“, fragte ich in einem leicht gereizten Ton, der offensichtlicherweise aus meiner eigenen Hilflosigkeit resultierte.
Der Mistkäfer schnaufte leise, da er gerade langsam und Schritt für Schritt einen für seine Größenverhältnisse viel zu großen Stein vor sich herschob.
„Na, um weiter zu kommen.“, antwortete er ruhig, zwischen seinen angestrengten, aber nicht im geringsten qualvollen Atemzügen.
Ich schnaubte verächtlich, um meine eigene Unsicherheit zu überspielen und stellte meine Tasse ab, was die Flüssigkeit darin dazu veranlasste leichte Wellen zu produzieren. Der Kaffe schmeckte – wie der zweite Kaffee aus einer Kaffeekanne es wunderlicherweise immer tat – schal.
„Weiter zu kommen...wohin denn, wo soll ich denn hinkommen?“
Er sah mich leise belustigt an und drehte seinen braunen Körper, der leicht die durch das Fenster scheinende Sonne reflektierte, ein wenig nach links, um dem Weg des Steines einen leichten Kurveneinschlag zu geben. Er tat dies mit einer unendlichen Ruhe, die mich, die ich von Natur aus ein sehr hektischer Mensch war, fast ein wenig ungeduldig werden lies.
„Das weißt du doch.“
Gereizt von seiner vermeintlichen Arroganz kratzte ich mit meinem Fingernagel an dem Henkel der rot gemusterten Tasse herum. Er hatte leicht reden, er war ein Mistkäfer! Das Gefühl von Porzellan an meinen Fingernägeln lies mich unangenehm schaudern und ich lies von meiner ablenkenden Nebentätigkeit ab.
„Und was ist, wenn ich es in meiner menschlichen Dummheit doch nicht weiß?“
Ich wurde schrecklich infantil, was ich beschämt sofort bemerkte, doch besaß ich nicht die Courage meine Worte zu revidieren, da ich Angst vor der Blöße hatte, die ich dadurch offenbaren würde, obwohl es bei genauerer Betrachtung eigentlich keine war, denn die einzige Schwäche, die ich mir zuzuschreiben hatte, war in diesem Kontext meine Infantilität.
Der Käfer schnaufte erst ein wenig unter seiner Arbeit (der Stein hatte schon gute fünfzig Zentimeter zurückgelegt) und sagte dann ruhig, aber nicht mehr so vergnügt wie davor:
„Du weißt es. Du hast schlicht und ergreifend schon vergessen, in dich hinein zu sehen. Während du die ersten Schritte gemacht hast, dachte ich, du wüsstest bereits wofür.“
Die anklingende Traurigkeit in seiner Stimme traf mich wie einen Schlag, auch wenn ihre Nuance nur so minimal war, dass ein schlechter Zuhörer sie nicht zu hören vermocht hätte.
Urplötzlich wurde ich traurig, beschämt und ein wenig hoffnungslos zugleich, denn ich wollte weder, dass der Mistkäfer wegen mir traurig wurde, noch meine eigene Unsicherheit spüren.
„Ich bin doch noch so furchtbar unwissend.“, murmelte ich leicht zerknirscht, jedoch ohne jegliche Mitleidsheischungen, denn ich meinte es diesmal wirklich so, wie ich es aussprach, was gewiss Seltenheitswert hatte.
Ohne auch nur einmal von seinem Stein abzulassen, sagte der Mistkäfer leise, zwischen seinen regelmäßigen und in seltsamer Art und Weise wunderlich leichten Atemzügen:
„Sobald du den ersten Schritt in deine Richtung getan hast, wirst du dir um deinen Wert keine Gedanken mehr machen.“
Sein Stein kam dort an, wo er ihn scheinst haben wollte und mit leiser Zufriedenheit, aber ohne eine Spur von Arroganz, die ich vorher fälschlicherweise bei ihm vermutet hatte, betrachtete er sein Werk.

 

Hallo Leyata und willkommen auf kg.de, wenn auch etwas spät. ;)


Ist das die ganze Geschichte oder fehlt da was? Es ist eine Zwischenpredigt, wie der Titel sagt. Doch über was er predigt, weiß man nicht, man könnte es auf vieles beziehen. Vielleicht auf den Sinn des Lebens, der Liebe, Arbeit, Wissen, eine lange Reise in einem fremden Gebiet ...

Der Käfer scheint mit seinem Stein (warum auch immer ein Mistkäfer einen Stein rollt und nicht ... na du weißt schon ;)) diese Anstrengung, zu der er aufruft, zu visualisieren, doch auch das gibt keinen Hinweis darauf, worum es überhaupt geht.

Vielleicht ist es nur eine Schreibübung von dir, denn der Stil ist okay, soweit man das bei der Kürze sagen kann.


Grüße von Jellyfish

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Jellyfish,

danke für deine Kritik und die Begrüßung :)

Ich habe versucht, das Ganze so Allgemein wie möglich zu halten, damit sich jeder ein individuelles Bild von der Intention des Käfers machen kann. Aber ich kann es gerne aus meiner Sicht erklären, denn ich hab mir ja auch was dabei gedacht :)

Was mich betrifft, bin ich schon immer fasziniert von Personen (die hier der Mistkäfer personifiziert, da Mistkäfer weit mehr als ihr eigenes Körpergewicht tragen können und als eine der stärksten Käfer gelten), die ohne groß Aufhebens davon zu machen, unglaublich viele Dinge gleichzeitig ertragen. Das zeigen die Atemzüge des Käfers, die gleichmäßig, nötig, aber nicht angestrengt oder leidend erscheinen, obwohl er einen viel zu großen Stein (= Aufgaben, Probleme) vor sich herschiebt.

Die Person des Ich-Erzähles stellt einen Menschen dar, der vorallem sich Selbst sucht, aber nicht findet. Sie fühlt sich unwissend, obwohl sie alles zu tun scheint, um diesem Unwissen zu entfliehen, doch fühlt sie sich an einem Punkt, wo sie nicht weiter kommt.
Durch ihre Jugend und ihre Unreife reagiert sie teilweise unwirsch auf den Käfer, der durch seine Erfahrung schlichtweg "die Ruhe weg hat". Ihre Hektik steht für die die altersbedingte Ungeduld, alles immer sofort haben zu wollen. Doch möchte sie ihn nicht enttäuschen, denn sie verlangt gerade zu danach, aus dem Labyrinth ihrer Fragen heraus zu kommen, um endlich etwas zu erkennen.


Zwischenpredigt deshalb, weil jene Person eben erst auf dem Weg ist sich selbst oder eine Erkenntnis zu finden. Der Käfer, ein weiser Wegbegleiter, muss ihr aber auf diesem Weg den ein oder anderen Schubs in die richtige Richtung geben. Eine Art Schüler-Lehrer Beziehung wird dargestellt.
Der Schlusssatz bezieht sich darauf, dass die Suchende sich zu sehr auf für den Käfer triviale Dinge stützt, wie angelesenes Wissen und sich durch ihre "Ungebildetheit" minderwertig fühlt. Der Käfer jedoch möchte, dass die Person in sich hinein sieht, um dort das eigene Wollen zu finden, denn wenn man das gefunden hätte - meint er - würde man sich keine Gedanken mehr darüber machen, welchen Rang einem die Gesellschaft zu ordnet, sprich, ob man in der Gesellschaft einen "Wert" hat, oder nicht.

Eine Geschichte an sich ist es, wie du schon gesagt hast, nicht wirklich, ich denke man könnte es als "Schreibübung zum Ausdruck eines gewissen Gedankenstrangs zu einer gewissen Tageszeit" nennen :shy:

Liebe Grüße,
Leyata

 

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