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KÖNIG CRUDELIX - 1.: Die schwarze Pest
Wolken setzten sich vor die Sonne von TERRA, einem kleinen überschaubaren Königreich zur Zeit des Hochmittelalters. König Crudelix saß an seiner Tafel und verzehrte ein Huhn adeliger Abstammung mit einer delikaten Soße überzogen, die ihm von seinem engsten Berater Orakulus wärmstens empfohlen worden war. An seiner Tafel saßen die engsten Berater des Königs, da es galt, ein schwieriges Thema zu erörtern. Es ging um eine Krankheit namens schwarze Pest, die die Runde machte und die treuen, steuerzahlenden Bauern im Akkord dahinraffte. Trotz der heiklen Situation bestand König Crudelix darauf sein Mahl zur gewohnten Zeit einzunehmen. Sein Beraterstab unterhielt sich derweil dezent über das heikle Thema.
Nur eine Stunde nachdem sein Beraterstab eingetroffen war, eröffnete König Crudelix die Sitzung. Chefberater Orakulus hatte das Wort: ,,Sehr verehrter Beraterstab unseres geliebten Königs Crudelix...“ Tosender Applaus für den König, ,,unser heutiges Zusammentreffen hat einen sehr ernsten Hintergrund: es geht um die 90% Steuern, die die Bauern monatlich an den König und den Adel...“ Tosender Applaus, ,,entrichten müssen. Denn diese 90% sichere Einnahmen sind gefährdet, weil eine bedrohliche Krankheit die Bauern hinwegrafft: die schwarze Pest. Diese Krankheit wird gefördert durch Unrat und Schmutz, so dass unsere Bauern natürlich die idealen Opfer der bösen Krankheit sind. Wir wollen heute darüber diskutieren, wie wir es verhindern können, dass ein Bauer nach dem anderen das Handtuch wirft!“ Tosender Applaus.
,,Wir könnten die Steuern erhöhen!“, rief einer der Berater und der Vorschlag wurde sofort mit tosendem Applaus unterstützt. Doch Orakulus hatte diesen Vorschlag bereits vorausgesehen und bat um Ruhe um seinem Schüler Mathematicus das Wort zu erteilen.
,,Lieber Beraterstab. Dieser Vorschlag ist, auch wenn er sich dem Anschein nach positiv auf Eure Reichtümer auswirkt...“ Tosender Applaus, ,,genau das Gegenteil tun!“ Stille. ,,Mehr als 100% Abgaben können die Bauern nicht entrichten...“ ,,Warum denn nicht?“, rief ein Adliger dazwischen. ,,...und wenn die schwarze Pest unser geliebtes Volk heimsucht, sollten wir nach der Ursache der schwarzen Pest forschen und sie bekämpfen. Denn ansonsten könnte es passieren, dass schon in wenigen Monaten nur noch die Adligen und der König übrig sind!“ Nachdenkliches Gemurmel.
,,Aber es ist doch bekannt, dass Schmutz und Unrat die Verbreitung der Pest fördern!“, sagte ein Adliger.
,,Sicher. Aber Schmutz und Unrat sind nicht die Ursachen. Wir müssen nach den Ursachen forschen um den Einzug der Pest zu verhindern!“
*
Am nächsten Tag hielt der junge Bauer Quid eine Ansprache unter seinesgleichen. ,,Meine lieben Bauern. Heute eröffne ich nach dem kurzfristigen Ableben unseres Oberbauern die 15. Sitzung unseres geheimen Rates um mit Euch über die bedrohliche Gefahr zu diskutieren, die von der schwarzen Pest ausgeht!“ Die Bauern klatschten. Einer fiel tot um, weil ihn die schwarze Pest im Nacken gepackt und zugedrückt hatte.
Der für das Protokoll zuständige Bauer namens Scriberus machte lässig einen Strich in sein Notizbuch.
,,Wir müssen die von der schwarzen Pest ergriffenen leider aus dem Land verbannen um die Krankheit loszuwerden!“, sagte Quid weiter. ,,Warum denn?“, rief ein alter Bauer mürrisch. ,,Damit diejenigen, die nicht von der Krankheit ergriffen worden sind, von ihr auch nicht heimgesucht werden können, Methusalem!“, fluchte Quid. Die Bauern murmelten untereinander unverständliche Wörter bis Scriberus schließlich eine Abstimmung forderte. Obwohl viele Bauern nicht verstanden hatten, was Quid überhaupt gesagt hatte, stimmten sie für seine Meinung, weil sie wussten, dass er von allen Bauern der Schlauste war.
Und so kam es, dass sämtliche von der schwarzen Pest betroffenen Bauern aus dem Land verbannt wurden.
*
,,Wo ist mein Volk?“, fluchte König Crudelix als er aus dem Fenster blickte. Nur vereinzelt sah er einen Bauern beim Ackerpflügen. ,,Orakulus, bringe in Erfahrung, was geschehen ist!“ Orakulus eilte von dannen und trat zwei Stunden später wieder in die Gemächer des Königs, um ihm von dem Beschluss der Bauernversammlung zu erzählen. König Crudelix bekam was über sich.
,,Ich möchte denjenigen sprechen, der für diesen Mist verantwortlich ist!“, schimpfte der König und wieder eilte Orakulus von dannen um weitere zwei Stunden später mit Quid im Schlepptau wieder aufzutauchen.
,,Was hast du dir dabei gedacht, Bauer? Wolltest wohl deinen König verarschen, wie? Hast den Bauern wohl Hoffnungen gemacht in einem anderen Königreich anzuheuern mit niedrigeren Steuern, was? Orakulus, lass den Buben in den Kerker werfen!“ Die Wachen eilten heran. ,,Oh, erhöre mich mein König!“, rief da der Bauer Quid und stutzend hielt der König inne. ,,Was ist denn noch?“ ,,Alle Bauern, die ich weggeschickt habe, sind gegangen, weil sie die schwarze Pest hatten. Ohne die Pest, können wir andere Bauern jetzt gesund und munter leben!“ ,,Wie?“, stutzte der König. ,,Die Krankheit ist doch noch da!“ Quid seufzte innerlich. ,,Krankheiten lassen sich meistens nur von Mensch auf Mensch übertragen oder von Tier auf Mensch oder umgekehrt. Und wenn diejenigen, die von einer Krankheit erfasst sind, verschwinden, können sie ja die Krankheit nicht mehr übertragen, oder?“ ,,Klingt logisch!“, sagte auch Orakulus. ,,Na gut, Bürschchen. Aber wenn du nicht Recht haben solltest, dann lasse ich dich einen Kopf kürzer machen, haben wir uns verstanden?“ Quid nickte schüchtern. ,,So, Orakulus, geh in die Stadt und guck, ob die schwarze Pest noch da ist. Und wenn du schon einmal da bist, kannst du direkt die Steuern eintreiben, bei denen, die noch übrig sind. Ich habe Hunger!“ Und mit diesen Worten verschwand der König mit majestätischen Schritten, nachgrübelnd darüber, ob an der Theorie des jungen Bauern etwas dran sein könnte. Allerdings war ja auch Liebe übertragbar und Königstitel. Zurück blieb der Bauer Quid, der von den Wachen zur Tür begleitet wurde...