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Jugend forscht.

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18.08.2011
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Jugend forscht.

Nachdem er seinem Gegenüber ein weiteres Mal zugeprostet hatte, nahm er einen kräftigen Schluck aus der Flasche. Die Flüssigkeit brannte ihm im Mund, ja sogar bis in den Magen glaubte er, das Feuer spüren zu können. Die Wirkung faszinierte ihn stets auf Neue. Plötzlich störte ihn jedoch die sich einstellende Stille und auch sein Gegenüber machte keine Anstalten, das Schweigen zu beenden. So fing er, wenn auch etwas unsicher, zu reden an.
>>Sie müssen wissen, dass ich nicht immer so viel auf einmal nehme. Hauptsächlich, wenn es sich ergibt. Und mit Freunden. Um lustig zu sein. Sie kennen das ja bestimmt. Das soll jetzt nur keinen falschen Eindruck vermitteln.<<
Er wartete einen Augenblick, um den Anderen angemessen reagieren lassen zu können. Vergebens, sein Gegenüber verharrte in derselben Position wie schon zu Beginn des Gesprächs. Er sah ihn aus den müde wirkenden Augen vorwurfsvoll an.
Möglicherweise hatte er ihn einfach nicht richtig verstanden, er tat sich doch recht schwer, die richtigen Worte zu finden.
>>Machen Sie sich kein falsches Bild von mir, will ich damit sagen.<<
Erneut kurze Stille, erneut keine Reaktion. Das unrasierte Gesicht und die zersausten Haare des Anderen gaben ihm ein Gefühl der Überlegenheit und so fuhr er einfach fort.
>>Sie können sich gar nicht vorstellen, was da los ist, wenn meine Freunde und ich richtig loslegen.<< Ein verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht.
>>Das sind Zeiten, Donnerwetter. Sollte immer so sein.<<
Wieder setzte er die Flasche an den Mund und nahm einen derart großen Schluck, dass ihm sein Gegenüber anerkennend zunickte, als er die Flasche abgesetzt hatte.
>>Wir sind ja unter Freunden, richtig?<< Doch er antwortete auch jetzt nicht.
>>Und die Mädchen erst, das kann ich Ihnen sagen. Da hat man gar keine Angst mehr. Auch nicht vor älteren, vielleicht so sechzehn oder siebzehn. Achtzehn ist mir aber zu alt, auch wenn meine Freunde das anders sehen.<<
Er unterbrach sich, da sein Gegenüber sich erbrochen hatte. Verwundert blickte er ihn an, ekelerregend erschien ihm das Gesagte nicht.
>>Entschuldigen Sie. In diesem Zustand ist man zu allem fähig. Das macht es ja so reizvoll. Und die Freunde, Sie glauben ja gar nicht, wie die einen bewundern. Da ist man der Größte, das muss natürlich verteidigt werden. Sie werden mir bestimmt glauben, wenn ich Ihnen sage, dass meinen Eltern das nicht so gut gefällt.<<
Sein Gegenüber blieb stumm.
>>Sie sind nicht gerade redselig. Jedenfalls wollen meine Eltern, dass ich es reduziere. Aber von denen lass' ich mir nichts sagen. Wozu auch? Das, was ich mache, ist für mein Alter ganz normal. Ein bisschen Neugierde, ein bisschen experimentieren gehört dazu, finden Sie nicht? Außerdem schmeckt es mir, und was einem schmeckt muss gut für einen sein, oder nicht? Und meine Freunde erst, die würden mich ja nicht mehr ansehen, wenn ich nicht mitmachen würde!<<
Zufrieden mit dem, was er gesagt hatte, lehnte er sich zurück.
>>Und ganz unter uns gesagt, wenn ich es wollte, könnte ich sowieso jederzeit damit aufhören.<<
Ohne jegliche Vorwarnung war er von Zorn erfüllt. Hatte es sein Gegenüber doch tatsächlich gewagt, bei seinen letzten Worten zu lächeln. Er lachte ihn aus. Er lachte nicht mit ihm, er lachte über ihn. Er glaubte ihm wohl nicht. Das sollte er büßen. Er nahm die Flasche, die er inzwischen geleert hatte, visierte den feuerrot glühenden Kopf des Anderen an und warf. Man hörte ein lautes Klirren und dann nichts. Nach einer Weile unterbrach er wieder die Stille, die sich über den Raum gelegt hatte.
>>Das hast du nun davon.<<
Als er das gesagt hatte, legte er sich, ohne darauf zu achten, auf die überall am Boden verteilten Scherben. Er schlief auf der Stelle ein.
Der Spiegel, der sich an der Stelle befand, von wo aus ihm sein Gegenüber das ganze Gespräch lang in die Augen geblickt hatte, war zerbrochen.

 

Hallo dani22,

und Willkommen bei KG.de!

Die Geschichte hat mich jetzt nicht wirklich begeistern können. Für mich bleiben da so viele Frage offen, Fragen, die die Geschichte an mich als Leser stellt, sie aber nicht zu beantworten vermag.

Zum Beispiel: Wie alt ist der Typ? Er wohnt noch bei den Eltern, die wollen, dass er weniger trinkt, also gehe ich mal davon aus, dass er keine 14 ist, dann würden sie sicher wollen, dass er gar nicht trinkt. 17, 18 so würde ich tippen, aber da sind ja die Frauen schon älter, wenn nicht sogar zu alt. Also, wie alt ist er?

Dann erzählt mir die Geschichte nicht mehr, als Klischees. Es ist cool mit Freunden zu saufen, wie sieht denn das aus, wenn ich da nicht mithalten kann, ich saufe, weil die anderen das auch machen, und ich kann ja jeden Tag aufhören, wenn ich nur wollte, was sein Unterbewusstsein natürlich viel besser weiß. So was? Was ist das spannende Moment an der Geschichte, in das ich als Leser einsteigen soll?

Das ist nicht mehr als eine Szene mit einer angegklebten Pointe. Und weil es schön kurz ist, nennen wir es Kurzgeschichte. Naja, vielleicht reicht es anderen Lesern ja zur Unterhaltung, mag sein, aber für mich ist das hier alles so oberflächlich abgehandelt. Wer ist der Typ? Wenn er noch arg jung ist, wie kommt er an den Alkohol? Wo hat er die Kohle dafür her? Wie oft säuft er? Was sind das für Freunde? Was ist da zu Hause bei ihm los? Das sind doch alles spannende Fragen, mit denen sich eine Geschichte über dieses Thema auseinandersetzen könnte. Tut sie aber nicht. Leider.

Fazit: Ich denke, man sollte Geschichten nicht zu Gunsten einer Pointe schreiben, sondern zugunsten seiner Protagonisten. Die sind es doch, wofür der Leser sich interessiert. Und wenn die so vor sich her leiden, dann tut es die Geschichte meistens mit ihnen ;).

Und - ich würde die Tastatur umtauschen. Reklamieren! Jawohl. Die haben da statt der "Füßchen" so komische Dinger daraufgetan. Das sieht ziemlich daneben aus ;).

Dir noch viel Freude hier. Ist halt eine Lernstube und keine Jubelbude.
Beste Grüße Fliege

 

Hallo Fliege,

erst einmal vielen Dank für die nette Begrüßung und für das Feedback zur Geschichte.

Zur Geschichte selbst:

Ich bin grundsätzlich froh über kritische Stimmen, das erleichtert die eigene Nachbetrachtung ungemein und eröffnet einem meist auch interessante neue Perspektiven. Allerdings ist mir bei einigen deiner Fragen aufgefallen, dass du entweder die Geschichte nicht genau gelesen oder womöglich nicht wirklich verstanden hast.

Wie man durch die Auflösung ja erfährt, blickt der Protagonist die ganze Zeit über nur in den Spiegel, d.h. er spricht mit sich selbst und sieht die ganze Zeit auch nur sich selbst.
"Das unrasierte Gesicht" soll, ebenso wie die Tatsache, dass der Protagonist seinen vermeintlichen Gesprächspartner siezt, darauf hindeuten, dass die Figur wohl nicht mehr im pubertären Alter anzusiedeln ist. Vermutlich ist irgendetwas jenseits der Dreißiger oder Vierziger denkbar. Meine Figur erinnert sich lediglich an ihre Jugendzeit. Sie glaubt im Suff, dass sie wieder 16, 17 oder 18 Jahre alt ist und einen Mittdreißiger oder Mittvierziger vor sich hat.

Zum Kritikpunkt Klischees: Meines Wissens ist der Rahmen einer Kurzgeschichte regelmäßig sehr beschränkt, wodurch der Autor oftmals nicht umhin kommt, gewisse Klischees bewusst zu bedienen oder diverse Stereotypen bewusst in Kauf zu nehmen. Auch an dieser Stelle kratzt du meiner Ansicht nach nur oberflächlich am eigentlichen Sinngehalt der Geschichte: Es ist eben nicht cool mit Freunden zu saufen und sich dem Gruppenzwang zu ergeben. Oder deuten zerzaustes Haar, unrasiertes Gesicht und Erbrechen beim Trinken für dich auf einen erstrebenswerten Lebenswandel hin?
Das spannende Moment ist - so zumindest von mir angedacht - die Tatsache, dass kein anderer Gesprächspartner existiert und der Protagonist sich gewissermaßen selbst entlarvt. Er lacht sich selbst und sein gesundheitliches Befinden aus.

Noch einmal zur Kurzgeschichte an sich: Mag sein, dass ich in dieser Hinsicht vielleicht noch zu theoretisch oder idealistisch denke, ich weiß es nicht. Aber ich kenne den plötzlichen Einstieg in die Handlung und ein relativ offenes Ende als typische Elemente einer Kurzgeschichte. Mit diesen Mitteln versuche ich zu arbeiten. Und ganz ehrlich: Alles möchte ich dem Leser dann auch nicht auf dem Silbertablett servieren, zum Nachdenken über soziales Umfeld, Herkunft oder Trinkgewohnheiten der Hauptfigur sollte so eine Geschichte meiner Meinung nach schon anregen. Wie oben bereits erwähnt erlaubt es der Rahmen einer Kurzgeschichte auch nicht, immer über jedes Klischee erhaben zu sein. Wenn ich eine Geschichte zugunsten meiner Protagonisten schreiben und Charakterentwicklungen nachzeichnen wollte, dann hätte ich das in Form einer Novelle oder eines Romans getan :)

Zur Tastatur: In vielen Romanen aus der Belletristik werden die << und >> anstelle von Anführungszeichen benützt, deswegen hab' ich mich ihrer bedient.

Kann gut sein, dass ich auch ein paar Kritikpunkte falsch aufgefasst habe, deswegen wäre ich dir sehr dankbar für eine erneute Rückmeldung.

Beste Grüße, dani22.

P.S.: Wenn ich eine Kurzgeschichte nicht zugunsten einer Pointe, einer überraschenden Wendung, einer den ganzen vorherigen Handlungsverlauf in eine völlig neue Richtung lenkenden Auflösung schreibe (dem Merkmal einer Kurzgeschichte schlechthin!), wofür bitte dann??^^

 

Hey Dani22,

Wie man durch die Auflösung ja erfährt, blickt der Protagonist die ganze Zeit über nur in den Spiegel, d.h. er spricht mit sich selbst und sieht die ganze Zeit auch nur sich selbst.

Das hab ich gerafft. Und ich hab auch die ganze Zeit jemand Älteren vor Augen gehabt und dann hat mich das ganze Jugendzeug aus der Bahn geworfen. Da war ich kurz irritiert und dachte, ah - okay doch jung.
Also, was ich sagen will, den Sprung, wo sein alter Ego ins junge springt, der kam für mich nicht rüber. Das habe ich dem Text nicht entnehmen können.

Zum Kritikpunkt Klischees: Meines Wissens ist der Rahmen einer Kurzgeschichte regelmäßig sehr beschränkt, wodurch der Autor oftmals nicht umhin kommt, gewisse Klischees bewusst zu bedienen oder diverse Stereotypen bewusst in Kauf zu nehmen.

An dieser Stelle, und das meine ich nicht boshaft oder ironisch oder so, besorge Dir ein Buch zum Kreativen Schreiben von Kurzgeschichten.

Auch an dieser Stelle kratzt du meiner Ansicht nach nur oberflächlich am eigentlichen Sinngehalt der Geschichte: Es ist eben nicht cool mit Freunden zu saufen und sich dem Gruppenzwang zu ergeben. Oder deuten zerzaustes Haar, unrasiertes Gesicht und Erbrechen beim Trinken für dich auf einen erstrebenswerten Lebenswandel hin?

Nein natürlich nicht. Aber Du schilderst den Säufer genau wie das Klischee vorschreibt. Und es ist natürlich nicht erstrebenswert - dieses Dilemma. Wer will das schon gern sein? Also - da steckt doch nichts Neues drin. Weder in der Beschreibung, noch in der Erkenntnis.

Das spannende Moment ist - so zumindest von mir angedacht - die Tatsache, dass kein anderer Gesprächspartner existiert und der Protagonist sich gewissermaßen selbst entlarvt. Er lacht sich selbst und sein gesundheitliches Befinden aus.

Ja, das ist nicht schlecht. Das Problem, viele Leser werden diesen Punkt nicht erreichen, weil sie satt sind von sich selbst bemitleidenden Protagonisten. Und ein Satz Spannung ist halt zu wenig. Vor allem, wenn er so spät kommt.

Aber ich kenne den plötzlichen Einstieg in die Handlung und ein relativ offenes Ende als typische Elemente einer Kurzgeschichte.

Plötzlicher Einstieg - ja. Offenes Ende, gern benutzt, aber als typisches Merkmal würde ich das jetzt nicht ansetzen. Ist aber meine persönliche Haltung.

Alles möchte ich dem Leser dann auch nicht auf dem Silbertablett servieren, zum Nachdenken über soziales Umfeld, Herkunft oder Trinkgewohnheiten der Hauptfigur sollte so eine Geschichte meiner Meinung nach schon anregen.

Und, wann tut sie das? Wo wird in der Geschichte was über soziales Umfeld, Herkunft und Trinkgewohnheiten gesagt? Worüber soll ich denn nachdenken, wenn ich jemanden dabei zuschaue, wie er sich selbst bemitleidet?

Wenn ich eine Geschichte zugunsten meiner Protagonisten schreiben und Charakterentwicklungen nachzeichnen wollte, dann hätte ich das in Form einer Novelle oder eines Romans getan :)

Oookay. Ja. Kauf Dir ein Buch oder lese Kurzgeschichten die Dir gefallen sehr aufmerksam. Achte bei Deinen Lieblingsautoren darauf, was die mit den Figuren machen. Genau das, ist nämlich die Kunst. Das, was andere in Novellen und Romane packen in einer KG unterzubringen.

Zur Tastatur: In vielen Romanen aus der Belletristik werden die << und >> anstelle von Anführungszeichen benützt, deswegen hab' ich mich ihrer bedient.

Nein, die benutzen die: » « Findet man unter Sonderzeichen.

P.S.: Wenn ich eine Kurzgeschichte nicht zugunsten einer Pointe, einer überraschenden Wendung, einer den ganzen vorherigen Handlungsverlauf in eine völlig neue Richtung lenkenden Auflösung schreibe (dem Merkmal einer Kurzgeschichte schlechthin!), wofür bitte dann??

Nein, das sind nicht die Merkmale einer KG, das sind die Merkmale eines Witzes. Es reicht eben nicht über die Länge des Textes auf die Wirkung am Ende zu vertrauen. Da muss schon der Text an sich was bieten, damit der Leser überhaupt zur Pointe vordringt. Z.B. eine spannende Figur. Eine, die ich noch nicht kenne, die ich aber gern kennenlernen möchte.

Ich kann Dir ja auch nur mein Leseempfinden wiedergeben. Wie gesagt, ich bin eine von vielen und habe auch nur eine Meinung. Und die ist nicht universell oder stellt den Anspruch auf Wahrheit oder so. Insofern kannst Du sie auch völlig ablehnen und es ist mehr als Dein Recht, dieses als Autor Deiner Geschichte zu tun ;).

In diesem Sinne
Fliege

 

Hallo,

ja, so was funktioniert nicht. Jedenfalls nicht so. Hier rechtfertigt sich jemand vor einem geheimnisvollen Fremden, der die ganze Zeit über schweigsam verharrt– die Sprache lässt darauf schließen, dass der Protagonist über fünfzig sein muss. Bis man erfährt, dass er sich nicht an achtzehnjährige Frauen herantraut – er ist also viel jünger, das ist dann ganz seltsam, passt überhaupt nicht zu seiner Sprache. Sein Gegenüber soll eine abgetakelte Erscheinung sein, unrasiert, zerzaustes Haar – als Leser hat man hier wieder der Eindruck eines alten Mannes. Überhaupt ist das eine sehr seltsame Gestalt, erst schaut er ihn „vorwurfsvoll“ an, als der Protagonist ihm von seinen Alkoholgeschichten erzählt, dann plötzlich nickt er anerkennend, als der junge Mann einen großen Schluck nimmt. Und was er dem Kerl alles erzählt, wie er redet! „Sie werden mir bestimmt glauben, wenn ich Ihnen sage, dass meinen Eltern das nicht so gut gefällt.“ Ja, warum sollte er das nicht glauben, wer formuliert denn solche Sätze?

Gut, und dann die Überraschung: Der alte Typ ist er selbst, er hat ein Selbstgespräch mit Spiegel geführt. Jetzt sagst Du vielleicht, das sei die perfekte Erklärung für alles was vorher keinen Sinn gemacht hat, aber das stimmt nicht. Hier wird alles so hingedreht, dass der Leser auf eine falsche Fährte geführt wird: Die Sprache, die nicht passt, der Fremde, der einem als alter Mann verkauft wird und der seltsamerweise gar keine klare Meinung über das Verhalten des Protagonisten zu haben scheint. Hier fehlt völlig das Konzept. Warum funktioniert das nicht? Weil Deine Figur keine gespaltene Persönlichkeit hat. Du zeichnest einen jungen Schüler, der halt ab und zu säuft und ein schlechtes Gewissen hat, der unterbewusst weiß, dass er irgendwie ein Problem hat. Das willst Du auf diese Weise vermitteln. Bei Gollum funktioniert das – der hat eine gespaltene Persönlichkeit, in ihm existieren wortwörtlich zwei Personen. Was Du hier machst ist ganz künstlich: du spaltest diese Person auf und überträgst das Unterbewusstsein bzw. das schlechte Gewissen auf den Mann im Spiegel und den Rest auf den, der davor steht. Obwohl, selbst das noch nicht mal konsequent, weil der Protagonist seltsamerweise seine eigene zweideutige Rolle dem anderen erklärt:

Da ist man der Größte, das muss natürlich verteidigt werden.

Also Du bist noch nicht mal so konsequent, die Rollen klar voneinander abzugrenzen. Ab und zu ist der Mann im Spiegel vorwurfsvoll, dann wieder anerkennend, plötzlich erbricht er sich usw. Wie auch immer – Dein Protagonist ist jedenfalls keine gespaltene Persönlichkeit, das wird mir hier durch nichts vermittelt. Und deshalb ist eine solche Situation nicht denkbar für ihn. Du verteilst seine Persönlichkeit künstlich auf zwei Figuren, obwohl in der Persönlichkeit Deines Protagonisten so etwas nicht angelegt ist. Deshalb funktioniert das nicht.

Gruß

Hal

 

Hallo Hal,

eines muss ich noch einmal klarstellen:
Es geht um einen (vielleicht) Fünfzigjährigen, auf jedenfall mindestens jenseits der Dreißiger, der im Suff glaubt, wieder jung zu sein und zum ersten Mal mit Alkohol zu experimentieren. Deswegen die seltsame Sprache, die so gar nicht zum eigentlichen, tatsächlichen Erscheinungsbild passt. Ich zeichne eben keinen Schüler, der ab und zu säuft, ich zeichne einen dahinsiechenden Alkoholiker, der vor lauter Trunkenheit sein eigenes Alter nicht mehr einzuschätzen vermag. Ich kann aber verstehen, dass die Lesart in der Hinsicht etwas schwierig und irreführend sein mag, zumal ich da als Autor sowieso einen anderen Blickwinkel hab.

Zur gespaltenen Persönlichkeit: Es ging mir nicht darum, eine gespaltene Persönlichkeit darzustellen. Die Persönlichkeit ist von Anfang an eine Einheit. Der Spiegel dient lediglich zur Selbstentlarvung.
Die Reaktionen des "Fremden" sind nichts anderes als die Reaktionen des Protagonisten. Wenn der Fremde anerkennend nickt, dann nickt der Protagonist anerkennend, wenn der Fremde kotzt, dann kotzt der Protagonist, weil er ganz einfach schon zu viel gesoffen hat.
Das Spiegelbild soll dem alten Mann vor Augen führen, was aus ihm geworden ist, wie die bittere Realität aussieht. Er erkennt es aber nicht und wähnt sich in jener unbeschwerten Zeit, als nicht vorauszusehen war, dass sich seine Trinkgewohnheiten zum Alkoholismus steigern würden.
Dass das Spiegelbild ihn auslacht ist dann natürlich in gewisser Weise das immer wieder ans Tageslicht kommende Unterbewusstsein, das sich sehr wohl über die prekäre eigene Situation im Klaren ist.

Es kann sein, dass ich dich total falsch verstanden hab, deswegen korrigiere mich bitte, wenn nötig. Aber ich sehe keinen Ansatzpunkt für eine gespaltene Persönlichkeit, weil Spiegelbild und Hauptfigur identisch sind und ihre Halluzination, sie sei wieder jung, dem Rausch geschuldet ist.

Gruß,
dani22

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo dani,

okay, es geht um einen älteren Mann, das hatte ich ganz anders gelesen – und Fliege ja auch, deshalb liegt die Vermutung nahe, dass es nicht ausschließlich an uns lag. Der Grund ist, denke ich, dass der Protagonist wortwörtlich zurückversetzt wird. Also tatsächlich glaubt, ein anderer zu sein. In diesem Augenblick ist er also wieder ein Jugendlicher und derjenige im Spiegel ist er selbst in älterer Version. Das finde ich verkehrt, das ist der Grund, weshalb man das nicht versteht. Viel plausibler wäre es, den Mann nicht zurückzuversetzen, sondern ihn mit seinem jüngeren Ich im Spiegel zu konfrontieren. Ich mein, komm schon, Alkohol hat keine solche Wirkung, das müsste schon eine halluzinogene Droge sein (Selbst um überhaupt jemanden im Spiegel zu sehen). So etwas schafft Alkohol nicht, deshalb habe ich auch von gespaltener Persönlichkeit angefangen, weil für mich das nach wie vor die einzige plausible Erklärung sein könnte (abgesehen von Träumen).

Zur gespaltenen Persönlichkeit: Es ging mir nicht darum, eine gespaltene Persönlichkeit darzustellen. Die Persönlichkeit ist von Anfang an eine Einheit. Der Spiegel dient lediglich zur Selbstentlarvung.

Daran glaub ich einfach nicht. Dein Protagonist spielt da doch nichts wenn er vor dem Spiegel steht. Er ist doch in dieser Situation eben keine Einheit, er ist gespalten und merkt es nicht. Jemand, der sich selbst durch einen imaginären Dialog entlarven kann, ist schizophren. Alkohol kann so etwas nicht verursachen – nur dann, wenn so eine Sache schon in einer Person angelegt ist. Ich meine, mir war schon klar, dass Du keine gespaltene Persönlichkeit zeichnen wolltest und auch das mit dem „Entlarven“ hatte ich verstanden, aber ich finde das beim besten Willen nicht plausibel.

Aber ich sehe keinen Ansatzpunkt für eine gespaltene Persönlichkeit, weil Spiegelbild und Hauptfigur identisch sind und ihre Halluzination, sie sei wieder jung, dem Rausch geschuldet ist.

Also wie gesagt, ich sehe auch keinen Ansatzpunkt, weil die Figur so nicht angelegt ist. Aber die Figur ist ja in diesem Fall nicht identisch mit dem Spiegelbild. Sie ist in diesem Moment überzeugt, jung zu sein, und sich mit einem Fremden zu unterhalten. Und damit ist sie ganz klar schizophren. Bzw. für mich ist sie das, obwohl ich es ihr sozusagen gleichzeitig nicht abnehmen kann. So lese ich den Text nach wie vor. Und dass jemand mal eben kurz schizophren wird, glaube ich nicht – schon gar nicht, dass Alkohol die Ursache sein kann.

Gruß

Hal

 
Zuletzt bearbeitet:

Moin dani22,

mit Deiner Geschichte kann ich nicht viel anfangen. Das plätschert so vor sich hin, aber nimmt mich nicht wirklich mit.

Und meine Freunde erst, die würden mich ja nicht mehr ansehen, wenn ich nicht mitmachen würde!
Hier zum Beispiel wird das Thema Gruppenzwang angerissen. Das ist ein ganzes Scheunentor voller Möglichkeiten, aber nichts passiert.

Die Idee mit dem Spiegel ist leider nicht konsequent umgesetzt. Hier zum Beispiel:

sein Gegenüber verharrte in derselben Position wie schon zu Beginn des Gesprächs.
Nenn mich pingelig, aber die beiden haben sich doch am Anfang zugeprostet. Dass dein Prot. die ganze Zeit auch die gleiche Position inne hatte, wie zu Beginn des Gesprächs, nehme ich ihm nicht ab.
Wieder setzte er die Flasche an den Mund und nahm einen derart großen Schluck, dass ihm sein Gegenüber anerkennend zunickte, als er die Flasche abgesetzt hatte.
Sein Gegenüber blieb stumm.
Wenn der Prot. noch so gut drauf ist, dass er merkt, dass sich sein Gegenüber nicht bewegt hat, hätte er dann hier nicht merken müssen, dass sein Gegenüber genauso trinkt, wie er? Oder immer dann den Mund bewegt, wenn er selbst redet?
Klar, wenn Du den "Gag", und mehr ist es für mich nicht, mit dem Spiegel bringen willst, kannst Du das hier nicht erwähnen. Aber so kriege ich ein Bild von einer Szene, die im Widerspruch zu der Spiegelidee steht.

Jedenfalls wollen meine Eltern, dass ich es reduziere. Aber von denen lass' ich mir nichts sagen.
Das würde ich nicht einfach so in den Raum stellen. Das will ich sehen! Zeig es! Bring' eine Szene wo der Konflikt mit seinen Eltern ausgetragen wird.

Im Gegensatz zu den Anderen hier habe noch nicht mal mitgekriegt, dass es sich nicht mehr um einen Jugendlichen handelt. Woran das liegt, kann ich aber nicht sagen. Jedenfalls ist bei mir kein Bild eines älteren Alkoholikers entstanden.
Insofern schließe ich mich dem Tipp von Fliege an, ein Buch über Kurzgeschichten zu Rate zu ziehen. Oder nimm' "Wie man einen verdammt guten Roman schreibt" von James Frey. Der gibt gute Tipps, wie man Charaktere so schleift, das sie spannend werden.

Eine Frage noch zum Schluß: Warum hast Du Dich entschieden, das unter "Jugend" zu posten? Ich bin einfach neugierig, weil ich die Geschichte unter "Alltag" einsortiert hätte.

Gruß
Peter

 

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