- Anmerkungen zum Text
Siehe auch AT Buch Judith.
Dies ist meine eigene Interpretation
Judith
Unsere Stadt war belagert, lange hätten wir das nicht mehr durchgehalten. Die Vorräte und das Wasser gingen zur Neige aber keiner der Männer wollte kämpfen. Stattdessen stritten sie sich wie die Waschweiber und warfen sich gegenseitig Verrat vor. Es hieß, Assad wollte die Tore öffnen und sich ergeben. Aber damit hätte er alle Frauen und Kinder vor Bestie dieses Heeres geworfen. Diese feigen Scheißkerle!
Feiglinge waren sie alle, elende Feiglinge! Wie mein sogenannter Ehemann, der dem Wahnsinn verfallen war. Trotzdem musste ich ihn heiraten, weil mein Vater das Brautgeld gebrauchen konnte. Versprochen hat er mich, da lag ich noch an meiner Mutter Brust. An mich hatte niemand gedacht, wie es mir mit diesem alten Irren ergehen würde. Als er dann endlich verreckte, klagten sie mich an, ich hätte ihn umgebracht. Machten mir Vorwürfe, der „liebe ehrbare Mann“. Sie wollten sogar wissen, ob er mich in der Hochzeitsnacht entjungferte.
Aber das wäre nicht nötig gewesen, er war einfach an einem seiner üblichen Krämpfen verreckt, hatte seine Zunge verschluckt, der alte Bock, was weiß ich? Mich hat er jedenfalls nicht angerührt, wie denn auch. Er bekam keinen mehr hoch. Das alles hätte ich sagen können, aber was ging es diese eitlen Hundskerle an?
Alles nur, damit sie mich los wären. Sie hätten mich um mein rechtmäßiges Erbe gebracht und wie eine ehrlose Dirne in die Wüste geschickt.
Dann stand Holofernes vor den Toren und sie machten sich in die Hosen, diese Feiglinge! Als noch Zeit war, hätten sich sie um Unterstützung von den Nachbarn kümmern können. Waffen schmieden, ein Heer aufstellen. Männer und Frauen bewaffnen. Ja das hätten sie vernünftigerweise tun müssen. Stattdessen waren sie sich zu fein, die hohen Herren. Wollten lieber ihr Gesicht wahren, laberten und beteten um ein Wunder. Als ob Gott solchen Feiglingen hilft. Hilf dir selbst dann hilft dir Gott, so heißt es!
Ephraim wollte mich freien, dieser Jammerlappen. Wie er vor mir kniete, mich anflehte ihn zu erhören. Mir, mit Tränen in den Augen, die Welt zu Füssen legen wollte. Als ich dann meinem Preis nannte, wich er zurück. Kalkweiß ist er geworden, nur weil er vor mir kniete, ist er nicht umgefallen. Mein Preis, das war der Kopf von Holofernes, ganz einfach! Nicht mehr und nicht weniger. Er hatte sich fast in die Hosen gemacht, gestottert hat er, lächerlich! Angesichts der lauernden Gefahr, dachte er nur an mein Erbe, das er sich unter den Nagel reißen wollte.
Da wusste ich, dass ich es selbst tun musste. Um der Frauen und Kinder wegen, die Männer waren mir völlig egal. Plötzlich hatte ich eine Eingebung und wusste, wie ich vorgehen musste.
An dem Abend als ich zu ihm ging, hattest Du mir geholfen, mich zu kleiden und schmücken, Mirza meine treue Magd. Wie eine Braut habe ich geduftet, damit ich zu dem Monster vorgelassen wurde. Was haben mich diese Soldaten angeglotzt. Der Sabber ist ihnen aus dem Maul gelaufen, aber niemand traute sich mir zu nähern.
Dann stand ich vor diesem Kerl Holofernes. Wie fett er war! Alt und fett! Ich tat so, als wolle ich mich ihm hingeben, weil ich ihn bewunderte und ein Kind von ihm wollte. Aber ich spielte mit ihm, wie eine Katze. Habe ihn heiß gemacht, bis sein Verstand aussetzte und er alle Wachen wegschickte. Ich ließ nach und nach alle Schleier fallen, ihm sind fast die Augen aus dem Kopf gefallen. Ich hatte ihn vollkommen in der Hand und er flehte darum, mich zu küssen. Ich ließ ihn langsam näherkommen und konnte schon seinen stinkenden Atem riechen. Er war so geil, dass er meinen schmalen Dolch nicht bemerkte. Sein Schwert hatte er längst abgelegt und war wehrlos. Mir völlig ergeben, wehrlos. Da stach ich zu, es war ganz leicht. Von hinten genau in den Hals, er hatte noch nicht mal geschrien. Völlig lautlos sackte er zusammen.
Der Rest war einfach, zwei Hiebe mit dem Schwert und ich hatte dem Monster den Kopf abgeschlagen. Dann habe ich den Kopf der Bestie, wie einen Schild vor mir hergetragen und bin durch Lager hinaus spaziert. Die Soldaten, die mich sahen, schrien entsetzt und liefen wie die Hasen davon, es entstand ein Riesenchaos. Niemand rührte mich an oder versuchte mich aufzuhalten.
Mit dem blutigen Haupt in der einen und dem Schwert Holofernes in der anderen ging ich zurück in die Stadt. Nein, es war kein Triumph, den ich empfand, nur tiefe Zufriedenheit. Bethanien war gerettet, das Monster besiegt und ich hatte seinen Kopf in meinen Händen.
Jetzt staunten sie und machten sich daran, die fliehenden Feinde zu verfolgen, diese Helden. Wie die gespreizten Pfaue kamen sie zurück und sonnten sich in ihren Heldentaten.
Jetzt ist es nicht mehr meine Tat, sondern die Ihre. Sie haben das Heer Nebukadnezars besiegt, mit der Hilfe Gottes, immerhin. Jetzt saufen sie und fressen sich satt, teilen die Beute wie die Hunde das verendete Wild.
Es ist mir egal, sie sind mir egal. Ich will nichts mehr mit ihnen zu tun haben.