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Josef und der Schwarzmarkt
Ich spazierte ein wenig zwischen den Dönerbuden und Teestuben herum, grüßte freundlich und suchte nach einem Laden namens ‚Schwarzmarkt’, der Waffen verkaufte, aber es war wie verhext.
Schließlich kam ich zur Überzeugung, dass mich Alexander, Michael, Stefan angelogen hatte, trotzdem wollte ich nicht aufgeben.
Ich sah mich um und fragte dann den jungen Mann im Trainingsanzug freundlich: „Hallo, ich möchte eine Waffe kaufen, kannst du mir weiterhelfen?“
Ich hatte bewusst einen sportlich aussehenden Türken ausgewählt, da mir meine Menschenkenntnis riet: Ein Sportler ist mit seinem Körper und damit auch mit sich selbst eher im reinen, ergo entspannter, dementsprechend hilfsbereit und zuvorkommend. Die höhere Durchblutung auch des Gehirns macht ihn aufnahmefähiger und intelligenter, das war ja bei mir auch nicht anders. Eine logische Kausalitätskette.
Der junge Mann sah mich erstaunt an.
„Was willst du?“, fragte er und runzelte die Stirn.
„Ich möchte eine Waffe kaufen, ich habe gehört hier gibt es welche auf dem Schwarzmarkt, bei den Türken und Russen“, antwortete ich lächelnd.
Immer lächeln – nur ein oberflächlicher Mensch achtet nicht auf den äußeren Schein, das sagt mein Vati immer. Ob der Spruch von ihm ist?
„Ach Mann, verpiss dich. Willst du mich verarschen? Ist hier irgendwo eine versteckte Kamera?“
Ich schüttelte den Kopf.
„Durchaus nicht. Ich möchte eine Waffe kaufen. Hier habe ich meine 40 gesparten Euro, dafür sollte sich doch eine kleine Waffe ausgehen“, sagte ich und wedelte mit meiner Geldbörse vor seinem Gesicht herum.
„Wenn du mir hilfst und die Waffe ist billiger, könntest du den Rest behalten. Das ist das Taschengeld für diesen Monat, aber ich bin es gewohnt zu fasten, es reinigt den Geist“, fügte ich würdevoll hinzu.
Der junge Mann lächelte, er sah endlich aus, als würde er begreifen. Ich hatte ihn!
„Du bist verrückt Mann, hier verkauft dir sicher niemand eine Waffe“, lachte er.
„Es würde mir schon genügen, wenn du mir den Weg zum Schwarzmarkt zeigen würdest“, insistierte ich.
Er lachte mir schallend ins Gesicht.
„Hau endlich ab, ich kenn den Scheiß schon, haha alle Türken sind Waffenhändler, sehr witzig!“
Ich nickte.
„Ja, das habe ich gehört. Wieso lachst du?“
Sein Gesicht verfinsterte sich.
„Ich hab genug von dir. Lass mich vorbei“, sagte er und wollte sich an mir vorbeidrängen.
Doch so leicht kam er mir nicht davon.
Ich packte ihn an der Schulter und versuchte ihn mittels reiner Willenskraft zu hypnotisieren.
„Lass mich los du Spinner!“
„Sag mir jetzt wo der Schwarzmarkt ist! Du bekommst auch einen Euro. Ich weiss aus sicherer Quelle, dass die Türken und Russen auf dem Schwarzmarkt Waffen verkaufen. Wo ist dieser Schwarzmarkt?“, sagte ich und versuchte meine gewaltige geistige Kraft auf ihn zu übertragen.
„So jetzt bekommst du eins aufs Maul!“
Ha, ich war die Faust Gottes, ich…
…lag auf dem Boden, blitzende Lichter vor meinen Augen.
Benommen schleppte ich mich zum Bahnhof. Im Zug ging es mir dann rasch besser, aber was für ein ungehobelter Kerl! Der Schock war abgeklungen, ich wurde mir schnell wieder meiner Überlegenheit bewusst. Ich würde Gewalt nur gegen die anwenden, die es auch verdient hätten, auf keinen Fall gegen jemanden wie mich! Unglaublich, was erlaubte sich der? Wusste er nicht wer ich war?
„Fahrscheine bitte.“
Ich tastete nach meiner Geldbörse und erstarrte. Ich war beraubt worden!
„Entschuldigen sie, ich bin zusammengeschlagen und beraubt worden“, sagte ich zum Schaffner.
„Aha.“
„Ja! Sehen sie hier tut es mir weh“, sagte ich und deutete auf meine Wange.
Der bärtige Schaffner beugte sich ganz nah an mein Gesicht.
„Kann nichts erkennen.“
Inzwischen schaute das ganze Zugabteil zu mir rüber, es war furchtbar peinlich.
„Es war aber so! Ein Türke…“
Der Schaffner richtete sich auf. Sein Gesicht zeigte plötzlich Verständnis.
„Ah wieder so ein Türke, ich verstehe. Gesindel! Melden sie den Vorfall der Polizei und machen sie eine Anzeige.“
Die Meute im Abteil drehte sich weg von mir, für sie war der Fall abgeschlossen. Ich lehnte mich zurück und spürte etwas in meinem Rücken. Ah, meine Geldbörse! So ein Glück!
Sie war mir nur aus der Tasche gerutscht!
„Herr Schaffner! Ich hab meinen Ausweis doch gefunden!“