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Jonnies lezte Reise

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03.08.2014
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Jonnies lezte Reise

Johnnies letzte Reise

Das betagte Küstenmotorschiff mit dem Namen „Erna – F“ fuhr lag ruhig in der See. Mit nordöstlichem Kurs steuerte es die äußerste nordwestliche Ecke von Schottland an. Noch bot die schottische Insel Lewis Schutz vor der hohen Dünung des Nordatlantiks. Der Kapitän kam auf die Brücke und grinste den Steuermann an.
„Na – kannst dich immer noch nicht satt sehen?“
„Nee, nicht wirklich. Diese Küste fasziniert mich immer wieder.“
„Na, dann genieß man die Ruhe vor dem Sturm. Es wird mit dieser Ladung wohl etwas ungemütlich werden, wenn wir von der Insel frei sind.“
„Das ist mir klar. Hoffentlich bleibt da unten im Laderaum alles liegen.“
Beruhigend meinte der Alte: „Ihr habt doch gut nachgelascht. Und wenn wir erst mal den Pentland Firth passiert haben, wird es ruhiger.“

Aus Erfahrung wussten beide, wovon sie redeten. Stahlplatten konnten in hohem Seegang schnell verrutschen, wenn sie beim Laden nicht sachgerecht gestaut und gesichert wurden.

Der Alte rauchte noch eine Zigarette und schaute kurz auf den Radar - Bildschirm, um dann mit den Worten „gute Wache“ die Brücke zu verlassen. Eine Stunde später fing das Schiff an zu rollen. Landratten sagten auch schaukeln dazu. Die heftiger werdenden Bewegungen beunruhigten aber niemanden an Bord. Man kannte dieses Seegebiet und wusste, dass dort meistens schlechtes Wetter zu erwarteten war. Aufmerksam beobachtete der Steuermann die vorbeiziehenden Wolken, las Kompass, Thermometer und Barometer ab, um die Werte ins Logbuch einzutragen.

Es begann zu dämmern; die Wache des Steuermanns war fast vorüber. Nachdem die letzten Routineaufgaben erledigt waren, machte er noch aus alter Angewohnheit einen letzten Rundum - Blick mit dem Fernglas. Und stutzte.
„Verdammt noch mal! Was treiben die sich mit ihrer Nussschale um diese Jahreszeit hier herum?!“
Er ändere den Kurs und fuhr etwas dichter an das kleine Wasserfahrzeug heran, das offenbar hilflos in der groben See trieb.
Schnell hatte er verstanden, was dort los war. Der Mast war gebrochen; das Segeltuch hing nutzlos im Wasser und spannte am Heck.
„Na toll! Total manövrierunfähig! Segel in der Schraube.“
Als er eine winkende Gestalt an Deck der kleinen Yacht sah, die sich krampfhaft an der Reeling festhielt und versuchte zu winken, löste er den Generalalarm aus. Binnen weniger Sekunden war der Kapitän auf der Brücke, erfasste mit einem Blick die Situation und gab Kommandos:
„Steuermann, ruf die Küstenwache an. Maschine halbe voraus. Rudergänger und zwei Ausguck auf die Brücke. Rettungsboot klarmachen zum aussetzten.“
Beide wussten zwar, dass das Rettungsboot bei diesem Seegang nicht viel nützte, aber es war seemännische Pflicht, alle Mittel zur Rettung des Schiffbrüchigen einzusetzen.

Vorsichtig manövrierte der Kapitän sein Schiff näher an das kleine Boot heran. Hier war Mensch und Maschine gefordert, denn er musste oft die Maschine stoppen und wieder starten. Zum Starten brauchte der Motor Pressluft, die nicht unbegrenzt zur Verfügung stand. Ohne Pause liefen die Kompressoren, um den Schiffsmotor mit der nötigen Anlasspressluft zu versorgen. Es war sehr viel Augenmaß und Erfahrung nötig, um einerseits dicht an die Yacht heranzukommen, aber andererseits nicht mit ihr zu kollidieren.

Der Steuermann unterstützte den Alten und gab laufend die Abstände an.
„Zwanzig Meter, gleichbleibend… Zehn Meter, kommen langsam dichter… Fünf Meter… gleichbleibend.“
„Netzbrook Steuerbord auswerfen!“ brüllte der Alte nun. Schnappte sich das Megaphon und rief den havarierten an:
„Spring! Wir ziehen dich mit dem Netz an Bord!“
Eisern klammerte sich die Gestalt an der Reeling fest. Ganz schwach war eine Frauenstimme zu hören:
„Kann nicht schwimmen… Bein gebrochen.“

Ohne zu überlegen und jede Vorschrift missachtend stürmte der Steuermann an Deck. Gab dem Alten Handzeichen, um noch dichter an das Boot heranzufahren. Als der Alte „Keine Maschine mehr!“ schrie, sprang der Steuermann ins kalte Wasser. Mit kräftigen Zügen hatte er bald die Yacht erreicht. Erst jetzt sprang die Frau ins Wasser und versuchte erfolglos, ihrem Retter entgegen zu schwimmen. Der griff beherzt zu und schwamm mit ihr zurück zum Schiff, das mittlerweile von dem Boot weggetrieben war. Mit letzter Kraft erreichte er es und steckte ihre Arme und Beine durch die Maschen des herunterhängenden Netzes, welches die Matrosen mittlerweile ausgebracht hatten.
„Hiev up!“, wies der Steuermann nun seine Leute an. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Frau an Deck zu zerren.

Ohnmächtig musste der Kapitän zusehen, wie sein Steuermann achteraus trieb. Gebannt schaute er auf das Manometer, das langsam… viel zu langsam steigenden Druck anzeigte. Nach quälend langer Zeit konnte er den Schiffdiesel wieder starten. Und nur noch einen toten Steuermann bergen.

„Good bye Johnnie – gute Reise ins Jenseits!“

 
Zuletzt bearbeitet:

Hej Ano Nymos,

an und für sich ist deine Geschichte gut gemacht, versiert und knapp, aber für mein Empfinden kommt die Atmosphäre dabei etwas zu kurz. Die Handlung ist verständlich und schnell aufgebaut. Genau weiß ich nicht, woran es liegt, vielleicht ist sie zu technisch. :hmm:
Ich 'erlebe' die Dramatik eigentlich gar nicht. :shy:
Auch bei den kurzen Dialogen fehlt mir die Leichtigkeit, Echtheit. (Ich finde Dialoge eh schwierig).
Es tut mir leid, ich scheine keine Ahnung zu haben, wovon ich rede - es ist reine Gefühlssache.
Eventuell hätte dieser Story etwas mehr Länge gut getan.
Außerdem hätte mich interessiert, wieso Jonnie dann so sang- und klanglos verschwindet, war er doch so dicht bei der Yacht und am Netz. Ein Satz mehr zu seinem Kampf wäre nicht uninteressant gewesen

Er ändere den Kurs und fuhr etwas dichter an das kleine Wasserfahrzeug heran, das offenbar hilflos in der groben See trieb.

... änderte ...

Den ersten Absatz mag ich. Ich finde mich sofort zurecht.

Ich hoffe, du kannst irgendetwas damit anfangen.

Freundlicher Gruß, Kanji

 

Hallo Ano Nymos!

Willkommen bei den Wortkriegern.

"wussten beide, wovon sie redeten."
=> Du scheinst auch zu wissen, wovon du redest. Fährst du selbst zur See?

"Radar - Bildschirm"
=> Ein Bindestrich verbindet Wörter, also keine Leerzeichen hier. Mir den Leerzeichen wäre es ein Gedankenstrich - aber den wolltest du hier ja nicht benutzen.

"Als er eine winkende Gestalt an Deck der kleinen Yacht sah, die sich krampfhaft an der Reeling festhielt und versuchte zu winken"
=> Winkt sie oder winkt sie nicht, das ist hier die Frage.
=> Reling

"zum aussetzten"
=> zum Aussetzen

"Hier war Mensch und Maschine gefordert"
=> Waren, da es ja zwei Dinge sind.

"dichter… Fünf Meter…"
=> Vor die drei Auslassungspünktchen gehört ein Leerzeichen, wenn das Wort davor vollständig ist. Ohne Leerzeichen nur, wenn das Wort abgebroch... wird.

"den havarierten"
=> den Havarierten

Meine Meinung zum Inhaltlichen:
Es ist ein guter Text für Leser, die ein bisschen was über die Seefahrt erfahren wollen.
Aber! Im Grunde gilt für alle Geschichten: Worauf alles ankommt, ist WER! Soll heißen, der Leser interessiert sich zuallererst für das Schicksal von Personen (und diese Personen muss der Leser erstmal kennenlernen). In deiner Geschichte spielt sich eine dramatische Seerettung ab. Ein Mann stirbt. Beim Leser kommt emotional aber so gut wie nichts von der Dramatik an. Warum nicht? Weil du zwar einen Blick auf die handelnden Personen zulässt, aber keinen Einblick in ihr Innerstes gibst. Wer sind sie, wie denken sie, wie fühlen sie?

So viel von mir.

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Kanji,
vielen Dank für Deine Anmerkungen und den Hinweis auf meinen Tippfehler. (Word kann eben nicht alles… :thdown:)
Zur Kurzgeschichte: Mich hat die Geschichte von Nydaliss "Letzte Reise" dazu gereizt, etwas zu diesem Thema zu schreiben. Eigentlich mag ich keine Seefahrergeschichten, weil bereits sehr viel darüber geschrieben worden ist.
Mit den sehr knapp gehaltenen Dialogen wollte ich die Mentalität der Seeoffiziere rüber bringen. Kurz und klar, ohne viele Schnörkel; dafür schnell und sachgerecht handeln, wenn es drauf ankommt. Ich habe mit der Seefahrt zu tun; vielleicht war ich gerade deshalb zu dicht an der Realität.
Zur Mentalität gehört auch: Kinder und Frauen zuerst retten. Denn Johnnie sprang ja erst an Deck, als er die Frauenstimme hörte.
Das betrifft auch Johnnies Tod: Ich schrieb, dass er mit letzter Kraft zum Schiff zurückschwamm.
Praxis: Vom Schiff zur Yacht, die Frau im Rettungsgriff und zurück zum Schiff. Da hat er sich verausgabt; der Körper kühlte aus und die Kraft ging auf null. Stichwort: Hypothermie. Dann kämpft keiner mehr; selbst dazu fehlt die Lebenskraft.
Die Seefahrt wird meines Erachtens in der Literatur viel zu oft verklärt und als romantisch dargestellt. Dem ist nicht so. Und das wollte ich mit dieser kurzen Geschichte zum Ausdruck bringen.

Viele Grüße vom Dampfer

Ano Nymos

 

Hallo Chris,
das geht ja verdammt schnell hier! :)
Deine Anmerkungen zur Rechtschreibung nehme ich auf; da hapert es noch ein wenig bei mir.
ENDLICH mal Kommentare, mit denen ich was mit anfangen kann!

Zum Inhalt habe ich schon was geschrieben.

Viele Grüße

Ano Nymos

 

Hej nochmal, ich kann dir da nicht zustimmen; solange es Meere und Schiffe gibt, muss es sich damit befassende Geschichten geben. ;)
Dass du nah dran bist und versiert, hat mich eher veranlasst, sie erst zu nehmen, obwohl sie mich so wenig berührt hat.
Mir fehlt auch weniger die Romantik, vielmehr wäre es schön gewesen, du hättest den Zusatz, den du im Kommentar erwähnst, in die Geschichte eingebaut.

Übrigens fehlt in der Überschrift auch ein Buchstabe. Den kann aber nur ein Moderator einsetzen.

Einen schönen Sonntag, Kanji

 

Hallo Ano Nymos,

ich gebe auch mal Rückmeldung zu deiner Geschichte. Zum Formalen wurde ja schon einiges gesagt (Außer vielleicht, dass du Johnnie mal mit und mal ohne H schreibst).
Generell gilt hier: Text erst korrigieren, dann einstellen. Und nicht auf Word verlassen, sondern selbst drüber lesen.
Tipp: Text drei Wochen abhängen lassen, nicht mehr anschauen. Danach springen dir die Fehler direkt ins Auge. Wenn du direkt nach dem Schreiben Korrektur liest, dann bist du noch zu nah am Text dran und das Gehirn spielt dir Streiche.

Die Geschichte ist dramatisch, aber ich wünsche mir gerade bei Kurzgeschichten entweder eine schöne Überraschung am Ende oder eine Moral.
Der eigentliche Held deiner Geschichte ist ja der Steuermann, der sich entgegen aller Vorschriften und ohne Rücksicht auf das eigene Leben ins Meer stürzt, um die Frau zu retten. Und genau hier solltest du ansetzen, um die Geschichte zu verbessern: wer ist dieser Steuermann? Warum riskiert der sein Leben für die Frau? Gibt's da vielleicht eine unerzählte Geschichte im Hintergrund? (z.B. dass mal jemand wegen ihm ertrunken ist und er seitdem aufgrund von Selbstvorwürfen säuft)

Mit letzter Kraft erreichte er es und steckte ihre Arme und Beine durch die Maschen des herunterhängenden Netzes, welches die Matrosen mittlerweile ausgebracht hatten.
„Hiev up!“, wies der Steuermann nun seine Leute an. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Frau an Deck zu zerren.

Ohnmächtig musste der Kapitän zusehen, wie sein Steuermann achteraus trieb. Gebannt schaute er auf das Manometer, das langsam… viel zu langsam steigenden Druck anzeigte.

Damit komme ich nicht klar. Wenn er es doch schafft, die Frau ins Netz zu hängen, warum treibt er dann ab? Er ist doch schon am Netz. Das musst du näher ausführen. Vielleicht sind seine Hände ja schon so steif, dass er sich nicht mehr festhalten konnte. Aber das musst du als Autor dem Leser schon zeigen.


Nach quälend langer Zeit konnte er den Schiffdiesel wieder starten. Und nur noch einen toten Steuermann bergen.
Hm, verstehe ich wieder nicht. Wenn Der Steuermann tot ist, dann geht er doch erstmal unter, oder? Wie birgt der Kapitän ihn dann? Oder trägt Johnnie einen Überlebensanzug? Auch das musst du erklären.


„Good bye Johnnie – gute Reise ins Jenseits!“
Das finde ich ein wenig lapidar. Steuermann tot, Goodbye. Sollte da nicht ein wenig mehr Wut und Trauer rein?

Was mir gut gefallen hat, sind die vielen Fachbegriffe aus der Seefahrt, die gekonnt eingestreut wurden und der Geschichte eine interessante Färbung geben.

 

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