- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 2
Jonas Traum
Jonas Traum
Jonas hatte eine ziemlich lange Zugreise hinter sich und schaute jetzt auf die Wellen des Meeres. Das kleine Boot brachte ihn zu seinem Großvater auf eine kleine Insel.
Mama und Papa wollten die Ferien zusammen mit Jonas verbringen und hatten schon eine Flugreise ausgesucht. Doch Jonas war dagegen. Er wollte nicht fliegen, er hatte einfach Angst in so ein großes Flugzeug zu steigen, dass dann zu den Wolken flog.
„Ich möchte zu Großvater und ihr könnt dann fliegen.“, meinte Jonas und freute sich schon richtig darauf, auf der Insel ein paar Tage zu verbringen.
Großvater lebte dort ganz allein. Er war für die vielen heimischen und auch seltenen Vogelarten auf der Insel verantwortlich. Großvater lebte mit den Vögeln und seine Arbeit machte ihn glücklich. Und wenn Jonas zu Besuch war, sprach Großvater immer von einer Männerwirtschaft. Das machte Jonas natürlich stolz. Er kam sich dann immer so groß vor, gar nicht wie ein Vorschulkind.
Großvater wartete schon am Anlegesteg und begrüßte Jonas mit einem lauten: „Ahoi!“
Jonas streifte den ganzen Tag auf der Insel umher und entdeckte immer etwas Neues. Er fühlte sich wohl – ja, so wohl und frei wie ein Vogel. Oft nahm ihn Großvater mit auf seine Rundgänge und erklärte ihm Vieles. Jonas verstand natürlich nicht alles. Doch das war ihm egal. Er hörte dem Großvater gerne zu, wenn er Geschichten der Insel erzählte.
Es war an einem sehr frühen Morgen, als Jonas nicht mehr schlafen konnte und sich ohne Frühstück aus dem Haus machte. Er lief über die Wiese, die Arme, wie ein Vogel ausgebreitet, bevor er sich in das weiche Gras fallen ließ und in den Himmel sah. „Guten Morgen Sonne! Wird ja auch Zeit, dass Du aus den Federn kommst! Hast du Mama und Papa da oben gesehen? Sie sind bestimmt an dir vorbei geflogen.“ Die Morgensonne konnte ihn wohl nicht hören, denn sie hatte Mühe aus den Wolken zu kommen.
Jonas schaute sich die Federwolken an und entdeckte in ihnen Schafe, Teddys, Katzen, ja sogar einen Lolly. Und so ganz langsam fielen ihm dabei die Augen zu und er schlummerte ein. Doch das bemerkte Jonas nicht, denn er träumte einen schönen Traum:
Jonas lag im Gras und betrachtete einen Halm, der sich im Wind bog. Ein Tautropfen rollte an ihm herunter und fiel mit einem leisen „Blub“ auf die Erde.
Doch was dann geschah, war sehr seltsam. Der Tropfen versickerte nicht in der Erde, er verformte sich, wurde schillernd bunt und wuchs heran. Jonas wollte seinen Augen nicht trauen. Er musste sogar ein Stückchen beiseite rücken, um Platz zu machen. Der bunt schillernde Tropfen wuchs und wuchs…
Neben Jonas stand nun ein schöner kräftiger Schmetterling. Er war vielleicht noch etwas größer, als Jonas.
Na, das war ein Schreck! Jonas blieb liegen und regte sich nicht mehr. Er schloss die Augen, doch als er sie wieder öffnete, war der seltsame Schmetterling immer noch da:
„Guten Morgen, Jonas. So früh auf den Beinen?“
Jonas glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Hatte der Schmetterling soeben gesprochen? Nein Großvater war nicht zu sehen und hatte ja auch eine ganz andere Stimme.
„Ja, ich habe mit dir geredet. Ich bin Ole Schmetti und streife im Morgengrauen über die Insel. Eigentlich darf mich niemand sehen, aber du bist so ein netter Junge, da mache ich mal eine Ausnahme.“
„Gu… gu.., guten Morgen.“, stotterte Jonas. Er rieb seine Augen, doch was er sah und hörte war wohl wahr. „Was machst Du hier auf der Insel?“, fragte Jonas.
„ Ha, genau das Gleiche wie du. Ich genieße die schöne Natur und erfreue mich an der Ruhe. Nur diese Möwen nerven mich manchmal. Die können ganz schön laut schreien! Aber noch schlafen sie.
Aber sage mal, was machst du denn so alleine hier, wo sind denn deine Eltern?“
Jonas erzählte ihm, wie es dazu kam, dass er allein bei seinem Großvater war.
Ole fing an zu lachen und konnte es nicht glauben, dass jemand Angst vor dem Fliegen hat.
„Jonas, sei bitte mal ganz still. Ich muss ein Weilchen überlegen und scharf nachdenken. Bitte störe mich nicht dabei.“
Jonas war ganz froh über diese kleine Pause.
„Ich hab’s!“, sagte Ole, „Ich werde mit dir fliegen.“
„Wie soll denn das gehen?“, fragte Jonas. „Na, ganz einfach, du steigst auf meinen Rücken.“
Jonas zögerte, denn er hatte Angst herunterzufallen. Doch Ole versicherte ihm, dass das nicht passieren wird und er würde auch nicht sehr hoch fliegen.
Jonas überlegte, ganz wohl war ihm nicht dabei. Doch dann stieg er auf und Ole schwang die Flügel ganz behutsam und beide flogen ein kleines Stückchen ganz flach über dem Boden.
„Na, was sagst du?“, fragte Ole. „Ganz toll, das macht Spaß. Können wir es noch einmal probieren?“, erwiderte Jonas und schon flogen sie beide wieder über die Wiese. Ole flog immer ein Stückchen höher und immer etwas schneller. Jonas konnte dann sogar die ganze Insel von oben betrachten und er verspürte keine Angst mehr. Das war so ein tolles Erlebnis, das war so aufregend schön. Es kribbelte etwas in Jonas Bauch, doch das war nicht weiter schlimm. Jonas war so überwältigt, dass er Allem was er sah, einen schönen, guten Morgen wünschte und der Sonne, die jetzt am Himmel stand, zuwinkte.
Wenn man genau hinhörte und lauschte, dann konnte man Jonas sogar auf dem Meer hören, wie sein „Jippi“ und sein „Juchu“ über die Insel schallte.
Ole setzte zur Landung an und beide verschnauften eine Weile.
„Jonas, ich muss jetzt gehen. Der Tag ist erwacht, die Sonne ist aufgestanden. Wenn ich bleibe, verliere ich meine Kräfte und versickere, wie ein Tautropfen in der Erde.“ Jonas war ein wenig enttäuscht, denn Ole war so ein toller Freund. Doch er wollte nicht, dass ihm etwas passiert: „ Habe vielen Dank, Ole! Das war wunderschön aufregend, das werde ich nie vergessen. Und dich auch nicht. Sehen wir uns mal wieder?“
„Vielleicht, Jonas, vielleicht…“. Oles Stimme wurde immer dünner und leiser und seine schillernden Farben verblassten. Während er Jonas mit einem Flügel zuwinkte, erwachte der Junge aus seinem Traum.
„Das war toll!“, seufzte Jonas.
„Und was war so toll, dass Du ohne Frühstück aus dem Haus gehst?“ Großvater stand neben ihm. Er hatte das „Jippi“ und „Juchu“ gehört und Jonas auf der Wiese gefunden.
„Großvater, die Insel ist sooooo toll!“ Er drückte seinen Großvater, der lachend sagte: „ Und nun ab ins Haus, Du hast bestimmt schon Hunger.“ Oh ja, den hatte Jonas! Er verdrückte gleich zwei Brötchen und trank auch die Milch, die er eigentlich nicht mochte
„Großvater, fliegen ist doch eigentlich nicht schlimm. Das kann auch sehr schön sein. Man kann so viel Schönes sehen. Nächstes Jahr werde ich mit Mama und Papa zusammen in die Ferien fliegen. Aber erst werde ich dich besuchen, ich brauche mindestens noch eine Flugstunde.“
Großvater sah Jonas lächelnd an und sagte: „Das sehe ich auch so!“