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Johannes
Johannes
von Christian Dolle
Als die Sonne in ihrem tiefsten Rot langsam am Horizont verschwand und der Mond aufging, standen Johannes Michelsen, seine Frau Jana und seine kleine Tochter Julia unter der alten Kastanie und hielten eine Schweigeminute ab. Ihre Katze war am Abend nach langer Krankheit gestorben, und um die Trauer des fünfjährigen Mädchens ein klein wenig aufzufangen, hatten Johannes und Jana dem Tier in einer würdigen Zeremonie das letzte Geleit gegeben. Nach dem Begräbnis zogen sich alle drei in das große Bauernhaus zurück, Jana brachte die Kleine ins Bett und Johannes entzündete ein prasselndes Feuer im Kamin. Draußen war es inzwischen dunkel geworden, vereinzelte Sterne blinkten am Himmel und ein leiser Windhauch spielte mit den Wipfeln der Bäume. Als Jana ins Wohnzimmer kam, hatte Johannes bereits eine Flasche Rotwein geöffnet und zwei Gläser bereitgestellt. Er setzte sich zu seiner Frau aufs Sofa, legte den Arm um ihre Schultern und fing an, sie zärtlich am Hals zu küssen. Die Situation hätte völlige Harmonie ausstrahlen können, wenn Jana sich nicht plötzlich von ihm abgewendet und seine Zärtlichkeiten barsch zurückgewiesen hätte. Irritiert fragte Johannes, was denn los sei, ob der Tod der Katze sie mitgenommen habe oder ob sie sonstige Sorgen habe. Das einzige, was die junge Frau zur Antwort gab, war: „Du bist sowas von zum Kotzen normal, dass es auf keine Kuhhaut mehr geht!“ Na, wenn die wüsste, dachte sich Johannes und leerte sein Weinglas in einem Zug.
Tags darauf saß Johannes in seinem Büro mit Blick auf die Hamelner Altstadt, in dem er als Werbegraphiker arbeitete und checkte seine E-Mails. Das meiste davon war Werbung, aber eine fesselte seine Aufmerksamkeit und er las sie sich mehrmals durch und antwortete dann umgehend. Wenig später rief er zuhause an und teilte Jana mit, er müsse heute länger arbeiten und würde erst sehr spät heimkommen. Die wenigen Stunden bis zum Feierabend vergingen wegen seiner Vorfreude auf den Abend wie im Fluge, und als es endlich soweit war, setzte Johannes sich sofort in seinen Audi 100 Turbo und raste los.
Der Absender der Mail nannte sich Dirty Danny, und hinter diesem Namen verbarg sich ein achtzehnjähriger Junge, den Johannes vor ein paar Tagen im Chat kennen gelernt hatte, und der offenbar über das Internet nach Abenteuern suchte. Die konnte er haben. Johannes wusste, dass dieser Danny in Salzgitter als Elektriker arbeitete, einen aufgemotzten Golf fuhr, der offenbar sein Ein und Alles war und bisher niemandem etwas von seinen Neigungen erzählt hatte. Nach nur wenigen Gesprächen im Chatroom hatte Johannes ihn gefragt, ob sie sich nicht einmal treffen wollten, dann könne er ihm endlich auch einmal vieles zeigen, worüber sie bisher nur geredet hatten. Der Junge, der es offenbar dringend nötig hatte, stimmte sofort zu, und heute hatte er per Mail bescheidgegeben, er könne sich abends auf einem Parkplatz an der A2 mit Johannes treffen. Und genau diesen Parkplatz steuerte Johannes jetzt an.
Schon von weitem erkannte er den tiefergelegten knallroten Golf, und davor eine schlanke Gestalt, die von einem Bein auf das andere trat und scheinbar kaum erwarten konnte, was heute noch passieren sollte. Mit quietschenden Reifen kam Johannes neben dem Jungen zum Stehen und stieg aus. „Hi, du musst Johannes sein“, begrüßt ihn der Kleine, „wie geht’s?“ Statt einer Antwort grinste Johannes nur fies und rammte ihm ohne Vorwarnung sein Knie zwischen die Beine. Danny brach stöhnend zusammen, worauf Johannes ihn an den Haaren wieder auf die Füße zerrte und in sein Auto schob. Der würde schon noch lernen, was sich gehörte, dachte er sich, stieg selber auch ein und fuhr los. Er wusste nicht, was Danny erwartet hatte, sondern erinnerte sich nur an die Unterhaltungen im Chat, und dort hatte der Junge mehr als nur einmal betont, er stehe auf eine härtere Behandlung, auf Schmerzen und auf eine gewisse Brutalität. Die konnte er gerne haben, und wenn er ein Neuling in der Szene war, wäre er früher oder später sowieso an jemanden geraten, der ihm zeigte wie der Hase lief. Johannes trat das Gaspedal voll durch und lenkte den Wagen in Richtung Hannover, er wollte auf dem schnellsten Wege zu seinem Appartement gelangen, das er genau für solche Zwecke gemietet hatte. Sein Beifahrer hatte sich inzwischen wieder erholt und starrte ihn jetzt erwartungsvoll an. Zu sprechen traute er sich offenbar nicht mehr, aber bis jetzt schien ihm die Situation alles andere als unangenehm zu sein. Johannes erinnerte sich an ein Gespräch, in dem Danny ihm verraten hatte, er würde sich beim Onanieren oft vorstellen, er würde von fünf Türken überfallen und vergewaltigt werden, es gab ja immer wieder Menschen mit einem ausgeprägten Hang zum Masochismus. Wenn der Junge diese Phantasien und Wünsche nicht wirklich gehabt hätte, wäre er heute wohl kaum den langen Weg bis zu ihrem Treffpunkt gefahren, also konnte Johannes ohne Zweifel davon ausgehen, dass Danny freiwillig mitmachte. Das Blitzen in den Augen seines Besuchers als er ihm nach der Frage, wohin sie denn fahren würden, und Johannes ihm lediglich eine Ohrfeige verpasste, gab ihm Recht. „Du hast nur zu reden, wenn du gefragt wirst“, herrschte er Danny an, „du wolltest schließlich unbedingt mein Sklave sein.“
Kaum waren sie angekommen, scheuchte Johannes den Jungen schnellstmöglich die Treppen hinauf und beförderte ihn dann mit einem Tritt in den Hintern ins Innere der kleinen Wohnung, deren Tür er sofort hinter sich verschloss. Zum Glück hatte sie niemand gesehen, weder auf dem Parkplatz, noch auf der Straße oder im Hausflur, denn Aufmerksamkeit wollte er um jeden Preis vermeiden. Das Appartement war klein, lag abgelegen, hatte keine Fenster und war das Ergebnis einer langen Suche, die Johannes für genau diese Situationen begonnen hatte. Jana stellte längst keine Fragen mehr, wenn er angeblich länger im Büro blieb, sie hatte sich damit abgefunden, dass ihr Göttergatte ein Workaholic war, neben seinem Job in der Agentur auch noch Unterricht an einer Berufsschule gab und deshalb oft nächtelang durcharbeiten musste. Sie hielt ihn für einen langweiligen Streber, und solange sie das dachte, konnte es ihm nur Recht sein. Nach außen hin bemühte er sich, der liebste Familienvater der Welt zu sein, damit niemand auch nur auf die Idee kam, hinter die Fassade zu schauen, doch hier im Verborgenen lebte er seine wahre Leidenschaft aus, zu der es gehörte, immer wieder junge Leute im SM-Chat anzusprechen und zu sich einzuladen.
„Hast du jemandem gesagt, dass du zu mir gefahren bist?“, fragte er Danny, und der Junge verneinte es. Er wohnte noch immer bei seinen Eltern, hatte zum Schein eine Freundin, und außer einigen Leuten im Chat hatte er noch niemals mit jemandem über seine Neigungen geredet. Über soviel Naivität konnte Johannes nur lachen, und er spürte Verachtung für diesen Jugendlichen, der nach außen hin cool wirken wollte, aber nicht einmal mannsgenug war, zu seinen Perversionen zu stehen. Stattdessen blickte er Johannes erwartungsvoll an, griff sich vor Aufregung in den Schritt und konnte es kaum erwarten, endlich die Behandlung zu bekommen, die er seiner Meinung nach verdiente. Wenn er aber erwartete, Johannes würde sofort über ihn herfallen, hatte er sich geschnitten, denn wenn er schon gequält werden wollte, dachte sich Johannes, dann bitte nach seinen Regeln. Folglich schlug er nur noch ein wenig auf den Jungen ein, was diesen schon total geil machte, und fesselte ihn dann aber ans Bett, knebelte ihn und überließ ihn seinem Schicksal.
Johannes selbst aber kehrte zu seinem Audi zurück und fuhr nach Hause, in sein anderes Leben, wie er es nannte, getreu dem Motto Vorfreude ist die schönste Freude. Jana war noch auf als er kam und saß vor dem Fernseher. Aber Julia war natürlich schon im Bett, doch wie jeden Abend schlich sich Johannes noch einmal in ihr Zimmer, um ihr einen Gutenachtkuss zu geben. Als er seiner Tochter liebevoll über das Haar strich, wachte das Mädchen auf, freute sich, ihren Papa zu sehen und überredete ihn dann, ihr noch eine Geschichte vorzulesen, was er bereitwillig tat. Nachdem er ihr das Märchen von Rotkäppchen erzählt hatte, ging Johannes wieder hinunter zu seiner Frau, berichtete ihr von seinem anstrengenden Tag und freute sich insgeheim schon auf die kommende Nacht.
Der nächste Tag begann für Johannes mit sechs Stunden Unterricht in der Berufsschule, danach fuhr er ins Büro, und kurz vor Feierabend rief er Jana wie so oft an und erklärte ihr, er würde wieder einmal länger arbeiten müssen. In Wirklichkeit jedoch verließ er die Agentur früher als alle anderen und machte sich auf den Weg nach Hannover zu seinem Appartement, in dem Danny schon sehnsüchtig auf ihn wartete. Johannes löste den Knebel des Jungen und wurde mit einer Welle von Vorwürfen überschüttet. Ein mehrtägiges Treffen sei nicht abgesprochen gewesen, wie solle er das denn seinem Arbeitgeber erklären und überhaupt konnte er sich Aufregenderes vorstellen als die ganze Nacht ans Bett gefesselt zu sein. Das Gezeter ignorierte Johannes völlig, sondern starrte stattdessen nur auf den feuchten Fleck im Bett. „Du kleine Sau hast dich ja ganz nass gemacht“, kommentierte er vorwurfsvoll und konnte sich ein diabolisches Grinsen nicht verkneifen. „Na was sollte ich denn sonst machen“, gab der Junge kleinlaut zur Antwort, „zum Klo kam ich ja nicht.“ Gespielt entsetzt schüttelte Johannes den Kopf und erklärte dann völlig sachlich, dass Inkontinenz bestraft werden müsse, was Dannys Augen schon wieder zum Leuchten brachte. Schnell holte Johannes einen Rohrstock unter dem Bett hervor, band seinen Gast los und schlug ihn dann windelweich. Danny wehrte sich nicht, sondern quittierte die Aktion mit einer Mischung aus gequälten und lustvollen Schreien. Genau darauf stehe er, und Johannes solle auf keinen Fall aufhören bettelte er nach einiger Zeit, doch wenn er dachte, das sei alles, was sein Gastgeber im Programm hatte, dann täuschte er sich. Mit einer ruckartigen Bewegung warf Johannes den Jungen wieder aufs Bett, riss ihm die Kleidung vom Leib und tat dann genau das, was Danny sich von Anfang an gewünscht hatte.
Nach dem kurzen und heftigen Akt fesselte er ihn erneut, diesmal noch gründlicher und fester als in der vergangenen Nacht, bevor er endlich zum Höhepunkt ihres Treffens überging. „Wir haben da noch etwas vergessen“, begann er wieder in seinem säuselnden, vorwurfsvollen Tonfall, „ich muss dich doch noch bestrafen, weil du dir in die Hose gemacht hast.“ Ohne besonderen Nachdruck stellte Danny fest, er sei doch gerade dafür bestraft worden, doch Johannes Argumentation, das könne keine Bestrafung gewesen sein, weil es dem Jungen ja gefallen habe, hatte er nichts entgegenzusetzen. Während Danny ihn erwartungsvoll ansah, ging Johannes ins Nebenzimmer und kehrte mit einem im kalten Neonlicht der Deckenlampe blitzenden großen Messer zurück. Die Augen des Jungen weiteten sich augenblicklich, und zum ersten Mal mischte sich Skepsis in seine Aufregung. „W...Was hast du denn damit vor?“, verlangte er stotternd zu erfahren. „Ist doch ganz einfach“, führte Johannes seinen Plan aus, „da du dein Wasser nicht halten konntest, müssen wir uns etwas überlegen, und ich werde ihn dir jetzt abschneiden.“
Für den Bruchteil einer Sekunde herrschte eine beinahe mit Händen zu ergreifende angespannte Stille, dann zuckte Danny zusammen, redete sich ein, sein Gastgeber könne das nicht ernst meinen, sondern sage das nur, um den Nervenkitzel zu erhöhen, und er brach in ein hektisches Lachen aus. Johannes aber genoss diesen Augenblick der uneingeschränkten Macht, genoss die Ungewissheit im Blick seines Besuchers und labte sich an dessen Angst. Langsam und genüsslich setzte er das Messer an, kitzelte den Jungen zuerst fast zärtlich unter dem Kinn, fuhr dann mit der stumpfen Seite über dessen Brust und weiter hinab. Er kostete diesem Moment so lange wie möglich aus, ließ seinen triumphierenden Blick auf Dannys vor Furcht erstarrten Gesicht ruhen und spürte seine eigene Erregung. Scheinbar nach einer Ewigkeit setzte er zum ersten Schnitt an, doch auch das ganz langsam, denn er wollte die Erkenntnis des Jungen, dass es sich nicht um einen Bluff handelte genauestens mit ansehen. Zuerst zuckte Danny zusammen, dann starrte er Johannes fassungslos an, und zuletzt löste sich ein markerschütternder Schrei aus seiner Kehle. Genau das war es, worauf Johannes es von Anfang an abgesehen hatte, dieser Augenblick, die völlige Hilflosigkeit seines Opfers und seine uneingeschränkte Macht über Leben und Tod. Inzwischen wusste er sehr gut, wie er mit dem Messer umzugehen hatte, damit der Junge langsam verblutete und dabei möglichst lange bei Bewusstsein blieb, und er ließ sich auch diesmal viel Zeit.
Auf dem Rückweg nach Hause, kaufte Johannes einen dicken Strauß roter Rosen, den er Jana als Entschädigung für seinen langen Arbeitstag mitbrachte, und ein kleines Kuscheltier für seine Tochter. Er war zufrieden mit sich, sehr zufrieden.
Die folgende Woche verlief ohne besondere Ereignisse, er nahm sich einen Abend Zeit, etliche Müllsäcke zu entsorgen und die Wände der Wohnung in Hannover neu zu streichen, weil überall Blutspritzer waren, an den anderen Tagen kam er immer früh nach Hause und genoss die ländliche Idylle seines Bauernhofes. Im Radio wurde einmal über das Verschwinden eines Jugendlichen berichtet, dessen Golf auf einem Autobahnparkplatz gefunden worden war, eine Meldung wie unzählige andere, der kaum jemand Gehör schenkte. Ab und zu, wenn im Büro nicht viel zu tun war, chattete Johannes, aber er vereinbarte keine neuen Treffen, denn schließlich wollte er nicht unvorsichtig werden, sondern warten, bis das Verschwinden des Jungen in Vergessenheit geraten war. Erst am Freitag checkte er wieder sein Mailpostfach und entdeckte darin die Nachricht einer jungen Frau die seine Aufmerksamkeit weckte. Sie schrieb, sie habe im Chat schon oft seine Gespräche mitgelesen und wolle sich gerne einmal mit ihm treffen. Als Treffpunkt schlug sie einen abgelegenen Parkplatz im Wald in der Nähe von Minden vor, und da Johannes ihre direkte Art gefiel, sagte er sofort zu.
Auf der Fahrt zu seinem Date drehte Johannes die Musik laut auf und ließ seinen Blick über die blühenden Klatschmohnfelder schweifen, die rechts und links die Straße säumten. Er hatte Jana benachrichtigt, dass es später werden könnte, das Appartement in Hannover war auch wieder aufgeräumt, und seine Stimmung war so gut, dass er die Melodien im Radio mitpfiff. Kurz vor Einbruch der Dämmerung erreichte er den angegebenen Treffpunkt, auf dem nur ein Auto stand. Das musste sie sein, dachte er voller Vorfreude und stieg langsam aus seinem Audi. Als er auf den anderen Wagen zuging und noch etwa zehn Schritte davon entfernt war, öffnete sich lautlos die Fahrertür und atemberaubende lange Beine schwangen anmutig heraus. Die Beine gehörten einer Frau, die Johannes Blutdruck in die Höhe trieb. Sein Mund wurde trocken, und ihm versagte die Stimme, denn diese Schönheit war niemand anders als seine eigene Ehefrau. „Ja, da staunst du, was?“, begrüßte Jana ihn süffisant lächelnd und warf ihr langes, rotes Haar mit einer betörenden Geste zurück. „Wie? Was? Wieso?“, stammelte er. Jana setzte eine mitleidige Miene auf und gab zu: „Zufall, purer Zufall. Man sollte eine gefrustete Ehefrau vielleicht nicht so oft allzu oft alleine lassen, weil sie sonst auf den Gedanken kommen könnte, durchs Internet zu surfen.“ Johannes blieben die Worte im Halse stecken und er wurde blass. Nur zu gut wusste er, dass sie über alles Bescheid wusste, sein Geheimnis kannte und ihn jetzt vollkommen in der Hand hatte. Zum ersten Mal war er nicht mehr derjenige, der die Fäden in der Hand hatte, sondern musste schmerzlich Bekanntschaft mit dem Gefühl machen, jemandem völlig hilflos ausgeliefert zu sein. Sie könnte ihn lebenslänglich ins Gefängnis bringen, sein gesamtes Leben zerstören, ihm für alle Zeiten den Stempel eines Monstrums aufdrücken. Es gab keinen Ausweg mehr, und er flehte sie an, ihm zu sagen, was sie mit ihm vorhatte. „Nichts Besonderes, ich werde jetzt nur den Spieß umdrehen“, erklärte sie ruhig, beinahe gelassen, „und jetzt küss mir die Füße, Sklave!“