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Jetzt fahr’n wir übern See

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25.06.2008
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Jetzt fahr’n wir übern See

Der Tag war sonnig und friedlich. Sie hatten für das Wochenende ein Zimmer in einem komfortablen Hotel gebucht, das für seine Lage am See und seine Sterneküche berühmt war. Sie wollten den Alltag vergessen, abschalten, allen Frust und Ärger für ein paar Stunden hinter sich lassen. Ein langer Spaziergang am Vormittag, dann das übersichtliche, feine Mittagsmenü und nach dem Essen Entspannung im weitläufigen Park. Gegen Spätnachmittag, die Sonne näherte sich bereits dem Horizont, schlug er eine Bootsfahrt vor, um sich vor dem opulenten Abendessen den notwendigen Appetit zu verschaffen. Er war überrascht, als sie sofort einwilligte, da sie spontanen Unternehmen eher zögerlich gegenüberstand und sie meistens ablehnte.

Sie gingen zu dem nahegelegenen Bootsverleih und er vereinbarte mit dem Besitzer, einem alten Mann mit grünem Jägerhut, dass sie erst nach Rückkunft und dann für die tatsächliche Dauer bezahlen würden. Der Verleiher drückte das schmale Boot fest an den Bootssteg und half ihnen beim Einsteigen, konnte aber nicht verhindern, dass es stark schwankte, als sie sich mit ihrem beträchtlichen Gewicht auf den hinteren Sitz plumpsen ließ. Sie atmete tief durch, setzte ihre Sonnenbrille auf und drückte die kleine, weiße Handtasche resolut auf ihren Schoß, während ihr Mann sich geschickt an ihr vorbeischlängelte, den Ruderplatz einnahm und die Ruder in die Dollen einhängte. Dann gab der alte Mann dem Kahn einen kräftigen Stoß.

Er hatte schon lange nicht mehr gerudert und tat sich anfangs schwer, wurde aber bald immer sicherer und legte sich, nachdem er seinen Rhythmus gefunden hatte, mächtig ins Zeug. Das Boot entfernte sich rasch vom Bootssteg, der schon bald nur noch undeutlich auszumachen war, das Ufer verschwamm im Dunst des Nachmittags. Es war kühler geworden und in einiger Entfernung war eine Nebelbank, auf die sie geradeswegs zusteuerten. Die Frau schauerte und bedauerte wortreich, ihre Strickjacke nicht mitgenommen zu haben, während er sich durch die Ruderarbeit warm hielt und ihr Jammern ignorierte. Nach einer Weile schwieg sie resigniert, hielt aber ihr Schweigen nicht lange durch. Sie würde sich mit Sicherheit eine Erkältung holen und darauf habe sie gar keine Lust und er solle doch bitte umkehren, sofort umkehren, bitte schön. Der Mann, derartige Stimmungsschwankungen gewohnt, antwortete auch jetzt nicht, sondern ruderte verbissen weiter, wegen der Anstrengung heftig schnaufend und schwitzend.

In der Nebelbank angekommen, legte sich die helle, weiße Suppe augenblicklich feucht, kühl und watteartig auf sie und die Sonne war nur noch als diffuser Fleck zu erkennen. Es gab in dieser seltsamen Nebelstille nichts, an dem sich die Augen hätten orientieren und nichts was die Ohren hätten orten können. Doch diese einlullende Stille wurde schon bald durch das erneut einsetzende Klagen und Nölen der verfrorenen, inzwischen auch noch verängstigten Frau unterbrochen, das an und abschwoll, mal ein deutliches Fordern, mal ein hilfloses Wimmern war. Sie spüre ihre Arme und Beine vor lauter Kälte schon nicht mehr und sie würden aus diesem Nebel nie mehr herausfinden, nie mehr und sie habe jetzt Hunger und Angst, jawohl Angst dass sie sich verirrten und er solle nur nicht so dreckig lachen. Denn statt auf ihr Klagen einzugehen oder sie gar zu trösten, hatte er nur sarkastisch gelacht und aufgehört zu rudern. Er holte die Ruder ein und legte sie in das Boot, dann beugte er sich mehrmals vor und zurück, um seinen verspannten Rücken zu lockern. Das Boot begann zu schwanken, zuerst ganz sanft, ganz leicht, dann jedoch stärker und immer stärker. Für sie ein neuer Grund zu zetern, er solle mit diesem Quatsch aufhören, sie würden noch beide ins Wasser fallen. Ihre Angst zu ertrinken war sehr groß, seit sie als Kind in einen Teich gefallen und erst im letzten Moment gerettet worden war. Sie hatte daraufhin nie mehr einen Versuch unternommen, schwimmen zu lernen. Er kannte ihr Angst, hörte jedoch mit seinen provokativen Entspannungsübungen nicht auf und schalt sie einen Angsthasen, mit dem man nichts, aber auch gar nichts anfangen könne. Sie schwieg beleidigt. Als er merkte, dass er ihre Angst mit seinem kindischen Gewackel nicht weiter steigern konnte, stellte er es ein und verstieg sich stattdessen in Schimpf- und Hasstiraden. Was denn schon dabei sei, in eine Nebelbank zu fahren, es sei ja schließlich Sommer und solange man die Sonne noch erahnen könne, würde er auf jeden Fall, er betonte „auf jeden Fall“, zurück finden und außerdem sei der See nicht so groß als dass man sich verirren könnte und sie solle endlich den Mund halten, obwohl sie seit dem Ende des Geschaukels kein einziges Wort gesagt hatte. Einmal in Fahrt gekommen, beschränkte er sich nicht mehr auf den konkreten Anlass seiner Wut sondern landete beim Grundsätzlichen, bei seinem Lieblingsthema, bei ihren schwelenden Beziehungsproblemen. Sie gehe ihm schon seit langem auf den Geist. Sie sei eine doofe Nuss und er wisse gar nicht, wie er auf die Schnapsidee gekommen sei, sie zu heiraten und er frage sich jeden Tag, warum er immer noch mit ihr zusammen sei.

Das Boot dümpelte vor sich hin und schaukelte sanft im Takt der kleinen Wellen, die ein aufkommender leichter Wind verursachte. Er hatte sich in Rage geredet und losgeworden, was er loswerden wollte. Nun schwiegen beide. Nach einer Weile bückte er sich, um die Ruder wieder einzuhängen und die Rückfahrt anzutreten. Sie jedoch glaubte, er wolle wieder mit dem Geschaukel anfangen und ihre aufgestaute, mühsam zurückgehaltene Wut, ihre halbversiegte Angst, ihr permanenter Frust brachen sich plötzlich Bahn. Sie schrie ihn an, er solle sich unterstehen das Boot wieder umkippen zu wollen. Er sei ein sadistisches, gefühlloses Arschloch, ein Idiot, der sie immerzu quäle. Er, gründlich missverstanden, war über diesen Ausbruch zunächst sichtlich verblüfft, doch dann blickte er sie böse an und begann aus Trotz und Sadismus nun erst recht, das Boot zum Schwanken zu bringen. Er wackelte heftig mit seinem Oberkörper von links nach rechts, von vorne nach hinten und das Boot reagierte auf seine Bewegungen, immer schneller, immer heftiger. Sie hielt sich mit beiden Händen an dem schmalen Sitzbrett fest, die Handtasche war auf den Boden gefallen, auf dem auch die Sonnenbrille lag und schrie mit sich überschlagender Stimme, er solle aufhören, sofort aufhören. Sie wolle mit solch einem Blödmann keinen Abend, keine Nacht mehr verbringen, sie scheiße auf das Abendessen, auf das Hotel, auf das Wochenende und reise noch heute ab. Da er unbeeindruckt seine Bewegungen fortsetzte, hielt sie erschöpft und außer Atem inne und versuchte nach einer Weile ihn mit Flehen und Betteln umzustimmen. Er solle doch bitte, bitte aufhören und sie wolle auch wieder gut zu ihm sein und sie könnten doch ihren Zwist vergessen und jetzt umkehren. Doch nun war er störrig und statt einzulenken, richtete er sich in dem schmalen Boot auf und verstärkte die Schlingerwirkung. Sie weinte und sagte wieder, dass sie endgültig gehen wolle, nicht nur abreisen, nein, sie wolle sich scheiden lassen und ihre Worte erstickten fast in ihren Tränen. Doch er stellte nur höhnisch fest, sie wisse doch gar nicht, was sie da sage, von was sie denn, bitte schön, leben wolle, sie hinge doch voll von ihm ab, voll und ganz, von ihm und nicht nur von seinem Geld. Sie sei doch ohne ihn ein Nichts, ein Garnichts, ein Fliegenschiss. So ging es noch eine Weile weiter, bis er sich abreagiert hatte, dann setzte er sich wieder hin, hörte mit dem Gewackel auf und beide schwiegen erneut. In diese Stille, die einige Minuten andauerte und schon fast das Ende ihres Streits zu sein schien, sagte sie dann ganz ruhig, ganz leise, ganz ohne Schluchzen, seltsam gefasst und entschlossen, dass sie ihn nicht brauche, dass sie ohne ihn leben könne, er werde es schon sehen.

Diese ruhigen Worte ärgerten ihn seltsamerweise mehr als ihr Geschrei und ihr Geheul, mehr als ihre Tränen und ihre Wut. Er packte eines der Ruder und fuchtelte damit drohend über ihrem Kopf, stieß wüste Flüche und Verwünschungen aus, stand erneut auf, stieg sogar, um sein Tun und seine Worte zu verstärken auf die Ruderbank und wuchtete mit langen, ausholenden Bewegungen das Ruder von links nach rechts und von rechts nach links. Daraufhin schwankte der Kahn so bedrohlich, dass ein Schwall Wasser nach dem anderen über Bord schwappte und die Pfütze zu ihren Füßen immer größer wurde. Angesichts dieser konkreten Bedrohung, angesichts des unabwendbaren Ertrinkens oder Erschlagenwerdens und angesichts des rasenden Mannes, ihres Mannes, der hoch über ihr stand und mit dem Ruder so bedrohlich gestikulierte, wuchs ihre Angst zur Todesangst und mobilisierte ungeahnte Kräfte. Als er, so glaubte sie, zu einem endgültigen, einem finalen Todesschlag auf ihren Kopf ausholte, ließ sie sich rückwärts von dem schmalen Brett fallen, riss dabei mit einer unvermutet schnellen Bewegung ein Bein hoch und trat ihm mit aller Kraft den spitzen Absatz ihres Stöckelschuhs zwischen die Beine. Er versuchte dem Tritt auszuweichen, heulte auf, als sie ihn dennoch traf, ließ das Ruder los, das aufplatschend ins Wasser fiel und griff sich, Linderung suchend, in den Schritt. Dabei verlor er das Gleichgewicht, schwankte noch stärker als das Boot und eine Sekunde später erfolgt ein zweites, diesmal weit heftigeres Aufklatschen.

Sie zog sich langsam an der Bordwand hoch und setzte sich auf das Brett. Dann sah sie, wie ihr Mann, ein, zwei Meter vom Boot entfernt, heftig mit den Armen ruderte, nach Luft japste, keuchte, Wasser soff und ausspie und dazwischen atemlos rief, sie solle ihm helfen, verdammt noch mal, und ihm endlich das Ruder hinstrecken, das zweite, das auf der Bank liege. Sie strich sich die Haare zurück und ergriff dann das Ruder mit beiden Händen. Er war mit seinem wilden Herumgefuchtel, mit seinen unsystematischen, hilflosen Schwimmbewegungen immerhin bis an das Boot herangekommen, hielt sich mit beiden Händen an der Bordwand fest und versuchte sich daran hochzuziehen. Sie schaute zu, machte aber keine Anstalten, ihm zu helfen. Als er schon ein Bein über die Bordwand gehievt hatte und das Boot sich dadurch so weit neigte, dass es fast umkippte, kehrte die Todesangst vor dem Ertrinken, die sich nach ihrem Befreiungstritt gelegt hatte, auf einen Schlag wieder zurück. Sie wollte nur noch diese entsetzliche Gefahr abwenden, dieser bedrohlichen Situation endgültig entkommen. Sie fasste das Ruder noch fester, hob es über ihren Kopf und schlug mit aller Kraft auf die klammernden Finger. Ein tierischer Schrei, ein lautes Platschen als er los ließ, ein erneutes heftiges Schwanken des Bootes in die andere Richtung, ein blubbernder, erstickter Ruf. Seine wild um sich schlagenden Arme wirbelten das Wasser auf, er näherte sich wieder dem Boot, da schlug sie noch einmal zu. Sie schlug mit aller Kraft auf seinen Kopf, der aus dem Wasser ragte, dann ging er unter. Alle Geräusche waren verstummt, das Wasser beruhigte sich, das Boot fand in eine stabile Lage zurück. Die nebelwattige Stille wurde durch nichts mehr gestört.

Sie starrte eine Weile wie gelähmt auf das Wasser, auf die Stelle, an der er versunken war, als fürchtete sie sich, dass er wieder auftauchen könne. Dann tauchte sie das Ruder in das Wasser und versuchte paddelnd voranzukommen. Das Boot drehte sich im Kreis und schlingerte, doch schließlich schaffte sie es, aus dem Nebel hinauszufinden. Sie sah wieder die Sonne, die gerade dabei war, unterzugehen und sie sah in einiger Entfernung einen Fischer in einem kleinen Kahn, der seine Netze auslegte und von dem Geschehen in der Nebelbank offensichtlich nichts mitbekommen hatte. Bevor sie anfing, laut zu rufen und das hochgehaltene Ruder zu schwenken, hob sie das Handtäschchen aus der Pfütze auf, entnahm ihren Taschenspiegel und prüfte ihr Aussehen. Als der Fischer sie endlich bemerkte, kam er rasch auf sie zu. Sie verspürte plötzlich großen Hunger.

 

Hallo yupag,

zunächst einmal: Schön finde ich, wie du mit der Erwartungshaltung des Lesers spielst, um ihn am Ende zu überraschen (wer das Opfer sein wird - und der Kniff mit der Pistole verstärkt diese Überraschung noch). Trotzdem wird mir die Geschichte vermutlich nicht lange in Erinnerung bleiben. Sie ist eben nur ein Häppchen und bietet nichts wirklich Außergewöhnliches.

Sprachlich/stilistisch wirkt der Text auf mich antiquiert. Das ist vorletztes Jahrhundert, Poe beispielsweise hat meist in diesem Stil geschrieben. Du erzählst und beschreibst viel, zeigst aber wenig. Beispiel: Selbst da, wo deine Figuren miteinander sprechen, gibt es keine wörtliche Rede, nur indirekte. Ich denke auch, dass manches Matra, das Autoren immer wieder vorgebetet wird, nicht zwingend eingehalten werden muss. Aber "show, don't tell" hat seine Berechtigung. Ein Text, der fast ausschließlich "tell"-Anteile hat, wie deiner hier, wirkt schwerfällig. Moderne, anschaulich geschriebene Literatur wirkt dagegen viel lebendiger und schafft es damit besser, den Leser mitzureißen.

Viele Grüße
Kerstin

 

Hallo yupag

Der Tag war sonnig und friedlich.

Dann kommen im ersten Absatz aber gleich eine Fülle sich ergänzender Informationen und Handlungen. Warum nicht nach kurzem Einstieg die beiden gleich handeln, etwa den Spaziergang aus ihren Augen wahrnehmen lassen?

Sie würde sich eine Erkältung holen und jetzt habe sie keine Lust mehr und er solle doch bitte umkehren, sofoort, bitte schön.

sofort

Als sie den Nebel erreichten, legte dieser sich augenblicklich feucht, kühl und wattig um sie.

Es schien mir direkter, sie gleich in die Nebelschwade eintauchen zu lassen. Dass sie darauf zusteuerten, erfuhr ich als Leser ja schon. Etwa so: In der Nebelschwade legte dieser sich augenblicklich feucht, kühl und wattig um sie.

Sie verspürte plötzlich großen Hunger.

Dies dünkte mich etwas platt, nachdem sich die Handlung und Spannung so schön gesteigert hatte. Anstelle von Hunger wirkte mir da Erleichterung realer.

Ich denke auch, dass mit einem direkten Dialog zwischen den beiden Prot. an den passenden Stellen, die Geschichte sehr gewinnen würde. Ebenso wenn die Gedanken der Prot. direkt als solche einfliessen, und die Erzählstimme nur dort auftritt, wo es um Allgemeines geht.

Von der Handlung und dem Inhalt her hat mir die Geschichte gut gefallen, eine schön böse kleine Abhandlung.

Schöne Grüsse

Anakreon

 

Hallo yupag!


Der verwendete Erzählstil entspricht nicht jedermanns Geschmack. Er wirkt etwas schwerfällig und er stellt (hier) einen recht großen Abstand zwischen Erzähler und Figuren her. Immerhin ist der Stil sauber ausgeführt und bei knapp drei Seiten für mich durchaus akzeptabel.

Der Plot gefällt mir. Zwei Eheleute und ein Gedanke, nämlich den jeweils Angetrauten abzumurksen. So lese ich die Geschichte. Warum sollte er sonst auf eine Bootstour bestehen, obwohl beide Nichtschwimmer sind, und auf die Nebelbank zurudern? Warum hat sie die Pistole ihres Liebhabers dabei?

Deshalb irritiert mich der erste Absatz. Da wird einwenig geflunkert, möchte ich annehmen. Dort behauptet der Erzähler: „Sie wollten den Alltag vergessen, abschalten und allen Frust und Ärger, der sie langsam entzweite, für ein paar Stunden hinter sich lassen.“

Da der Erzähler auch in die Köpfe der Figuren schauen kann, wundert mich diese Aussage.

Selbst bei der Annahme, der Mann hätte sich nicht von vornherein mit dem Gedanken beschäftigt (was durchaus möglich ist), sich seiner Frau während der Bootstour zu entledigen, ist da immer noch die Pistole.
„… die sie von ihrem Liebhaber bekommen hatte und die sie nun nicht mehr brauchen würde.“
Egal, ob sie die zur Verteidigung (gegen ihren Mann) dabei hatte oder ob sie ihn damit bei passender Gelegenheit kaltmachen wollte, die Pistole spricht gegen ein entspanntes Wochenende ohne Frust und Alltagsärger.

Ich meine, am ersten Absatz ist noch ein kleinwenig Feinarbeit nötig.

Eine Kleinigkeit noch: Du verwendest die Begriffe „Ruder“ und „Riemen“ synonym. Das kann man machen, aber ein Fach- bzw. Seemann würde das nie tun. Jetzt kannst du dir überlegen, wie kompetent dein Erzähler wirken soll.

Lieben Gruß

Asterix

 

Hallo yupag,
wenn du magst, dann gebe ich dir mal ein paar Tipps aus der Sicht eines Lesers:
Du hast die Form des Erzählens gewählt und darum ohne Dialoge.
So etwas geht durchaus, nur muss man die Geschichte dann gleich zu Beginn so anlegen, dass der Leser das auch weiß.
Einfacher geht es, wenn da ein Erzähler ist:
Vielleicht kennt Ihr das Hotel ... in Niederbayern, das an dem See... liegt, an dem die Felsen zur einen Seite steil aufragen und zur anderen das Ufer von flachen Wiesen gesäumt ist, inmitten denen das Hotel, wie auf grünen Kissen gebettet liegt. Es ist ein sehr nobles Haus, dass berühmt ist allein durch sein vorzügliches Essen ...
Und weil es so besonders nobel ist, hat man es dort nicht gern, wenn man über das Ereignis ... spricht, das sich vor Jahren dort zugetragen hat, als das Ehepaar Junker, oder Janker, so genau weiß man es nicht mehr, dort logierte.
.... und jetzt kann die Geschichte losgehen.
Das ist aber nur ein Beispiel!

Dann solltest du die Personen beschreiben, aber möglichst eingebettet in eine Szene.
Man kann natürlich schreiben: Sie ist dick, trägt ein gelbes Kostüm und hat einen geblümten Hut auf, um den die Bienen summen.
Schöner finde ich es:
Erika, so hieß sie wohl, ging den Weg vom Hotel hinunter zum See der etwas steil war und ihr viel abverlangte, denn sie war kurzatmig und ziemlich dick.
Ist jetzt auch nicht so der Bringer aber ich denke, du weißt, worauf ich hinaus will.
Überhaupt finde ich es gut, wenn man Informationen in eine Szene einbaut, damit es nicht wie eine Aufzählung wirkt. Der Leser wird auch nicht aus dem Geschehen gerissen. Informationen über die Personen braucht man ... und natürlich hier auch Namen.
Dann wird bei Geschichten häufig eine Spur gelegt, die sich am Ende als falsch herausstellt, ein anderer der Täter sein muss und letztlich doch was ganz anderes passiert ... so halt.
Bei deiner Geschichte weiß man schon am Anfang was passieren wird.
Ich hätte es gut gefunden, wenn er sie in Wasser gestoßen hätte, obwohl wir dachten, dass sie es tun würde.
Er würde dann an Land kommen und ihren Tot erklären.
Was er da aber noch nicht weiß ist, dass sie überlebt hat und er dann durch irgendwelche Umstände selber stirbt.
Das/die Gute hat gesiegt! :-)

Die Auseinandersetzungen im Boot:
Sie sind viel zu lang! Kein Mensch möchte diese end- und sinnlosen Schimpftiraden lesen.
Beschreibe das pfiffiger:
Ein Fischer hatte Gezeter aus dem Nebel gehört. Dann war es still. Dann das Geschrei einer Frau. Schimpfworte des Mannes, die man dem Leser hier nicht zumuten möchte.
In einer Erzählung kann man das so schreiben.

Bei dieser Geschichte hat sie am Ende sogar eine Pistole. Sie braucht die eh nicht wegwerfen, denn niemand hätte sie durchsucht. Die Waffe braucht sie aber auch nicht, denn ich würde ihr keinen Liebhaber so kurz vor Schluss andichten. Er ist überflüssig.
Lass sie einfach nett sein und ihn als Mistkerl rüberkommen.

Dann fehlen der Geschichte die Bilder!
Man spricht ja immer vom Kino im Kopf.
Beschreibe wo sie sind. Erzähle vom leisen Klatschen der seichten Wellen, wenn sie gegen die Bordwand schlagen. Beschreibe, wie der Nebel so dicht ist, dass selbst das Ruderende für einen kurzen Moment undsichtbar wurde, wie die Sonne als kraftloser, gelber Punkt tief über dem Wasser hängt.
Da lässt sich soooo viel Athmosphäre reinlegen, mit der du auch eine unheimliche Stimmung und Spannung erzeugen kannst.

Dann solltest du die beiden nicht wie das Ehepaar Flodeer rüberkommen lassen.
denn:
*** er solle nur nicht so dreckig lachen...
Sie gehe ihm schon seit langem auf den Geist
Sie sei eine doofe Nuss
sadistisches, gefühlloses Arschloch, ein Idiot,
mit solch einem Blödmann
sie scheiße auf das gemeinsame Abendessen
ein Garnichts, ein Fliegenschiss. ***
He, sowas geht gar nicht! Solche verbalen Entgleisungen hört man vielleicht von Jugendlichen aufm Schulhof, aber liest sie nicht in einer Geschichte!!!!!

So war die Geschichte leider kein Treffer aber vielleicht konnte ich dir ja Hinweise geben. Ich würde mich freuen.
Viele Grüße
3

 

Danke für die Anmerkungen

Vielen Dank für eure recht ausführlichen Stellungnahmen. Natürlich kann man Geschichten auf unterschiedlichste Weisen schreiben. Ich versuche einen Stil beizubehalten, der etwas anders ist als das, was man üblicherweise liest. Dazu gehört zum Beispiel die indirekte Rede oder die Unbestimmtheit von Orten und Personen, also keine Nennung von Namen. Ich werde aber eure Anmerkungen sorgfältig prüfen, hilfreich sind sie allemal.
Gruß yupag

 

Hallo Dreimeier, du hast sehr ausführlich meinen Text kommentiert, dafür nochmals meinen Dank. Ich habe ihn überarbeitet, aber einige deiner Anregungen dennoch nicht verwendet, weil ich in meinen Texten eine gewisse Konsequenz haben möchte. So verwende ich z.B. so gut wie nie, die direkte Rede, weil die in fast allen Texten verwendet wird. Ich lasse auch Namen und konkrete Orte weg. Es soll etwas im Ungewissen bleiben. Und die von dir monierten Ausdrücke, die in einen Text nicht hineingehören, lasse ich dennoch drin, da sie einfach das ausdrücken, was meine Protagonisten denken und sagen. Wenn ich all das, was du vorschlägst, übernommen hätte, wäre daraus eine ganz andere Geschichte geworden. Ich hoffe aber, dass meine Überarbeitung sie verbessert hat.
Gruß yupag

 

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