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Jeder ist anders anders
An einem sonnigen Nachmittag beschließen zwei junge Männer namens Josh und Patrick einen Spaziergang zu machen. Beide sind hagere Gestalten mit ausgefallenem Kleidungsstil. Josh hat seinen Kopf zur Hälfte rasiert und die restlichen Haare in knalligem grün gefärbt. Er hatte sie sich erst gestern getönt und ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Er trägt eine zerrissene Jeans mit Nieten an den hinteren Hosentaschen und ein T-Shirt der Band „The Cash“, seine Lieblingsband, passend dazu noch seine schwarzen Dr. Martens Stiefel. Sein Freund Patrick trägt seine schulterlangen Dreadlocks in einem unordentlichen Zopf zusammengebunden. Er hat eine Jeansjacke an, die ihm fast bis zu seinen Knien reicht. Er hat sie im Laufe der Zeit mit dutzenden von Band-Patches verziert. Unter seiner Jacke lugt eine rot-schwarze karierte, an den Knien zerrissene, Hose heraus. Auch Patrick trägt Stiefel der selben Marke wie Josh, allerdings sind seine nicht Schwarz, sondern Knallrot.
Ihr Spaziergang beginnt am Westbahnhof. Sie gehen in einige Läden und kaufen ein Paar Sachen die sie brauchen, stopfen sie in vier Plastiktüten und schlendern dann gemächlich die Mariahilferstraße entlang. Sie werden skeptisch gemustert, einige der Passanten drehen sich nach ihnen um oder machen einen kleinen Bogen um sie. Ein schick aussehender Mann in einem schwarzen Anzug rümpft sogar die Nase und schüttelt langsam den Kopf. Doch sie kümmern sich nicht darum, sie sind es gewohnt angestarrt, von manchen auch verurteilt zu werden.
Josh zieht ein Zigarettenpäckchen aus seiner Hosentasche und zündet sich eine an. Patrick stößt ihm leicht in die Seite und grinst.
„Krieg ich auch eine? Hab keine mehr.“
„’Türlich.“, brummt Josh und drückt ihm eine in die Hand.
An einer Straßenecke sitzt ein verwahrlost wirkender Mann in einem Hauseingang. Sein Haar sieht aus als wäre es seit Wochen nicht mehr gekämmt worden, sein Bart ist lang und zottelig, seine Kleidung zerlumpt und aus einem seiner Schuhe lugte sein großer Zeh hervor. Neben ihm liegt auf einem großen, grünen Rucksack ein kleiner Hund mit braunem, kurzem Fell.
„Guten Morgen, Christian.“, sagt Patrick.
„Wir haben dir was mitgebracht.“, fügt Josh hinzu und beide lassen sich neben dem Mann nieder.
Aus einer der Plastiktüten holt Patrick einen Sack voller Hundefutter, ein paar Schuhe, eine Semmel gefüllt mit Schinken und eine Wasserflasche heraus und reicht diese dem Mann, welcher sich müde lächelnd bedankt.
„Wie geht es dir heute so, Christian?“, fragt er und blickt ihm ins verschmutzte Gesicht.
„Hab in der U-Bahn geschlafen, scheiß Regen die ganze Nacht. `S arschkalt. Heute `s schon besser. Bin seit fünf Tagen trocken, hab’s geschafft. Wie ihr gesagt habt, Jungs.“, murrt er und schüttet eine Hand voll Futter in eine kleine Pappschale. Der Hund sprang sofort auf und verschlang das Essen.
„Na siehst du, wir wussten, dass du es schaffst das trinken zu lassen. Wir sind stolz auf dich.“, grinst Patrick.
Die beiden Männer unterhalten sich noch eine Weile mit ihm, reden ihm gut zu und ermutigen ihn.
Plötzlich hören sie eine quiekende Stimme.
„Ihr Hund! Ihr Hund hat auf die Stufen gemacht!“
Eine alte Dame ist vor ihnen stehen geblieben und macht einen entsetzten Gesichtsausdruck.
„Oh. Danke, dass sie uns aufmerksam gemacht haben.“, antwortete Josh und räumte den Kot weg.
„Was wenn da jemand rein gestiegen wäre? Der hätte sich die Schuhe ruiniert!“, fauchte die Dame verärgert.
„Nun, es ist ja nichts passiert.“, erwiderte Christian mit leicht verärgertem Unterton.
Die Frau schien noch etwas erwidern zu wollen, entschied sich aber dagegen, schnaubte nur und ging weiter.
Die Drei hörten sie etwas wie „Unnützes Pack.“ murmeln. Sie sahen sich an und lachten auf.
Patrick und Josh verabschiedeten sich von Christian und gingen weiter.
Sie machten noch bei vielen anderen Obdachlosen halt, verteilten Essen, Trinken, Regenponchos und Decken. Sie beraten einige und verteilen Karten auf denen Adressen von Unterkünften stehen in welchen sie Zuflucht finden können.
Nach einiger Zeit beschließen sie etwas zu Essen und lassen sich in einem Lokal nieder. Ein Kellner kommt zu ihnen an den Tisch, beide greifen nach einer Karte und suchen sich aus was sie haben wollen.
Am Tisch nebenan fangen zwei Mädchen an zu tuscheln.
„Können die sich das denn leisten, Leute wie die haben doch kein Geld um Essen zu gehen.“
Nachdem Josh und Patrick fertig gespeist haben bezahlen sie und verlassen das Lokal.
Der Tag neigt sich dem Ende zu und die Beiden steigen in die U-Bahn Richtung Floridsdorf ein. Sie setzten sich und unterhalten sich heiter. Kurz darauf steigt ein altes Pärchen in die Bahn ein und die Zwei überlassen ihnen ihre Plätze.
Als die U-Bahn in Floridsdorf hält, steigen die Beiden aus. Sie verlassen die Station, überqueren eine Straße und biegen nach ein Paar hundert Meter in eine Seitengasse ein. Josh und Patrick stehen vor ihrer Arbeitsstelle. Über den hölzerneren Eingangstoren prangt ein Schild auf dem in bunten Buchstaben geschrieben steht: „Streetworker Floridsdorf – kompetente Unterstützung für Heimatlose“.