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Jared Leto für Arme

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29.01.2013
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Jared Leto für Arme

In der Abschlussklasse liebte ich einen Jungen, der wie Jared Leto aussah. Es war nicht die längste, nicht die hoffnungsloseste und nicht die wahninnigste meiner Verlebtheiten, aber ich erinnere mich noch an sie, obwohl es schon acht Jahre her ist. Was nicht heißen soll, dass ich mich an die anderen nicht erinnere - ich habe nun mal ein gutes Gedächtnis.

Ich erinnere mich, wie er in unsere Klasse kam und sich als Kai vorstellte. Alle wachten auf und schauten ihn an. Die Fünftklässler freuen sich immer auf neue Schüler und fangen sofort an, sie zu hänseln. Aber die Zwölftklässler sind stets mit ihrer eigenen außergewöhnlichen Individualität beschäftigt und beachten keine Anderen ihrer Art. Da Kai nichts Unterhaltsames vorführte, versanken sie sofort wieder in ihren üblichen lethargischen Tagesschlaf. Alle, außer mir. Ich folgte ihm mit den Augen, als er sich hinsetzte und gähnte, weil er jemanden ähnlich sah. Er erinnerte mich an Jared Leto. Als diese Ähnlichkeit mein Bewusstsein erreicht hatte, konnte ich meinen Blick nicht mehr von ihm abwenden. Ich kam mir vor wie Charles Darwin, der ein exotisches Tier entdeckt hatte und außer sich vor Freude war, und nicht wusste, wem er als erstes darüber berichten soll.
Natürlich verdient es kein durchschnittlicher Oberstufenschüler in einem Satz mit Jared Leto erwähnt zu werden, und Kai war keine Ausnahme. Aber von allem lebenden Oberstufenschülern kam er Leto am nächsten, denn er hatte helle Augen, lange schwarze Haare, die er offenbar mit dem Haarschaum zu einer wilden Mähne formte, und einen farblich unpassenden Bart. Es war ein außerordentlich schöner Junge.
Die Pause nutzte ich dafür, um mit meinen Freundinnen die Lage zu analysieren. Ich hatte in der Klasse genau zwei Freundinnen, Dominika und Ranya. Sie konnten sich gegenseitig nicht ausstehen, deshalb musste die Besprechung zweimal stattfinden.
„Der ist irgendwie unnormal, dieser Typ. Also, ich will nicht sagen, dass ich ihn nicht heiß finde, aber es ist doch komisch, wenn ein Typ so niedlich ist. Der hat irgendein Kleines-Kätzchen-Syndrom“, so kommentierte ihn Dominika.
„Ich finde, der sieht aus wie Jared Leto für Arme“, antwortete ich. Wenn Dominika meinte, er hätte ein Syndrom, so war es besser für mich. Dann hatte ich weniger Konkurrenz.
„Voll die Schwuchtel“, sagte Ranya nach meinen mehrmaligen Aufforderungen, sich über Kai zu äußern. Darauf antwortete ich nichts.
Meine heimliche Zuneigung sollte heimlich bleiben, ich würde niemanden an meiner zerbrechlichen Gefühlswelt teilhaben lassen. Es war ein ganz neuer Junge. Es könnte wirklich etwas werden.

Die Tage wurden weniger öde als sonst. Ich wusste jetzt, wofür ich aufstand und um halb acht meinen Arsch aus dem Haus schleppte. Alles wurde erträglich, gar aufregend. Ich erfand eine Art, Kai permanent zu beäugen- tat so, als schaue ich aus dem Fenster und beobachtete ihn peripher. Da man ihn so nicht besonders gut sah, drehte ich manchmal meinen ganzen Kopf in seine Richtung, und errötete, und senkte den Blick sofort zum Boden. Kai bemerkte meine Zuckungen genau so wenig, wie er etwas anderes bemerkte. Meistens schlief er, den Kopf auf die Arme gelegt, oder schaute die Straße an und wippte mit dem Fuß im Takt zu einer unhörbaren Musik, oder drehte zerstreut einen Stift in den Fingern, und jeder seiner neurotischen Bewegungen schrieb ich irgendeine besondere erotische Interpretation zu, vor allem dem Fußwippen.
Ich war verliebt, zum hundertersten Mal in meinem Leben. Nur versagte jetzt meine Fähigkeit, sich von einem desinteressierten Jungen auf einen anderen umzuschalten. Wie oft versuchte ich, ihm näher zu kommen! Leider waren wir nicht mehr in jedem glücklichen Kindesalter, in dem man sich leicht neue Freunde findet. Alle unsere Gespräche blieben kurz, distanziert und erschreckend banal. Smalltalk zwischen zwei fremden Menschen.
Wenn Kai nicht in die Schule kam, und er fehlte sehr oft, war der Tag unwiderruflich verloren. Ich bereute dann, aufgewacht zu sein, mich geschminkt zu haben - für wen? Mir war schlecht, wie einem KoKainsüchtigen, der kein Geld für das Pulver hatte, nicht Mal für gestrecktes. Ich litt unter widerlichen Entzugssymptomen.
Ließ er sich länger als drei Tage nicht blicken, vergaß ich ihn allmählich und ging anderen sinnlosen Beschäftigungen nach. Zeichnete Herzchen und krumme Linien, lästerte mit Ranya über Dominika und mit Dominika über Ranya, hörte dramatische Liebeslieder und Hip-Hop. Dann tauchte er wieder auf, und alles begann von vorne. Seine Anwesenheit versetzte mich in die Art meditativer Trance, in der man sich die Nähe zu einem ahnungslosen, schweigenden Fremden erträumt.

Eines Tages, als ich während der ersten Stunde rausging, um eine zu rauchen, sah ich Kai mit Dominika auf dem Parkplatz rummachen. Zuerst traute ich meinen Augen nicht, als ich ein kleines, dickwadiges, bäuerliches Mädchen neben ihm wahrnahm. Es konnte nicht Dominika sein, das wäre eine zu absurde Ironie. Ich kam näher und vergewisserte mich, das war sie wirklich. Ich lachte laut, Gott verspottete mich. Dominika schaute mich verächtlich an, zuckte mit den Schultern und machte weiter mit meinem Jungen rum. An dieser Stelle müsste ich mich meinerseits verziehen, aber ich konnte nicht. Mich schüttelte es vor hysterischem Lachen, Tränen liefen mir aus den Augen und Rotze aus der Nase, ich konnte nicht atmen, der Erstickungstod kreiste schon über meinem Haupt. Deshalb verpissten sie sich selbst, händchenhaltend, mit unzufriedenen Visagen. Nachdem sie gegangen waren, kroch ich auf die Toilette, heulte dort undefinierbar lange, bis ich davon eine Migräne bekam und ein verschwommener neongelber Fleck vor meinen Augen zu zittern anfing. Dann holte ich mir einen Laufzettel und fuhr nach Hause.

Kai und Dominika, der Königssohn und das Bauernmädchen. Eine hässliche, lächerliche Zusammensetzung. Die Liebe zu ihm herrschte über mein Bewusstsein, daran änderte seine Affäre mit der Schweinehirtin nichts. Sie schien jetzt das einzige Hindernis zu meinem privaten Glück zu sein. Natürlich würde er mich ihr vorziehen, wie jeder normale Mensch. Ich musste nur auf eine passende Gelegenheit warten. Wenn Kai mich so begehrte, wie ich ihn, würde er mich vergewaltigen. Aber ich musste listig sein. Ich musste mit der Schlange Dominika befreundet bleiben, um ihn nicht aus den Augen zu verlieren. Das war die reinste Folter. Er saß neben mir, und ich konnte ihn nicht anfassen.
Niemals wird jemand so von diesem Jungen besessen sein, wie ich es damals war. Ich bemitleidete all die geschmacksbehinderten Mädchen, die einfache, grobe und behaarte junge Männer liebten. Männer, die sich über Fußball und Saufen unterhielten und karierte Shorts trugen. Die keine Kuhaugen mit transparenten grauen Iriden hatten, sich nicht ständig auf die Unterlippe bissen, nicht verloren lächelten und nicht in einer schläfrigen Parallelwelt lebten, wie Kai.
Er würde mich wollen, weil ich ihn mehr liebte als ein adäquater Mensch es sich vorstellen konnte. Allein aus egoistischen Gründen würde er mich wollen, um in meiner zärtlichen Besessenheit zu schwimmen, wie ein Millionär in seinem privaten Pool.
Wenn ich die Augen schloss und versuchte, ein Bild von seinem gelangweilten Antlitz aus dem Gedächtnis hervorzurufen, sah ich stattdessen Dominikas hämischen Mund. Sie vergällte meine orangensüßen Fantasien, sie beraubte mich meiner letzten Zuflucht. Nein, sie war keine Schlange, die Schlange war ich. Ich hatte keine Arme und Beine, und wenn man mich wegtrat, konnte ich mich nicht wehren. Aber sie war ein Schwein, das alles fraß, was in ihre Nähe kam.
Es war ein März, mir fehlten Vitamine und Licht, Wasser tropfte ständig vom Himmel auf meine angerissenen Nerven. Ich konnte weder lesen noch denken. Gott weiß, wie ich das Abi bestanden habe, woher ich die Prüfungstermine erfuhr, wie ich den Weg zur Schule und wieder nach Hause fand. Es lief automatisch ab, ohne mich.

Ich erinnere mich, dass wir nach der Zeugnisausgabe feiern gegangen sind, unsere Klasse und die beiden anderen. Wir feierten weniger den Abschluss als die Tatsache, dass wir uns nie wieder sehen würden. Diese Perspektive war berauschend. Alle betranken sich und fielen sich in die Arme. Auch ich war glücklich, denn ich hatte nichts mehr zu verlieren. Dominika trampelte ständig in seiner Nähe, aber sie würde mich nicht aufhalten. Schweine sind feige Wesen, dachte ich.
Nach einigen Stunden, als allen alles schon egal war und jeder in seine strahlende, bessere und geheimnisvolle Zukunft versank, umklammerte er meine Taille, und wir lachten beide über etwas Unlustiges. Warum hatte er früher nie gelacht? Ich küsste, und er steckte willfährig die Zunge in meinen Mund. Die Trunkenheit verflog im selben Augenblick. Mein Körper verwandelte sich in ein schlagendes Herz. Der, den ich wollte, vergötterte, von dem ich besessen war, gehörte jetzt mir. Ich hatte gesiegt.
Dann tauchte Dominika auf, sie war außer sich vor Wut, rot im Gesicht, und bewegte ihren Mund, aber man hörte nur die Musik. Plötzlich ohrfeigte sie mich. Es war eine unerwartete Wendung und tat weh. Ich schaute sie verwundert an und lachte. Ich lachte nicht, um sie zu verhöhnen, sondern weil ich in diesem Moment glücklich war, so glücklich, dass ich vor Leichtigkeit fast zu Luft wurde. Dann fiel mir ein, dass man sich verteidigen sollte, wenn man geschlagen wird, deshalb goss ihr ich meine Cocktailreste ins Gesicht. Dominika kreischte, wie ein Schwein eben, und schubste mich mit ihrem ganzen Gewicht. Ich flog mit dem Kopf gegen die Bartheke, mein linkes Auge traf dabei auf die Kante. Es war sicher erblindet. Ich stellte mir vor, wie es sein würde, mit einem Auge zu leben. Angeblich sah man dann alles flach, und das verletzte Auge vergilbte.

Dominika hielt mich an den Haaren fest und versuchte, möglichst viel davon rauszureißen. Ich konnte nichts tun, außer Schimpfwörter in die unmenschlich laute Musik zu rufen. „Ich hoffe, du verreckst, Hure!“, schrie ich, hoffentlich hörte sie es. Die abergläubische Fotze hatte immer Angst vor solchen Sachen gehabt. Sie hatte oft irgendwas von Schicksal und Karma gelabert, wiedergeborenes Schwein. Warum mischte sich keiner ein? Natürlich, der Pöbel brauchte Schnaps und Spiele. Vor ihren Augen wurde ein Mensch ermordet, und sie glotzten teilnahmslos.
Dann kam Ranya irgendwoher angerannt, wütend, wie ein Orkan, und zog Dominika weg von mir. Meine rausgerissenen Haare klebten auf ihren verschwitzten Fingern, und ich hatte schon zuvor keine voluminöse Mähne. Tränen verschleierten meinen Blick und die Wimperntusche floss über meine Wangen. Zum Glück waren beide Augen gesund.
Dominika hatte gegen Ranya keine Chance, weil ihr massiver Körper von hohen Absätzen getragen wurde, während Ranya ihre Schuhe vor dem Kampf ausgezogen hatte. Ranya packte Dominika an den Haaren und schlug sie in den Bauch, sie fiel sofort auf den Boden, wie ein Sack, und zog Ranya mit sich, dabei schmiss sie eine Flasche um. Sie prügelten sich ziemlich übel, Ranya trat gegen Dominikas Brüste, versuchte, das Kinn zu treffen, was ihr ein Paar Mal gelang, Dominika zerkratzte Ranyas Gesicht und warf sie schließlich auf die Scherben. Danach beruhigte sich Ranya plötzlich, stand auf und rammte meinem Angebeteten das Knie in die Eier, obwohl er nicht den geringsten Versuch unternommen hatte, seine Ische zu beschützen.
Ich saß mit Ranya bis zum Morgengrauen im Park. Am nächsten Tag reichte Dominika eine Anzeige wegen Körperverletzung gegen sie ein, obwohl ihr Körperfett keinen ernsthaften Schaden erlitten hatte. Die Geschichte kam vor Gericht, natürlich nicht die ganze, sondern nur ihre letzten Minuten. Der Prozess wurde mehrmals verschoben und zog sich ewig hin. Ranya kam schließlich gut davon, weil sie ein sympathisches Mädchen und ein palästinensisches Flüchtlingskind war, so lauteten jedenfalls die Hauptargumente ihres Anwalts.

Es war vor acht Jahren, die mir wie eine Ewigkeit vorkommen. Vor kurzem traf ich Kai in einem Buchladen. Er lächelte, als er mich sah, kam auf mich zu und fragte: „Wie geht’s dir, du Verrückte?“
„Gut“, antwortete ich, „alles ist gut.“
„Was machst du so im Leben?“
„Heute oder überhaupt?“
„Heute. Und überhaupt.“
„Heute gehe ich mit dir aus“, lächelte ich.
Dann gingen wir in eine Bar, tranken Wein, und wir hatten Sex, und wir trennten uns nie wieder.
Nein, das ist natürlich nicht passiert. Das stellte ich mir in den zwei Sekunden vor, die zwischen dem Moment, als er mich im Buchladen erblickte, und dem Moment, als ich sein Rücken von mir fortbewegen sah, vergangen sind. Und daran sieht man, dass Menschen sich nie ändern.

 

Hallo Schenja,

deine Geschichte hat mich gut unterhalten. Nur tue ich mich etwas schwer mit der Kritik, weil ich wohl so gar nicht zu der Zielgruppe gehöre, für die diese Gesichte geschrieben wurde. Ich bin zwanzig, männlich. Um so ein größeres Kompliment muss es wohl sein, dass ich die Geschichte gern gelesen habe.
Ich hätte mir nur etwas mehr Selbstinitiative seitens der Ich-Erzählerin gewünscht, einen fiesen Plan.

Wenn Kai mich so begehrte, wie ich ihn, würde er mich vergewaltigen. Aber ich musste listig sein.
Da dachte ich: Yeah! Jetzt geht´s los. Bestimmt befüllt sie eine Tube Gesichtscreme mit Schweineschmalz und tauscht sie heimlich mit der Gesichtscreme, die Dominika immer in ihrer Handtasche aufbewahrt, aus. Nimm das, du Schwein! Ja, aber die Protagonistin unternimmt nicht viel. Irgendwie Schade. Die Ereignisse holen sie eher ein.
Erst wusste ich mit dem Namen Jared Leto, gar nichts anzufangen, aber als ich dann das Bild in Wiki gesehen hab, kam mir wieder der Film "Requiem for a dream" in den Sinn. Als ich mir dann die Filmografie ansah, wusste ich natürlich besser bescheid.
Dann habe ich mir noch ein paar einzelne Stellen (in chronologischer Reihenfolge, hoffe ich :)) rausgepickt. Zoomen wir mal rein:

nicht erinnere- ich habe nun mal ein gutes Gedächtnis.
Da muss ein Leerzeichen zwischen "erinnere" und dem Gedankenstrich.

Ich kam mir vor wie Charles Darwin, der ein exotisches Tier entdeckt hatte und außer sich vor Freude war, und nicht wusste, wem er als erstes darüber berichten soll.
Ein schöner Vergleich, finde ich:thumbsup:

Der hat irgendein kleines-Kätzchen-Syndrom
Ich glaube, das "kleines-" auch schon groß geschrieben werden sollte, da es ja substantiviert wird.

Die Tage wurden weniger öde als sonst. Ich wusste jetzt, wofür ich aufstand und um halb acht meinen Arsch aus dem Haus schleppte. Alles wurde erträglich, gar aufregend. Ich erfand eine Art, Kai permanent zu beäugen- tat so,
Da fing ich wirklich an, die Geschichte zu mögen, weil ich mich etwas mit dem Mädchen identifizieren konnte, da ich auch einmal in eine Mitschülerin verliebt war. Scheiße, ich habe sogar wegen ihr die Klasse gewechselt :D ... andere Geschichte!

mit dem peripheren Augenapfel, oder wie auch immer es heißt.
Das sollte raus. Da wusste selbst ich nicht, was gemeint ist. Peripheren Augenapfel (eigentlich Augapfel)?? Damit konnte ich nichts anfangen. Mit peripherem Augenkontakt schon eher.

Leider waren wir aus dem unbeschwerten Alter, in dem man sich leicht neue Freunde finden, längst rausgewachsen.
Da kam ich etwas ins Stocken. Der Nebensatz ist etwas verdreht.

Smalltalk zwischen zwei fremden, erwachsenen Menschen.
Das "erwachsenen" stört mich etwas. Sie durchleben doch gerade so eine Art Reifeprozess. Das kommt fast so rüber, als denke sie, dass sie zu alt zum Lieben wären. Und das ist man doch hoffentlich nie. Wenn doch, jagt mir bitte rechtzeitig eine Kugel durch den Kopf. Danke;)

haben- für wen?
Leerzeichen.

Mir war schlecht, wie einem KoKainsüchtigen, der kein Geld für das Pulver hatte, nicht Mal für gestrecktes.
Die Metapher fand ich gar nicht gut. Sie hat doch keine Ahnung, wie sich ein Kokainsüchtiger bei einem kalten Entzug fühlt. Aber sie geht doch in der Schulpause zum Rauchen raus. Deshalb:
Ich fühlte mich ausgelaugt, etwas zittrig auf den Beinen, wie das letzte Mal, als ich wieder einmal versucht hatte, mit dem Rauchen aufzuhören.

Dann tauchte er wieder auf, und alles begann von vorne. Seine Anwesenheit versetzte mich in die Art meditativer Trance, in der man sich die Nähe zu einem ahnungslosen, schweigenden Fremden erträumt.
Das ist wieder spitze! Weil ich das gut nachempfinden kann. Man versucht die Geliebte/den Geliebten zu vergessen, beschäftigt sich, betrinkt sich vielleicht, aber dann ... Plözlich! ... taucht sie/er wieder irgendwo auf. Du siehst sie nur für einen kurzen Moment und Peng! schießen die Gefühle wieder hervor. Das hast du schön beschrieben, finde ich.

der Erstickungstod kreiste schon über meinem Haupt.
Mit dem Bild komm ich nicht klar. Vielleicht so: Der Erstickungstod steckte in meiner Kehle, wie ein Wurfzelt, jeden Augenblick bereit sich zu entfalten. Ne, Spaß:D
Aber so in der Art.
Allein aus egoistischen Gründen würde er mich wollen, um in meiner zärtlichen Besessenheit zu schwimmen, wie ein Millionär in seinem privaten Pool.
Den ersten Teil finde ich großartig. Deshalb wirkt dieser Poolvergleich eher abwertend. Wenn etwas absolut klar formuliert wurde, ist ein Vergleich meist eh überflüssig.

dass ich vor Leichtigkeit fast zur Luft wurde.
"zu Luft" klingt in meinen Ohren besser.

schon egal war und jeder in seine strahlende, bessere und geheimnisvolle Zukunft versank, umklammerte er meine Taille, und wir lachten beide über etwas Unlustiges. Warum hatte er früher nie gelacht? Ich küsste, und er steckte willfährig die Zunge in meinen Mund.
Wow, hab ich das was verpasst?, dachte ich mir erst. Das ist es, was ich schon zu Anfang angesprochen hatte. Ich hätte mir mehr Eigeninitiative gewünscht. Wieso geht sie nicht zu ihm hin, sagt ein paar Sätze, die sie sich zuvor tagelang zurecht gelegt hat, die dann aber doch völlig bescheuert klingen. Dann lachen beide, locker vom Alkohol. Sie blendet alles aus, nutzt ihre letzte Chance und steckt ihm die Zunge in den Hals. So in etwa.

deshalb goss ihr ich meine Cocktailreste ins Gesicht.
ich ihr

unmenschlich laute Musik zu rufen.
Wieso ist die laute Musik unmenschlich? Das passt irgendwie nicht.

„Ich verfluche dich“
Das hört sich irgendwie nach Comic an. Dieser Moment, wenn sich der Bösewicht geschlagen geben muss und seine Letzte Rebellion darin besteht, den Superhelden zu verfluchen. In dieser Situation wäre vielleicht etwas krasseres angesagt.
"Geh runter von mir, du fette Fotze!"

abergläubige Fotze
Geht doch! :D Lass sie das doch aussprechen. Außerdem: wenn du ihr so eine abergläubische Eigenschaft anhaftest, möchte ich als Leser auch erfahren, in wie fern sie abergläubisch (klingt besser als abergläubig, nur nebenbei) ist.

Warum mischte sich keiner ein?
Oberste Regel: Schlichte niemals einen Bitchfight! :D

Ich verlor dabei die gute Hälfte meiner Haare,
Okay, das ist schon heftig. Ich glaube nicht mal, dass das überhaupt möglich ist. Es gibt da eine Geschichte in der Bibel - oder sonst wo -, in der ein Mann mit seinen Haaren an einen Ast gebunden wird. Er baumelt dort, bis er verdurstet, die Haare reisen nicht ab. Also das einzelne Haare mal verloren gehen, kann ich glauben, aber das ist too much.

den Kinn zu treffen
das Kinn

kniete meinem Angebeteten in die Eier,
"Kniete klingt doof, lieber: rammte meinem Angebeteten das Knie in die Eier.

Der Schluss hat die Gesichte für mich perfekt abgerundet. Wie du mich auf den Holzweg geführt hast, fand ich ziemlich fies, aber auch gut. Das Ende mit dem Wein, dem Sex und dem Für-immer-zusammenbleiben wäre nicht mein Fall gewesen. Aber so konnte ich dem Ende ein Schmunzeln abgewinnen und mir denken: ja, insgesamt war´s doch recht amüsant zu lesen. Fast wie aus dem richtigen Leben gegriffen. Ist die Gesichte teils autobiographisch?, frage ich da interessiert.:hmm:

Viele liebe Grüße

Hacke

 

Hallo Schenja,

kurzweilig zu lesen, gibt die Geschichte einen fesselnden Eindruck des Innenlebens einer Verliebten wieder. Ich habe den Film "Requiem for a dream" nicht gesehen, er scheint aber doch einen Einfluss auf die Geschichte gehabt zu haben. Es handelt sich ja auch hier um ein Requiem für einen Traum, allerdings mit Auferstehungsfantasien.
Der Damenringkampf ist plastisch geschildert.
Sehr gut hast Du Kai vorgestellt. Er tut eigentlich nichts; er ist nur die Projektionsfläche für das Innenleben der Mädchen. Deshalb ist das ja auch so intensiv und andauernd, denn es ist ein großer Anteil von Selbstliebe bei diesem Verliebtsein. Bei C. G. Jung heißt dieser Anteil einer weiblichen Persönlichkeit Animus. Die Frau liebt dann, projiziert auf eine andere Person, ihre eigenen "männlichen" Anteile.
Deine Geschichte ist dafür ein tolles Beispiel.
Herzliche Grüße
Wilhelm

 
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Hallo Schenja,

du hast irgendwie einen Stil drauf, so eine Art mit Sätzen umzugehen, die gefällt mir. Das sind Sätze, die irgendwie im Kopf ankommen, egal ob gut oder schlecht oder wie auch immer, aber die kommen an. Möchtegern kann das auch gut, einige andere auch hier, du verzettelst dich nicht, deine Sätze sind nicht irgendwie aussagelos, da verschimmt nichts, du redest nicht um den heißen Brei herum, sondern da hat man das Gefühl: Die Autorin wollte dieses sagen oder jenes Bild malen, und guck mal, dann hat sie das einfach getan, das freche Stück.

Der Beginn:

In der Abschlussklasse liebte ich einen Jungen, der wie Jared Leto aussah. Es war nicht die längste, nicht die hoffnungsloseste und nicht die wahninnigste meiner Verlebtheiten, aber ich erinnere mich noch an sie, obwohl es schon acht Jahre her ist. Was nicht heißen soll, dass ich mich an die anderen nicht erinnere- ich habe nun mal ein gutes Gedächtnis.

Da weiß man worum es geht, und ja ... es ist selbstbewusst. Man bekommt da gleich ein Gefühl für die Erzählerin.
Du hast ein gutes Gefühl für Sprache letztlich. Du kommunizierst.


Dieses Mal hast du mehr so abgefahrene Bilder reingemacht, das fand ich lustig.

Er würde mich wollen, weil ich ihn mehr liebte als ein adäquater Mensch es sich vorstellen konnte. Allein aus egoistischen Gründen würde er mich wollen, um in meiner zärtlichen Besessenheit zu schwimmen, wie ein Millionär in seinem privaten Pool.

Das auch

Meistens schlief er, den Kopf auf die Arme gelegt, oder schaute die Straße an und wippte mit dem Fuß im Takt zu einer unhörbaren Musik, oder drehte zerstreut einen Stift in den Fingern, und jeder seiner neurotischen Bewegungen schrieb ich irgendeine besondere erotische Interpretation zu, vor allem dem Fußwippen.

Die Geschichte hier ist ein wenig trashiger als deine letzten. Die kommt so freche-Göre-mäßig daher. Zynisch und überdeht und kurzweilig. Das ist Chick-Lit eigentlich. Auch wenn es um die Liebe geht, man hat hier nie das Gefühl, das da wirklich eine extrem leidet oder so, dass der Text je richtig "ernst" wird, sondern der Text ist das was er sein soll: lustig und spaßig und bunt mit diesen Bildern. Und dann sogar noch mit einem Catfight und alles. Du varrierst da auch, in der "Wohngemeinschaft", da war das noch ne graue Maus, deine Erzählerin, die den WG-Mitgliedern aus dem Weg geht, und hier jetzt so Weiber-Action und frech und listig und so. Vulgär auch. Das ist schon interessant.
Da muss noch ne Frau kommentieren … Ich habs gerne gelesen.


MfG,

JuJu

 
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Hallo Schenja, hallo JuJu,
hier ist ein weiblicher Kommentar, und was soll ich sagen, JuJu, ich seh das wie du.
Außer, dass ich ein bisschen mehr über Jared Leto herziehen möchte :D und null verstehen kann, wie ausgerechnet Jared Leto solch einen Drang auslösen kann. Da ist mir Wilhelms Sicht, dass es um eine personifizierte Selbstliebe handelt, viel angenehmer. Jared Leto (ich hab jetzt nicht nachgeguckt) das ist doch der von 30 seconds to Mars, oder?
Ich musste so lachen, als sie ihren Freundinnen von Kai erzählt und dann die Kommentare von denen anhört und sie darauf taxiert, ob da eine mögiche Gefahr für sie entsteht. Das wird sich wohl nie ändern, dass man so über die Anhimmelobjekte redet, egal wie alt man ist. Nicht mit den gleichen Worten wie deine Girlies, bin ja schon ne Ecke älter, aber so ähnlich und vom Prinzip her halt trotzdem dann wieder so.
Mir gefällt die Geschichte richtig gut. Ich hab total viel geschmunzelt und gekichert. Und so verdammt viel auch wiedererkannt und mich getroffen gefühlt als eine Novak vor langer Zeit. Auf eine ironische, fröhliche, freche Weise.

Mir fällt auf, dass deine Geschichten immer eine merkwürdige Saugwirkung entfalten. Ich hab sie gestern schon gelesen und hatte eigentlich keine große Lust, auch nur irgendwas zu tun neben meiner Arbeit, noch nicht mal lesen, höchstens ein bisschen zu beleidigen (Ich rede vom Beleidigungsfechten) und dann bin ich doch kleben geblieben und hab sie in einem Rutsch durchgelesen.
Und obwohl ich von Mädelscatchen und entfernten Anhimmellieben so weit entfernt bin wie von Australien, musste ich trotzdem unbedingt fertiglesen.
Bei mir liegt das an deiner selbstironischen Schreibe. Die ist schön frech und nimmt weder sich noch den Liebeskummer noch die eigenen kleinen Verfehlungen besonders ernst, aber du benennst sie. Du lässt einen in der Geschichte über prinzipiell alles, jede Verfehlung, jede moralische Unart kichern, schaust mit so einem schmunzeligen Blick auf menschliche Schwächen. Das ist einfach sehr liebevoll und nimmt sich selbst und alle anderen gleich mit auf die Schippe.
Ich hab bei dir immer das Gefühl, du musst gar nicht lange an einem Text arbeiten, sondern dieses Selbstironische ist auch deine Sicht der Dinge sowieso. Das ist total spannend und lustig und schön frech zu lesen.

Trotzdem sehe ich darin auch eine leichte Gefahr, man bleibt dann halt auch sehr an der Oberfläche, obwohl die Geschichte hier schon auch bissig ist. Man hat bestimmt Erfolg mit dieser frechen Schreibe, tippe ich mal, auch außerhalb dieses Forums, ich jedenfalls hätte das auch supergerne gelesen, wenn es in einem Buch abgedruckt wäre. Aber diesen Hinweis mit der Gefahr gebe ich dir trotzdem, auch wenn ich mich wie eine bebrillte Tante mit Liebestötern an den Hüften anhöre. Denn mit dem selbstironischen Schreiben stellt man ja immer auch eine Distanz her. Es ist ein Blick auf Handlungen, Eigenschaften, Tätigkeiten, der das Ulkige, Freche aus der Abgeschlossenheit mit diesen Eigenschaften etc. bezieht. Und ebenso empfindet man das als Leser. Es ist abgeschlossen. Und genau das will man ja auch manchmal. Es ist nichts, was in meinem jetzigen Leben irgendetwas berühren könnte. Jeder kennt das, dass man in der Klasse solche entfernten Lieben angestarrt hat, dass es die Freundinnen und die Disserei zwischen denen gab, von daher hat das so einen tollen Effekt, man fragt sich, wie es weitergeht, was wird aus den Kerlchen, weil es Neugierde oder Erinnerung triggert. Und mehr will es ja auch gar nicht.
Also ich will dir die Geschichte absolut nicht madig machen, sondern nur Mut machen, neben dieser Geschichte (und deinen beiden ersten) auch weiter solche Geschichten zu schreiben wie die Wohngemeinschaftsgeschichte, da konnte man nämlich noch eine andere Seite deines Schreibens sehen.
Du wolltest hier keine ernste Geschichte schreiben, schon klar, und es ist irgendwie auch blöd, wenn man den Intentionen einer Autorin anmarkert, dass da andere Intentionen fehlen. Ordne meinen Hinweis also bitte richtig ein. Nicht als Gemecker und Geschichtentöterhinweis, sondern es ist der ganz egoistische Leserwunsch, dass ich einfach gespannt darauf bin, wohin die Reise geht mit deiner Schreiberei und wie das klingt, wenn du andere Themen angehst. Ich bin einfach neugierig auf viele andere Geschichten von dir.

Ich hab übrigens das Gefühl, dein Stil hat sich bereits weiterentwickelt. Ich kann mich noch dumpf erinnern, dass ich bei der WG-Geschichte etliche Wörter rausgeschmissen hatte, Fliege war dann, glaube ich, noch mal genauer ud radikaler, ich weiß das leider nicht mehr so genau und bin auch gerade zu bequerm, nachzugucken. Hier sind mir überflüssige Formulierungen bei weitem nicht so aufgefallen.
Und so ein paar Vertipper hat Hacke schon gefunden.
Also wenn mi noch was einfällt, dann meld ich mich noch mal.
Also .... richtig gern gelesen, schön amüsiert.
Viele liebe Grüße von Novak

 

Hallo, Hacke! Danke für dein Kommentar und es freut mich sehr, dass dir mein Geschriebe gefallen hat, obwohl du kein Teenie-Mädchen bist :) (wobei ich bezweifele, dass irgendwelche Teenie-Mädchen dieses Forum besuchen, um Jugendgeschichten zu lesen. Von daher ist die Angabe der Zielgruppe in der Rubrikbeschreibung etwas utopisch.)

Das sollte raus. Da wusste selbst ich nicht, was gemeint ist. Peripheren Augenapfel (eigentlich Augapfel)?? Damit konnte ich nichts anfangen. Mit peripherem Augenkontakt schon eher.
-es war eine Andeutung darauf, dass die Prota einige Bildungslücken hat. Der Fachbegriff lautet "peripheres Augenfeld". Damit es aber nicht aussieht, wie meine eigene Inkompetenz im Optikbereich, ist es jetzt raus. Kai ist übrigens kein Prinz,sondern das von der Schneekönigin entführte Kind, das hat die Tussi auch verwechselt, aber es ist wahrscheinlich keinem aufgefallen. Die Geschichte ist nicht autobiographisch... obwohl... alles ist irgendwo ein bisschen autobiographisch^^

Hey Wilhelm! Danke für die positive Rückmeldung! Die Geschichte ist von einem anderen Film inspiriert, Les amours imaginairs. Es ist ein Hipsterfilm, aber ein ziemlich guter. (alle angucken!)

Bei C. G. Jung heißt dieser Anteil einer weiblichen Persönlichkeit Animus.
Oh, Jung! Oh, diese schöne Zeit, wenn die Psychologen noch schreiben konnten, was sie wollten!

Hey Juju! Danke schön! Ich freue mich voll, dass du meine linguistische Fähigkeiten so hoch einschätzst :) Ich wollte am Anfang eine traurige Liebesgeschichte schreiben, wovon die wenigen poetischen Metaphern zeugen, bin aber sofort in das Trashige abgerutscht. Aber richtig trashig ist es auch nicht, glaube ich. Und hoffentlich auch nicht wirklich vulgär. Was die Schimpfwörter angeht, nun ja, Leute reden halt so :)

Du hast ein gutes Gefühl für Sprache letztlich. Du kommunizierst.
- oh, merci!

Hallo Novak! Danke für einen so ausführlichen Eindruck!

Aber diesen Hinweis mit der Gefahr gebe ich dir trotzdem, auch wenn ich mich wie eine bebrillte Tante mit Liebestötern an den Hüften anhöre.
Quatsch, du hast auch Recht mit dem Einwand, die Geschichte ist nicht gerade tiefsinnig :) Komödien sind leichter zu schreiben, als Dramas. Ich werde bestimmt noch etwas ernsthaftes auf die Reihe kriegen. Das hier war ja als Spaß gemeint^^
Ich hab übrigens das Gefühl, dein Stil hat sich bereits weiterentwickelt.
- Diesmal wurden einfach meine Grammatikfehler von meinem Freund korrigiert, deshalb ist das ganze ansehlich ;)
Jared Leto (ich hab jetzt nicht nachgeguckt) das ist doch der von 30 seconds to Mars, oder?
- ja, genau. Erstaunlich, wie wenig Leute den Kerl kennen... Ich hätte Johnny Depp nehmen sollen :D

 
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Servus Schenja,

Hacke schrieb:
… weil ich wohl so gar nicht zu der Zielgruppe gehöre, für die diese Gesichte geschrieben wurde. Ich bin zwanzig, männlich.
schrieb Hacke in seinem Kommentar.
Tja, was soll ich da erst sagen? Ich bin nicht nur männlich, sondern obendrein auch noch alt, humorlos und griesgrämig.
Trotzdem mochte ich auch diesen Text von dir wieder, wie schon die anderen davor.
Und überhaupt, was heißt denn schon „Zielgruppe“?
Dein wunderbarer Debüttext (Arbeit, Mai und Tierschutzprojekt) macht in ausgedruckter Form mittlerweile in meiner Familie die Runde, und alle, angefangen von meinen halbwüchsigen Söhnen bis hin zu meiner einundachtzigjährigen Mutter, einer ehemaligen Deutschlehrerin, sind hingerissen von deiner Schreibe. Weil, ja, … äh, wie erklärt sich eigentlich diese beinahe einhellige Zustimmung?

JuJu schrieb:
Du hast ein gutes Gefühl für Sprache letztlich. Du kommunizierst.
Das z.B. sagt JuJu in seinem Kommentar.
Und Rick schrieb in seiner Empfehlung zu deiner ersten Geschichte das:

Rick schrieb:
Die Story ist frisch, unbekümmert und überzeugt auf eigenwillige Weise mit viel Sprachwitz. Mich beeindruckt der Stil, der so viele erfreuliche Besonderheiten bietet, …
Und ich selbst schrieb unter deiner zweiten Story folgendes:

offshore schrieb:
Ich finde kaum sprachliche Unsicherheiten, sondern nur einen souveränen, ausgereift klingenden, sehr eigenständigen, irgendwie sympathisch rücksichtslosen Stil. (Beinahe kann ich dich hören, wie du vor der Tastatur vor dich hinmurmelst: „Ich schreibe halt so, mir taugt das.“)
Ja, mir taugt das auch.

All diese Zitate beziehen sich vorwiegend auf deinen Stil und deshalb stelle ich sie hier noch mal her, weil für mich deine Geschichten weniger wegen mitreißender, komplexer, oder sonstwie ausgetüftelter Handlungskonstrukte funktionieren, sondern hauptsächlich aufgrund der Art und Weise deines Erzählens. Nenne es meinetwegen die Magie deiner Sprache.
Ja, und hier ist es nicht anders. Ein eigentlich alltägliches, kleines Geschichtchen wird für mich, weil schenjamäßig charmant erzählt, einfach zum Leseerlebnis.

Allerdings kann ich auch Novaks leise Bedenken nachvollziehen. Sinngemäß sagt sie, dass dein freches, unbekümmertes Schreiben auch die Gefahr einer gewissen Oberflächlichkeit birgt, du dich und auch den Leser durch diese Ironie sozusagen auf Distanz hältst zu deinen Figuren. Da mag schon was dran sein, allerdings gelang es bisher allen deinen Figuren, mich zu erreichen, auch weil du für mein Gefühl durchaus imstande bist, deinen Tonfall zu modulieren, dein Stil bleibt zwar unverkennbar, aber du verstehst ihn, deinen Sujets anzupassen. Die Erzählerin in der Wohngemeinschaft klang berührend zart und hilfsbedürftig, die Satanistengroteske war zwar ziemlich abgedreht, aber trotzdem sehr plausibel von den Figuren her, und auch aus dieser Geschichte hier schaut mich einfach das wirkliche Leben an. Breit grinsend halt.

Novak wird es mir verzeihen, dass ich sie jetzt noch einmal schamlos zitiere, aber sie spricht mir einfach aus der Seele:

Novak schrieb:
… es ist der ganz egoistische Leserwunsch, dass ich einfach gespannt darauf bin, wohin die Reise geht mit deiner Schreiberei und wie das klingt, wenn du andere Themen angehst. Ich bin einfach neugierig auf viele andere Geschichten von dir.
Ja, ich erwarte mir auch noch einiges von dir. Für mich bist du einer der vielversprechendsten Youngster hier im Forum.

Und auch mich selbst will ich zitieren, das sagte ich nämlich schon unter deiner Debütgeschichte, ich wiederhole es gerne, weil’s einfach auch unter dieser Geschichte wieder passt:

offshore schrieb:
Jetzt aber werde ich mir die Sonnenbrille auf die Nase setzen und noch ein bisschen durch die Stadt ziehen, ich fühle mich wie achtzehn nach deinem Text, kein Scheiß.

Was will ich mehr von Lektüre?

offshore

 

Hallo Schenja,

mir geht's wie offshore, als ich deine Geschichte las, wurde ich in wunderbarer Weise auf einmal wieder 18. Du schreibst so locker und doch berührend. Ein kleines Beispiel für die vielen Sprachbilder, die mir gefallen:

... so glücklich, dass ich vor Leichtigkeit fast zu Luft wurde.
Einer rundum schöne Story, danke dafür (ach, und das Ende kommt mir bekannt vor ...).

Viele Grüße,

Eva

 

Hallo Schenja,

ich kenne Jared Leto, ein typischer Mädchen-Schauspieler und Sänger :D (mir ist er allerdings in einer Nebenrolle gut in Erinnerung geblieben, in "Lord of War").

Ist eine gefällige Geschichte, die man so lesen kann, und die natürlich durch deine Schreibe, deinen rotzigen, witzigen Stil lebt. Ich muss gestehen, ich komme aus einer völlig anderen Ecke, lese eigentlich nur Männer, trotzdem fand ich den Text gut. Allerdings hat Novak auch Recht: Es bleibt alles sehr an der Oberfläche. Ist vielleicht auch schwierig, dies alles in eine kurze Story zu verpassen. Quinn sagt immer, man solle ruhig mehr wagen, und dann lieber richtig reinhauen, sich richtig ausbreiten ... ich würde mir das hier auch mal wünschen, bei einer solchen Thematik. Das ist ja alles schon ein wenig "coming of age", und da gibt es eigentlich wenig, was richtig gut geschrieben, was ernst gemeint und nicht nur Schwank ist. Hier, dieses Ironie, dieser Biss, der entsteht ja durch eine gewisse Distanz, und deswegen liest sich der Text auch gut, flüssig, aber hat der darüber hinaus auch Substanz? Was will der Text? Wo ist da ein Kern, wo zeigt sich über sich selbst hinaus? Die Leser sagen, ja, kenne ich, weil: Habe auch mal so gefühlt. Ist auch irgendwie ein eskapistisch angelegter Text, der unterhält und alles, aber ich glaube, du könntest da wirklich was reinlegen, was erzählen, ein wenig die Tragödie und das Drama der ersten Liebe!:D Vielleicht willst du das aber gar nicht, dann ist es ja auch okay. Ist eben nur mein Eindruck, meine 5 Cent.

Gruss, Jimmy

 

Hey Leute! Sorry für späte Antwort!
@ ernst: vielen vielen Dank, es freut mich immer wieder, Deine Kommentare zu lesen!

Ja, und hier ist es nicht anders. Ein eigentlich alltägliches, kleines Geschichtchen wird für mich, weil schenjamäßig charmant erzählt, einfach zum Leseerlebnis.
ich habe tatsächlich mehr Freude daran, irgendwelche Redewendungen zu erfinden, als Szenarios :) ich finde nicht, dass diese Geschichte, sowie andere von mir stammende Sprachproduktionen, allzu oberflächlich sind, ich versuche immer etwas Sinn reinzubringen (sogar hier, aber eher weniger xD) Warum es oberflächlich erscheint, kann ich schon irgendwie nachvollziehen, es ist halt wirklich SEHR schwer, gleichzeitig lustig und ernst zu schreiben- aber ich arbeite noch daran ;)
Dein wunderbarer Debüttext (Arbeit, Mai und Tierschutzprojekt) macht in ausgedruckter Form mittlerweile in meiner Familie die Runde, und alle, angefangen von meinen halbwüchsigen Söhnen bis hin zu meiner einundachtzigjährigen Mutter, einer ehemaligen Deutschlehrerin, sind hingerissen von deiner Schreibe.
Es freut mich total, das zu hören! Deine Mutter ist echt cool, wenn es ihr gefallen hat, obwohl da Kiffer vorkommen :)
aus dieser Geschichte hier schaut mich einfach das wirkliche Leben an
Das ist eben die Frage, ob es Sinn macht, über etwas Alltägliches zu schreiben und es überhaupt künstlerisch zu verarbeiten, ob man nicht genug Banalität im echten Leben hat. Ich finde es sinnvoll, wenn es etwas anders ist das das, was man auch so sieht, ein anderer Blickwinkel, worum ich mich hier auch bemüht habe. Mmmh, komisches Gelaber, der vorherige Satz xD
Ja, ich erwarte mir auch noch einiges von dir. Für mich bist du einer der vielversprechendsten Youngster hier im Forum.
Ach, Quatsch^^ Aber sehr nett gesagt!
@Eva Luise Groh: Danke für Dein Kommentar, und vor allem für den Lob meiner Sprachbilder, ich erfinde gerne so was und freue mich sehr, wenn es ankommt.
ach, und das Ende kommt mir bekannt vor ...
- haha, mir auch!
@jimmysalaryman: oh, Du kennst Leto! Du bist wohl der erste, Respekt.
lese eigentlich nur Männer
- umsonst, die meisten Frauen schreiben recht geschlechtsneutral. Auch wenn man an meinem Geschriebe merkt, dass ich eine junge Tussi bin, ist es nich für alle typisch :)
ein wenig die Tragödie und das Drama der ersten Liebe
- ein bisschen Drama gabs schon, es ist sogar zu einem Prozess gekommen, das ist ziemlich tragisch, wie ich finde-Anwälte sind verdammt teuer. Ich freue mich, dass Du die Geschichte insgesamt gut fandest! Und wenn Du dir die Situation in echt vorstellst, ist sie gar nicht so lustig und unbeschwert:) Danke für das Kommentieren!

Allen gute Nacht!

 

Hey,

ich finde der Text ist von der Erzählerin schon interpretiert worden. Also das, was passiert, ist schon mal von der Erzählerin durchgedacht worden, und es ist so, dass sie in einem bestimmten Licht erscheint, und dann wird es erst serviert. So ein bisschen wiedergekaut schon.

Das fängt schon bei der Geschichte damit an, dass es ja heißt, es geht nur um den Jungen und um nichts anderes; ich weiß nicht, ob Leben überhaupt so funktonieren kann über einen längeren Zeitraum. Dann wird immer gesagt, wie sie sich fühlt und wie unglaublich verliebt sie in ihn ist, und es kommt zu dem wirklich guten Satz:

Wenn Kai mich so begehrte, wie ich ihn, würde er mich vergewaltigen. Aber ich musste listig sein.
Aber das steht da nur, es gibt nichts im Text, das darauf schließen lässt, wie sie für ihn empfindet, außer dass sie es behauptet und denkt. Das hier ist vielleicht der einzige Satz, der wirklich von einer destruktiven, auch schmutzigen Leidenschaft spricht, und nicht von einer abstrakten, schon durchironisierten Obsession.


Das finde ich auch so seltsam an der Geschichte. Einerseits ist es eine totale "In die Fresse"-Attitüde, die aber komplett keusch ist. Das höchste der Gefühle ist dann Küssen auf dem Pausenhof. Das ist z.b. was, bei dem ich das Gefühle hab, der Text ist nicht ehrlich zu mir. Der ist schon konstruiert. Es ist halt schwierig "Jugendgeschichten" zu schreiben, die charmant und harmlos sind. Aber in der 12,Klasse - bei 17jährigen Mädchen - und wenn das Mädchen fast besessen ist von diesem Typen, da geht es nur um Sehnsucht und Knutschen auf dem Pausenhof? Glaub ich nicht. Ich finde der Text gehört eher so in die 7./8.-Klasse.
Das ist halt ein dämliches Dilemma: Wenn man was über Teenagerliebe schreibt in einem Internet-Forum, ist man kurz vorm Schulmädchenreport, aber dadurch verliert man ja trotzdem jedes Gefühl für Authentizität.

Der Text geht 2mal los. Das erste Mal, wenn sie ihn mit ihrer Freundin knutschen sieht.
Und das 2. Mal, wenn sie mit ihm knutscht, das sind die beiden guten Szenen im Text, die sind aber eingebettet in viele "Welterklärungspassagen". Fünftklässler sind so, Zwölfklässler so, alle achtzehnjährigen Mädchen sind so, meine Freundinnen sind so, ich bin was einzigartiges, aber das seh ich auch total ironisch. Das Potential der Geschichte geht in diesen Selbstbetrachtungen ein wenig unter, finde ich. Oder in diesen garstigen Bemerkungen. Die garstigen Bemerkungen, die fast nichts mit dem Text zu tun haben, sind fast das Beste an ihm: Palästinisches, nettes Mädchen hat der Anwalt gesagt. Oder dass Detail, dass die Schlanke gegen die Dicke gewinnt, weil sie sich die Schuhe vorher ausgezogen hat. Das ist großartig.

Das Verhältnis der Ich-Erzählerin zu der Protagonistin dieser Geschichte ist total durchironisiert, da fällt es schwer, da irgendwie mitzufühlen.
Dann sagen Leute ja: Projektionsfläche - Natürlich, aber sie erkennt das ja schon. Wie soll ich mich dann für sie interessieren so richtig? Zumal das Thema auch sehr oft genommen wurde: Ich hab mich auch mal furchtbar in ein Mädchen verknallt, bis ich das erste Mal mit ihr gesprochen habe. Das ist ein typisches Thema in solchen Teenager-Texten.
Dann sind die beiden Freundinnen da sicher spannende Figuren, aber haben kaum was zu tun, leben nur in diesem Hass auf sie.

Ich finde an der Geschichte erkennt man schon, dass du auf jeden Fall lebendig schreiben und intelligent konstruieren kannst, ich finde nur die Art, wie du die Geschichte erzählst, nicht wirklich fesselnd.
Ich fände es in der Geschichte hier z.b. sehr angenehm, wenn man eine andere Perspektive hätte. Oder wenn einfach viel mehr wirklich in Szenen erzählt worden wäre.
Es gibt z.B: Potential, ob man sagt: Die Erzählerin ist offenbar jemand, der nach außen verklemmt und schüchtern ist, aber in der ein Sturm tobt, die einen riesigen Kosmos hat, der nach draußen will, den aber keiner sieht und den sie offenbar komplett unter Kontrolle hat. Das ist aber schwer von "Innen" zu zeigen. Weil man nicht sehen kann, wie sie auf andere wirkt.

Ich finde auch, dass du als Autorin hier schon durchaus Potential zeigst, die Geschichte hat in der Form aber nicht viel Potential, fürchte ich.

Gruß
Quinn

 

Hallo Schenja!

Ich erinnere mich noch gut an deine Erzählung "Arbeit, Mai und Tierschutzprojekt", die ich kommentiert habe. Die Abneigung der Protagonistin gegen den Tiger verstand ich als Abneigung gegen Männlichkeit, gegen das männliche Prinzip, das von diesem Raubtier verkörpert wurde. Nun lässt du deine neue Protagonistin mit ihrem Darwinschen Forscherdrang ein anderes, exotisches Tier entdecken, das ihr ausnehmend gefällt. Das neue Forschungs- und Liebesobjekt ist ja auch keine männlich-gefährliche Raubkatze wie der Tiger, sondern gleicht einem "kleinen Kätzchen", ist nicht grob, nicht männlich, sondern ein "schöner Junge", kein männlich-brutaler Draufgänger, sondern oft in sich gekehrt, schläfrig und wird sogar mit einer "Schwuchtel" verglichen. Der Animus deiner Ich-Erzählerin (Wilhelm Berliner hat diesen Begriff zu Recht in die Diskussion eingeführt), also ihr Bild vom Mann, nach dem sie ihr ganzes Leben auf der Suche ist, ist also ein sanfter Mann. Ein Mann, in dem sich Männliches und Weibliches vereinigen und ergänzen.

Reizvoll finde ich auch, dass dieser Jüngling "Kuhaugen" hat. Solch ein Vergleich könnte als abwertend verstanden werden, ja als Beleidigung. Ist er aber nicht. Schon bei Homer wird die olympische Göttin Hera, Gemahlin des Zeus und mächtigte der Göttinnen, als "die Kuhäugige" bezeichnet. Von den Kühen beziehen wir Menschen ja unsere Milch, sie sind also mütterlich-nährende Geschöpfe.

Besonders gut finde ich aber dieses Bild:

Allein aus egoistischen Gründen würde er mich wollen, um in meiner zärtlichen Besessenheit zu schwimmen, wie ein Millionär in seinem privaten Pool.

Er soll also von der Liebe, der Besessenheit der Prota umfangen (und gefangen) sein wie ein Fisch in seinem Element, dem Wasser - ein hochpoetischer Vergleich, der klarmacht, dass ein Liebender den Geliebten für sich haben, ja mit Beschlag belegen möchte.

Grüße
gerthans

 

Hallo Quinn! Ich musste den Kommentar ein paar Mal durchlesen, ehe ich ihn gecheckt habe.

Das ist z.b. was, bei dem ich das Gefühle hab, der Text ist nicht ehrlich zu mir
Es ist nicht so lange her, dass ich in der 12. Klasse war, und es wurden keine wilden Orgien gefeiert xD Und es war kein katholisches Mädchengymnasium. "Zu keusch" ist natürlich ein berechtigter Kritikpinkt seits des männlichem Publikum^^ Überhaupt ist es hier schwierig, die Geschichte in Szenen zu schreiben, weil eben nicht so viel passiert.
die Geschichte hat in der Form aber nicht viel Potential
:( Ich mag die Form
Weil man nicht sehen kann, wie sie auf andere wirkt.
Das hilft mir schon weiter. Ich weiß nur nicht, inwiefern ein Perspektivenwechsel in der Ich-Form möglich ist... Danke für die Kritik, ist immer wieder hilfreich!

Hallo gerthans! Ich finde es faszinierend was Du für Sachen darin siehst :D Dass Hera kuhäugig war, wusste ich nicht. Die Parallele zum Tierschutzprojekt war nicht beabsichtigt... Bedingt durch das Psychologiestudium beschäftigt mich einfach manchmal die Ähnlichkeit von menschlichem und tierischem Verhalten.

Ein Mann, in dem sich Männliches und Weibliches vereinigen und ergänzen.
auch eine interessante Bemerkung. Die Trennung zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen ist zum mindest in der Mode nicht mehr so eindeutig, und es färbt auf junge Leute ein bisschen ab, finde ich. Danke für Deine originelle Interpretation!

 

Hey maria! Danke fürs Kommentieren! Ich wollte eigentlich nicht sagen, dass sie dumm war und sich in eine intellektuelle Richtung verändert hat, sondern dass man nach Jahren immer noch die gleichen Schwächen hat, siehe letzten Absatz. Sie steht ja immer noch auf den Mitschüler, warum nicht auch auf den gleichen Sänger?

Zum einen haben wir hier eine intelligente Dame, die mit Fachausdrücken um sich wirft
peripher stammt aus dem Spruch "das tangiert mich nicht mal peripher", das muss kein Fachausdruck sein :)
finde die Protagonistin insgesamt glaubwürdig... wegen dem Statz, den du so schlecht findest, naja, ist nicht der beste Satz, ich persönlich würde so was nicht von mir geben...aber es wundert mich, dass er dich so stört Oo

 

Hey Schenja,

Was nicht heißen soll, dass ich mich an die anderen nicht erinnere - ich habe nun mal ein gutes Gedächtnis.
:)

Die Fünftklässler freuen sich immer auf neue Schüler und fangen sofort an, sie zu hänseln. Aber die Zwölftklässler sind stets mit ihrer eigenen außergewöhnlichen Individualität beschäftigt und beachten keine Anderen ihrer Art.
Ach hör auf. Egal welche Klasse, man reagiert immer auf neue Schüler, besonders, wenn sie Ähnlichkeiten mit Jared Leto haben. :p
Das eigentlich Interessante bei diesen Erzählungen über neue Schüler ist die Gruppendynamik - denn in der Klassengemeinschaft kennt jeder seinen Platz und plötzlich kommt ein Neuankömmling und entweder geht er unter, sprich er bleibt aufgrund seiner schwachen Persönlichkeit unsichtbar oder er greift in diese Gruppe ein und mischt sie auf.
Wenn das erste der Fall ist, dann verstehe ich nicht, warum er überhaupt neu sein muss. Der kann genauso gut ein Schüler aus dem Deutsch LK sein.
Ich kam mir vor wie Charles Darwin, der ein exotisches Tier entdeckt hatte und außer sich vor Freude war, und nicht wusste, wem er als erstes darüber berichten soll.
Ich wär mit so "exotischen" Vergleichen vorsichtig. Wenn die nicht gerade in Bio sitzen und über die Evolution sprechen, dann ist das bisschen weit hergeholt.
Natürlich verdient es kein durchschnittlicher Oberstufenschüler in einem Satz mit Jared Leto erwähnt zu werden, und Kai war keine Ausnahme.
Er hat auch die schönsten Augen.
Aber ich musste listig sein.
Wieso denn listig. Ist doch ihr gutes Recht den Prinzen zu bekommen. wenn man es ihr glaubt.

Er würde mich wollen, weil ich ihn mehr liebte als ein adäquater Mensch es sich vorstellen konnte. Allein aus egoistischen Gründen würde er mich wollen, um in meiner zärtlichen Besessenheit zu schwimmen, wie ein Millionär in seinem privaten Pool.
Hier würde sich doch mehr Beschreibung anbieten - wie ihr Liebesleben annährend aussehen könnte. Millionär mit Pool - na ja.
Sie vergällte meine orangensüßen Fantasien, sie beraubte mich meiner letzten Zuflucht. Nein, sie war keine Schlange, die Schlange war ich. Ich hatte keine Arme und Beine, und wenn man mich wegtrat, konnte ich mich nicht wehren. Aber sie war ein Schwein, das alles fraß, was in ihre Nähe kam.
Es war ein März, mir fehlten Vitamine und Licht, Wasser tropfte ständig vom Himmel auf meine angerissenen Nerven. Ich konnte weder lesen noch denken. Gott weiß, wie ich das Abi bestanden habe, woher ich die Prüfungstermine erfuhr, wie ich den Weg zur Schule und wieder nach Hause fand. Es lief automatisch ab, ohne mich.
Auf die Dauer ist es natürlich anstrengend einem postpubertären Mädchen zu zuhören, was sie über den Schwarm denkt. Also, bitte mehr Action - soviel Monolog ist öde eintönig.
Ranya kam schließlich gut davon, weil sie ein sympathisches Mädchen und ein palästinensisches Flüchtlingskind war, so lauteten jedenfalls die Hauptargumente ihres Anwalts.
:D
Das stellte ich mir in den zwei Sekunden vor, die zwischen dem Moment, als er mich im Buchladen erblickte, und dem Moment, als ich sein Rücken von mir fortbewegen sah, vergangen sind. Und daran sieht man, dass Menschen sich nie ändern.
Kann man das nicht geschmeidiger schreiben?
Das stellte ich mir in den zwei Sekunden vor, als er mich im Buchladen erblickte und als ich sein Rücken von mir fortbewegen sah.

Ich würd den letzten Satz weglassen.

Ich find die Geschichte auch oberflächlich - es geht nie tiefer rein als: er war so schön, ich musste ihn haben, aber die Schweinehirtin hatte ihn. Dann gibts n Cat fight und das wars.

Die Rolle der Erzählerin ist völlig unklar - also wenn sie mit Dominika, die Schweinehirtin befreundet ist und Ranya, das Alphamädchen - was ist sie dann? Ist sie die Stufenschönheit? Ist sie deswegen noch fieser zu Dominika, weil sie selbst nicht von dem schönsten Jungen beachtet wird?

Ich hätte es interessanter gefunden, wenn du mit den Rollen in so einer Klasse gespielt hättest. Aber was genau war jetzt hier dein Thema? Eine wahnsinnige Verliebtheit der Prota darzustellen, die nicht mal ihre wahnsinnigste war, wie sie eingangs beschreibt.
Das Thema Liebe ist so ausgelutscht und ich langeweile mich dann eben sehr schnell, wenn ich nix Neues zu lesen bekomme. Ich fand das hier jetzt auch nicht wahnsinnig erkenntnisreich oder unterhaltsam oder irgendwie berührend.

Also allgemein mag ich deine Schreibe - ich finds frisch und man sieht, du traust dich was, aber ich muss da auch immer kritisch bleiben. Ich kann die Geschichte nicht allein deswegen gut finden, ich muss auf viel mehr achten. Mittlerweile ist plot für mich nicht mehr so wichtig, aber ich liebe durchdachte Figuren, mit denen ich mich bisschen beschäftigen kann.

Als ich die Überschrift sah, dachte ich auch, oh jetzt kommt so ne Star-Fixierung. Das ist doch auch mal n Thema wert - die sucht sich einen Kerl aus, der so aussieht wie ihr Lieblingsschauspieler/sänger oder sie nimmt ihn so wahr und macht alles mögliche, um an ihn ranzukommen. Das war auch so ein Punkt bei der Prota, den ich nicht mochte. Die ist nie wirklich aktiv - sie denkt viel nach über ihre Lage und über die blauen Kuhaugen, aber viel macht sie doch nicht und wundert sich, wenn das Bauernmädchen den Kai bekommt.

Ein anderer Punkt ist, dass sie selbst auch eine gewisse Distanz zu der Zeit und ihren Gefühlen eigentlich entwickelt haben muss. Ich nehme ihr auch nicht ab, dass die Ereignisse schon acht Jahre zurück liegen. Es kommt mir vor, als wäre sie noch mittendrin. Im Grunde müsste die Geschichte in Präsens geschrieben werden. Man ist rückblickend eigentlich immer kritischer und das sehe ich hier nicht.

Ich will dich auch nicht entmutigen. Ich persönlich würd mich auch nicht mit einem Text beschäftigen, wenn ich da kein Potential sehen würde. Deswegen: Mach weiter! :)

JoBlack

 

Hey Jo! Danke für Dein Kommentar :)

Das eigentlich Interessante bei diesen Erzählungen über neue Schüler ist die Gruppendynamik - denn in der Klassengemeinschaft kennt jeder seinen Platz und plötzlich kommt ein Neuankömmling und entweder geht er unter, sprich er bleibt aufgrund seiner schwachen Persönlichkeit unsichtbar oder er greift in diese Gruppe ein und mischt sie auf.
-finde ich nicht, das interessante an der Oberstufe in Deutschland ist, dass alle zu alt sind, um dort zu sitzen, und überhaupt keine Dynamik aufweisen, vor allem keine Gruppendynamik... meine Beobachtung jedenfalls :D
Ich find die Geschichte auch oberflächlich
- ich habe es oberflächlich formuliert, aber dass das Thema Liebe ausgelutscht ist- nein, ich protestiere! Der Sinn von dem ganzen war die Besessenheit der Erzählerin von einem Bild, das sie sich erschaffen hat. Auf jedem Fall hatte ich eine Idee, man schreibt ja nicht freiwillig einen ganz sinnfreien Text, aber ich hätte sie in der Geschichte eräutern sollen und nicht in der Kommentaren.
Man ist rückblickend eigentlich immer kritischer und das sehe ich hier nicht.
Ha, von wegen, in der Erinnerung wird alles in die Richtung verzerrt in die man es verzerren will, aber nicht unbedingt in die adäquate.
Ich persönlich würd mich auch nicht mit einem Text beschäftigen, wenn ich da kein Potential sehen würde.
danke^^ dann hoffe ich, dass du mir weiterhin Kommentare schreibst, ist immer wieder hilfreich!

 

1. -finde ich nicht, das interessante an der Oberstufe in Deutschland ist, dass alle zu alt sind, um dort zu sitzen, und überhaupt keine Dynamik aufweisen, vor allem keine Gruppendynamik... meine Beobachtung jedenfalls :D

2. - ich habe es oberflächlich formuliert, aber dass das Thema Liebe ausgelutscht ist- nein, ich protestiere! Der Sinn von dem ganzen war die Besessenheit der Erzählerin von einem Bild, das sie sich erschaffen hat. Auf jedem Fall hatte ich eine Idee, man schreibt ja nicht freiwillig einen ganz sinnfreien Text, aber ich hätte sie in der Geschichte eräutern sollen und nicht in der Kommentaren.

3.Ha, von wegen, in der Erinnerung wird alles in die Richtung verzerrt in die man es verzerren will, aber nicht unbedingt in die adäquate.
danke^^ dann hoffe ich, dass du mir weiterhin Kommentare schreibst, ist immer wieder hilfreich!


Hey Schenja,

1. Ich finde 19 nicht zu alt, aber okay, darüber kann man sich streiten. Mittlerweile sind die dank dem Turbo-Abi 17, wissen nicht was sie studieren sollen und haben jetzt schon Existenzängste - ich finde das bedenklicher als zu sagen, wir sind im internationalen Vergleich älter.
Gruppendynamik gibts in allen Gruppen, ob für jeden sichtbar oder total subtil - innerhalb einer Gruppe gibts immer Hierarchien. Das entwickelt sich, das sind Prozesse - bestes Beispiel in der Literatur: Herr der Fliegen.

2. Die Obsession kommt schon rüber - aber die Geschichte klingt nichtsdestotrotz wie eine kleine Teenagerliebe, ich sehe da keine besonderen Auswirkungen auf ihre Psyche. Die verändert sich nicht, sie wird nicht aktiv - das ist das Wesen von Stalkern oder? Sie sind verdammt aktiv! :D

3. Das kommt darauf an, wenn man glaubt, damals war alles Friede, Freude, Eierkuchen, dann verzerrt es man gerne in eine noch positivere Richtung. Wenn man jedoch nicht so gut wegkommt bei der Erinnerung, denkt man eher: Was hab ich mir nur dabei gedacht? Das meinte ich mit kritischer Distanz - diese kommt vor allem zu tage, wenn die Erzählerin/Protagonisten es keinem anderen erzählt, sprich sie geht das Ganze im Kopf durch und wir dürfen daran teilhaben, natürlich ohne ihr Wissen.
Aber gut, wenn deine Erzählerin so angelegt ist, dass sie sich selbst belügt und das, was passiert ist, in Ordnung findet, dann würde ich es so lassen. :) Will dir ja auch nicht in deine Intention reinreden.

 

Hey! Danke für die Antwort!
Herr der Fliegen ist kein klassisches Beispiel für eine Gruppenhierarchie, finde ich, das läuft so ab, weil sie in einer unzivilisierten Umgebung sich selbst überlassen sind. Das Stanford-Prison-Experiment ist ja auch keine Methapher für die Gesellschaft, das sind halt extreme Verhältnisse. Es gibt schon viele Werke, die Gruppendynamik zum Thema haben, dabei handelt es sich immer um irgendeine Art von Mobbing (natürlich, was soll man sonst über eine Gruppe schreiben?:) ), und an Mobbing habe ich hier irgendwie nicht gedacht. Wäre auch ein gutes Thema, aber ein anderes.

und haben jetzt schon Existenzängste
Zurteit haben alle Existenzängste. Je besser es den Leuten geht, desto mehr Existenzängste haben sie, so ein Parardox Oo

 

Hallo Schenja,

ist schon eine ganze Weile her, dass ich die kg gelesen habe. Da ich wenig Zeit zum Kommentieren finde ... blabla, damit will ich dich nicht behelligen - sondern damit, dass ich jedes Mal wieder starke Bilder vor Augen habe, wenn mir der Text beim Durchstöbern unter die Augen kommt. Das ist nicht mit vielen Texten so und jedes Mal denke ich aufs Neue: schreib das doch mal, du würdest dich doch auch drüber freuen. So und her isses nun. Will da gar nicht inhaltlich irgedwas bestimmtes rauspicken, das habe andere schon getan. Mir hat der Text in sich richtig gut gefallen, sprtzig, mit guten Ideen, tollen Formulierungen und so wie sichs herausstellt, auch mit bleibendem Eindruck.
Den Herrn Leto musste ich allerdings googeln. Aber darauf kommt es ja auch nicht wirklich an. Das mit dem Ende fnde ich eine starke Sache. Ich würd mal sagen bei 80 % aller Texte würde das so nicht funktionieren, würde das albern wirken. Dafür muss man schon die richtige Erzählstimme aufbauen, einen glaubwürdigen Prot anbieten und das gelingt dir hier. Rutscht weder in Kitsch noch in den von mir in dieser Rubrik so gefürchteten Drama-Pathos ab.
So und das wars auch schon von mir.

grüßlichst
weltenläufer

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Schenja,

dein Kai spielt in derselben Liga wie Flieges Tom. Ein Mann, dessen Präsenz ausreicht, die Frauen verrückt zu machen ;-) Diese Kerle tun ja selber nichts, sind einfach nur da.

Obwohl mir deine Vorgängergeschichten besser gefielen, hat mich diese Story auch sehr gut unterhalten und mich häufig zum lachen gebracht. Das ist natürlich dein Stil, deine Art, wie du deine Protagonistin denken und handeln lässt. Das ist sehr lustig, weil du in vielen Sätzen erfrischend beiläufig pointierst. Du brauchst dafür oft nur einen Satz, manchmal nur ein Wort, wofür andere selbst in einem Absatz nicht mal halb so viel Unterhaltung hinkriegen.

So ein wenig erinnert mich das an Der Fänger im Roggen. Den Blickwinkel von Holden Caulfield finde ich auch sehr lustig. die Art, wie er die Dinge sieht und beschreibt, dass ist sehr besonders. Selbst vermeintliche Banalitäten werden auf diese lakonische Betrachtungsweise amüsant und witzig. Nun meine ich damit nicht gleich, dass du die weibliche Antwort auf Salinger bist, aber zumindest besitzt auch du die Fähigkeit, Haupt- und Nebensächliches durch die Augen deiner Protagonistin lustig und unterhaltsam werden zu lassen, und das auf eine recht präzise Art.

Das gefällt mir. Und hat mir auch diesmal wieder gefallen. Requiem for a dream (daher kenne ich Jared Leto) ist nicht ganz so lustig, und Hubert Selby ist es auch nicht ;-)

Uups, schon wieder so eine Groupie-Kritik! Na ja, schreib ruhig weiter und du wirst schon sehen ...

Rick

 

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