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Janusköpfig

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19.09.2016
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Janusköpfig

In dunkelster Einsamkeit keimt die Hoffnung am stärksten – sie ist das Licht, welches Wärme und Geborgenheit bringt, in einer Zeit voller Verzweiflung und Aussichtslosigkeit.
Ein ständiger Begleiter auf dem Weg in die Freiheit.
Ein guter Freund.
Ein starker Wächter.
Sie lässt dich nicht im Stich und seien die Mauern noch so dick.

Die Einzelzelle eines alten, berüchtigten Todestraktes, die für viele die letzte Station in ihrem Leben gewesen war, stand seit Jahrzehnten leer. Nur die wenigen Zeilen an der Wand bezeugten bittere Stunden – die letzten eines Menschendaseins. Sie waren kaum noch lesbar. Schwindende Erinnerungen, die ihren Urheber überlebt hatten.
Bei der symbolischen Schließung des Todestrakts verhieß die Polit-Elite in pompöser, schon fast philosophischer Anmut:
„Nie wieder soll ein Menschenleben durch die Todesstrafe ausgelöscht werden. Denn ein Mensch hat nicht das Recht, einen anderen Menschen zu töten oder töten zu lassen. Mit dem Verklingen dieser Worte gilt die Todesstrafe im ganzen Land als abgeschafft!“
Es war ein magischer Augenblick. Menschen umarmten sich. Feste wurden gefeiert. Tränen der Freude vergossen.

*** Carla ***​

Carla stand fassungslos in ihrer Wohnung. Ihr Blick verfinsterte sich, als sie die Nachricht im Fernsehen vernahm. Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. Sie schlug auf den Wohnzimmertisch. Wut und Hass kochten in ihr hoch und entfesselten sich in verzweifeltem Brüllen: „Er soll büßen! Ich will Gerechtigkeit!“, ihr Blick schweifte auf ein kleines, eingerahmtes Bild, das auf einer Kommode stand.
„Euer Mörder wird nicht überleben. Das verspreche ich euch.“
Ein Mann in rot-schwarz kariertem Hemd und strahlend weißen Zähnen schenkte ihr ein vertrautes Lächeln. Auf dem Arm hielt er ein kleines Kind, das die Augen in der Geborgenheit seiner Arme selig geschlossen hatte.

Carla fing an, ganzen Körper an zu zittern, und griff automatisch zu den Beruhigungstabletten, die durch die Wucht des Schlages am ganzen Tisch verstreut waren. Bald jährte sich der Todestag der beiden. Ein Amokläufer schleuderte der Welt an diesem Tag seinen ganzen Hass entgegen, indem er so viele Menschenleben auslöschte, wie er konnte. Ben, ihr wundervoller Ehemann, und die kleine Sammy – der Sonnenschein der Familie – kamen im Kugelhagel um. Carla überlebte. Der Riss, den ihre Seele durch das Ableben ihrer Liebsten bekommen hatte, stürzte sie in eine tiefe Dunkelheit. Sie musste ihren geliebten Job als Lehrerin aufgeben. Bekam trotz starker Psychopharmaka und Therapie regelmäßig Panik-Attacken und Weinkrämpfe. Bilder des Vorfalles suchten sie in ihren Träumen heim und ohne starke Schlaftabletten stand sie keine Nacht durch.

Der Todesschütze war gefasst worden. Sein Anwalt plädierte vor dem Geschworenengericht auf Unzurechnungsfähigkeit. In seinem Befund attestierte der Gerichtsgutachter jedoch, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat bei klarem Verstand gewesen war. Carla konnte sich noch gut an das hämisches Lächeln dieses Scheusals erinnern, welches er den Geschworenen entgegenwarf, als sie ihn einstimmig zum Tode verurteilten. Kein Funken Reue war aus seinem Blick abzulesen gewesen. Ein Teufel auf Erden.

*** Luther ***​

Luther vernahm das vertraute Rascheln eines Schlüsselbundes. Längst war es Gewohnheit geworden. Tag für Tag hörte er es. Seit 40 Jahren wartete er auf die Exekution seiner Strafe – Tod durch Giftspritze. Mit dem Gedanken, sein Leben auf diese Art und Weise zu verlieren, konnte er sich noch immer nicht abfinden. Die quietschenden Schritte des Wärters kamen näher und näher. Zu dieser Zeit traf normalerweise die Post ein, die ein gemischtes Gefühl in Luthers Magengegend auslöste. Sie konnte Licht oder Schatten, Hoffnung oder Verderben bringen. Luthers Prozess war schon in der letzten Instanz angelangt. Vor Monaten hatte er ein Gnadengesuch an den Gouverneur des Bundesstaates abgeschickt. Ein letzter verzweifelter Akt eines gebrochenen Mannes. Die Chancen standen schlecht, dass seinem Flehen nach Gnade nachgekommen werden würde. Viel eher brächte der Wärter die Nachricht, die das Ende seines Seins bedeutete.

Doch heute war alles anders. Ein surrealer Tag. Luther durfte auf Grund guter Führung einen kleinen Fernseher sein Eigen nennen, hatte die Botschaft der Polit-Elite zwar vernommen, wirklich realisieren konnte er sie jedoch nicht. Wenn man Tag für Tag mit dem Gedanken aufsteht, dass nicht die kleine Zelle, nicht der rare soziale Kontakt und nicht der Mangel an Sonnenlicht das größte Problem im Leben war, sondern die blanke Angst vor dem Tod den Alltag überschattete, drohten Selbstaufgabe und Hoffnungslosigkeit jede Zuversicht zu ersticken. Er würde erst dann glauben, dem Tod von der Schippe gesprungen zu sein, wenn die Mauern des Gefängnisses eine bloße Erinnerung waren.
Der Wärter stand an der Gittertüre: „Luther, du hast es geschafft. Wir bringen dich raus“, routiniert sperrte er das Sicherheitsschloss auf.
Luther verharrte.
Die Gefängnistüre schwang singend auf. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Dasselbe Geräusch vernahm er, als sie voriges Jahr Brian, seinen Zellen-Nachbarn, der ihm das Schachspielen beibrachte, abgeholten, um ihn hinzurichten. Er konnte sich noch an den stoischen Gesichtsausdruck des kleinen, zähen Mannes erinnern.
„Mach’s gut, Luther“, durchbrach er seine ruhige Miene ein letztes Mal mit einem warmen Lächeln für seinen lieb gewonnenen Freund.
„Das Schachspiel kannst du behalten.“
Dann schlurfte er – Hände und Füße in Ketten gelegt – den langen dunklen Gang entlang.
„Nein! Ich will nicht sterben! Ich bin unschuldig!“, schrie Luther paranoid.
„Beruhige dich. Du bist ein freier Mann. Die Todesstrafe wurde abgeschafft und du hast deine Zeit abgesessen“, der Wärter fasste ihn behutsam an die Schulter.
„Ihr habt Brian getötet! Ihr wollt auch mich töten! Ich bin unschuldig!“, plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen. Er sackte zusammen, doch der Wärter fing ihn auf.

Als er die Augen wieder öffnete und sein Blick langsam klarer wurde, erkannte Luther die vertrauten Konturen eines geliebten Menschen. Liebevoll strich ihm seine betagte Mutter durch die schütteren, ergrauten Haare. Ihr fürsorglicher Blick machte alle Sorgen vergessen. „Bin ich wirklich frei oder ist das nur ein böser Traum?“, seine Stimme klang zittrig und schwach.
Fest umschloss sie eine seiner Hände mit den ihren und sagte: „Wir können nach Hause fahren, Steven.“
Erleichterung und neu gewonnene Lebenskraft durchströmten Luthers – von der Gefangenschaft gezeichneten – Körper. Als die beiden ins überwältigende Tageslicht traten, Luther seine Lungen mit Freiheit füllte, drehte er sich noch einmal um und sagte diesem Teil seines Lebens innerlich Lebewohl.
Eine Woche später brachte der Postbote einen Brief eines anonymen Absenders:

Die Spritze war für einen Anderen bestimmt. Sorry.

Gezeichnet
der Andere


Luther verbrannte das Stück Papier. Er wollte seinen Lebensabend in Frieden und Eintracht verbringen.

 

Hi Zabadok,

ich will ehrlich sein: deine Geschichte hat mir weder inhaltlich noch stilistisch gefallen. Kann ich auch belegen:

Feste gefeiert. Tränen der Freude vergossen.
Zumindest im ersten Satz muss ein "wurden" ergänzt werden.

als sie die Nachricht im Fernsehen vernommen hatte
Klingt gestelzt/geschwollen/hölzern/unnatürlich. Leider hatte ich dieses Gefühl bei sehr vielen deiner Formulierungen.

"Er soll Büßen!"
"Ich will Gerechtigkeit!"
Warum der Zeilenumbruch? Spricht da wer anderes?

Bilder des Vorfalles
Ist zwar nicht falsch, aber "Vorfalls" gefiele mir besser.

ein ambivalentes Gefühl
Dieses Adjektiv ist mir zu technokratisch. Gemischte Gefühle? Zwiespältigkeit?

dass seinem Flehen nach Gnade nachgekommen werden würde
Formal korrekt, aber sehr sperrig.

Todes-Schütze
Geschworenen-Gericht
Gitter-Türe
Eingangs-Schleuse
Das sind alles Wörter, die man auch ohne Bindestrich hätte schreiben können. Todesschütze usw. Das ist ja gerade das schöne an der deutschen Sprache, dass man einfach Wörter aneinanderreihen kann. Stationsvorstehermützenknopfpolitur, oder wie das hieß.

Wir bringen dich raus.", geübt sperrte er ...
Das ist mir auch häufiger aufgefallen: wenn der Teil außerhalb der wörtlichen Rede ("geübt sperrte er") nichts damit zu tun hat, wie oder von wem es gesagt wird, kann man es nicht mit einem Komma verbinden. Da gehört mindestens ein Punkt dazwischen, und besser auch ein Zeilenumbruch (jedoch Geschmackssache). Ach, der Punkt ist ja schon da! Das geht so auch nicht. Ausrufezeichen und Fragezeichen am Ende der wörtlichen Rede darf man setzen – Punkt nicht, wenn danach noch ein Komma kommt.

Die Gefängnistüre schwang singend auf
Das hat mir gefallen. Sehr gut vorstellbar.

Das gleiche Geräusch
Dasselbe, oder?

der ihm das Schachspielen beigebracht hatte
Nette Idee!

Luther.", durchbrach er seine ruhige Mine
I) Punkt weg, II) unglückliche Formulierung, III) Miene!

Plötzlich wurde es ihm schwarz vor Augen
Kann weg.

wir können nach Hause fahren Steven
Komma vor den Namen. Aber wieso heißt Luther auf einmal Steven? Hatte Luther als Vornamen aufgefasst. Klar, kann auch ein Nachname sein, aber irreführend ist es trotzdem, zumal der Vorname Steven sonst keine Rolle spielt. Könnte man durch "mein Sohn" oder sowas ersetzen.

Luthers – von der Gefangenschaft gezeichneten – Körper
Die Gedankenstriche sind hier nicht notwendig, nicht einmal Kommata bräuchte man hier. Der Satz geht ja ganz normal weiter.

was er schon immer gewusst hatte
Keine Ahnung warum – vielleicht bin ich einfach zu blöd – aber mir als Leser ist entgangen, was in dem Brief steht.

-Ende-
Am Ende eines Romans fänd ich es vertretbar, aber bei einer Kurzgeschichte brauchst du das Ende nicht beim Namen zu nennen. Wir sehen ja, wo sie zu Ende ist.

Sonstiges

Weiter unten ist vom Gnadengesuch beim Gouverneur des Bundesstaates die Rede. Bis dahin habe ich nicht mitbekommen, dass die Geschichte in den USA spielt. Könnte man vielleicht schon anfangs erwähnen, denn bei "Abschaffung der Todesstrafe" denk ich nicht unbedingt an die Staaten.

Den Titel find ich in Ordnung. Du präsentierst halt zwei Gesichter einer Problematik. Ergriffen hat mich leider keines von beiden, weil mir die Charaktere – salopp gesagt – ziemlich am Arsch vorbeigingen, so wenig, wie du sie gezeichnet hast.

Grundsätzlich könntest du auch ein paar weniger Adjektive benutzen. Möchte gerade keine Beispiele nennen, ist ja schon spät. Falls du dennoch darauf bestehst, werde ich dem gerne nachkommen!

Viele Grüße
imperfektionist

 

Hallo Zabadok!

Schade, dass du noch nicht auf imperfektionists Komm geantwortet oder zumindest die angezeigten RS-Fehler ausgemerzt hast. Ebenso schade ist es, dass du dich bisher nur um deine eigenen Texte kümmerst und nicht auch Kommentare zu Texten anderer schreibst.

Aber nun zu deinem Text. Mir fehlt da einiges. Wie es mit Carla weitergeht zum Beispiel. Immerhin will sie Luther doch tot sehen. Und? Was tut sie, wie tut sie es?

Mit dem Setting machst du es dir auch sehr einfach. Du nimmst dir einen fiktiven Staat und gibst ihm fiktive Regeln, die du drehen und wenden kannst, wie es dir gerade einfällt. Dass der Massenmörder freigelassen wird, bloß weil die Todesstrafe abgeschafft wurde, ist jedenfalls total unlogisch und unglaubwürdig.
Du erwähnst zwar einen "Gouverneur des Bundesstaates", willst vermutlich implizieren, dass deine Geschichte in den USA spielt, aber leider ist offensichtlich, dass du nicht viel um die real existierende Todesstrafe, die in einigen Bundesstaaten der USA noch angewendet wird, recherchiert hast.

Vermutlich wirst du es mit übel nehmen, aber ich denke, das Thema ist noch zu groß für dich.

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo ihr beiden,

zunächst möchte ich mich für die Kommentare bedanken. Leider bin ich zurzeit beruflich sehr eingespannt und konnte mich nicht ausführlich auf das Kommentar von imperfektionist rückmelden.

imperfektionist

Danke für die formale Korrektur und deine Meinung zum Inhalt des Textes.

Was den Punkt angeht, die Formulierung vieler Passagen wäre zu gestelzt, stimme ich nicht mit dir überein. Ist wahrscheinlich eine Geschmacksfrage. Die Nennung des Namens "Steven" durch seine Mutter ist ein bewusst gewähltes Stilmittel, auch wenn ich dir in der Hinsicht zustimme, dass man den Namen früher hätte nennen können.

Ort der Handlung:
Es war nicht meine Absicht, den Handlungsort in den Vordergrund zu stellen. Fokus des Textes ist das rechtlich und gesellschaftlich sensible Thema Todesstrafe und die Auswirkung von Rechtsnormen auf die Gesellschaft überhaupt. Das Für und Wider sollte in den zwei Gesichtern "Luther" und "Carla" angeschnitten werden. Schlussendlich ist es demnach hinfällig, wo die Geschichte spielt. Die Anrufung des Gouverneurs habe ich deswegen eingebaut, um zu zeigen, dass Luther seine Rechtsmittel nahezu erschöpft hat, die offizielle Abschaffung der Todesstrafe – eine politische Entscheidung aus verschiedenen Beweggründen – eine unerwartete glückliche Wendung für ihn darstellt.

Schade, dass dir die KG nicht zugesagt hat.

Chris Stone

Danke für deine Kritik. Du hast den Text anscheinend falsch aufgefasst und dir daraufhin dein Urteil gebildet.

Die Kapitel "Carla" und "Luther" sind sichtbar voneinander getrennt und haben keinen unmittelbaren Zusammenhang. Ich wüsste auch nicht, wo ich das explizit oder implizit angedeutet haben sollte. Die einzige Gemeinsamkeit ist die Abschaffung der Todesstrafe. Wie der Titel "Janusköpfig" bereits sagt, und imperfektionist richtig bemerkt hat, geht es um zwei entgegengesetzte Gesichter dieser Abschaffung bzw der Todesstrafe an sich.

Wo steht denn, dass der Massenmörder freigelassen wird? Er wird nur nicht exekutiert und das kann Carla, wie viele Befürworter der Todesstrafe, nicht einsehen.

Offensichtlich stellen die Charaktere nur Positionen dar, die bei einem Abwägen des Für und Wider der Todesstrafe in Frage kommen. Nicht mehr und nicht weniger. Da du diesen Ansatz nicht sehen konntest, kann ich dir deinen letzten Satz auch nicht übel nehmen, sondern mich nur fragen, wie ich ihn zugänglicher machen hätte können. Es sollte gerade keine ausformulierte Geschichte werden, sondern eine, in zwei Szenarien verpackte Darstellung von Pro und Contra Argumenten der Todesstrafe.

"Du nimmst dir einen fiktiven Staat und gibst ihm fiktive Regeln, die du drehen und wenden kannst, wie es dir gerade einfällt."
Im Fokus steht ein abstraktes Thema. Die Abschaffung der Todesstrafe (und zwar generell als Sanktionsform). Welche fiktive Regeln und sonstiges ich hier eingestreut haben sollte, ist mir schleierhaft. Der Handlungsort ist, wie bereits erwähnt, nicht von vordergründiger Bedeutung.

Grüße
zabadok

 

Hallo Zabadok!

"Du hast den Text anscheinend falsch aufgefasst"
=> Ja, mag sein. Genau dafür stellen die meisten Krieger ihre Texte hier ja rein. Um zu sehen, wie ein Leser den Text liest; und wenn er ihn nicht so liest, wie der Autor sich das gedacht hat, kann der Autor darüber nachdenken, wie er sein Anliegen besser in den Text einbringen kann.

"Die Kapitel "Carla" und "Luther" sind sichtbar voneinander getrennt und haben keinen unmittelbaren Zusammenhang. Ich wüsste auch nicht, wo ich das explizit oder implizit angedeutet haben sollte."
=> Du hast es dadurch angedeutet, dass es zwei kurze Abschnitte innerhalb einer einzigen KG sind. Der Leser schlussfolgert ganz automatisch, dass da ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Wenn dieser Zusammenhang nicht besteht, solltest du das im Text klar machen.

"Wo steht denn, dass der Massenmörder freigelassen wird?"
=> Na, hier: "Du bist ein freier Mann." Mehr als eindeutig.

"sondern eine, in zwei Szenarien verpackte Darstellung von Pro und Contra Argumenten der Todesstrafe."
=> Hm. Welche Argumente Pro und Contra Todesstrafe hast du denn drin?
"Denn ein Mensch hat nicht das Recht, einen anderen Menschen zu töten oder töten zu lassen."
„Er soll büßen! Ich will Gerechtigkeit!“
"Ich will nicht sterben! Ich bin unschuldig!“
=> Habe ich was übersehen? Das sind drei eher hingeworfene Äußerungen. Argumentiert wird nicht. Poltiker sagen: "Wir haben nicht das Recht zu töten", Carla will Gerechtigkeit (oder doch eher Rache), Luther behauptet, unschuldig zu sein. Das ist sehr simpel.

"Im Fokus steht ein abstraktes Thema."
=> Ich finde das Thema nicht abstrakt. Die Todesstrafe existiert und wird angewendet. Menschen werden hingerichtet, getötet! Was sollte daran "abstrakt" sein?

"Welche fiktive Regeln und sonstiges ich hier eingestreut haben sollte, ist mir schleierhaft."
=> Nun, du schreibst: "Die Todesstrafe wurde abgeschafft und du hast deine Zeit abgesessen". Hier stellst du eine Regel auf, die es in der Wirklichkeit (in den USA, in den Staaten, in denen die Todesstrafe noch angewendet wird), nicht gibt. Niemand wird zu Todesstrafe plus 40 Jahre Haftzeit verurteilt. Würde ja auch keinen Sinn machen. Nach dem Tod kann man schließlich keine Haft mehr absitzten, und vor Vollstreckung der Todesstrafe würde niemand entlassen werden, bloß weil die Haftzeit abgelaufen ist.

Tja, tut mir leid, aber ich bleibe bei meinem "Urteil".

Grüße,
Chris

 
Zuletzt bearbeitet:

Schwieriges und darum heikles Thema greifstu da auf,

lieber Zabadok,
und damit erst einmal herzlich willkommen hierorts!

Schon der Titel hat‘s in sich, sofern er für Gegensätze wie Anfang und Ende steht, wie der Name des Janus, der im Monatsnamen Januar weiterlebt – dem Gott der Türen und Tore, für Ein- und Ausgang, die Du an den beiden Namen festmachst: Carla, überlebende eine kleinen Familie, die umgebracht wurde, die am alttestamentarischen Auge um Auge, Gleiches mit Gleichem zu vergelten festhält, und dem mutmaßlichen Täter (wie kommt der zum Namen „Luther“?), der ein Leben lang auf seine Hinrichtung wartet und doch der Todeszelle entkommt und durch gesellschaftlichen Beschluss (Eliten hin oder her) somit eine andere Familie wieder zusammenführt. Natürlich muss der Leser - egal, was der Autor sich da vorgestellt haben mag - einen Zasammenhang zwischen den beiden Teilen herstellen.

Wäre ja noch schöner, Geschichten würden mit einem Beipackzettel versehen werden ...

Gut, wenn Bayer und Monsanto ihre Märchen erzählen, wäre das ein Fortschritt.

Das Spannungsfeld liegt also im Gegensatz, dass der Täter für seine Schuld gebüßt hat und die Überlebende der Opferfamilie dem uralten Rechtsinstitut - ich bring's mal auf den Punkt - Blutrache zuneigt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten.

.Ein offenes Ende wird hier verkündet

Eine Woche später brachte der Postbote einen Brief eines anonymen Absenders. Luther las ihn, verzog kurz das Gesicht und verbrannte anschließend das Stück Papier, das nur bestätigte, was er schon immer gewusst hatte
was durchaus einen Zusammenhang herstellen kann.

Du klebst sehr an der Schulgrammatik und der Text leidet somit unter der Herrschaft der Hilfsverben, die oft genug entbehrlich sind. Das werd ich jetzt nicht an jedem Satz aufzeigen, sondern nur da, wo eh Flusen aufzulesen sind, wie hier, wo die vergleichende Konjunktion einen vollständigen Satz einleitet und somit durch Komma vom Hauptsatz zu trennen ist

Ihr Blick verfinsterte sich[,] als sie die Nachricht im Fernsehen vernommen hatte.
Warum nicht einfach „…, als sie die Nachricht … vernahm?“ Der Blick wird sich doch nicht erst nach, sondern schon während der Nachricht verfinstert haben ... Aber so lange und somit genau wirstu Dein Geschöpf Carla auch nicht kennen.

Hier ist die Infinitivgruppe (zu zittern) mit Komma zu versehen, weil sie von einem Substantiv (Körper) abhängig ist

Carla fing am ganzen Körper an[,] zu zittern[,] und griff automatisch zu den Beruhigungstabletten, die durch die Wucht des Schlages am ganzen Tisch verstreut worden waren.
deutlicher wird‘s durch eine kleine Umstellung, die zugleich die schwache Klammer („fing … an“) aufhebt: „Carla fing an, amganzen Körper zu zittern, und …). Achja, und versuch mal, das „werden“-Duo (worden waren), wenn schon nicht aufzuheben, so doch immerhin zu halbieren.

Und wieder eine vergleichende Konjunktion, die nach dem Komma ruft:

Ein Amokläufer hatte an diesem Tag, schwer bewaffnet, beschlossen, so viele Menschenleben auszulöschen[,] wie er konnte.
Versuch hier mal selbst, die schwache Klammer (hatte beschlossen) loszuwerden!

Dass Du die vergl. Konjunktionen eigentlich richtig einordnest, beweist an sich dieser Satz

Dasselbe Geräusch hatte er vernommen, als sie voriges Jahr Brian, seinen Zellen-Nachbarn, der ihm das Schachspielen beigebracht hatte, abgeholt und hingerichtet hatten.
Bei dem man die drei haben-Phasen ändern kann, etwa „dasselbe Geräusch vernahm er, als sie voriges Jahr seinen Zellennachbarn Brian, der ihm das Schachspiel beibrachte, abholten und hinrichteten“ (eleganter m. E. „… abholten, um ihn hinzurichten.“) Dass das alles abgeschlossen ist, wird doch auch dem unaufmerksamsten Leser in der Phase „voriges Jahr“ klar sein.

Und dass

-Ende-
mag im Kino vorkommen, aber selbst dort merkt das Publikum, dass der Film nicht mehr auf der Leinwand, sondern bestenfalls in den Köpfen weiterläuft – sofern das Publikum seinen Kopf gebraucht und nicht nur Unterhaltung sucht.

Also weg mit dem Ende, denn das ist ja offen ...

Ganz anderes Thema:

Dass Du über eine poetischere Sprache verfügst, als es die schulgrammitisch zusammengesetzten Zeiten vermuten lassen, blinzelt doch schon in der Einleitung (ist doch von Dir, nicht?) auf:

In dunkelster Einsamkeit keimt die Hoffnung am stärksten – ... und seien die Mauern noch so dick.
auf und mitten im Text durch einen eher unscheinbaren, kleinen Satz
Die Gefängnistüre schwang singend auf.

Gruß

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Friedrichard

Vielen Dank für deine konstruktive und sachliche Kritik. Sie hat mir Schwachstellen in meiner Schreibweise aufgezeigt, an denen ich arbeiten kann.

Natürlich habe ich mir über den Titel meiner KG Gedanken gemacht bzw ist die gesamte Geschichte daraus entstanden. Mir ist es vor allem um den Aspekt der Zweigesichtigkeit, der Dualität, auch zwischen Leben und Tod gegangen.

"Natürlich muss der Leser - egal, was der Autor sich da vorgestellt haben mag - einen Zusammenhang zwischen den beiden Teilen herstellen."

Es besteht auch ein Zusammenhang zwischen den beiden Ministories, um ein neudeutsches Wort zu bemühen. Beide skizzieren Charaktere, die durch die Abschaffung der Todesstrafe betroffen werden. Einmal positiv und einmal "negativ". Das bedingt die Gliederung des Textes.

"Ein offenes Ende wird hier verkündet" "was durchaus einen Zusammenhang herstellen kann"

Ich werde den Teil wieder in die ursprüngliche Fassung des Textes umschreiben, die kein offenes Ende hatte, da bereits imperfektionist nicht viel damit anfangen konnte.

"Schulgrammatik"

Auch hier gebe ich dir, hinsichtlich dieses Textes, recht. Die Herrschaft der Hilfsverben gehört zurückgedrängt. Danke dafür.

"ist doch von Dir, nicht?"
Natürlich. Urheberrechtlich einwandfrei erdacht und verfasst :D

"mag im Kino vorkommen" "sofern das Publikum seinen Kopf gebraucht"
Auch das werde ich streichen, wobei es mir nie in den Sinn kam, Lesern meines Textes geistige Umnachtung zu unterstellen ^^

Danke für die Korrektur.

@ Chris Stone

Ich glaube nicht, dass wir noch zu einer Meinung kommen.

Darüber hinaus kann ich deinem Kommentar auch nichts Konstruktives entnehmen – was meinem Ziel, durch Beteiligung an dieser Plattform meine Schreibqualität zu verbessern, leider entgegensteht.

Falls du dich fragst, was an der Rechtsfolge einer Rechtsnorm bzw einer strafrechtlichen Sanktion an sich abstrakt ist, kann ich dir für den kontinentaleuropäischen Rechtskreis beispielsweise "Koller, Theorie des Rechts. Eine Einführung (1997)" empfehlen.

Natürlich ist der Text viel spannender zu lesen, wenn man schon etwas Vorbildung über die Todesstrafe und ihre rechtlichen Verankerungen hat. Hier ist beispielsweise die Europäische Menschenrechtscharta auf Ebene des Europarats samt Zusatzprotokolle 6. und 12. und der Internationale Pakt für Bürgerliche und Politische Rechte samt zweitem Fakultativprotokoll zur Abschaffung der Todesstrafe auf Ebene der UN (natürlich nicht von den USA ratifiziert) interessant.

Gruß
zabadok

 

Hallo Zabadok!

Tja, tut mir leid, wenn du es nicht konstruktiv findest, wenn dir eine Leserin subjektiv und in ihren bescheidenen eigenen Worten versucht klarzumachen, was deinem Text ihrer Meinung nach fehlt.
Ich interessiere mich nicht für die Theorie des Abstrakten, Rechtsfolge, Rechtsnorm usw.
Ich hätte gerne eine unterhaltsame Geschichte, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Die Frage: Wie wecke ich das Interesse der Leser, wie binde diese Leser an meinen Text?, ist für mich sehr wichtig. Wenn du an so was kein Interesse hast, gut. Dann brauche ich mich nicht mehr um deine Texte zu bemühen, bzw. dich nicht mehr mit meiner Meinung zu belästigen.

Grüße,
Chris

 

Hey Zabadok

Die Idee deiner Geschichte kann ich nachvollziehen. Was ich nicht nachvollziehen kann, ist, wenn du Lesern deiner Geschichte juristische Fachliteratur empfiehlst, weil sie ihre persönliche Meinung äussern. Dass eine strafrechtliche Sanktion, oder besser, die Strafdrohung einer Norm, an sich abstrakt ist, bedeutet im Gegenzug nicht, dass es sich in deiner Geschichte um ein abstraktes Thema handelt. Schliesslich handelt es sich um konkrete Personen in einer konkreten Situation. Ist eine Strafe erst mal ausgefällt, würde ich diese individuelle Strafe eines Verurteilten denn auch nicht mehr als abstrakt bezeichnen. Wie auch immer. Es disqualifiziert dich, wenn du Kritikern die europäische Menschenrechtscharta um die Ohren haust und ihnen damit indirekt vorwirfst, sie seien juristisch zu wenig gebildet, um deinen Text zu verstehen. Dies ist nur meine bescheidene Meinung.

Nichts für ungut, nevermind

 

Nehmen wir es so, wie es Dein Name verrät,

nevermind,

vergiss es,
denn was ist die Disqualifikation denn besseres?,

oder in der Variante,

lieber zabadok,

"macht nix" ignorieren.

Friedel

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi Zabadok,

die Gegenüberstellung der beiden Positionen hat mir an sich ganz gut gefallen. Ich fand die Geschichte an sich auch ganz gut zu lesen, aber den Bruch zwischen Carla und Luther habe ich als Hindernis empfunden. Da habe ich gerade erst Carla kennengelernt, und dann muss ich gleich noch mal von vorn anfangen.
Die Figuren fand ich erst mal gang passabel, aber letztlich zu klischeehaft. Die dürften gerne individueller handeln.

Die Einzelzelle eines alten Todestraktes, die für viele die letzte Station in ihrem Leben gewesen war, stand seit Jahrzehnten leer.
Die Motivation der zeitlichen Entfernung erschließt sich mir nicht. Wenn du später darauf zurück kämest, könnte ich das als Rahmen wohl ganz gut annehmen. So bleibt es aus meiner Sicht erratisch. Man könnte diese Sätze einfach streichen.

Bei der symbolischen Schließung des Todestrakts verhieß die Polit-Elite in pompöser, schon fast philosophischer Anmut:
An diesem Satz habe ich zweierlei auszusetzen:
-- "Polit-Elite" klingt nicht neutral, "pompös" auch nicht. Dadurch kann der unvoreingenommene Blick auf die beiden Positionen, die du gleich präsentierst, gestört werden.
-- philosophisch als Steigerung von pompös? Klingt schief.


Jetzt also Carla. Ich greife mal einen Satz heraus, den ich nicht als individuelle Chrakterzeichnung empfinde, sondern als eine Reihung von Klischees:

Wut und Hass kochten in ihr hoch und entfesselten sich in verzweifeltem Brüllen: „Er soll büßen! Ich will Gerechtigkeit!“, ihr Blick schweifte auf ein kleines, eingerahmtes Bild, das auf einer Kommode stand.
Einerseits ist das schon bildhaft. Andrerseits sind die Bilder, die du uns bietest, relativ leicht bei der Hand. Sie sind nicht neu.


Carla konnte sich noch gut an das hämisches Lächeln dieses Scheusals erinnern, welches er den Geschworenen entgegenwarf, als sie ihn einstimmig zum Tode verurteilten. Kein Funken Reue war aus seinem Blick abzulesen gewesen. Ein Teufel auf Erden.
Die Überzeichnung gefällt mir gar nicht. Auch da sind mir die Bilder zu grob. Schwerer wiegt für ich aber, dass ich das hämische Grinsen nicht nachvollziehen kann. Der Mann ist doch gerade verurteilt worden. Unglaubwürdig finde ich, dass es nun so schient, als habe er mit den Morden Carla persönlich schaden wollte, während er doch ein Amokläufer ist.
Auch gefällt mir nicht, dass Carla sich überhaupt so sicher ist, von seinem Gesicht seine Einstellung ablesen zu können. Reue ist sicher nicht immer sichtbar. Nun könnte das alles, samt der Häme, nur eingebildet sein. Dann würde sich das Bild runden und die fehlende Motivation für das Grinsen wäre sogar unverzichtbar. Dazu passt auch, dass Luther, wenn er denn der Amokläufer ist, gar nicht hämisch wirkt. Das scheint mir insgesamt dann aber noch nicht perfekt ausgearbeitet, falls du auf so etwas hinauswolltest.
Carlas Urteil ist mir in der jetzigen Form dafür zu auktorial präsentiert, zu sehr so, als würde der Autor hinter ihr stehen.

Luther finde ich gegenüber Carla besser dargestellt, weniger plakativ, da erscheint mehr von einer Persönlichkeit.

Der Wärter stand an der Gittertüre: (...) geübt sperrte er das Sicherheitsschloss auf.
"Geübt" könnte weg. Oder ist das so schwer?

Den folgenden Abschnitt finde ich nicht so gut gefügt, da holpert es irgendwie. Es sieht so aus, als wolltest du Spannung oder auch Tiefe erzeugen dadurch, dass du in die Vergangenheit zurückspringst. Das muss keine schlechte Idee sein. Ich würde da allerdings doch durch den Plusquamperfekt markieren, wo Rückblick ist und wo nicht. Vielleicht gehört du zu denen, die keinen Plusquamperfekt mögen. Dann müsste eben eine andere Lösung her...

Ich fände es übrigens schon weniger krumpelig, wenn dieser Satz:

„Nun komm schon. Deine Sachen schaffen wir dir zur Eingangsschleuse.“
an das Ende des Abschnitts verschoben würde, also so:
"Luther verharrte.
Die Gefängnistüre schwang singend auf.
(...)

Als die beiden ins überwältigende Tageslicht traten, Luther seine Lungen mit Freiheit füllte, drehte er sich noch einmal um und sagte diesem Teil seines Lebens innerlich Lebewohl.
Diesen Satz greife ich als letztes Beispiel für eine Formulierung heraus, die ich als zu opulent empfinde. Das überwältigende Tageslicht usw. - das sieht mir alles eine Spur zu gewollt aus, so als müsste da jetzt unbedingt ein Bild hin und dann nimmt man halt das erstbeste...

Und schließlich das Ende:

Eine Woche später brachte der Postbote einen Brief eines anonymen Absenders:

Die Spritze war für einen Anderen bestimmt. Sorry.

Gezeichnet
der Andere

Das bleibt mir rätselhaft. Klingt so, als könnte sich dahinter eine interessante Idee verbergen. Aber ich komme nicht dahinter.

Fazit: Die Anlage fand ich ganz gut, die Umsetzung so mittel. Daran kann man aber arbeiten, ohne das Gerüst umbauen zu müssen.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 
Zuletzt bearbeitet:

@ Erdbeeschorsch,

auch dir vielen Dank für deine Textanalyse und kritische Meinung.

Die Motivation der zeitlichen Entfernung erschließt sich mir nicht.

Die Stelle ist tatsächlich etwas schwer einzuordnen. Ich werde sie ein wenig abändern, um ersichtlicher zu machen worum es mir dabei ging.

"Polit-Elite" klingt nicht neutral, "pompös" auch nicht. Dadurch kann der unvoreingenommene Blick auf die beiden Positionen, die du gleich präsentierst, gestört werden.

Der ganze Satz – einschließlich des überhöhten "philosophisch" – ist tatsächlich einseitig negativ konnotiert. Allerdings hinsichtlich derjenigen, die die Verkündung einer ambivalenten politischen Entscheidung als einseitiges, positives Ereignis inszenieren möchten. Dass die Entscheidung zwei Gesichter hat, zeigt sich dann im Verlauf der Geschichte.

Einerseits ist das schon bildhaft. Andrerseits sind die Bilder, die du uns bietest, relativ leicht bei der Hand. Sie sind nicht neu.

Freilich geht es immer besser. Jedoch gefällt mir der Gedanke, den du damit ausdrückst. Selbstreflexion auszuüben. Den eigenen Text kritisch abzuklopfen, um ihn zu perfektionieren. Kann man sicher noch stärker forcieren!

Schwerer wiegt für ich aber, dass ich das hämische Grinsen nicht nachvollziehen kann. Der Mann ist doch gerade verurteilt worden. Unglaubwürdig finde ich, dass es nun so schient, als habe er mit den Morden Carla persönlich schaden wollte, während er doch ein Amokläufer ist.

Nein, er hat der Menschheit schaden wollen. Somit war jedes Opfer mehr ein Erfolg für ihn -->

indem er so viele Menschenleben auslöschte, wie er konnte.

So weit entfernt ist das übrigens gar nicht von der Realität. Anders Breivik hat sich bei Verzicht auf Berufung seines Urteils auch entschuldigt, dass er nicht mehrere politische Feinde umgebracht hat. Manche Menschen haben kein Gewissen.

"Geübt" könnte weg. Oder ist das so schwer?
Klingt missverständlich. Ich wollte primär "routiniert" schreiben. Auch einfache Handgriffe (wie das Sperren komplexer Schlösser) können, um flüssig auszusehen, einiges an Routine erfordern.

an das Ende des Abschnitts verschoben würde, also so:
"Luther verharrte.
Die Gefängnistüre schwang singend auf.
(...)

Was ist denn daran krumpelig, wenn ich fragen darf?
Außerdem würde dann das Tempo der folgenden Satzkette geschmälert werden:
Die Gefängnistüre schwang singend auf. Plötzlich ging ein Ruck durch seinen Körper. Dasselbe Geräusch vernahm er, als sie voriges Jahr Brian....

Diesen Satz greife ich als letztes Beispiel für eine Formulierung heraus, die ich als zu opulent empfinde. Das überwältigende Tageslicht usw. - das sieht mir alles eine Spur zu gewollt aus, so als müsste da jetzt unbedingt ein Bild hin und dann nimmt man halt das erstbeste...

Ist wohl Geschmackssache. Danke dennoch für deine Meinung. Wahrscheinlich sind die Inhaftierungsbedingungen von Todeskandidaten in den meisten Vollzugsanstalten unterschiedlich. Bei meinen bisherigen Berührungspunkten durch Dokumentationen oder auch UN-Berichten war der Hofgang im Durchschnitt! sehr spärlich und teilweise nur in dunklen Innenhöfen möglich. "Überwältigend" finde ich daher sehr treffend. Dennoch gebe ich dir insofern recht, als dass es etwas kunstvoller gestaltet sein könnte.

Das bleibt mir rätselhaft. Klingt so, als könnte sich dahinter eine interessante Idee verbergen. Aber ich komme nicht dahinter.
Ich werde mal abwarten, ob vielleicht noch jemand etwas dazu schreibt und dann das Ende eventuell umformulieren. Danke für deine Rückmeldung dazu. Die war mir wichtig.

Das muss keine schlechte Idee sein. Ich würde da allerdings doch durch den Plusquamperfekt markieren, wo Rückblick ist und wo nicht. Vielleicht gehört du zu denen, die keinen Plusquamperfekt mögen.

Ich hatte das Plusquamperfekt verwendet gehabt (allerdings mit zugegebenermaßen etwas "schulgrammatischen" Ausformungen)^^, jedoch aufgrund des Tipps von Friedrichard drastisch reduziert. Gerade zu diesem Abschnitt meinte er für mich überzeugend (ich zitiere das nur, weil ich es als guten Rat empfunden habe):

dass das alles abgeschlossen ist, wird doch auch dem unaufmerksamsten Leser in der Phase „voriges Jahr“ klar sein.

Fazit: Die Anlage fand ich ganz gut, die Umsetzung so mittel. Daran kann man aber arbeiten, ohne das Gerüst umbauen zu müssen.
Da gebe ich dir recht. Verbessern kann man jedenfalls etwas an dem Text.

Gruß
zabadok

 

Hi Zabadok,

schön, dass du mit meinen Anmerkungen ein bisschen was anfangen konntest. An einer Stelle fragst du direkt nach:

Was ist denn daran krumpelig, wenn ich fragen darf?
da will ich die Antwort nicht schuldig bleiben. Das ist auch deswegen vielleicht nützlich, weil sich in meinem Momentan da gleich mehrere Fehler eingeschlichen haben.
Zuerst einmal: es sollte heißen "rumpelig", das hat mir die Autokorrektur dann einmal mehr verhunzt. Mit krumpelig habe ich gemeint: Ich bekomme mehrere Perspektiven geboten, werde dabei aber unsanft von einer zur anderen gerissen und mir das im Nachhinein wieder zusammensetzen. So ist es mir halt gegangen.
Zum Zweiten ist meine Anmerkung unvollständig geblieben, das habe ich erst jetzt gesehen.
Also nochmal:

Der Wärter stand an der Gittertüre: „Luther, du hast es geschafft. Wir bringen dich raus“, routiniert sperrte er das Sicherheitsschloss auf.
Luther verharrte.
„Nun komm schon. Deine Sachen schaffen wir dir zur Eingangsschleuse.“
Die Gefängnistüre schwang singend auf.

Aufschließen - Reden - Tür schwingt auf. Kann man sich in der Vorstellung schon irgendwie hinbiegen, aber macht er nicht erst die Tür auf und redet dann? Deswegen würde ich
„Nun komm schon. Deine Sachen schaffen wir dir zur Eingangsschleuse.“
versetzen.

Beispielsweise an den Schluss des Absatzes:

(...), plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen. Er sackte zusammen, doch der Wärter fing ihn auf.
Und dann: „Nun komm schon. Deine Sachen schaffen wir dir zur Eingangsschleuse.“
Scheint mir harmonischer. Der Satz passt gut als Reaktion des Wärters. Vor allem aber nimmst du dann oben nicht vorweg, was sich unten erst für Luther ganz klärt. Lass den Leser doch so lange mit Luther in Unklaren. (Anders wenn der Wärter z.B. sagt: "Nun komm schon. Deine Sachen brauchst du nicht mitzunehmen." Aber das wäre schon fast gemein von ihm.)

Und wenn ich schon dabei bin: "routiniert" statt "geübt" klingt viel besser, finde ich.

Schließlich zum Plusquamperfekt: Folg da mal ruhig Friedrichards Rat. Da machst du sicher nichts falsch :)

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Schließlich zum Plusquamperfekt: Folg da mal ruhig [...]Friedrichards Rat. Da machst du sicher nichts falsch

Moin, ihr zwo,

auch ich bin fähig, zu irren. Das Menschenrecht auf Irrtum wurde schon vor den zeh Geboten weit südwestlich vom Sinai in Stein gehauen, in Holz geschnitzt und in Sand gezeichnet,

erdbeerschorsch (super nickname, eine Nuss für den landschaftlichen Bauern [= Georg]

Friedel

 

erdbeerschorsch,

Und dann: „Nun komm schon. Deine Sachen schaffen wir dir zur Eingangsschleuse.“
Scheint mir harmonischer. Der Satz passt gut als Reaktion des Wärters. Vor allem aber nimmst du dann oben nicht vorweg, was sich unten erst für Luther ganz klärt.

Danke für deine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Text und deinen guten Vorschlag. Ich habe mir die Stelle nochmals durchgelesen und sie so geändert, dass hoffentlich ersichtlicher ist, warum ich die Aufforderung des Wärters hier platziert habe.

Gruß
zabadok

 

Hi Zabadok,

ich nerve noch mal: Die Änderung scheint mir nicht glücklich. Die Erklärung an der Stelle braucht man wahrscheinlich nicht, jedenfalls aber nicht so ausführlich. Das war letztlich vorher besser.
Der Umstand, den ich problematisch fand, wird dadurch nicht ausgeräumt: Der Wärter sagt, "nun komm schon", dabei ist die Tür noch gar nicht auf.

Wenn du die Szene so haben möchtest, wie sie gewesen ist, dann lass sie doch am besten so. Es muss ja nicht richtig sein, was ich dazu angemerkt habe. Entscheidend ist am Ende, was dir gefällt.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

Hallo erdbeerschorsch,

ich habe nach nochmaligem Durchlesen die Stelle in ihren ursprünglichen Zustand zurückgesetzt und die Aussage des Wärters gestrichen. Danke für deine Mühe.

Gruß
zabadok

 

Hi Zabadok,

und dir danke, dass du Bescheid sagst. Ich hätte das nach so langer Zeit wahrscheinlich wirklich nicht mehr mitgekriegt. Bin mir zwar nicht sicher, ob so ganz konkrete Punkte nicht besser in einer Privatnachricht untergebracht wären. Ich fand's aber in jedem Fall nett.

Besten Gruß
erdbeerschorsch

 

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